Greg Woolf - Rom: Die Biographie eines Weltreichs

  • Worum es geht
    Über eineinhalb Jahrtausende erstreckte sich die Geschichte Roms von einem kleinen Stadtstaat im Mittelmeerraum bis zum mächtigen Römischen Weltreich, dessen Kraft sich erst in den Stürmen der Völkerwanderungszeit endgültig erschöpfte. Doch nicht die historischen Ereignisse stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Buches, die in einer äußerst knappen Zusammenfassung abgehandelt werden, den Altertumswissenschaftler Greg Woolf beschäftigen ganz andere Fragen.
    Den Historiker erstaunt auch nicht, dass das Weltreich dereinst unterging, sondern vielmehr die Tatsache, dass es überhaupt so lange überdauern konnte. Warum war Rom erfolgreich, wo seine Feinde versagten? Wie überstand die Reichsherrschaft Krisen und konnte chaotische Eroberungszüge in stabile Verhältnisse überführen? Welche Umstände und technische Fähigkeiten ermöglichten die Schaffung und Erhaltung eines Weltreiches gerade in diesem Teil der Welt und gerade zu jener Zeit?
    Wer sich die Römer bisher als brutale Eroberer vorstellte, mag diesbezüglich richtig liegen, brutale Herrscher waren sie hingegen nicht. Ganz im Gegenteil, verstanden sie es doch vortrefflich, die besiegten Völker in ihr Reich einzugliedern, und sie an den Vorteilen und Annehmlichkeiten des römischen Lebens teilhaben zu lassen. Woolf berichtet ausführlich über die Art der Hegemonie, die Rom ausübte, über das Verständnis, die Expansion als Erfüllung eines göttlichen Plans zu sehen, über religiöse Vorstellungen und Werte, über gesellschaftliche Strukturen, die sich an ihrer Basis vor allem auf Bauern und Sklaven stützte. Er schildert aber auch eindrucksvoll, welche Rolle die verschiedenen Institutionen, Eliten und die Bürokratie in Verwaltung und Wirtschaft des riesigen Reiches spielten.


    Wie es mir gefallen hat
    Mit seiner bemerkenswerten Biografie über das Römische Weltreich gelingt es dem Autor vortrefflich, völlig neue Sichtweisen zu eröffnen. Woolfs Versuch, die Geschichte Roms, seinen Aufstieg und Untergang, nicht vorwiegend chronologisch, sondern analytisch zu betrachten, ist meiner Meinung nach hervorragend geglückt. Vielfältige und äußerst interessante Denkansätze werden dem Leser offeriert, keine unumstößlichen Wahrheiten müssen einfach hingenommen werden. So habe ich den Autor als Führer verstanden, der Möglichkeiten aufzeigt und auf Konstellationen hinweist, die für eventuell eintretende Ereignisse entscheidend gewesen sein könnten. Oft waren es nur kleine, gar nicht beabsichtigte Wendungen, die den Aufstieg Roms begünstigten, aber auch eine gute Portion Glück will der Historiker den römischen Unternehmungen nicht absprechen. Selbst den Untergang sieht er als langsamen Prozess in einer sich wandelnden Welt, der nicht mit einer Jahreszahl dingfest gemacht werden kann.
    Wer sich auf eine gedankliche Abenteuerreise durch die römische Geschichte einlassen, und eine Weltmacht einmal unter ganz anderen, als den üblichen Gesichtspunkten betrachten will, dem kann ich diese Lektüre nur wärmstens ans Herz legen.