Michail Bulgakow - Der Meister und Margarita (ab 5. November 2016)

  • :uups::pale: "Ich habe fertig" :uups::pale:
    Mein Eindruck:






    Sich das Lesen zur Gewohnheit machen heißt, sich einen Ort zu schaffen, in den man sich vor fast allem Elend des Lebens zurückziehen kann.
    W. Somerset Maugham


  • Bisher gefällt mir der Roman sehr gut. (Habe gerade die ersten 14 Kapitel gelesen, d.h. die seltsame Zaubervorstellung ist noch nicht lange vorbei). Ich mag es, nicht zu wissen, wohin die Reise geht. Die Geschichte erscheint mir noch (?!) wie ein reiner Spaß, ein spöttischer, literarischer Ulk - aber mit einer kaum verhohlenden Bedrohlichkeit im Hintergrund. Eine Abrechnung mit russischem Bürokratismus oder eine religiöse Satire sehe ich bisher nur in Ansätzen. Oder habe ich was übersehen? :-k

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Ransmayr "Cox oder Der Lauf der Zeit" (169/303)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 26 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)
    O:-) Letzter Kauf: Tse "Mann im Anzug mit Ballerina" (1.03.)

  • Ich bin gespannt, wie es im weiteren Verlauf wirkt, aber auf dieses Kapitel hätte ich auch verzichten können. Ich finde es eher uninteressant. Immerhin weiß ich jetzt, dass Von Pontius zu Pilatus im Ursprung bedeutet, dass man wieder am Anfang angekommen ist.

  • Ich bin gespannt, wie es im weiteren Verlauf wirkt, aber auf dieses Kapitel hätte ich auch verzichten können. Ich finde es eher uninteressant.

    Ich mochte das Kapitel aus zwei Gründen sehr gerne: Erstens aus rein formaler Ebene. Direkt als zweites Kapitel, nachdem gerade erst Figuren eingeführt und ein Ort etabliert wurde, eine davon im Grunde völlig losgelöste "Abschweifung" zu bringen, die sogar länger ist, als das zuvor Geschilderte, ist doch ein großer Spaß, auch weil es so ein schöner "Was passiert denn hier gerade"-Moment gegen alle gelernten Romanregeln zu sein scheint. Und zweitens ist es - das merke ich aus der Rückschau nach zwölf weiteren Kapiteln - eigentlich das greifbarste Kapitel, da es einen starken Hinweis gibt, in welche Richtung der Gesamtroman gelesen werden kann: Ein friedliebender Menschenfreund wird von Vertretern des Staates und der Kirche für so bedrohlich und zersetzend gehalten, dass er getötet werden muss. Vorher unterhält man sich mit ihm noch vergleichsweise freundlich. Also, über den Widerspruch "friedliebend" und "gefährlich" möchte ich jedenfalls gerne noch mehr erfahren. (Und ich vermute, es werden noch weitere Pontius-Pilatus-Kapitel folgen ... )

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  • Ich habe mittlerweile den ersten Teil gelesen und wollte mich auch mal wieder melden :winken: Nachdem man das erste Kapitel gelesen hat, möchte man natürlich sofort wissen, wie es weitergeht. Da hat mich ganz kurz auch dieser plötzliche Wechsel gestört. Solch eine Unterbrechung ist ja eine ganz schöne Frechheit und wohl gegen die "Regeln". Kaum hat man den Leser gefesselt, stirbt schon eine Hauptfigur und die Erzählung wechselt völlig. (A propos Hauptfigur: ebenso ungewöhnlich ist ja wohl, dass der im Titel genannte Protgaonist "Meister" erst nach einem Drittel des Buches auftaucht, und von "Margarita" hat man auch nur kurz gehört).
    Dennoch gefallen mir solche untypischen Erzählrhythmen mittlerweile, und langweilig war das Kapitel mit Pontius Pilatus nun auch nicht. Es sind halt zwei Erzählstränge, aber nachdem ich kürzlich "Bleak House" las, das noch deutlich mehr Erzählebenen aufweist, nehme ich das locker, und ich bin sehr gespannt, inwieweit diese beiden Ebenen miteinander verknüpft werden. Die Abrechnung mit der russischen Bürokratie und die religiöse Satire ist auf den ersten Blick nicht so deutlich, Bulgakow durfte zu seiner Zeit ja auch nicht schreiben wie er wollte. Aber neben den absurden Vorgängen in Moskau, die nicht nur unterhaltsam sind, sondern auch die allgemeine Gier kritisiert, dient wohl insbesondere die Passionsgeschichte dazu, die Menschen mit ihren Tugenden und Unzugänglichkeiten darzustellen.

  • Aber neben den absurden Vorgängen in Moskau, die nicht nur unterhaltsam sind, sondern auch die allgemeine Gier kritisiert, dient wohl insbesondere die Passionsgeschichte dazu, die Menschen mit ihren Tugenden und Unzugänglichkeiten darzustellen.

    Dank Dir schon mal für den Hinweis auf die Gier. :thumleft: Tatsächlich sind etliche Personen ja äußerst geldgeil, auf Einfluss, den schönen äußeren Schein und den eigenen Vorteil aus. Das ist mir so sehr noch gar nicht aufgefallen, obwohl es ja nu wirklich nicht versteckt ist. :uups:

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  • Ich bin gerade in einer leichten Bulgakow-Leseflaute: Da ich zwei andere Bücher,die ich nebenher gelesen habe, die letzten Tage immer vorgezogen habe, bin ich ein bisschen draußen. Gestern habe ich das etwas schwergängige zweite Pontius-Kapitel hinter mich gebracht. Ich werde am besten auch versuchen, am Wochenende mal viel Bulgakow am Stück zu lesen, um wieder reinzukommen. :-,

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  • Ich bin gerade in einer leichten Bulgakow-Leseflaute

    Mensch, das ist aber schade. Ich empfinde es aber ähnlich: sobald ich mich etwas eingelesen habe, möchte ich nicht mehr aufhören. (Das Kapitel mit der Theateraufführung, und die albernen Folgen mit dem Papiergeld, der falschen Kleidung, dem Bestechungsgeld, etc fand ich total unterhaltsam) Aber wenn ich ein paar Tage Pause eingelegt habe, dann ist es vielleicht etwas mühsam, wieder reinzukommen, zumal ich auch den Überblick mit den Namen etwas verloren habe – wer ist jetzt alles wann verschwunden, und wohin ?

    das etwas schwergängige zweite Pontius-Kapitel hinter mich gebracht

    Sowas, dabei gefiel mir dieses zweite Pontius-Kapitelchen noch deutlich besser als das erste! Während der Teufel die Gier der Moskauer an materiellen Gegenständen und eigenen Vorteilen ausnutzt, wird bei den Pilatusgeschichten Schuld und Unschuld thematisiert. Pilatus verurteilt den offensichtlich harmlosen, menschenfreundlichen Jesus zum Tode, weil er angeblich Leute aufgefordert haben soll, einen Tempel anzuzünden. Obwohl Pilatus die Möglichkeit gehabt hätte, Jesus freizusprechen, hatte er nicht den Mut dazu und beugt sich der Staatsmacht. In der zweiten Pilatuserzählung erfahren wir mehr über Matthäus und „Legendenbildung“. Ich bin jedenfalls gespannt, wie diese Passionsgeschichte weitergeht und frage mich, wie die Auferstehung berücksichtigt wird.
    Erwähnenswert finde ich zudem den Teufel selbst. Sooo böse ist er eigentlich gar nicht. Er ist eher ein Spassvogel, der die Schwächen der Menschen ausnutzt. Sicher, wenn man nicht im Irrenhaus landet, dann in Jalta oder unter der Strassenbahn, aber dennoch ist er kein jähzorniger, zerstörerischer Bösewicht. Er erscheint mir eher gelangweilt und auf der Suche nach Entertainment.

  • Ja, ich glaube fast, dass die Schwergängigkeit daran lag, dass ich mich noch nicht wieder eingefunden hatte. Diesen Evangelistenaspekt mit Matthäus fand ich jedenfalls auch ziemlich interessiert. :)

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  • Die Geschichte erscheint mir noch (?!) wie ein reiner Spaß, ein spöttischer, literarischer Ulk - aber mit einer kaum verhohlenden Bedrohlichkeit im Hintergrund. Eine Abrechnung mit russischem Bürokratismus oder eine religiöse Satire sehe ich bisher nur in Ansätzen.

    Ich habe mittlerweile Kapitel 27 gelesen, bin also kurz vorm Ende. (Ich habe etwas den Überblick verloren, wo wir gemäss Lesepensum sein sollten) Jedenfalls bleibt die Geschichte wie von Dir zu Beginn beschrieben, ein reiner Spass, literarischer Ulk. Die Kapitel sind unterhaltsam, aber so ein richtiger Lesefluss oder Spannung will bei mir einfach nicht aufkommen. Die Theateraufführung, der Hexenball, das Verschwinden der Leute, die Streiche von Voland,... alles unterhaltsam, aber leider zu episodenhaft. Die Frage, zu welchem Zweck, habe ich mittlerweile verworfen. Und die kaum verhohlene Bedrohlichkeit bleibt im Hintergrund.
    Wie weit seid Ihr eigentlich, und wir liest denn noch mit :-k ?

  • Wie weit seid Ihr eigentlich, und wir liest denn noch mit :-k ?

    Ich bin seit letztem Wochenende mit Kapitel 21 durch, Margaritas Hexenflug. Also noch nicht weit rein in den zweiten Teil. Auch mit dem veränderten Personal noch nicht allzu vertraut. Habe seitdem die meisten meiner Parallelbücher ausgelesen, so dass ich mich jetzt wieder Bulgakow widmen kann. :winken:

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  • Ich wollte mich zum Abschluss kurz melden: ich habe den Roman am Wochenende fertig gelesen. In den nächsten Tagen werde ich wohl noch einen Kommentar im entsprechenden Rezi-Thread hinterlassen. Total hingerissen war ich leider nicht, ich hatte mir mehr erhofft. Die Protagonisten blieben mir alle egal, eine logische Geschichte wird eigentlich auch nicht erzählt. Nonsense-Literatur hatte ich gerade in einem Thread gelesen, und das trifft für mich auf diesen Roman auch zu. Die einzelnen Kapitel waren lustig, absurd und nette Unterhaltung, aber insgesamt kein Pageturner.

  • @Nungesser: Gut, dass Du mich erinnerst. Da war doch was!? Stimmt, ich habe den Roman auch am Wochenende ausgelesen. Ich fand es schwierig, gleich meine Eindrücke zu bündeln, wollte noch länger darüber nachdenken. Und bin zu keinem rechten Ergebnis gekommen. :-, Viele Bezüge - zu Bulgakows eigenem Leben und zum Stalinismus - erschließen sich wohl vor allem nur in der Zeit; insofern eine Schande, dass der Roman erst Mitte der Sechziger erscheinen konnte. Auch mit der Faust-Sage - im besonderen mit russischen Ausformungen - bin ich nur unvollkommen vertraut. Ich kann daher nur das nehmen, was offensichtlich da ist. Bei aller Unterhaltsamkeit, Leichtfüßigkeit und erzählerischer Unverfrorenheit fand ich den Roman auch eher schwierig zu nehmen; vielleicht auch, weil mir ebenfalls die Protagonisten eher egal waren. Die "Interpretationshilfe" durch die Pilatus-Kapitel waren mir somit auch sehr wichtig, übergreifende Themen aufzuspüren, die den ganzen absurden Trubel durchziehen. Mal sehen, was mir noch dazu einfällt. :) Weil ich von etlichen Szenen schon beeindruckt war, die Bibel-Auslese durch die Pilatus-Umgestaltung anregend fand, und mich alleine schon die Tatsache erheitert hat, dass der Satan, und nicht der Messias wiederkehrt (wie man es traditionell vielleicht erwarten könnte), um zu schauen, wie sich die Menschen in der Schöpfung eingerichtet haben (und siehe da: Alles bestens, denn sie sind egoistisch, oberflächlich und überhaupt schrecklich), finde ich den Roman auf jedenfall lesenswert. Wenn die vier Sterne auch etwas wackelig sind.

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