Hannah Tunnicliffe - Der Geschmack von Salz und Honig / Season of Salt and Honey

  • Verlagstext:


    Alex versprach, sie ewig zu lieben. Doch wenige Tage vor der Hochzeit stirbt Francescas große Liebe bei einem Unfall. Zudem erfährt sie, dass ihr vermeintlich perfekter Verlobter Geheimnisse vor ihr hatte. In einer einsamen Holzhütte in den Wäldern von Washington will Francesca Ruhe finden. Hier kann sie den Duft der Pinienbäume und des nahen Ozeans genießen und den Weg zurück ins Leben finden. Dabei helfen Francesca ihre Nachbarn, die sie herzlich in ihrer Mitte aufnehmen. Und vor allem Jack, der sich zusammen mit seiner Tochter Huia in ihr Herz schleicht.


    Mein Eindruck:


    Der Tod begleitet uns Menschen ein Leben lang. Stirb jemand den wir lieben oder der uns nahe steht, plötzlich und unerwartet, wirft einen dies doch eine Zeitlang völlig aus der Bahn. Genau so ergeht es Francesca, als ihr Verlobter Alex vom Surfen nicht mehr nach Hause kommt. In ihrer Trauer verkriecht sie sich in die Wälder in der Nähe von Seattle, in der Hoffnung dort in Ruhe trauern zu können und dem Trubel ihrer Familie zu entrinnen. Doch Francesca ist halbe Italienerin. Und so dauert es natürlich auch nicht lange, bis nach und nach die ganze Verwandtschaft bei ihr vor der Hütte auftaucht. Alle wollen nur das Beste für die junge Frau. Wollen sie beschützen und ihr beistehen. Aber auch die anderen Bewohner der umliegenden Hütten sorgen sich um Francesca. Denn so ist es üblich in der Nachbarschaft des Waldes und bei der italienischen Großfamilie: man ist für sich da, in jeder Lebenslage.
    Jeder Mensch geht unterschiedlich mit seiner Trauer um. Der eine will allein sein, der andere braucht die Gesellschaft. Francesca hat, schon allein durch ihre italienischen Verwandten, eigentlich keine Chance sich das auszusuchen. Die Großfamilie kommt und geht, es herrsch immer wieder Trubel, aber auch Zeit für Trauer. In lebendiger Sprache erzählt die Autorin diese Geschichte aus der Sicht von Francesca. Man leidet mit ihr und man lacht mit ihr. Natürlich fehlen auch die Kulinarik und die Temperamentsausbrüche nicht! Denn was wären echte Italiener ohne Essen und ohne Familiengezanke und Streitereien.
    Zu Francesca Trauer kommt noch ihr Unmut auf die Schwester. Dass diese Jahre zuvor einfach verschwunden ist, kann und möchte sie ihr nicht verzeihen. Der Autorin ist es auf wunderbare Art gelungen, die temperamentvollen Ausbrüche und die manchmal stur anmutenden Ansichten der Protagonistin und ihrer Verwandtschaft einzufangen. Zu der Trauer der jungen Frau kommen allmählich auch noch andere Einsichten. Nicht immer ist in einer Beziehung alles so klar, wie man sich das vorstellt. Bei Francesca ist das nicht anders. In der Abgeschiedenheit der Wälder hinterfragt die junge Frau ihre Beziehung mit Alex und dessen Familie. Besonders das Verhältnis zu dessen Mutter war immer schwierig für sie. Diese menschlichen Gefühle und Antipathien machen die Geschichte noch wirklicher, lebensechter. Nicht jeder Mensch ist einem sympathisch, nicht jede Beziehung ist für immer.Ganz hervorragend sind auch die Beschreibungen der Landschaft und der einzelnen Menschen. Als Leser hat man von allem ein klares und deutliches Bild vor Augen. Die Charaktere sind Abwechslungsreich und Multikulti. Auch wenn der Roman in den USA spielt, fühlt man sich wie in Italien. Ganz nach dem Motto “La Vita est bella”, man spürt die Lebensfreude in der ärgsten Trauer.
    Wunderschön gestaltet ist auch das Cover. Man erwartet sich eher auf Sizilien, der Heimat von Francescas Großeltern. Der Titel ist auch nicht schlecht. Dreht sich doch neben der Trauerbewältigung vieles um das Essen. Das Salz steht für die herzhaften Gerichte, den Honig ordne ich den süßen Köstlichkeiten zu. Und gegessen wir in der Geschichte oft und reichlich, natürlich italienisch. Zahlreiche köstliche Rezepte finden sich am Ende so mancher Kapitel.
    Hannah Tunnicliffe wurde in Neuseeland geboren. Nach ihre Studium lebte sie in Australien, England, Macao und Kanada. Sie arbeitete zunächst in der Personalwirtschaft und als Karriere-Coach und wandte sich dann ihrem Traum, dem Schreiben, zu. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Sydney, Australien.


    Mein Fazit:


    Auch wenn ein tragischer Todesfall der Handlung voraus geht ist der Roman sehr unterhaltsam. Essen ist nicht nur lebenswichtig, Essen ist auch Trost. Auf italienisch Art Trauer auszuleben, lässt sie zwar nicht schneller vergehen, doch fühlt sie sich irgendwie leichter an. Wirklich schön und turbulent. Eine solche Familie um sich zu haben, würde auch mir gut gefallen!

  • Meine Meinung:
    Von Hannah Tunnicliffe hab ich vor einigen Jahren "Der Duft von Tee" gelesen. Der Plot war okay, aber die Gefühlswelt der Protagonistin blieb mir fern und erreichte mich nicht. Deshalb war ich unsicher, ob mir ihr neuer Roman gefällt. Doch wenn ich bei einer Lektüre kaum Zeit finde um Notizen zu machen, heisst das, dass mich die Geschichte gefesselt hat.


    Francesca Caputo haut von der Beerdigung ihres Fast-Ehemannes ab, weil sie die Verwandtschaft und die Trauer kaum aushält. Sie findet sich in der Hütte wieder, die Alex von seinem Grossvater vererbt wurde. Einige Male waren Alex und Francesca zusammen hier - er liebte die Hütte sehr und so hofft Francesca hier ihren Rückzugsort zu finden, an dem sie in Ruhe trauern kann. Sie wird allerdings ziemlich schnell gestört. Nicht nur von ihrer temperamentvollen italienischen Familie. Alsbald kommt es zum Showdown.
    Warum liebte Alex das Meer so viel mehr als Frankie? Dann wäre er sicher nicht zum Surfen gefahren und der Unfall wäre nie passiert und Frankie stünde bald vor dem Traualtar und die Flitterwochen lägen noch vor ihnen. Alles erinnert Frankie an Alex. Gegenstände aus der Hütte, Pflanzen, ein Lied aus dem Radio, das Schwimmen im Meer. Praktisch überall und aus heiterem Himmel dringen schöne Erinnerungsfetzen in ihren Kopf. Irgendwann dringen auch andere Erinnerungen zu ihr durch und sie stellt fest, dass in ihrer Beziehung doch nicht alles so rosarot war, wie Frankie in der ersten Trauer meint. Doch erst nach und nach lässt sie andere Menschen wieder an sich heran und sie sieht alles realistischer. Daniel, der Bruder von Alex, sowie Nachbarn wie Merriem und Huia, die Tochter des Verwalters Jack helfen Frankie dabei. Ihre italienische Familie will sie von Anfang an umsorgen. Besonders ihre Schwester Bella möchte mit ihr reden, doch Fankie ist aus irgendeinem Grund, den der Leser erst spät erfährt, wütend auf Bella. Die jedoch gibt nicht auf und bleibt hartnäckig.


    Die Charaktere sind vielschichtig und unterschiedlich, aber glaubwürdig dargestellt. Die italienische Tante, deren Filius der sich viel erlauben kann ohne mit Sanktionen zu rechnen. Eine mehrbessere und hartherzige Schwiegermutter, die ihrer Familie das Leben vermiest. Nachbarin Merriem, die ihren Garten liebt. Verwalter Jack, der einen aussergewöhnlichen Beruf hat. Das Mädchen Huia, das fast alle Pflanzen und Tiere der Umgebung kennt. Nur Bella bleibt ein wenig blass, ihre Geschichte bliebt im Hintergrund und nimmt Frankie nichts weg. Auch bei Daniel scheint es, als ob er immer im Schatten von Alex stand.


    Die kleine Hütte ist irgendwo zwischen Seattle und Vancouver angesiedelt. Eine ruhige Idylle, die das aufgewühlte Innenleben von Frankie ausgleicht. Mich beeindruckte die Figur von Frankie. Sie erinnert an einen Schmetterling: Das sich Einpuppen in den Verlust und den Schmerz ihres Geliebten, das Entpuppen und sich öffnen, für das, was wirklich war und jetzt ist.
    Das Buch ist aus der Ich-Perspektive, also aus Frankies Sicht aus, geschrieben und liest sich schnell und flüssig.
    Am Ende jedes Kapitels steht ein Rezept, welches etwas mit dem Kapitel zu tun hatte. Nicht umsonst haben wir es mit einer italienischen Sippe zu tun und man weiss: gutes Essen gehört einfach dazu. Essen hilft, tröstet und erinnert.
    Honig ist süss, so auch viele schöne Erinnerungen. Salzige Tränen hat Frankie einige vergossen, aber beide Geschmacksrichtungen gehören zum Leben dazu - so deute ich den Titel des Buches.
    Das sehr schöne und stilvolle Cover passt an sich besser an die Wand in meinem Esszimmer als zum Inhalt, trotzdem finde ich es stimmig.


    Hannah Tunnicliffe hat mich mit mit ihrem neuen Roman positiv überrascht, denn wie schon erwähnt fand ich "Der Duft von Tee" nicht überragend. Doch in "Der Gschmack von Salz und Honig" erzählt die Autorin ausdrucksvoll, sanft und feinfühlig von Liebe, Trauer, Vertrauen, Verlust, emotionalem Leiden und Familienzusammenhalt.


    Fazit:
    Eine grossartige, feinfühlige Erzählung über das Trauern, Trauerbewältigung und zu sich selbst finden.
    4.5 Punkte. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Die Autorin erschafft die jeweiligen Stimmungen so vortrefflich, dass der Leser mitfühlt und - erlebt. Ins Geschehen eintauchen ist hier ein Leichtes.
    Das Buch benötigt keinerlei Einlesezeit, denn der Leser wird von Anfang an ins Geschehen eingebunden.


    Die "Beilagen", sprich leckere italienische Rezepte, sind auf jeden Fall zu empfehlen, sie nachzukochen.....miammmiiiiiii....., da spürt man gleich die Liebe zum Detail.


    Liebevolle Seitenhiebe auf die italienische Lebensart und Familienbräuche sind immer wieder ins Geschehen eingeflochten.


    Familiäre Verstrickungen sowie deren Folgen und Auswirkungen sind authentisch und nachvollziehbar und geben dem Buch zusätzlichen Tiefsinn.


    Zudem hat die Autorin sehr gelungene Spannungsmomente einfließen lassen. So ist der Leser darauf erpicht, des Rätsels Lösung zu entschlüsseln.


    Der Umgang mit Trauer der verschiedenen Charaktere ist trotz der Unterschiedlichkeit so gut geschildert, dass der Leser die einzelnen Personen verstehen kann.


    Das Buch handelt von Francesca, die ihren Verlobten kurz vor der geplanten Hochzeit, auf grausame Weise verliert. Jetzt treffen Trauer und Schmerz der Familien aufeinander. Francesca ist dem Ganzen nicht gewachsen und entflieht in die Einsamkeit. Die unterschiedlichen Verhaltensweisen stiften teils Verwirrung, teils Hass und Rache.


    Ein Zitat möchte ich noch erwähnen, das den Inhalt auch sehr gut umschreibt: "Mir kommt der Gedanke, dass wir Dinge nur dann wirklich wahrnehmen, wenn sie plötzlich für uns nützlich sind"


    Mein Fazit: Das Buch zeigt mit hervorragendem Tiefgang Reaktionen und Lebensentwürfe auf, die es teils zu überdenken lohnt