Günter Faltin - Kopf schlägt Kapital

  • Die ganz andere Art ein Unternehmen zu gründen
    Von der Lust, ein Entrepreneur zu sein
    Wer kennt ihn nicht, Günter Faltin, den Professor an der Uni Berlin, der mit seiner Teekampagne ein überaus erfolgreiches Unternehmen aufgebaut hat?
    Und auch bei seinem Buch – wie bei so vielen anderen – sagt der Titel eigentlich schon alles über den Inhalt. „Kopf schlägt Kapital“ ist keine Kampfansage an den Kapitalismus oder die Großkonzerne. Nein, Professor Faltin macht lediglich deutlich, dass es zum Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens nicht unbedingt eines riesigen finanziellen Aufwandes bedarf. Vielmehr ist die Idee und das darauf aufbauende Konzept entscheidend.
    Günter Faltin grenzt Entrepreneurship ab von Business Administration und sieht erstes als einen kreativ-schöpferischen Akt, bei dem es allein auf die gründlich durchdachte Idee auskommt.
    Die Aufteilung des Buches
    Neben dem Vorwort und dem Anhang besteht das Buch von Günter Faltin aus folgenden neun Kapiteln:
    1 Einleitung
    2 Fallstudie Teekampagne
    3 Konzept-kreative Gründungen
    4 Stiefkind Konzept – Es lohnt, an der Idee zu arbeiten
    5 Der Überforderungsfalle entgehen
    6 Gründen aus Komponenten
    7 Im Konzert der Großen mitspielen
    8 Wie Sie Ihr eigenes High-Potential-Konzept erarbeiten – Das Labor für Entrepreneurship
    9 Entrepreneurship als Herausforderung
    10 Von Denkgewohnheiten Abschied nehmen – Aus der Vergangenheit nicht auf die Zukunft schließen
    Die Fallstudien – Gründen aus Komponenten einfach erklärt
    Im ersten Teil seines Buches behandelt Günter Faltin verschiedene Fallstudien. An erster Stelle natürlich seine Teekampagne.
    Die lief in kurzen, knappen Worten eigentlich so ab: Professor Faltin war auf Reisen in verschiedene Länder aufgefallen, dass verschiedene Produkte bei uns zehnmal teurer sind als im Herkunftsland. Darunter zum Beispiel Kaffee, Bananen, Zucker…und eben Tee!
    Mehr oder weniger aus Zufall – Günter Faltin ist gar kein Teetrinker – wurde der Tee auserkoren, um genauer untersucht zu werden. Schnell stellte Professor Faltin fest, dass Tee aus zwei Gründen bei uns so wahnsinnig teuer ist. Zum einen durch die vielen Zwischenhändler und zum anderen deshalb, weil eine unendliche Sortenvielfalt angeboten wird.
    Die Idee: nur eine Sorte Tee anbieten, am besten die Beste und konsequent alle Zwischenhändler ausschalten. Gesagt getan! Mittlerweile ist die von Günter Faltin gegründete Teekampagne weltweit der größte Importeur von Darjeeling Tee.
    Neben der Teekampagne werden weitere nach dem Prinzip des Entrepreneurial Design gegründeten Unternehmen vorgestellt, an denen Professor Faltin in irgendeiner Art beteiligt ist. Entweder als Gründer, Ideengeber, Berater, Coach oder Business Angel.
    Was muss ein gutes unternehmerisches Konzept leisten?
    In der Einfachheit liegt die höchste Vollendung. – Leonardo da Vinci
    [/quote]Das sogenannte Entrepreneurial Design ist das Herzstück in Professor Faltins Lehre von einer Unternehmensgründung in Sinne von „Kopf schlägt Kapital“. Daher – und weil das Entrepreneurial Design eine Vielzahl von Problemen für den Gründer lösen muss – sollten Gründer hohe Anforderung daran stellen.
    Was gutes Entrepreneurial Design leisten muss

    • klare Marktvorteile herausarbeiten
    • einen Vorsprung vor Imitatoren sichern
    • vor technologischer Obsoleszenz schützen
    • vor wirtschaftlicher Obsoleszenz schützen
    • den Finanzierungsaufwand minimieren
    • das Marketing muss integraler Bestandteil des Entrepreneurial Design werden

    Und da unser Entrepreneurial Design nicht nur gut, sondern exzellent werden soll, gibt es drei weitere Prinzipien, die wir bei der Ausarbeitung unseres Ideen-Puzzles berücksichtigen sollten:
    Prinzipien eines High Potential Entrepreneurial Design

    • Skalierbarkeit
    • Einfachheit
    • Risiken minimieren

    Die sieben Techniken zur Ausarbeitung eines Entrepreneurial Design
    Wie bei fast jeder meiner Buchempfehlungen, habe ich mir auch dieses Mal ein Kapitel rausgepickt, auf das ich etwas detaillierter eingehen möchte.
    Im Laufe seiner Zeit als Professor für Entrepreneurship hat Günter Faltin sieben Techniken ausgearbeitet, die dir dabei helfen, nein, die elementar dafür sind, dein eigenes Entrepreneurial Design auszuarbeiten.

    • Potential in Vorhandenem entdecken

    Nein, nein, nicht einfach nur kopieren. Wir sind hier doch nicht bei dem Samwers. Es geht darum, Vorhandenes mit einem wachen Auge neu zu entdecken. Neu zu komponieren und um die Ecke zu denken. Das Neue liegt in der Neu-Komposition. Überlege dir – abseits jeglicher Konventionen – was du anderes machen würdest, wenn du dich zum ersten Mal mit diesem Produkt/dieser Dienstleitung beschäftigen würdest.

    • Funktion statt Konvention

    Solange, bis uns nicht das Gegenteil bewiesen wird, sehen wir alles Vorhandene als Konvention an. Günter Faltin überlegt an dieser Stelle nicht nur, wie man eine Dienstleistung oder ein Produkt vielleicht ein wenig besser, billiger, effizienter, intelligenter oder umweltverträglicher machen kann. Nein, er stellt den ganzen Prozess radikal infrage und fängt grundsätzlich neu an zu denken, wie man unter heutigen Gegebenheiten die Funktionen organisieren könnte.

    • Vorhandenes neu kombinieren

    Am Beispiel eines Künstlers, der in den Slums Südafrikas eine neue Bauweise der Lehmhütten etablierte, erläutert Professor Faltin wie man vorhandene Materialien oder Abläufe neue kombiniert, so dass daraus etwas genial Neues entsteht. Man muss kein genialer Erfinder sein und etwas noch nie Dagewesenes kreieren. Einfach mal um die Ecke denken und Altbekanntes kombinieren.

    • Mehr als nur eine Funktion erfüllen

    Bei diesem Denkansatz stehen intelligente Kombinationen, die für alle Beteiligten eine Win-win-Situation schaffen, im Fokus. In modernen, arbeitsteiligen Gesellschaften, werden immer mehr Funktionen separiert von anderen. Zum Essen geht man in ein Restaurant. Es gibt Jugendclubs für die Jungen und Altenklubs für die Alten – jede Funktion hat ihre eigenen Räume. Zeit darüber nachzudenken, wie man sinnvoll Doppel- oder Mehrfachnutzungen möglichmachen kann. Günter Faltin schaut hier unter anderem auf die Natur, wo zum Beispiel ein Grashalm mindestens sechs Funktionen erfüllt. Übertragen auf eine unternehmerische Idee solltest du dich fragen: Welche Dinge fallen anderswo an, die ich kostenlos anderweitig nutzen kann. Gemeint ist hier nicht Abfallverwertung, sondern ein guter Blick dafür, was für andere Prozesse ausgedacht war und was ich mit möglichst geringer Investition für meine Zwecke umnutzen kann.

    • Probleme als Chance verstehen

    Ganz klar der Klassiker im Entrepreneurial Thinking! Probleme sind ein wunderbarer Aufhänger, um Ideen zu ihrer Lösung zu entwickeln. Günter Faltin beschreibt das so:
    Für Anfänger: Während sich die meisten Menschen ärgern, wenn es zu regnen anfängt, sagt der Entrepreneur: Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um Regenschirme zu verkaufen.
    Für Fortgeschrittene: Als die Berliner Mauer fiel, gab es die sogenannten Mauerspechte. Sie versuchten, sich Andenken aus dem Beton zu schlagen. Die meisten Hämmer taugten dafür nur wenig. Was braucht man wirklich? Meißel. Meißel zu verkaufen wurde zum Bombengeschäft.

    • Arbeit in Spaß und Unterhaltung verwandeln

    Herr Faltin erzählt die Anekdote aus dem Klassiker „Tom Sawyer“ von Mark Twain. Hier schafft es Tom zum Schluss, dass alle seine Freunde für ihn den Zaun streichen und ihn dafür noch bezahlen und Spaß an der Sache haben. Weiter führt er Beispiele an, wie solche Ereignisse auch auf Entrepreneurship übertragen werden könnten. Zum Beispiel eine Kneipe, in der die Gäste selber Bier zapfen oder Tourismus, wo Gäste auf dem Bauernhof eine Kuh selbst melken können.

    • Visionen Wirklichkeit werden lassen

    Na klar, was bringt die besten Vision, wenn wir sie nicht Wirklichkeit werden lassen. Das erleben leider viele Visionäre nicht mehr – zumindest nicht zu Lebzeiten. Aber viele eben doch. Und zu denjenigen solltest auch du gehören. Planung und Konzeptarbeit sind obligatorisch, aber nur die Umsetzung bring den „Kick“.
    Entrepreneurship versus Business Administration
    Zu guter Letzt möchte ich mich noch einem sehr interessanten Thema widmen, das mir persönlich sehr am Herzen liegt. Da ich unter anderem in der Gründungsberatung tätig bin und auch sonst viele Berührungspunkte mit Startups und auch etablierten Unternehmern habe, finde ich die Sichtweise von Günter Faltin so interessant. Unkommentiert präsentiere ich euch noch kurz, wie Professor Faltin beide Disziplinen – Business Administration und Entrepreneurship – gegenüberstellt.
    Man muss nicht Ochse sein, um Rindfleisch beurteilen zu können. – Karl Kraus, Literaturkritiker
    [/quote]Traditionelles Anforderungsprofil an das Wissen eines Gründers

    • Rechnungswesen
    • Bilanzierung
    • Controlling
    • Branchenerfahrung
    • Arbeits-, Unternehmens-, Steuerrecht
    • Verhandlungsführung
    • Management und Organisation
    • Personalführung
    • Lagerhaltung
    • Marketing und Vertrieb
    • Kundenkommunikation
    • Finanzierung
    • Öffentlichkeitsarbeit

    Moderne Anforderungen an die Kompetenz des Gründers

    • Ein eigenes, innovatives Konzept entwickeln
    • Implementierung des Konzepts
    • Weiterentwicklung des Konzepts
    • Adaption an sich ändernde Bedingungen
    • Mitarbeiter für das eigene Konzept begeistern können
    • Marktbeobachtung
    • Frühzeitig neue Trends und technologische Entwicklungen erkennen
    • Richtungsentscheidungen vorbereiten und treffen
    • Instanz
    • für alle grundsätzlichen Entscheidungen

    Wäre ich auf eine Business School gegangen, hätte ich das Unternehmen nie gegründet. – Anita Roddick
    [/quote]Fazit
    Ich bin sehr froh darüber und dankbar dafür, dass ich dieses Buch schon relativ am Anfang meiner Zeit als Unternehmer gelesen habe. Das Buch enthält so viele wertvolle Ansätze für alle, die sich ernsthaft mit Entrepreneurship beschäftigen wollen. Günter Faltin sagt: „Heute sind Unternehmensgründungen möglich, die nicht von Kapital und Technologie, sondern von der Kreativität und den Ideen ihrer Gründer geprägt sind. … Erfolgreiche Unternehmen entstehen im Kopf. Je besser eine unternehmerische Idee ist, je durchdachter und ausgearbeiteter, je mehr sie einem vollendeten Kunstwerk gleicht, desto mehr wird sie sich durchsetzen.“
    Und dem kann ich nur zustimmen. Ich möchte hier keine Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Businessplänen anstoßen, aber weit wichtiger als Antworten auf standardisierte Fragen finde ich ein eigenes, mit Herzblut geschriebenes Unternehmenskonzept.
    Entrepreneurship bietet uns allen die Chance, mit unkonventionellen Ideen und Sichtweisen zu arbeiten und gerade damit erfolgreich am Wirtschaftsleben teilzuhaben.


    Weitere Buchempfehlungen findet ihr auf dem Freiheitsblog: http://erfolgundfreiheit.de/