Delphine de Vigan - Nach einer wahren Geschichte / D’après une histoire vraie

  • Produktbeschreibung: Verlag: Dumont Seitenzahl: 350
    Zwei Frauen lernen sich auf einer Party kennen. Die zurückhaltende Delphine, die sich mit fremden Menschen meist sehr schwer tut, ist sofort fasziniert von der klugen und eleganten L., die als Ghostwriter arbeitet. Aus gelegentlichen Treffen werden regelmäßige, man erzählt einander das eigene Leben, spricht über Familie und Freunde, vor allem über Freundinnen. Und natürlich über Bücher und Filme, die man liebt und bewundert. Delphine ist glücklich über die Gemeinsamkeiten und fühlt sich verstanden wie schon lange nicht mehr. Ganz entgegen ihrer Gewohnheit gibt sie in einem Gespräch über das Schreiben die Idee für ihr nächstes Buch preis. L. reagiert enttäuscht: Wie nur könne Delphine ihre Zeit auf eine erfundene Geschichte verschwenden? Eine Autorin ihres Formats müsse sich der Wahrheit verschreiben. Delphine ist entsetzt. L.s leidenschaftlich vorgetragene Forderung löst eine tiefe Verunsicherung in ihr aus. Bald kann sie weder Papier noch Stift in die Hand nehmen. L. scheint völlig unglücklich über das zu sein, was sie in der Freundin ausgelöst hat. Selbstlos übernimmt sie die Beantwortung von E-Mails, das Absagen von Lesungen und Interviews, das Vertrösten des Verlags, der auf einen neuen Roman wartet. Und all das in Delphines Namen. Keiner weiß davon, keiner kennt L., und so ist Delphine allein, als sie feststellt, dass L. ihr immer ähnlicher wird ...


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    Delphine de Vigans Romane habe ich schon die letzten Jahre über immer verfolgt: ich habe interessiert die Vorschautexte gelesen, kurz darauf dann ins Feuilleton oder in Blogs gespickelt und gedacht „Das scheint sich ja echt zu lohnen“ – aber gelesen habe ich bislang keinen einzigen davon.
    Es geht viel darum, in wie weit (und ob überhaupt) Freundschaft sich erlernen lässt und wie tief eine solche sein kann. Aber es geht auch sehr viel darum, wie man im Leben generell seinen Weg findet und zu dem wird, was man gerne wäre – sei es nun beruflich oder auch „einfach nur“ als Mensch. Wie man herausfiltert, welche Entscheidungen im Leben die richtigen sind und inwiefern einem hierbei Vorbilder dienlich sind – oder ob sie einen eher einschränken und in der Entwicklung behindern. Der Roman zeigt auf ruhige Weise, wie Freundschaften zwischen Frauen funktionieren können: Vorbehaltlos und mit einer Tiefe, die man sonst zu kaum einen Menschen hat. Es sind zwei sehr unterschiedliche Frauen, dennoch ergänzen sie sich sehr gut und brauchen auch einander.
    Delphine de Vigan schreibt sehr klar und unaufgeregt. Ihre Sprache empfand ich sehr präzise und die Bilder, die sie verwendet, sind angenehm schlicht – was keineswegs negativ klingen soll. Im Gegenteil, denn dadurch schafft sie es, einen durch manche Dinge beinahe schon hinterrücks zu überraschen und aus dem Konzept zu bringen. Dieses Buch habe ich innerhalb kürzerster Zeit verschlungen. Eine Geschichte, die mich voll und ganz gefesselt hat. Ich konnte mich genau in die beiden Freundinnen hineinversetzen. Die Kapitel lassen sich in einem schönen Lesefluss verschlingen, keine schwierige Namen und Bezeichnungen vorhanden. Was mir besonders gut an diesem Buch gefallen hat ist, dass es wirklich nur um die Geschichte der beiden Freundinnen geht, dass keine weiteren Handlungen um weitere Personen aufgegriffen wurden. Ein wunderschönes Buch, dass in die Tiefe des menschlichen Lebens schauen lässt. Eine grosse Freundschaft, die viel aushalten muss an tragischen Geschehnissen und Änderungen und doch zeigt dieses Buch viele Aspekte einer Freundschaft mit Gefühl und Details auf, die Einblick geben und Verständnis erzeugen

  • Mühsame Angelegenheit


    Die zurückhaltende Schriftstellerin Delphine lernt auf einer Party die elegante und kluge L. kennen. Die beiden Frauen teilen das Interesse für Literatur und Theater und aus gelegentlichen Treffen wird eine intensive Freundschaft. Doch L. mischt sich immer mehr in Delphines Leben ein, während diese sich immer mehr verunsichern und L. über sich bestimmen lässt. Delphine gerät zunehmend in eine schriftstellerische Krise, die sich so ausweitet, dass sie nicht einmal mehr am PC arbeiten oder emails beantworten kann. L. bietet ihre Hilfe an und übernimmt nach und nach alle Aufgaben Delphines, selbst eine Lesung an einer Schule, ohne dass es jemandem auffällt.
    Dies hört sich zunächst spannend an, allerdings dauert es, bis die Handlung etwas an Fahrt aufnimmt. Durch viele kleine Episoden und lange Gespräche wird die Geschichte recht langatmig erzählt. Nicht ganz glaubwürdig erscheint, dass eine erwachsene Frau wie Delphine, mit großem Erfolg als Schriftstellerin, mit zwei erwachsenen Kindern und einem interessanten Mann in ihrem Leben, sich so leicht vereinnahmen lässt.
    Auch diverse Vorfälle, z.B. dass zu Ls. Geburtstagsfeier kein einziger der geladenen Gäste kommt, außer Delphine, lassen diese zwar wachsam werden, dennoch zieht sie sich nicht zurück, sondern lässt L. weiter in ihr Leben eindringen.
    Als Delphine irgendwann endlich bemerkt, dass L. für sie gefährlich wird, kommt doch noch etwas Spannung auf. Und als Leser wird man genauso verunsichert, ob man nur L. nicht trauen kann oder ob Delphine sich diese Ereignisse womöglich bloß einbildet, ja sogar ob es L. überhaupt gibt.
    Dieses Spiel mit Realität und Fiktion ist an sich interessant, allerdings zieht sich die Geschichte sehr in die Länge, sodass die Lektüre von ,,Nach einer wahren Geschichte“ zu einer etwas zähen und mühsamen Angelegenheit wird.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Wo beginnt die Wahrheit? Wo endet die Fiktion?


    Delphine, die Hauptprotagonistin ist eine Schriftstellerin. Die Vornamensgleichheit zur Autorin fällt auf. Autorin und Romanfigur sollen
    verschmelzen, zumal Delphine als Icherzählerin auftritt. Delphine erleidet eine „Schreibblockade“ in der reinsten, schlimmsten Form. Sie schreibt wirklich rein gar nichts mehr (keineE-Mails, keinen Einkaufszettel...)
    All das passiert, nachdem sie die Bekanntschaft mit L. machte, einer Ghostwriterin.
    War es Zufall, dass sie sich begegneten? Delphine scheint von dieser Frau so fasziniert zu sein, dass sie nicht merkt, wie diese in ihr Leben eindringt. L. übernimmt ihre Erledigungen und Pflichten... Ihr „affektiver Schutz“ (durch heftige Gefühlsäußerungen gekennzeichnet, überschnell und reflexartig) funktionierte bis sie L. begegnete. D. fühlte sich sofort von L. verstanden bis ins Innerste.
    L. scheint eine Seelenverwandte zu sein, sie stellen sich dieselben Fragen. Ich zitiere: S. 41 „Menschen, die die echten, die wichtigen Fragen stellen, sind selten“. Die spielerisch wirkende Intensität mit der L. auf D. einwirkt, nimmt zu, während D.´s Unsicherheit sich literarisch ausdrücken zu können, immer mehr abnimmt. Man erwartet eine Eskalation. Statt dessen
    entwickelt D. für alles, was nur irgendwie mit Schreiben zu tun hat, eine Phobie. Diese Schreibblockade äußert sich bald auch durch
    körperliche Abwehrreaktionen. L. sorgt indes weiter mit ihren Einwänden für Unsicherheit.
    S. 100 „Deine Figuren müssen einen Bezug zum Leben haben“.
    S. 101 Delphine aber glaubte:“Der Leser war immer bereit, der Illusion nachzugeben und die Fiktion für Wirklichkeit zu halten“.
    Mit klarer, sachlicher Sprache versteht es die Autorin den Leser lange Zeit im unklaren zu lassen, welche Ziele L. verfolgt. Ich werde es
    nicht verraten! Diese Fragen bewegen mich: Wo beginnt die Wahrheit? Wo endet die Fiktion?
    Das ganze Geschehen um L. und D. stellt für mich ein gewieftes, listiges Verwirrspiel auf literarischem Gebiet mit Vermutung, Tatsache,
    Identität und Übereinstimmung dar.
    Delphine de Vigan beschreibt großartig Gefühle und Empfindungen in atmosphärischen Dichte. Unterschwellig ist eine ständige
    Gefahr/Bedrohung im Verlauf der Geschichte zu spüren. Ein starkes Buch!
    Martina Gedeck spricht das Hörbuch und leiht Delphine de Vigans Roman ihre schöne Stimme. Sie sagt über das Werk:
    „Kluges und geheimnisvolles Spiel um Literatur und Wahrheit, Identität und Künstlertum. Ein wunderbarer Text.“
    Dem kann ich nichts hinzufügen. Ich stimme ihr voll zu.
    Das Buch verlangt Aufmerksamkeit beim Lesen. Es ist keine leichte Lektüre.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: