Peter Meier-Hüsing - Der unmögliche Berg - Cerro Torre und der Mythos Patagonien

  • Inhalt (lt. Buch):
    Er ist nur ein Dreitausender und doch einer der mächtigsten Berge der Welt: der Cerro Torre. Stolz ragt die Granitnadel in den ozeanblauen Himmel der Anden, umgeben vom blendenden Weiß der Gletscher - mit dem Fitz Roy bildet der Cerro Torre für Kletterer den magischen Anziehungspunkt Patagoniens. Sein Name ist schicksalhaft verbunden mit Cesare Meastri, der als "Spinne der Dolomiten" in die Geschichte des Alpinismus einging, heute zurückgezogen in Madonna die Campiglio lebt und noch immer die erste geglückte Besteigung des Cerro Torre für sich reklamiert. Mit seinem Seilgefährten Toni Egger will er 1959 den Gipfel erreicht haben, beim Abstieg aber begrub der "unmögliche Berg" Egger unter einer Lawine. Maestri konnte - mehr tod als lebendig - gerettet werden, sein Partner blieb verschollen und mit ihm die Fotos und unwiderlegbaren Beweise für den Triumph. Schon bald wurden Zweifel an Maestris tragischem Sieg laut, so mußte er zurückkehren und sich erneut seinem größten Gegner stellen. Peter Meier-Hüsing geht der packenden Geschichte des Berges ebenso nach wie den Widersprüchen der Erstbesteigung.


    Zum Autor (Lt. Buch):
    Peter Meier-Hüsing, geboren 1958, studierte Religionswissenschaften und arbeitet seit zwanzig Jahren mit Leidenschaft als Reporter, Autor und Redakteur für den Hörfunk und verschiedene Zeitschriften. Der begeisterte Bergsteiger, Skifahrer und Fotograf lebt mit seiner Familie bei Bremen. Von ihm erschienen: "Wo die Schneelöwen tanzen" und "Der unmögliche Berg".


    Meine Meinung:
    Faszinierend und fesselnd, das sind die ersten beiden Attribute, die mir zu dem Buch einfallen.
    Drei Tage hinterinander hat es mich fast um den Schlaf gebracht, da ich nie aufhören konnte weiterzulesen.
    Der Autor drang tief in die Geschichte ein, besuchte die noch lebenden Zeitzeugen, sowohl Maestri selbst, seine Freunde, aber auch Kritiker, war auch selbst in Patagonien und schrieb dann ein Buch, dass sich liest wie ein Kriminalroman.
    War nun Maestri mit seinem Kameraden Egger 1959 als erster am Gipfel des bis dahin unbezwingbaren Berges Cerro Torre, ja oder nein?
    Das Buch ist nicht aufgebaut als Ping-Pong der Argumente betreffend die Glaubhaftigkeit, sondern erzählt die Geschichte aus der Sicht Maestris, der sich zuerst nicht zu einem Interview über den Berg bereit erklärte,dann aber zu sprechen begann. Man ist scheinbar hautnah am Geschehen dabei, friert mit, ist ebenfalls erschöpft. In der Erzählform legt aber der Autor auch die Rahmenbedingungen dar, beispielsweise den 2-Fronten-"Kireg", da zeitgleich damals 2 Expeditionen starteten, die andere jedoch aufgeben musste. Der Mäzen der anderen Gruppe war auch derjenige, der brav mit zündelte, als es um die Anzweiflung der Richtigkeit der Aussagen Maestris ging. Und für die Presse war der Streit sowieso ein gefundenes Fressen.
    Ebenfalls zu denjenigen, die die Erstbesteigung durch Maestri und Egger wehement bezweifeln bzw. die Glaubhaftigkeit komplett ablehnen, gehört Reinhold Messner (Autor: Yeti - Legende und Wirklichkeit, Extrembergsteiger, aber lt. Autor nie am Cerro Torre selbst).
    Als dann auch noch der Sohn Meastris in der Schule auf die "Lügengeschichten" des Vaters angesprochen wird, platzt Meastri, der inzwischen verheiratet ist, der Kragen und er will es den Kritikern nochmals beweisen und sucht den Berg erneut auf. Er erreicht nun ca. 10 Jahre später das Gipfelplateau erneut (oder erstmalig?), diesmal jedoch auf einer anderen Route und mit technischer Ausrüstung, die ihm dann von dem Kritikern wiederum vorgeworfen wird. Noch heute wird wegen der Zuhilfenahme eines Kompressors die Route als Kompressorroute bezeichet.
    Auf dem Gipfelplateu selbst befindet sich noch ein ca 30-40 m hoher Eispilz, den Meastri und seine Mitstreiter nicht mehr erklimmen (lt. Maestri sei das nur Eis und nicht mehr Berg). Somit wird ihm auch hier die Gültigkeit der kompletten Erstbesteigung verwehrt.


    Die Frage, ob die Schilderung von Meastri stimmt oder ob die Kritiker recht haben, ist bis heute auf beiden Seiten nicht geklärt. Und auch nach dem Buch kann man nur urteilen, was man glaubt oder glauben will.


    Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, dass ich der Erstbesteigung Meastri-Egger glaube. Ob dies etwas mit der Art und Weise, mit der der Autor dieses Buches geschrieben hat und Maestri - ohne definitiv Stellung zu beziehen - ein wenig als den tragischen Helden darstellte: kann durchaus sein.


    Um dieses Buch zu lesen muss man kein Alpinist sein (bin selbst keiner). Es fesselte mich auch so und erhält damit eindeutige 5 Sterne und dürfte mein Lieblingsbuch in diesem Monat werden.

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