Han Kang - Die Vegetarierin / The Vegetarian / 채식주의자

  • Kurzmeinung

    Farast
    Abgebrochen, einfach nicht mein Buch.
  • Kurzmeinung

    Scartaka
    Faszinierender Text, der jedoch teilweise schwierig zu Lesen ist.
  • Klappentext:
    »Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie für nichts Besonderes. Bei unserer ersten Begegnung fand ich sie nicht einmal attraktiv. Mittelgroß, ein Topfschnitt, irgendwo zwischen kurz und lang, gelbliche unreine Haut, Schlupflider und dominante Wangenknochen. So fühlte ich mich weder von ihr angezogen noch abgestoßen und sah daher keinen Grund, sie nicht zu heiraten.«
    Yong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet.
    Die Vegetarierin ist eine kafkaeske Geschichte in drei Akten über Scham und Begierde, Macht und Obsession sowie unsere zum Scheitern verurteilten Versuche, den Anderen zu verstehen, der ja doch, wie man selbst, Gefangener im eigenen Leib ist. Der Roman wurde mit dem Man Booker International Prize 2016 ausgezeichnet.
    (von der Aufbau-Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Han Kang wurde in Gwangju, Südkorea, geboren. 1993 debütierte sie als Dichterin, ihr erster Roman erschien 1994. Für ihr literarisches Schreiben wurde sie mit dem Yi- Sang-Literaturpreis, den Today’s Young Artist Award und dem Manhae Literaturpreis ausgezeichnet. Derzeit lehrt sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul. Mehr Informationen zur Autorin: www.writerhankang.com (von der Aufbau-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: 채식주의자
    Aus dem Koreanischen übersetzt von Ki-Hyang Lee
    Erstmals erschienen 2007
    Drei Teile:
    - Die Vegetarierin: Erzählt aus der Ich-Perspektive des Ehemannes im Wechsel mit Passagen aus Träumen von Yong-Hye
    - Der Mongolenfleck: Erzählt aus der personalen Perspektive des Schwagers von Yong-Hye, eines Malers
    - Bäume in Flammen: Erzählt aus der personalen Perspektive von In-Hye, Yong-Hyes älterer Schwester
    190 Seiten


    Persönliche Meinung:
    Eine Frau auf dem Weg in die Magersucht, das ist der Inhalt des Buches. Man könnte weiter gehen und sagen: Wie der Vegetarismus einer Frau drei Familien zerstört und sie selbst in die Psychiatrie bringt.
    In drei aufeinander aufbauenden chronologischen Teilen nähert man sich Yong-Hye, nimmt teil an ihrem Weg und erfährt bis auf die merkwürdigen Träume, die sie dazu bringen, sich vegetarisch (eigentlich vegan) zu ernähren, von ihr selbst nur durch andere.


    Im ersten Teil durch ihren Ehemann, der nur eine durchschnittliche Frau für Küche, Bett und zu Repräsentationszwecken braucht, nun aber verständnislos und abweisend ihrer Veränderung begegnet. Ihm zur Seite stehen Yong-Hyes Eltern, die ihrer Tochter gewaltsam das „richtige“ Essen einzutrichtern versuchen. Den zweiten Teil, drei Jahre nach dem ersten angesiedelt, übernimmt der Schwager, Ehemann der Schwester, ein Künstler, der seit längerem in einer Schaffenskrise steckt und Yong-Hye dazu missbraucht, aus ihr heraus zu finden. Und dann der dritte Teil, wiederum zwei Jahre später, in dem die Schwester geschildert wird, die zu Besuch ins psychiatrische Krankenhaus fährt.
    Nach und nach verliert Yong-Hye alles: Zuerst boykottiert sie Essen und Sex (und erfährt bei ihrer Verweigerung Gewalt), sie verliert Gewicht und Anmut, am Ende stellt sie die Kommunikation ein und gibt die Sprache auf.


    Müsste ich das Buch in einem Wort beschreiben, fiele mir „fremd“ ein. Nicht so sehr, weil ich als Europäerin kein Problem mit vegetarischem Leben oder mit Malerei auf nacktem Körper habe oder weil ich kein Gesicht wahren muss, sondern weil sich eine Welt öffnet, zu der mir der Zugang fehlt, deren Emotionen mir fern liegen, deren Gedanken mir nicht nachvollziehbar sind und deren Träume mir kraus und wirr erscheinen.
    Han Kang hat für das Buch einen wichtigen Preis bekommen, nicht nur FAZ und Spiegel überschlagen sich in ihren Lobeshymnen, und alle Welt scheint begeistert. Nur ich habe anscheinend nichts begriffen. Nicht einmal ein Buch, das mit dem inflationär gebrauchten „kafkaesk“ beschrieben wird.
    Die Suche nach dem Motiv für Yong-Hyes Entwicklung in den Gewalterfahrungen in Kindheit und Ehe zu suchen, ist eher eine europäische Sicht der Dinge, die für alles, was geschieht, einen triftigen Grund braucht. Es geht um eine Verschmelzung mit der Natur, dem Boden, den Bäumen, wenn ich den Sinn richtig deute.


    Das Cover mag ich nicht. Auf den ersten Blick sieht man nur Blüten (die im zweiten Teil eine wichtige Rolle spielen), aber von der untersten hängt anstelle eines Blattes eine Zunge herunter, zwischen ihnen strecken sich Finger heraus und oben links ragt ein Stück fettes marmoriertes Fleisch ins Bild.


    Weil es mir fremd ist, kann ich das Buch nicht bewerten. Gerne würde ich die Meinungen von denjenigen gelesen, die das Buch mit Stern-Höchstzahlen ausgezeichnet haben. Vielleicht kommt das noch.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hier der Link zur englischen Übersetzung.


    Gibt man die koreanischen Schriftzeichen bei Google ein, erhält man einige Seiten. Wer sie lesen kann ... :wink:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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  • Danke Marie für deine ehrliche Rezension zu dem Buch, über welches ich vor kurzem gestolpert bin, aber mich nicht traue, es zu lesen.
    Nun hat mich deine Rezension aber neugierig gemacht. Ich mag das Thema Vegetarismus und Magersucht, weil ich mich dafür interessiere, bzw. inzwischen wieder vegan esse.
    Das englische Cover gefällt mir gut, im Gegensatz zu der deutschen Ausgabe.
    Ja, jetzt muss ich mich nur noch entscheiden, es zu lesen, denke aber, dass ich es tun werde, weil es mich einfach interessiert.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Ich habe es ja auch gelesen und stimmt - es ist ein eigenartiges und etwas verstörendes Buch,das mich gedanklich noch beschäftigt. MIr fällt die Bewertung auch nicht leicht. Nur kurz meine Gedanken:
    Der Vegetarismus und die Magersucht ist m.E. nicht Thema des Buches, eher das Ausbrechen aus engen gesellschaftlichen Normen und das "Nicht-auffallen-dürfen". Der Drang Yong-Hues nach Unabhängigkeit und eigenständigem Handeln hat natürlich Konsequenzen, die sie in die Psychiatrie führen. Ihr Ausbruch wird gesellschaftlich geahndet und so bleibt ihr nur die Flucht in sich selbst.
    Lt. diesem link fehlt in Korea das Verständnis für vegetarisches Essen, vielleicht hat Han Kang deshalb diesen Weg gewählt, also quasi Vegetarismus als Rebellion. :-k

  • Ich mag das Thema Vegetarismus und Magersucht,

    Wenn Du mit der Erwartung an das Buch gehst, könnte es sein, dass Du enttäuscht wirst, denn wie @Conor sagt:

    Der Vegetarismus und die Magersucht ist m.E. nicht Thema des Buches,

    So habe ich es auch empfunden. Es hat primär nichts mit ihrem Körpers zu tun, dass sie den Beschluss fasst, sich nur noch vegan zu ernähren.


    Natürlich ist das Abgleiten in die Magersucht immer und überall ein Akt der Rebellion (gegen wen auch immer), aber am Anfang stand nur der Wunsch, sich vegetarisch zu ernähren. Darüber zu spekulieren, ob sich Yong-Hye tatsächlich auf in den Weg in die Magersucht begeben hätte, wenn Familie und Ehemann anders reagiert hätten, ist müßig.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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  • Kurzbeschreibung:
    Yeong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet. *Quelle*


    Zur Autorin:
    Han Kang wurde in Gwangju, Südkorea, geboren. 1993 debütierte sie als Dichterin, ihr erster Roman erschien 1994. Für ihr literarisches Schreiben wurde sie mit dem Yi-Sang-Literaturpreis, den Today’s Young Artist Award und dem Manhae Literaturpreis ausgezeichnet. Derzeit lehrt sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul.


    Meinung:
    Da über diesen Roman recht kontroverse Meinungen vertreten werden und mich die Thematik interessiert hat, musste ich dieses Buch lesen, um mir selbst eine Meinung darüber bilden zu können. Die Geschichte spielt in Südkoreas Hauptstadt Seoul, setzt im Februar ein und verläuft mit Zeitsprüngen über drei Jahre. Die Idee, eine Frau zur Vegetarierin werden zu lassen, mag auf den ersten Blick nicht spektakulär erscheinen. Doch wie Han Kang dies in ihrem Roman umsetzt, ist regelrecht verstörend, denn alle agierenden Charaktere, nicht nur Yong-Hye, tragen gewisse Eigenarten mit sich herum, die allesamt irgendwann ausbrechen.


    Die Südkoreanerin Yong-Hye ist seit fünf Jahren mit Chong verheiratet und Hausfrau. Ihr bisheriges Leben endet jäh, als sie aufgrund eines Traums beschließt, Vegetarierin zu werden. Yong-Hye ist ein stiller und zurückhaltender Charakter, bis sie aufhört, Fleisch zu essen. Danach fängt sie an, aufzubegehren und lässt sich in keinster Weise mehr etwas vorschreiben. Dadurch ändert sich ihr Leben völlig, aber auf eine tragische Art und Weise.


    Ihr Ehemann Chong ist ein sehr bequemer Zeitgenosse, der einem Bürojob nachgeht und für den seine Ehefrau nur da sein muss, ohne ihr irgendwelche Abwechslung bieten zu müssen. Chong kommt recht unsympathisch daher, denn seine Frau hat er nur aufgrund ihrer Durchschnittlichkeit geheiratet und auch sonst mag er es, sich selbst keine Probleme zu schaffen und geht jeder Herausforderung aus dem Weg. Daher bricht für ihn eine Welt zusammen, als Yong-Hye auf einmal aus dem bisher beschaulichen und bequemen Ehealltag ausbricht.


    Als Nebenfiguren agieren ausschließlich Familienangehörige. Vor allem Yong-Hyes Schwager (ein Videokünstler, der auf einmal ungeahnte sexuelle Obsessionen für seine Schwägerin entwickelt und sie für sein neuestes Kunstwerk gewinnen möchte) und ihre vier Jahre ältere Schwester In-Hye (sie kümmert sich trotz eines familiären Skandals am Ende um Yong-Hye) nehmen jeweils Schlüsselrollen ein.


    Der Roman ist in drei Abschnitte unterteilt. Im 1., "Die Vegetarierin", erzählt Ehemann Chong aus der Ich-Perspektive, wie seine Frau zur Vegetarierin wurde und welche Konsequenzen dies auf ihr Zusammenleben hat. Ebenso berichtet Yong-Hye aus ihrer eigenen Sicht (in kursiver Schrift), die Einblick in ihre verstörenden Träume, die sie veranlassen, kein Fleisch mehr zu essen, gibt. Der 2. Abschnitt, "Der Mongolenfleck", erzählt von den vorerst heimlichen Gefühlen und Obsessionen von Yong-Hyes Schwager in der 3. Person. "Bäume in Flammen", der abschließende 3. Abschnitt, wird aus Sicht von In-Hye ebenfalls in der 3. Person erzählt, die sich am Schluss um ihre schwerkranke Schwester kümmert.


    Han Kangs Roman bietet eine verstörende Geschichte, die aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird. Die Themen sind Selbstbestimmung, Träume, Unzufriedenheit in der Beziehung, aber auch unterdrückte Gefühle und Scham. Es bleibt dem Leser selbst überlassen, wie er für sich das Ende deutet, denn dieses wird recht offen gelassen. Han Kangs Schreibstil ist anspruchsvoll und driftet oftmals in poetische Bilder ab. Allerdings sind auch einige Passagen regelrecht abstoßend und vulgär, was zwar zur gesamten Geschichte passt, mir aber dann doch zuviel war.


    Fazit:
    Mit Die Vegetarierin hat Han Kang einen durchaus kontroversen Roman zu Papier gebracht, der trotz seiner nur 190 Seiten bleibenden Eindruck hinterlässt. Zwar ist das Grundthema auf den ersten Blick simpel, aber es steckt viel mehr dahinter und die Geschichte um Yong-Hye vermag es, verschiedenste Gefühle hervorzurufen.


    Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • »Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie für nichts Besonderes. Bei unserer ersten Begegnung fand ich sie nicht einmal attraktiv. Mittelgroß, ein Topfschnitt, irgendwo zwischen kurz und lang, gelbliche unreine Haut, Schlupflider und dominante Wangenknochen. So fühlte ich mich weder von ihr angezogen noch abgestoßen und sah daher keinen Grund, sie nicht zu heiraten.«
    Yeong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet....(Klappentext)


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    Der Titel des Buches ist nicht ganz korrekt und sollte eigentlich "Die Veganerin" heißen, denn Yong-Hye beschließt von einem Tag auf den anderen keinerlei tierischen Produkte mehr zu essen. Der Grund - sie hatte einen Traum.


    Im ersten Teil wird dies aus der Sicht ihres Mannes erzählt und das auf erschreckende kalte Art und Weise. Im Grunde sorgt er sich nur welche Auswirkungen das Ganze auf ihn hat. Yong-Hye kommt nur selten zu Wort, dafür sind diese, in Kursivschrift gehaltenen Passagen, umso gewaltiger und verstörender. Dadurch wird klar, dass der Schmerz viel tiefer sitzt, bereits in ihrer Kindheit begann zu reifen und sie nun knapp vor dem Abgrund steht. Es ist eine Rebellion ihrerseits gegen die Welt und gegen sich selbst, die sich in einer krankhaften Obsession manifestiert.


    Der zweite Teil des Buches wird aus der Sicht ihres Schwagers Han-Kang erzählt, einem erfolglosen Videokünstler und ebenfalls Gefangener seiner selbst. Auch er hegt eine geheime Obsession. Er fühlt sich vom Mongolenfleck seiner Schwägerin sexuell angezogen und diese Leidenschaft scheint Überhand zu nehmen und lässt ihn alles andere vergessen, bis er dieser Leidenschaft nachgibt und seine Schwägerin Yong-Hye dadurch in den Abgrund reißt.


    Der dritte Teil wird aus der Perspektive von In-Hye erzählt, der Schwester von Yong-Hye und Gattin Han-Kang's.
    Der physiche und psychische Zustand von Yong-Hye hat sich mittlerweile stark verschlechtert und sie wurde in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. In-Hye steht weiterhin zu ihr, besucht sie regelmässig und versucht ihr Bestes ihre Schwester in die reale Welt zurückzuholen. Der Leidensweg ihrer Schwester lässt In-Hye über ihr eigenes Leben nachdenken, sowie über ihren eigenen Wunsch vor Allem flüchten zu wollen. Auch hier wird klar, dass sie eine Gefangene ihrer selbst ist.


    Dieses Buch ist keineswegs leicht zu lesen, behandelt es doch Themen wie Magersucht, krankhafte Obsessionen, welche Auswirkungen diese auf die Mitmenschen haben und zwar mit all den Gefühlen wie Schuld und Ohnmacht. Es erzählt wie einem Gefühle in den Abgrund reißen können und sich in verstörenden Handlungen äußern, welche nur für den Betroffenen selbst als logisch erscheinen, sowie vom Wunsch verschwinden, bzw. etwas anderes sein zu wollen.


    Die Autorin bedient sich hierbei einer flüssigen, aber sehr ungeschönten Sprache und lässt den Leser direkt in die Abgründe einer kranken Seele blicken. Dies ist mitunter verstörend, provozierend und vor allem heftig.
    Ebenso wird die Hilflosigkeit von Betroffenen, sei es von den Erkankten selbst, als auch die der Außenstehenden, thematisiert.
    Obwohl dieses Buch auch Einblicke in die koreanische Lebensweise gibt, könnte diese Geschichte ebenso in Europa angesiedelt sein.
    Betrachte man nur die vielen Patienten/Innen auf Psychosomatischen Krankenstationen.


    Fazit:
    Obwohl dieses Buch teilweise verstörend, provozierend und abgründig ist, übte es doch einen merkwürdigen Sog auf mich aus (oder etwa gerade deshalb?).
    Man blickt hier hinter die Fassade einer kranken Seele und das auf eine sehr heftige und ungeschönte Weise.
    Das Buch ist zwar aus literarischer Sicht vielleicht nicht ungewöhnlich, aber vom psychologischem Standpunkt aus betrachtet einfach top. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können. (Zsa Zsa Gabor)
    :twisted:

  • Mir ging es mit diesem Buch wie @Marie. Es war für mich schwer greifbar. Daher habe ich drei Sterne gegeben, die bei mir wahlweise "gute Unterhaltung" oder "unschlüssig" bedeuten. In diesem Fall trifft unschlüssig zu.
    Mir fällt es dementsprechend schwer, meine Meinung wieder zu geben.
    An der asiatischen Literatur als solches, die durchaus fremd oder verstörend wirkt, liegt es nicht, denn ich mag z.B, Mo Yan, Murakami oder Abe Kobo sehr gerne.


    (M)ein Deutungsversuch:
    Magersucht war in meinen Augen nicht das zentrale Thema. Ich habe zumindest keine kritische Betrachtung einer Eßstörung spüren können. Oder soll ich die Geschichte so interpretieren, dass der Verzicht auf Fleisch, der in Südkorea per se verdächtig ist, weil Anzeichen eines indivuellen Lebensstils, zu Anorexie führen kann? Eigentlich ist es aber doch die Vegetarierin, die als einzige konsequent versucht, aus dem starren Korsett der Traditionen auszubrechen. Am Ende ist sie auf eigentümliche und letztendlich morbide Art freier als ihre ganze Verwandschaft.
    Ihre Sippe ist im Grund psychisch "krank", weil sie es nicht schafft, die eingerosteten Strukturen zu hinterfragen, sondern ständig versucht, Yong-Hye zu kontrollieren und ihr den eigenen Willen aufzuzwingen.


    Den Ansatz, dass der Roman genauso in Europa hätte spielen können, kann ich daher nicht unterschreiben.
    Für mich sind die gesellschaftlichen Normen Südkoreas ganz wesentlich für den Verlauf und das Ende der Geschichte.


    Das Buch ist tragisch, aber seltsamerweise bin ich trotzdem distanziert geblieben.

  • Mir ging es mit dem Buch ganz ähnlich wie den meisten hier: ich kann das Gelesene nur schwer einordnen, dennoch habe ich es in einem Rutsch fasziniert durchgelesen. Ich glaube nicht, dass es um Anorexie geht. Wenn man es psychologisch betrachten möchte ( was aber dem Buch nicht gerecht werden würde) geht es um am ehesten um die Überwindung von Traumata, der Versuch, seinen Körper, sein Fleisch loszuwerden. Die Geschichte der Vegetarierin wird aus 3 Perspektiven erzählt, wobei zumindest die ersten zwei, erzählt von Männern, die Frau überwiegend als Objekt betrachten. Die Vegetarierin entzieht sich zunehmend der Welt, widersetzt sich den Erwartungen und schließlich der natürlichen Vorgänge. Im letzten Teil, wo noch einmal der Gegensatz zwischen der zerbrechlichen Frau und der kruden Realität deutlich wird, konnte ich die beschriebene tiefe Sehnsucht nach der Gesellschaft von Bäumen gut nachvollziehen. Wie oben beschrieben wird die Vegetarierin in all ihrer Verrücktheit und Metamorphose weg vom fleischlichen Körper zur menschlichsten Figur in der Geschichte.

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Ein wirklich seltsamer Roman, aus dem ich nicht schlau werde. Es geht um gesellschaftliche Zwänge, und um eine Frau, die sich diesen Zwängen entzieht. das ist ziemlich verstörend, aber sehr gut geschrieben. Der Vegetarismus und die Magersucht sind nicht Thema, eher das Ausbrechen aus zu engen gesellschaftlichen Normen und das "Nicht-Auffallen-Dürfen". Der Drang Yong-Hues nach Unabhängigkeit und eigenständigem Handeln hat Konsequenzen, die sie in die Psychiatrie führen. Ihr Ausbruch wird gesellschaftlich geahndet und so bleibt ihr nur die Flucht nach innen.


    Wir haben das Buch in unserem Lesekreis gemeinsam gelesen und besprochen. Sonst hätte ich erstens nie zu diesem Buch mit diesem Cover gegriffen und es auch bestimmt nicht fertig gelesen.

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Han Kang - Die Vegetarierin

    Erschreckender Leidensweg


    Ja, und auch dieses Buch möchte ich wieder als ein Jahreshighlight bezeichnen. Erstaunlich, jetzt das dritte in Folge. Ich bin hin und weg. Ein Wahnsinnsteil. So ein Wahnsinnssog. Diese intensive und den Leser so tief treffende Art des Umsetzens. Ich verstehe auch diese verschiedenen Arten dieses Buch zu sehen und zu bewerten. Entweder du liebst es, oder du kannst absolut nichts damit anfangen. Ich gehöre zu denen, die dieses hypnotisierende Werk lieben.


    Jetzt muss ich leider eine S P O I L E R Warnung aussprechen. Um dieses umfassende Werk, und das bei den wenigen Seiten, in meinen Augen korrekt zu beschreiben, muss ich leider einiges verraten.


    Zum Inhalt: Am Beispiel einer jungen Frau und ihrem verstörenden und sehr betroffen machenden Leidensweg sehen wir was Traumata in frühen Jahren bewirken können. Yong-Hye und ihre Geschwister müssen einen zur Gewalt, psychisch und physisch, neigenden Vater ertragen. Darunter leiden besonders die Schwestern Yong-Hye und In-Hye. Yong-Ho, der Bruder, kann die Gewalt, die er zu Hause erlebt, gewaltausübend an anderen ausleben. Den Schwestern ist diese Möglichkeit nicht gegeben. Schon in jungen Jahren hat Yong-Hye suizidale Gedanken, die sich durch ihre medizinische Nichtbehandlung natürlich manifestieren. Als sie dann Chong heiratet um der Hölle zu Hause zu entkommen, wird es nicht besser. Chong ist ein gefühlskalter und egoistischer Mann und durch die Kälte zu Hause fängt sie irgendwann an eigenartige Träume zu haben und sehr wenig zu schlafen. Letzteres bewirkt dann ein Zunehmen der Symptome und es entwickeln sich Wahnvorstellungen. Durch die eigenartigen und wahnhaften Träume beeinflusst, entschließt sich Yong-Hye kein Fleisch und keine sonstigen tierischen Produkte mehr zu essen. Bei einem Familientreffen endet alles in einem Fiasko und für Yong-Hye in einem ersten Psychiatrieaufenthalt. Nach der Entlassung aus der Psychiatrie und der Trennung von ihrem Mann lebt Yong-Hye erstmal wieder auf, bleibt aber seltsam und trifft auf den anderen Exzentriker der Familie, ihren Schwager, den Künstler. Beide nähern sich an und haben ein seltsames und gleichzeitig wunderschönes Intermezzo, sehr sinnliche Bilder von mit Blumen bemalten Körpern. Aber auch dem kurzen Aufblühen ist kein gutes Ende beschieden und das Drama geht weiter.


    Einerseits ist das Buch für mich eine Beschreibung, wie ein in jungen Jahren erlebtes Trauma einen Menschen verändern/krankmachen kann, andererseits ist es für mich ebenso eine Kritik an einem patriarchalen System, in dem Frauen einfach nur zu funktionieren haben. Auch das Thema Selbstbestimmung spielt eine große Rolle, obwohl ich das differenziert sehe, man sollte sich fragen ob diese Gedanken aus gesunden Köpfen kommen. Wenn ein psychisch Gesunder Dinge für sich entscheidet, dann ist das so, psychisch Erkrankten aber sollte geholfen werden wieder klarer zu denken.


    Eine in drei Erzählsträngen gehaltene und von drei Personen (Chong, der Ehemann/der Schwager/die Schwester In-Hye) erzählte Geschichte, die in einfachen Worten einen sehr starken Sog erzeugt. Eine interessante Autorin, die man sich definitiv merken muss.


    Bitte unbedingt Lesen.

  • Han Kangs kleines Büchlein mit 250 Seiten und den Maßen 19,2/11,6/1,8 cm kann ich nicht jedem/jeder/ Leser/in empfehlen. Sollten Sie sich in psychiatrischer Behandlung befinden, lassen sie die Hände von dem Büchlein, es ist literarischer Sprengstoff.

    Aus drei Perspektiven wird das Leben einer jungen Frau, der Südkoreanerin Yong-Hye erzählt. Es bräuchte keinen direkten Bezug auf die gesellschaftlichen Verhältnisse Südkoreas, erschütternd ist die Erzählung allemal: ein unscheinbarer Mann sucht sich so nebenbei unscheinbaren, von allen übersehende Ehefrau. Eine solche Ehe muss gut verlaufen: Nach fünf Jahren Ehe: Da es keine Liebesheirat gewesen war, konnte es ihnen auch nicht passieren, dass ihre Leidenschaft abkühlte und sie in Gleichgültigkeit und Langeweile versinken. Doch Yong-Hye hat einen Traum, für ihren Ehemann und ihre gesamte Verwandtschaft beginnt der Alptraum. Yong-Hye isst keine fleischlichen Produkte mehr. Ist das Nichtragen des BHs eine versteckte Botschaft Yong-Hyes?

    Aus der Fessel der Ehe befreit wird Yong-Hye zum Objekt sexuellen Begierde ihres Schwagers, mit Vorliebe für florales Bodypainting, bis seine Frau die Männer mit den Zwangsjacken kommen lässt. Seine Frau hat für seine künstlerischen Ambitionen einfach kein Verständnis.

    Der dritte Teil spielt in der Psychiatrie, ein "apokalyptischen" Kapitel. Besucherin die Schwester. Die emotionale Wucht der Ereignisse ist in einfachen Text verpackt, das macht das Büchlein umso mehr betroffen.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich habe letztlich das Buch "Die Vegetarierin" von Han Kang gelesen. Es ist wahnsinnig gut zu Lesen und hat einen sehr flüssigen Schreibstil der mir von Anfang an sehr gut gefiel. Besser als "Disorientation" von Elaine Hsieh Chou. Bei "Disorientation" war ich mir zunächst nicht sicher ob es am Schreibstil der Autorin liegt oder schlicht an der Übersetzung vom Koreanischen.

    Jedoch muss ich sagen, dass sich beide Texte in dem Sinne ähneln, da beide auf die schwierigeren sozialen Situationen, welche aus den Gegebenheiten der Kultur in Südkorea eingehen und die Leser dabei die Figuren begleiten wie diese durch ihre verschiedenen Entscheidungen, ob nun gut oder schlecht, gehen.

    "Die Vegetarierin" fand ich von diesem sozialen Aspekt sehr interessant geschrieben, welches die Themen die das Buch anspricht jedoch nicht leicht zu verdauen macht. Einige Szenen im Text ließen mich kurz stoppen und nachdenken und das obwohl es sich so gut und flüssig liest. Den Text hatte ich dennoch nach knapp zwei Tagen verschlungen. :lol:

    Im Text sind einige Trigger vorhanden, wie häusliche Gewalt, sexuelle Thematiken, Essstörungen etc. Alles dieser Dinge gehen von der Entscheidung der Hauptfigur ab, welche jedoch nicht wirklich selbst spricht, sondern in drei Kapiteln durch die Augen ihrer Angehörigen (Ehemann, Schwager, Schwester) beschrieben wird. Sie selbst "spricht" nur in den kurzeren kursiv geschriebenen Abschnitten, welche jedoch sehr mysteriös anklingen.

    Jedenfalls hat mir das Buch recht gut gefallen auch wenn es ein etwas schwierigerer Text war. Ich möchte mich auf jeden Fall weiter mit koreanischer Literatur beschäftigen und noch andere Romane koreanischer Autoren kennenlernen :D


    Und ja das Cover ist bei näherer Betrachtung sehr verstörend, aber damit passt es zum Inhalt des Buches..