Muriel Barbery - Das Leben der Elfen / La vie des elfes

  • Klappentext:
    Zwei Mädchen, die in verschiedenen Ländern aufwachsen: Maria, ein Findelkind, lebt in einem Dorf im Burgund, ist der Natur und den Tieren besonders verbunden, versteht deren Sprache. Clara, die als Waise im Haushalt eines Pfarrers in den Abruzzen aufgenommen wurde, spielt, einem Wunder gleich, bezaubernd Klavier. Sie wissen nichts voneinander - bis Elfen es bewirken, dass sie einander kennenlernen. Ihnen könnte es gelingen, die Verbindung der Menschen mit den Elfen und die Harmonie zwischen Himmel und Erde wiederherzustellen. Denn es droht Krieg und eine böse Macht rüstet sich. Ein einzigartiger und überraschender Roman, eine Parabel auf die Schönheit der Natur und Kunst, ein Appell, um das zu kämpfen, was den Menschen ausmacht: die Liebe und die Poesie. (von der dtv-Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Muriel Barbery wurde 1969 in Casablanca geboren, studierte Philosophie in Frankreich, lebte einige Jahre in Kyoto und wohnt heute wieder in Frankreich. 2000 veröffentlichte sie ihr viel beachtetes Romandebüt ›Die letzte Delikatesse‹. Ihr zweiter Roman, ›Die Eleganz des Igels‹, wurde zu einem großen literarischen Bestseller, in mehr als 30 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Der lang erwartete dritte Roman, ›Das Leben der Elfen‹, erschien 2015 in Frankreich. (von der dtv-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: La vie des elfes
    Erstmals erschienen 2015 bei Éditions Gallimard, Paris
    Aus dem Französischen übersetzt von Gabriele Zehnder
    297 Seiten, Dank, Personenverzeichnis


    Versuch einer Annäherung:
    Das Buch habe ich „blind“ bestellt, weil mir die beiden ersten Bücher der Autorin sehr gut gefielen, „Die Eleganz des Igels“ war mein Buch des Jahres 2008. In beiden Romanen spielt sich sehr viel in den Köpfen der Protagonisten ab, aber sie sind auf realem Boden angesiedelt.
    Dasselbe erhoffte ich mir trotz der Elfen von diesem Roman.


    Doch er lässt mich mit mehr Fragen als Antworten zurück. Ob ich ihn verstanden habe, bezweifle ich.


    Die Schicksale der beiden Mädchen, die unabhängig voneinander aufwachsen und leben, sind miteinander verwoben; sie nehmen, vor allem im letzten Drittel, Anteil aneinander und kommunizieren auf eine eigentümliche Art miteinander … über Hunderte von Kilometern hinweg können sie Blicke in die Situation der anderen werfen, miteinander sprechen und sich gegenseitig unterstützen.


    Dennoch: Dies ist kein Fantasy-Roman. Auch wenn von Elfen die Rede ist, deren Funktion verschwommen bleibt. Auf jeden Fall sind sie es, die den Lebensweg der beiden Mädchen beeinflussen und sie auf einer anderen Ebene als der realen zusammen bringen.


    Es geht um einen Krieg. Das Dorf, in dem Maria lebt, wird von einer feindlichen Macht angegriffen – von Fronten in Form von Nebel ist die Rede, von Unwettern als Waffen, von Zerstörung und Tod durch nicht fassbare Gewalten. Es scheint nicht der erste Krieg dieser Art zu sein, denn immer wieder ist die Rede von Toten und Verwundeten aus dem letzten Krieg. Geht es um einen konkreten Krieg, einen konkreten Feind?
    Oder um die Idee eines Feindes?


    Hier Maria, das Bauernkind aus Burgund, dort Clara, die Klaviervirtuosin in Rom – vereinen sich Natur und Kultur, das dem Menschen gegebene und das vom Menschen gemachte, mit den Elfen als Brücke, gemeinsam gegen einen Feind? Und wenn Ja, wer ist er?
    Schlägt die Natur zurück und wehrt sich gegen Raubbau und Ausbeutung?
    Hat der Kampf eine religiöse Komponente?
    Maria, die sich zu den Kommandanten gesellt, auf deren Wort gehört wird: Greift Barbery das urfranzösische Motiv der Jeanne d’Arc auf?
    Phantasiere ich mir Deutungen zurecht? Oder ist das Buch als Allegorie verfasst, für die unzählige Deutungen möglich sind?


    Ein Wort zur Sprache (sogar hier bin ich unentschlossen): Manchmal erfreuen den Leser poetische Bilder, manchmal begegnen ihm mit Metaphern und Symbolen überfrachtete Sätze.



    Entweder ist das Buch ein sehr poetisches Märchen. Oder eine kitschig-sentimentale Story mit Fantasy-Elementen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Jetzt bin ich noch gespannter auf das Buch! Ich hatte es gekauft und ausgeliehen und... fast vergessen bis ich desletzt erinnert wurde, dass ich dieses Buch ja hatte (allerdings noch nicht zurück). Nun könnte es vielleicht mit in den Urlaub gehen?! Mal sehen!


    Danke für Deine verwirrten und interessanten Eindrücke!

  • verwirrten und interessanten Eindrücke!

    Lieber verwirrt als verwirrend. :compress:8-[


    Vielleicht kannst du helfen, Licht in mein Dunkel zu bringen. Du liest es sicher im Original?

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)




  • Vielleicht kannst du helfen, Licht in mein Dunkel zu bringen. Du liest es sicher im Original?

    Ja, ich habe es auf Französisch. Ob ich mehr verstehen werde bleibt ungewiß. Ich vertraue normalerweise Deiner Lesart, Deinem Verständnis.

  • Ja, ich habe es auf Französisch. Ob ich mehr verstehen werde bleibt ungewiß. Ich vertraue normalerweise Deiner Lesart, Deinem Verständnis.

    Mich würde Deine Meinung auch interessieren. Ich habe noch kein Buch dieser Autorin gelesen, werde aber heute mit "L'élégance du hérisson" beginnen.

    ☆¸.•*¨*•☆ ☆¸.•*¨*•☆ La vie est belle ☆¸.•*¨*•☆☆¸.•*¨*•☆

  • Jetzt habt ihr mich neugierig gemacht. Bei mir liegt das Buch nämlich auch im Regal beim SUB, und ich habe es beinahe aus den Augen verloren. Nun werde ich es mir als nächstes Buch vornehmen. "Die Eleganz des Igels" gefiel mir sehr, es war ein wunderschöner Roman, finde ich, und deshalb habe ich mir von dem Elfen-Buch einiges versprochen. Bin mal gespannt, wie es mir nach den Eindrücken von @Marie damit ergeht.

  • werde aber heute mit "L'élégance du hérisson" beginnen

    Ich liebe es! Man muss allerdings eine "philosophische Ader" haben, damit es gefällt. :wink:

    Bin mal gespannt,

    Und ich erst! Seit über einem Jahr warte ich nun schon, dass jemand meine Konfusion glättet und in gerade Bahnen lenkt. Sollte ich auf Dich gewartet haben? :winken:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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  • Und ich erst! Seit über einem Jahr warte ich nun schon, dass jemand meine Konfusion glättet und in gerade Bahnen lenkt. Sollte ich auf Dich gewartet haben? :winken:

    Ich habe mir das Buch "Das Leben der Elfen" jetzt gleich mal aus dem Regal genommen und fange noch heute abend zu lesen an. Vielleicht schaffe ich es übers Wochenende, soviel davon zu lesen, dass ich was dazu sagen kann. Sobald ich einen Eindruck habe, melde ich mich wieder!

  • So, nun habe ich das Buch gelesen - in Rekordzeit, weil ich a) neugierig war und b) gerade wirklich auch genügend Zeit zum Lesen hatte.


    Es ist ein schönes Buch. Ich mag die poetische, bedächtige, ruhige Sprache. Ich mag die Bilder, die die Worte gleichsam malen und in meinem Kopf entstehen lassen. Ich mag Marie und Clara - Marie ein wenig mehr als Clara. Ich mag es, dass man das Buch mehr mit dem Herzen als mit dem Verstand lesen muss.


    Aber ich habe keine einzige Seite in dem Buch verstanden. Ich weiß nicht, worum es eigentlich geht. Ich habe die Beziehung zwischen Marie und Clara nicht verstanden. Es blieb mir verborgen, warum die Ereignisse bei den beiden sich so und nicht anders entwickeln. Ich habe noch nicht einmal verstanden, welche Rolle etliche der sonst noch vorkommenden Menschen spielen, wie sie in das Ganze gehören und was sie eigentlich wollen.


    Ich habe noch nie ein Buch wie dieses gelesen, bei dem mein Verstand sozusagen irgendwo unterwegs aussteigt und mir mitteilt: "Ich kapiere nichts, es hat keinen Sinn mehr, du musst ohne mich weiterlesen!" Ein Buch, bei dem das sonderbarerweise funktioniert. Man liest weiter, versteht nichts, lauscht dem Klang der Worte nach und betrachtet die inneren Bilder, die sich auftun, und hat kein komisches Gefühl dabei. Man fühlt sich nicht genötigt, die Lektüre abzubrechen, das Buch aus der Hand, zurück ins Regal zu legen und zu denken, ach, ich lese irgendwann mal weiter, vielleicht erschließt es sich mir dann besser. Ich habe akzeptiert, dass ich nichts in dem Buch verstehe, aber es stört mich nicht, weil es so vieles andere in dem Buch gibt, das mich beschäftigt, außer dem Sinn der Geschichte.


    Ein sehr seltsames Buch. @Marie, ich fürchte, ich kann nichts zu einer Klärung beitragen, denn ich bin genauso ratlos wie du nach dem Lesen, und es verwirrt mich, dass ich ein ganzes Buch bis zum Ende lese, ohne etwas davon zu verstehen, und dass ich das Buch trotzdem schön finde.

  • Ich habe das zwar schon durch das "like it" ausgedrückt, doch ich finde Deinen Beitrag, @Mireille, ganz große Klasse. Danke!
    (Aber gelesen habe ich das Buch immer noch nicht und weiß auch nicht, wo es nun steckt...)

  • Man liest weiter, versteht nichts

    Das tröstet. :friends:

    Man fühlt sich nicht genötigt, die Lektüre abzubrechen

    Jein. Ich hätte wohl abgebrochen, wenn ich das Buch nicht als Rezensionsexemplar bekommen hätte und zwar bereits eine Zeitlang vor der Veröffentlichung. Ich hatte es nach dem ersten Drittel beiseite gelegt und auf der Leipziger Buchmesse mit dem damaligen Pressereferenten von dtv gesprochen, dass ich unfähig sei, die verlangte Rezension abzuliefern und habe ihm auch die Gründe erklärt. Er gab mir Dispens und sagte, das Buch könne man nur lesen, wenn man sich zu ihm hingezogen fühle. Was bei Dir offenbar der Fall war. :thumleft:


    Bei mir nicht. :( Bei mir war es allein der Ehrgeiz, eine Arbeit, die ich zugesagt habe, auch auszuführen. Mein Kopf mag es nicht, wenn er nicht mitspielen darf. [-(

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Er gab mir Dispens und sagte, das Buch könne man nur lesen, wenn man sich zu ihm hingezogen fühle. Was bei Dir offenbar der Fall war. :thumleft:
    Bei mir nicht. :( Bei mir war es allein der Ehrgeiz, eine Arbeit, die ich zugesagt habe, auch auszuführen. Mein Kopf mag es nicht, wenn er nicht mitspielen darf. [-(

    Ich würde es genau so wie der Referent ausdrücken: man kann das Buch nur lesen, wenn man sich zu ihm hingezogen fühlt. Entweder schon die ersten Seiten sprechen etwas in einem an, das es unwichtig werden lässt, dass der Verstand nicht mitkommt, oder man liest - vielleicht - bis zum Ende und fühlt sich dann wahrscheinlich frustriert, verwirrt und enttäuscht zugleich, weil man einfach nicht weiß, was das Ganze soll,.


    Wahrscheinlich funktioniert bei mir manchmal das Lesen ohne Verstand, weil ich von Natur aus nicht abstrakt, sondern sehr bildhaft denke. Ich weiß nicht, wie man das erklären soll - man "denkt" eher in Bildern als in Zahlen, Fakten und logischen Konstrukten. Ich kann schon auch sehr logisch denken und mag das auch, es ist so ordentlich und aufgeräumt und übersichtlich. :lol: Aber mein primärer Verständniszugang zu vielem sind Bilder, und deshalb komme ich wohl auch mit diesem Buch so gut klar. Es besteht - für mich - aus einer Aneinanderreihung von wunderschönen, oft auch rätselhaften, aber immer faszinierenden Bildern und Tönen, Wortmusik sozusagen.


    Klingt ganz schön verdreht, was ich da schreibe, nicht wahr? :lol: Ein Buch, das einem gefällt, weil es aus Wortmusik und Bildern besteht, obwohl man nichts in dem Buch mit dem Verstand begreift. Denn das Lesen mit dem Verstand ist ja der ganz normale Zugang zu einem Buch (auch bei mir), und wenn man jemandem sagt, das Buch da kann ich dir empfehlen, aber das musst du ohne Verstand lesen, dann denkt sich der andere wahrscheinlich, ja, ja, Verstand brauchst du aber wirklich dringend nötig! :roll::loool:

  • Hallo Bridgeelke , Du hast das Buch in den letzten Tagen mehrmals genannt, und ich gehe davon aus, dass Du ähnliche Probleme hattest wie diejenigen, die hier schon etwas dazu geschrieben hatten. Kann es sein, dass Du auch nicht geschafft hast, Deinen Verstand auszuschalten? :-s

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  • Ich kann nicht nicht genau beschreiben, was mich an dem Buch gestört hat.


    Die Sprache hat mir gefallen und wenn es längere ‚normale‘, d.h. nicht mystische Passagen gab, konnte ich mich mit dem Buch sogar etwas anfreunden. Auch Maria als Tierversteherin konnte ich nachvollziehen, aber das Übersinnliche war für mich einfach ungreifbar. So konnte in meinem Kopf die Geschichte nicht Gestalt bzw. Form annehmen.


    Ich mag zwar keine Fantasy-Bücher, aber mystisches mit subtilem Horror und Gänsehautgefühl mag ich schon. Wenn der Autor sozusagen meiner Phantasie die Vorlage gibt und in meinem Kopf das Unglaubliche Gestalt annimmt, wie z.B. bei Friedhof der Kuscheltiere oder Winterpeople.


    Hier hat die Autorin es aber nicht geschafft, mit ihrer Vorlage meiner Phantasie den Startschuss für mein Kopfkino zu liefern. Vielleicht war ich überfordert, die verschiedenen Fäden/Verläufe rechtzeitig zu erkennen und zusammenzufügen. Oder ich habe das Problem, das Elfen und Menschen miteinander haben/hatten und seine Ausmaße nicht begriffen.


    Ich habe mir aber auch nicht so viele Gedanken darüber gemacht, was uns die Autorin in Wirklichkeit erzählen wollte. Da bewundere ich Marie, die Aspekte wie das Jeanne d‘Arc Motiv, eine religiöse Komponente oder Ausbeutung der Natur in Betracht zog. Für mich war es einfach eine Geschichte, die mein Verstand nicht begriffen hat und meine Phantasie nicht in Gang setzen wollte.

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).