Bettina Schott - Volturnus schläft

  • Bettina Schott - Volturnus schläft


    Inhalt:
    Schwarzwald, 1748. Ein folgenschwerer Unfall im Wald, ein heimtückischer Mordanschlag am Fluss, eine schändliche Entführung …
    Von einem Tag auf den anderen ist in der sonst so friedfertigen Flößerstadt Altensteig nichts mehr wie zuvor. Doch es kommt noch schlimmer: Schuld an den Gräueltaten soll die blinde Wirtstochter Agnes haben, die vom Opfer zum Sündenbock gemacht wird. Hexenwerk sei im Spiel, und der Ruf nach Vergeltung wird laut …
    Ein facettenreicher historischer Roman, der den Alltag des Schwarzwalds im 18. Jahrhundert wieder aufleben lässt.
    (Q Amazon)


    Zum Volturnus:
    Volturnus war in der römischen Religion ein Gott des Wassers und der Flüsse.
    Vermutlich ist er aus einem samnitischen Kult entstanden. Andere Quellen setzen ihn mit dem Tiber gleich.
    Sein Fest, die Volturnalia, wurde am 27. August gefeiert. Er besaß einen eigenen flamen als Priester (flamen Volturnalis).
    (Q Wikipedia)


    Laut der englischsprachigen Wiki sind zum Thema Volturnus praktisch keine, und diese nur wage, Überlieferungen vorhanden.
    Volturnus ist demnach ein Art Landwirtschaftsgott, welcher im Fluss haust. Der Mythos um ihn wurde wohl irgendwann nach dem 2 Jh v.Chr. mit dem Flussgott Tiberinus verschmolzen.
    (grobe Übersetzung und Zusammenfassung meinerseits)
    (Q Wikipedia eng.)


    Meinung:
    Durch die undefinierte Legende um den Volturnus hatte die Autorin hier die Möglichkeit dieser Legende auf ihre Weise Leben einzuhauchen. Sie hat sich aber, obwohl der Titel anderes erwarten lässt, dagegen entschieden. Sie bindet zwar den Mythos kurz mit in die Geschichte ein, aber lässt ihn dann doch etwas links liegen. Zu Beginn der Geschichte hat mich das reichlich gestört, zumal der Titel mir irgendwie mehr versprochen hat, doch am Ende ist es gut so. Denn da sie sich gegen einen übernatürlichen Touch der Geschichte entschieden hat, ist diese so wesentlich glaubwürdiger und verliert sich nicht in Mythen und Legenden.


    Die Geschichte in und um Altensteig kann man definitiv als historischen Roman bezeichnen, nicht nur weil die Geschichte in der Mitte des 18Jh spielt, viel mehr weil sich die Autorin wirklich bemüht hat das Flößertreiben und die Atmosphäre der Zeit gut zu vermitteln und zu gestallten. Mir waren es allerdings etwas zu viele und zu detaillierte Beschreiben zum Flößen-Thema. Frau Schott zeigt zwar damit, dass sie sich wirklich gut erkundigt hat, aber da die Beschreibungen sehr detailgetreu waren, waren es mit stellenweise einfach zu viele Kleinigkeiten. Ich habe persönlich rein gar keine Ahnung vom Flößen und die ganzen Kleinigkeiten und Beschreibungen haben mich eher verwirrt als dass ein dynamisches Bild der Gegebenheiten entstanden ist. Es ist gut gemeint und lobenswert, dass die Autorin sich diese Mühe gemacht hat, aber vielleicht wäre weniger an mancher Stelle besser gewesen, zumindest für Menschen die rein gar keine Ahnung von diesem Thema haben. Vielleicht hätte es auch schon geholfen, wenn sie die Sprache besser erklärt hätte. Bettina Schott benutz natürlich sehr stark die Ausdrucksweise und Begriffe, die, so nehme ich an, diese Zeit beherrscht haben, aber gerade was die Flößerei angeht, ist das Erfassen dieses Themas für Unbeteiligte recht schwierig.


    Zu Beginn der Geschichte hat mich sehr gestört, dass nicht wirklich viel passierte. Die Autorin verliert sich in ständigen Beschreibungen der Geschehnisse und auch in vielen Hintergrundinfos, doch die Geschichte kommt nur sehr, sehr langsam in Gang. Man muss sich als Leser schon gut bis auf die Hälfte der Geschichte vorarbeiten, bevor endlich etwas passiert und die Geschichte wirklich interessant wird.
    Hat man bei der ersten Erwähnung des Volturnus (bereits weit am Anfang des Buchs) noch den Glauben, dass es jetzt gleich losgehen wird, so muss man sich schnell vom Gegenteil überzeugen und erleben wie der vermeintliche Träger dieser ach so interessanten Information schon bald das Zeitliche segnet und man sich fragt was das soll, zumal mir dieser Tod doch recht unnötig und auch etwas unerklärt vorkam. Die Idee mit dem Volturnus wird direkt 'begraben' und spielt für den weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr.


    Was ich der Autorin aber wirklich hoch anrechne ist, wie bereits erwähnt, die Umsetzung ihrer Recherche. Sie hat sich wirklich einen Kopf zu der Zeit, den Gegebenheiten und der Sprache gemacht. So erzeugt sie hier eine wirklich lebende Stadt. Sie kommt einem wirklich echt vor und die Vorfälle könnten sich wirklich so ereignet haben.
    Frau Schott hat gute Charaktere erschaffen, die vielleicht etwas zu einseitig sind, aber dennoch gut in die Geschichte gepasst haben. Sie tragen dazu bei, dass die Geschichte lebt.
    Auch finde ich die Zusammenstellung der Ereignisse gut. Zwar muss man sich zu Beginn durch lange Erklärungen und Beschreibungen quälen bevor die Geschichte losgeht, aber dann läuft sie gut und die einzelnen Ereignisse machen Spaß. Vor allem, da hier mehrere Ereignisse behandelt werden, welche am Ende zusammenlaufen. Sie sind glaubwürdig und nachvollziehbar.


    Am Ende der Geschichte kann man sich natürlich noch fragen, was es nun mit dem Titel und der Geschichte auf sich hat. Ich vermute dass der Volturnus hier nur als Sinnbild für die Fruchtbarkeit der Nagold (Fluss in Altensteig), in Bezug auf die Flößerein, darstellen soll. Warum er/es aber schläft ist mir unklar. Vielleicht ebenfalls nur ein Bild für seine Passivität in diesem Buch. Vielleicht auch weil es sich eben nur um eine Legende handelt und mehr nicht.
    Ich bin mir dabei nicht ganz sicher. Wenn ich aber den Titel und die Geschichte betrachte, finde ich aber, dass der Titel etwas mehr verspricht als man geliefert bekommt. Zwar ist die Geschichte und ihre Umsetzung nicht schlecht, aber eben anders als das was ich erwartet habe.


    Fazit:
    Die Geschichte um Altensteig, dessen Bewohner und den schlafenden Volturnus ist eine, wenn es auch um Totschlag, Rache, Verzweiflung, Liebe und Sünde geht, eine recht ruhige Geschichte. Sie ist detailverliebt und glaubhaft. Die Autorin hat sich wirklich Mühe gegeben die Szenerie lebhaft und glaubwürdig rüberzubringen. Sie hat trotz des Titels auf mystisches verzichtet, was mit Sicherheit nicht jedem Leser gefallen wird.
    Mir persönlich war die Geschichte allerdings etwas zu detailverliebt und zu wenig mystisch.
    Wer allerdings auf historische Romane steht, welche glaubhaft umgesetzt sind, wird hier sicherlich seine Freude haben.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Lebenskunst besteht zu neunzig Prozent aus der Fähigkeit, mit Menschen auszukommen, die man nicht leiden kann.
    Samuel Goldwyn