Jane Harper - Hitze / The Dry

  • Kurzmeinung

    wampy
    Ein Meisterwerk der eher leisen Töne
  • Kurzmeinung

    Irrlicht
    Solide Spannung bis zum Schluss, überraschend, nicht vorhersehbar, sehr gute Charakterzeichnung
  • Kurzbeschreibung:
    Ein beklemmender Thriller um Heimat, Loyalität und Vergebung.
    Die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten lastet wie heißes Blei auf dem ländlichen Städtchen Kiewarra mitten im Nirgendwo. Das Vieh der Farmer stirbt, die Menschen fürchten um ihre Existenz. Als Luke Hadler, seine Frau und ihr Sohn Billy erschossen aufgefunden werden, glauben alle, dass der Farmer durchgedreht ist und erweiterten Suizid begangen hat. Aber Sergeant Raco hat seine Zweifel. Aaron Falk kehrt nach zwanzig Jahren zum ersten Mal nach Kiewarra zurück - zur Beerdigung seines Jugendfreundes Luke. Bald brechen alte Wunden wieder auf; das Misstrauen wirft seine langen Schatten auf die Kleinstadt. Und in der Hitze steigt der Druck immer mehr...
    Die Filmrechte für «The Dry» sicherte sich Hollywood-Star Reese Witherspoon. (Quelle: Verlagswebsite)


    Autorin:
    Jane Harper ist Journalistin beim Herald Sun. Sie lebt in Melbourne. The Dry ist ihr erster Roman. (Quelle: Verlagswebsite)


    Allgemeines:
    „The Dry“ ist der Debüt-Roman von Jane Harper. Er erscheint im Oktober 2016 bei rowohlt Polaris als Taschenbuch.
    - 384 Seiten, 42 Kapitel + Prolog
    - Das Original „ The Dry“ (978-1743548059) ist im Mai 2016 bei Macmillan Australia erschienen (Quelle: goodreads.com, da das Original bei amazon leider nicht zu finden ist). Die Übersetzung ist von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.


    Meine Meinung:
    Gleich mal vorweg: ich habe lange keinen Thriller mehr gelesen, der mich so gefesselt hat. Obwohl ich mir gar nicht sicher bin, ob „Thriller“ die richtige Bezeichnung ist. Es geht, bis auf wenige Szenen, eher unblutig zu und es gibt auch keine wilde Action, dafür aber eine unglaubliche Atmosphäre. Ich würde es als Krimi oder gern auch als Drama bezeichnen, damit eingefleischte Thriller-Fans nicht enttäuscht werden. Aber das eigentlich nur am Rande.
    Wie gesagt: mich hat lange kein Fall mehr so begeistert, wie dieses Debüt von Jane Harper. Bereits am Ende des kurzen Prologs hatte sie mich gepackt – mit ihrer bildhaften Sprache und der Atmosphäre, die sie mit so wenigen Worten geschaffen hatte. Und die lässt einen das ganze Buch über nicht wieder los. Man meint die Hitze in Australiens Süden zu spüren, kann das Flimmern der Luft sehen und das Entsetzen über ein ausgetrocknetes Flussbett miterleben. Diese Stimmung ist aber nur eine Seite. Die andere sind die tollen Charaktere, die Harper geschaffen hat. Keiner vollkommen, viele mit dunklen Geheimnissen, die sich nach und nach lüften, aber alle glaubwürdig in ihren Handlungen heute und vor 20 Jahren.


    Der Erzählstil ist filmreif. Immer wieder werden Rückblenden eingeschoben – zum Teil aus der Erinnerung der Protagonisten heraus, zum Teil die Erkenntnisse der Ermittler wiedergebend. Und so erschließen sich dem Leser nach und nach zwei Fälle: der Tod einer jungen Frau von vor 20 Jahren, bei dem die Einwohner Kiewarras Aaron Falk zumindest eine Mitschuld zuweisen und ihn darum alles andere als herzlich begegnen, und das Familiendrama, wegen dem Falk zurückgekehrt ist. Anfangs ist es eher der Wunsch der Eltern der Toten, der Falk ein wenig genauer hinschauen lässt. Aber nach und nach eröffnen sich ihm und Sergeant Raco eine unglaubliche Zahl an Motiven und Hinweisen, dass die beiden gar nicht anderes können, als zu ermitteln. Aaron Falk wird dabei immer heftiger bedroht und angegriffen. Man fragt sich als Leser, wie es möglich ist, dass der Hass noch nach 20 Jahren so ausgeprägt ist und was damals wirklich geschah. Falk ist kurz davor, das Handtuch zu werfen, als ihm plötzlich ein Gedanke kommt, der das Chaos lichten kann. Während ich bei dem einen Fall zumindest einen Verdacht hatte, der einigermaßen in die richtige Richtung ging, war die Auflösung des anderen eine komplette Überraschung. Und als wäre das alles noch nicht gut genug, gelingt es Harper sogar noch, einen Schluss zu finden, der fast als Happy End durchgehen kann, soweit das bei einem Thriller möglich ist.


    Ich habe mit „The Dry“ eins meiner Jahreshighlights gelesen und vergebe ganz klar :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und eine klare Lese-Empfehlung an alle, für die Spannung von Atmosphäre lebt und Blut und Gewalt nicht im Vordergrund stehen müssen.


    Fazit:
    Ein Buch wie ein Film. Großartiges Debüt voller Spannung, dichter Atmosphäre und der ganzen Bandbreite menschlicher Schwächen und Stärken.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Das Buch beginnt im Prolog mit den Leichen von Luke Hadler, seiner Frau und ihrem Sohn Billy. Nur Charlotte, das Baby der Familie, hat die Tragödie überlebt.
    Die eigentliche Geschichte startet dann am Tag der Beerdigung der drei Toten.
    Aaron Falk ist extra aus Melbourne angreist ums seinem ehemaligen Freund aus Keindheits- und Jugendtagen die letzte Ehre zu erweisen. Dann will er nur schnell wieder weg aus dieser sonnigen, heißen Einöde zurück in sein Leben.


    Aber die gemeinsame Jungendfreundin Gretchen schleppt ihn mit zum Leichenschmaus und er muss sich mit Lukes Eltern auseinandersetzen. Gerry Hadler und seine Frau Barb, die an den erweiterten Selbstmord ihres Sohnens nicht glauben können, hoffen dass er als Polizist ihnen helfen kann. Sie vermuten, dass ihr Sohn vielleicht aus finanzieller Not an die falschen Menschen geraten ist. Aber Aaron will nur schnell wieder weg aus Kiewarra, außerdem ist er seit Jahren nur noch bei der Steuerfahndung tätig. Doch dann gesteht er den Eltern einige Tage seiner Zeit zu und beginnt gewisserweise mit den blutjungen örtlichen Polizisten Sergeant Raco den Fall aufzurollen.


    Aus einigen Tagen werden mehr und in immer wieder eingestreuten Erzählschnipseln aus der Vergangenheit erfahren wir mehr über die Jugendzeit von Luke und Aaron und den geheimisvollen Tod einer Freundin in der damaligen Zeit und wie es dazu kam, dass Aaron und sein Vater die Stadt verlassen mussten.
    Die Erzählung verläuft recht ruhig, bis sich die Stimmung der Bewohner sprichwörtlich aufheizt. Dass die Agressivität zunimmt wundert bei der geschilderten unbarmherzigen Hitze und Not nicht. Es ist schlimm wenn die Mitbewohner nach all den Jahren auf einen bloßen Verdacht hin immer noch so heftig reagieren und so ein Geschehniss mehrere Leben und eine ganze Kleinstadt verändern.


    Erzählt wird auch die Polizeiarbeit in einer Kleinstadt. Wie man sich von einem Ermittlungsschrittchen zum nächsten hangelt und von Sackgasse zu Sackgasse.
    Doch dann gelingt es Aaron nach erstaunlichen neuen Erkenntnissen eine andere Perspektive einzunehmen und die Puzzelteilchen fügen sich zusammen. Es ergibt sich eine überraschende Auflösung. Wie heißt es so oft, folge der Spur des Geldes... Es kommt zu einem dramatischen Show Down und der Fall der drei Getöteten Hadlers wird umfassend aufgeklärt. Auch der alte Todesfall findet eine plötzliche Klärung, aber das Ende bleibt trotzdem in gewissem Rahmen offen.


    4 von 5 Punkten

  • Ich habe das englische E-Book "The Dry" heute beendet und bin wie @Hirilvorgul der Meinung, dass es sich hier um ein sehr beeindruckendes Debüt handelt.
    Auch ich würde diesen Roman eher bei den "Dramen", bzw. Erzählungen mit Krimielementen einordnen, auf keinen Fall handelt es sich um einen Thriller.
    Dennoch ist er - nach einem etwas schleppenden Beginn - sehr fesselnd. Das liegt nicht nur an der atmosphärischen Ausgestaltung, die die desolate Lage in der von beständiger Hitze und Dürre geprägten australischen Kleinstadt gut vermittelt, sondern auch an der Komplexität der Handlung, die sich auf zwei Verbrechen auf zwei Zeitebenen bezieht.
    Der Leser gewinnt durch die (in der englischen Ausgabe kursiv gedruckten) eingeflochtenen Rückblicke allmählich ein klareres Bild, allerdings pflastern vorher verschiedenste Theorien und Verdächtige den Weg. Jedenfalls ist der Ausgang nicht sehr vorhersehbar.
    Ich vergebe für "The Dry" :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: und eine klare Leseempfehlung für alle Leser, die nicht ausschließlich auf blutige Thriller fixiert sind. Auch wenn nicht viel Blut fließt, ist der Roman in mancher Hinsicht sehr erschütternd.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Jetzt wollte ich gerade meine Gedanken zu diesem Buch hier teilen, musste aber dann feststellen, dass Hirilvorgul das für mich bereits perfekt ausformuliert hat:

    Gleich mal vorweg: ich habe lange keinen Thriller mehr gelesen, der mich so gefesselt hat. Obwohl ich mir gar nicht sicher bin, ob „Thriller“ die richtige Bezeichnung ist. Es geht, bis auf wenige Szenen, eher unblutig zu und es gibt auch keine wilde Action, dafür aber eine unglaubliche Atmosphäre. Ich würde es als Krimi oder gern auch als Drama bezeichnen, damit eingefleischte Thriller-Fans nicht enttäuscht werden. Aber das eigentlich nur am Rande.
    Wie gesagt: mich hat lange kein Fall mehr so begeistert, wie dieses Debüt von Jane Harper. Bereits am Ende des kurzen Prologs hatte sie mich gepackt – mit ihrer bildhaften Sprache und der Atmosphäre, die sie mit so wenigen Worten geschaffen hatte. Und die lässt einen das ganze Buch über nicht wieder los. Man meint die Hitze in Australiens Süden zu spüren, kann das Flimmern der Luft sehen und das Entsetzen über ein ausgetrocknetes Flussbett miterleben. Diese Stimmung ist aber nur eine Seite. Die andere sind die tollen Charaktere, die Harper geschaffen hat. Keiner vollkommen, viele mit dunklen Geheimnissen, die sich nach und nach lüften, aber alle glaubwürdig in ihren Handlungen heute und vor 20 Jahren.

    Ich kann das zu 100% unterschreiben, meine Rezi hätte sich nur unwesentlich hiervon unterschieden. Ich bin froh, dass mir das Buch relativ spät in die Hände gefallen ist, denn so habe ich noch einige weitere Bücher von Jane Harper auf meine Wunschliste packen können. Ich find ihren Schreibstil einfach hervorragend und war ganz begeistert! :thumleft: Mein allererstes 5-Sterne-Buch in diesem Jahr. Und da ich diesbezüglich sehr kritisch bin, ist das für mich ein echtes Highlight.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Als kleine Randnotiz: Die Verfilmung zum Buch habe ich abends direkt nachdem ich die letzte Seite des Buchs zugeklappt hatte, mit meinem Mann gesehen. Die Schauspieler waren richtig gut, aber mit dieser wahnsinnig spannenden Atmosphäre im Buch konnte der Film aus meiner Sicht leider nicht mithalten. Naturgemäß kam mir der Film auch einfach viel zu kurz vor.

    "The worth of a book is to be measured by what you can carry away from it."

    - James Bryce

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Jane Harper - The Dry“ zu „Jane Harper - Hitze / The Dry“ geändert.
  • Ein Meisterwerk der eher leisen Töne


    Buchmeinung zu Jane Harper – »Hitze«


    »Hitze« ist ein Kriminalroman von Jane Harper, der 2016 bei Rowohlt Taschenbuch in der Übersetzung von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann erschienen ist. Der Titel der australischen Originalausgabe lautet »The Dry« und ist 2016 erschienen.


    Zum Autor:
    Jane Harper wurde 1980 in Manchester geboren, lebt aber schon lange in Melbourne, Australien. Sie war Journalistin, bevor sie mit dem Schreiben von Thrillern begann. Gleich mit ihrem Debütroman »Hitze« gewann sie neben zahlreichen anderen Preisen auch den wichtigsten britischen Krimipreis, den »Gold Dagger«


    Zum Inhalt:
    Aaron Falk kehrt nach zwanzig Jahren zum ersten Mal nach Kiewarra zurück – zur Beerdigung seines Jugendfreundes Luke, der sich und seine Familie getötet haben soll. Bald brechen alte Wunden wieder auf und die trockene Hitze hat die Kleinstadt im Griff.


    Meine Meinung:
    Dieses Buch ist sicherlich kein Thriller sondern eher ein Spannungsroman. Schon der Prolog hat mich mit seiner ungewöhnlichen Sichtweise gefesselt. Aaron Falk ist Ermittler bei der Finanzbehörde und kehrt auf Bitte von Lukes Eltern an den Ort zurück, den er vor zwanzig Jahren fluchtartig verlassen hat. Die Eltern glauben nicht an den erweiterten Selbstmord ihres Sohnes und bitten Aaron um seine Einschätzung. Aaron findet unterstützt vom Dorfpolizisten Sergeant Raco einige Ungereimtheiten und ermittelt weiter. Neben dem aktuellen Todesfällen spielt der ungeklärte Todesfall einer Jugendlichen aus der damaligen Clique von Aaron und Luke eine wesentliche Rolle. Aaron wirkt hartnäckig und sympathisch, auch wenn seine Rolle in dem damaligen Todesfall Fragen aufwirft. Einige Bewohner Kiewarras halten ihn immer noch für schuldig am Tod der Jugendlichen.
    Die Anzahl der beteiligten Figuren ist übersichtlich und alle Figuren sind komplex und glaubwürdig gezeichnet. Die Hitze setzt allen zu und für Aaron wird es bedrohlich. Er kommt in beiden Fällen nur langsam voran, bleibt aber am Ball. Die Autorin zeichnet ein faszinierendes Bild der Kleinstadt und ihrer Bewohner. Sie nimmt sich Zeit für ausführliche Beschreibungen und doch bleibt die Spannung auf hohem Niveau erhalten. Zum Ende hin zieht das Tempo deutlich an und beide Fälle werden vollständig und nachvollziehbar aufgeklärt.


    Fazit:
    Der Spannungsroman punktet mit seiner Figurenzeichnung und dem intelligent und überraschend gestalteten Plot. Mich hat der Roman gefesselt und blendend unterhalten. Deshalb bewerte ich den Titel mit fünf von fünf Sternen (100 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.

    :study: James Lee Burke - Die Tote im Eisblock


    :musik: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln