Carine Bernard - Das Schaf-Komplott

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    Tja, wie das in Krimis immer so ist, wenn Ermittler Urlaub machen: meistens dauert es nicht lange, bis sie über die erste Leiche stolpern, und natürlich ist die lokale Polizei dann a) antriebslos, b) auf dem Holzweg, c) überfordert oder d) alles auf einmal.


    So geht es hier auch Molly Preston! Normal ermittelt sie eher in Sachen Wirtschaftskriminalität als in Sachen Mord, und eigentlich wollte sie in den idyllischen Yorkshire Dales mit ihrem Freund Charles auch nur einen lange überfälligen Liebesurlaub machen. Aber ein wichtiger beruflicher Termin, den Charles nicht verschieben kann, macht daraus eine Singlereise mit Doppelbett - und dann kommt der Vermieter ihrer Ferienwohnung vom Geocaching nicht mehr zurück... Molly zieht los, um den Mann zu finden und gerät mitten hinein in einen Fall, in dem nicht nur sein scheinbarer Unfalltod eine Rolle spielt, sondern auch Schafdiebstahl im großen Stil.


    (Nur so am Rande: als Geocacherin war ich entzückt, dass der Fall auch etwas mit Geocaching zu tun hat! Für die "Muggels": Geocaching ist eine Art internationale Schatzsuche, bei der die Teilnehmer anhand von Hinweisen und GPS-Koordinaten versteckte Behälter mit Logbüchern suchen. Und auch, wenn das Hobby inzwischen schon in mehreren Krimis eine Rolle spielt - nein, eigentlich ist es nicht gefährlich.)


    Vorneweg sei direkt gesagt: hier gibt es keine nervenzerfetzende Hochspannung mit viel Blut und stapelweise Leichen. Das Buch ist ein eher gemütlicher Krimi in der Tradition von Miss Marple oder Inspektor Jury, der viel von seinen wunderschönen Landschaftsbeschreibungen und den Schilderungen der Schrullen und Eigenheiten der Menschen in diesem Landstrich lebt. Der Kreis der möglichen Verdächtigen ist überschaubar, die Ermittlerin ist zwar hochintelligent, aber eher liebenswert als knallhart...


    Die Enthüllung des Täters hat mich auch nicht sonderlich überrascht, aber es geht ohnehin eher um das Wie und Warum, und das ist wirklich pfiffig! Auf ruhige Art liest sich das Buch durchaus spannend und vor allem rundum unterhaltsam. So ein bisschen war das wie ein kleiner Urlaub auf dem Lesesofa, und jetzt habe ich richtig Lust darauf, auch mal in die Yorkshire Dales zu reisen.


    Molly war mir sehr sympathisch, auch wenn ich nicht immer alles nachvollziehen konnte, was sie tat oder sagte. Zum Beispiel war mir unverständlich, warum sie sich direkt so von Cliff, dem heiß umkämpften Frauenschwarm des kleinen Ortes, angezogen fühlte - aber gut, immerhin hat ihr Freund sie gerade im Urlaub versetzt... Sie ist sehr intelligent, und wenn es sein muss, kann sie sogar ziemlich draufgängerisch sein - da steigt sie schon mal nachts in schwarzen Klamotten über den Zaun aufs Grundstück eines Verdächtigen. (Kann das gut gehen?)


    Die meisten Charaktere haben wunderbare Marotten und Eigenheiten, so dass sie sich großartig in das Lokalkolorit einfügen. Ich sag ja, ein Krimi wie ein Urlaub - charmant und entspannt und voller Atmosphäre.


    Auch der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, er liest sich flüssig runter und ist voller liebevoller Details, mit einer Prise Humor. Ein klein bisschen Urlaubsflirt ist auch enthalten, aber das bleibt eher dezent.


    Fazit:
    Die Ermittlerin Molly Preston macht Urlaub in den Yorkshire Dales - aber neben gemütlichen Spaziergängen, englischen Pubs und Sightseeing erwarten sie auch organisierter Schafdiebstahl und ein merkwürdiger Todesfall beim Geocaching.


    Ein Buch aus dem Genre "Cozy-Krimi": ganz gemütlich, mit eher langsamen Tempo, dafür aber mit ganz viel Charme und Lokalkolorit. Mir hat das viel Spaß gemacht!