Susanna Clarke - Jonathan Strange & Mr.Norrell

  • Ich möchte mich ja nicht unbeliebt machen, aber an dieser Stelle muss ich dann doch sagen, dass mich dieses Buch nicht wirklich begeistern konnte. Es war zwar auch nicht richtig schlecht, aber es gibt zahlreiche Bücher, die einfach um Längen besser sind. Woher die Vergleiche mit Tokien kommen ist mir ein absolutes Rätsel - vor allem wenn ich den Inhalt bedenke. Ich konnte in der Geschichte keine echten Parallelen zwischen Tolkiens Bestsellern und "Jonathan Strange & Mr. Norell" finden. Dass ich so lange für das Buch gebraucht habe, lag auch an der Sprache, mit der ich mich erst nach etwa 400 Seiten anfreunden konnte, sodass erst ab etwa der Hälfte des Buches ein flüssiges Lesen möglich war.
    Insgesamt fand ich das Buch zwar nicht unbedingt schlecht, aber als ich am Ende war, war mein erster Gedanke seltsamer Weise: " Und was genau wollte Susanna Clarke mir erzählen?" Ich kann diesen Gedanken nicht ganz genau erklären, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, eine Aneinanderreihung von Episoden gelesen zu haben, die für sich zwar irgendwie interessant waren, aber wie das alles ganz genau miteinander zu tun hatte, war nicht ganz fassbar für mich. Ich weiß nicht... Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass man dieses Buch zwar hat schreiben können, aber nicht unbedingt hätte müssen... Die Grundidee finde ich sehr faszinierend, aber irgendwie habe ich mir was anderes vorgestellt. Für mich ist vielleicht auch einfach zu vieles im Dunkeln geblieben...

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Mit Tolkien würde ich das Buch nur bedingt vergleichen wollen - ja, es ist umfangreich und ja, es ist sprachgewaltig, aber inhaltlich und stilistisch doch was ganz anderes.


    Details habe ich nicht mehr parat, aber ich habe das Buch vor einigen Jahren im Urlaub verschlungen (was sicher gut so war, weil ich da über längere Strecken dranbleiben konnte; zum häppchenweisen Lesen ist das Buch nicht geeignet).


    Hier meine Rezi von damals:


    England, früher, zur Regierungszeit des sagenumwobenen "Rabenkönigs" eine Hochburg der Zauberei, ist Anfang des 19. Jahrhunderts nur noch von einigen Zaubertheoretikern bevölkert, die sich in Vereinigungen organisieren und jegliche praktische Zauberei als viel zu gefährlich verteufeln.


    Der kauzige Mr. Norrell belehrt sie eines Tages eines Besseren. In einer verblüffenden Demonstration seines Könnens erweckt er steinerne Statuen in der Kathedrale von York zum Leben und lässt keine Zweifel daran, dass man es hier mit dem wohl letzten praktischen Zauberer Englands zu tun hat.


    Diese Episode bleibt natürlich der Öffentlichkeit nicht verborgen, und als Norrell dem Politiker Sir Walter Pole einen ganz großen Dienst erweist, um seine Eheschließung zu retten, werden überall Begehrlichkeiten geweckt, die Norrell aber nicht zu erfüllen gewillt ist, zumal seine zauberische Intervention nicht ohne gravierende Folgen geblieben ist.


    Schließlich nimmt Norrell etwas widerwillig doch einen Schüler auf, den jungen Jonathan Strange, der sich als höchst begabt erweist und sich das, was Norrell ihm nicht beibringen will, selbst erarbeitet. Durch sein freundliches und offenes Wesen ist er bald allseits beliebt, im Gegensatz zum Meister selbst, und eines Tages kommt es zum Bruch zwischen den beiden ...


    Man braucht Zeit und Muße für diesen dicken Wälzer, eine gewisse Vorliebe für den Stil von Jane Austen oder Charles Dickens kann nicht schaden, und wer Angst vor Fußnoten hat, sollte das Buch gar nicht erst anfassen.


    Wer sich an den umfangreichen Schinken heranwagt, wird nach den ersten paar Seiten, die ein bisschen verwirrend wirken, mit einer atmosphärischen Zauberergeschichte belohnt, die ohne plakative Knalleffekte scheinbar ganz realistisch und eng an der tatsächlichen englischen Geschichte entlang daherkommt und dabei ein ganz anderes, phantastisches England zeigt, voller Zauberei, Mythen und Wegen ins Elfenland, wobei die Elfen hier nicht direkt Sympathieträger sind.


    Mr. Norrell ist ebenfalls kein knuffiger Opi, sondern ein verschrobener Typ von der eher misanthropischen Sorte, während Jonathan Strange mitsamt seiner Arabella Sympathie weckt, manchmal aber auch Benehmen an den Tag legt, bei dem man ihn nur schütteln könnte.


    Das schlichte schwarze Cover mit der weißen Schrift und dem fliegenden Raben (dessen Bedeutung sich beim Lesen erschließen wird) ist auch wunderbar gelungen.


    Feiner, schräger Humor, eine wunderschöne poetische Sprache und eine sehr originelle Variation des Themas "Zauberer in der realen Welt" zeichnen das Buch aus, und der Spannungsbogen wird trotz der ausschweifenden Erzählweise stets aufrechterhalten. Abgerundet wird das Ganze durch einen in meinen Augen wunderschönen Schluss.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Treffende Rezi, Magdalena :thumleft:

    Mit Tolkien würde ich das Buch nur bedingt vergleichen wollen - ja, es ist umfangreich und ja, es ist sprachgewaltig, aber inhaltlich und stilistisch doch was ganz anderes.

    Ja, die ganzen Tolkien-Vergleiche sind oft vollkommen an den Haaren herbeigezogen und absolut nervig ...


    Abgerundet wird das Ganze durch einen in meinen Augen wunderschönen Schluss.

    Das hätte ich nicht besser sagen können :) .

    "Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele." - Marcus Tullius Cicero
    :study: Tad Williams - Die Hexenholzkrone 2

  • Jonathan Strange & Mr. Norrell wird übrigens von der BBC als siebenteilige Serie verfilmt:
    http://www.bbc.co.uk/mediacent…-one-casting-release.html

    Großartige Neuigkeiten! Hach, das wird mich jetzt den ganzen Abend beflügeln :bounce:

    "Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele." - Marcus Tullius Cicero
    :study: Tad Williams - Die Hexenholzkrone 2

  • Ich hatte sehr hohe Erwartungen an Jonathan Strange & Mr. Norrell. Das Buch schien ganz nach meinem Geschmack zu sein; eine Mischung aus Geschichte und Fantasy klang für mich sehr vielversprechend und ich war wirklich gespannt... nur um dann enttäuscht zu werden.


    Der Einstieg hat mir sehr gut gefallen. Im Gegensatz zu vielen anderen Lesern, die den Anfang schwierig fanden, war ich schon zu Beginn gefesselt. Die Stimmung erinnert definitiv an die damalige Zeit und das World Building war unglaublich gut. Clarke hat die alternative Geschichtsschreibung, in der die Magie in England schon immer eine große Rolle spielte, interessant dargestellt (ich hätte gerne mehr davon gehabt) und auch in den Fußnoten faszinierende Informationen untergebracht, zudem wurde Magie in sehr kreativen Arten angewandt und auch die Theorie dahinter beschrieben. Die Charaktere wurden ebenfalls ausgiebig vorgestellt, sodass man genau weiß, worum es geht und wer die Akteure in Clarkes Erzählung sind. Der Schreibstil war zwar sehr ausufernd und ein bisschen komplex, aber durchaus angenehm zu lesen und zur Geschichte passend; besonders die detaillierten, wunderbaren Beschreibungen haben es mir angetan, vor allem in Bezug auf die fantastischen Elemente. Alles ist sehr bildhaft und eindringlich dargestellt, sodass ich die Welt(en), die die Autorin erschaffen hat, ebenso wie die Figuren gut vor Augen hatte.
    Auch Spannung war durchaus da. Schon früh in der Geschichte gibt es düstere und geheimnisvolle Elemente wie unsichtbare Wälder, die einfach aus dem Nichts heraus wachsen, plötzlich auftauchende Zimmer und Körperteile als Preis in einem Handel. Ich war wirklich fasziniert und vor allem die Nebenhandlung rund um die Elfen war für mich sehr interessant, sodass ich mich auf 1000 Seiten Lesespaß gefreut habe.


    Leider begann die Geschichte dann nach etwa 150/200 Seiten, sich in die Länge zu ziehen. Unwichtige Ereignisse, wie verschiedene Teepartys, die Mr. Norrell besucht, aber auch die Kriegshandlungen in Spanien, wurden viel zu ausführlich geschildert. Der detailverliebte, ausufernde Schreibstil, der mich zu Beginn nicht gestört hatte, konnte fast schon als langatmig bezeichnet werden und die Handlung ging nur sehr, sehr langsam voran und ich hatte das Gefühl, dass nichts (beziehungsweise nichts relevantes) mehr passierte. Die theoretischen Abhandlungen um Magie waren nun viel zu ausführlich und nahmen zu große Teile der Handlung ein, während die durchaus interessanten Ansätze und gerade auch die Geschichte um die Elfen viel zu kurz kamen. Die verschiedenen Handlungsstränge wurden einfach nicht wirklich vorangetrieben.
    Auch die Fußnoten waren in ihrer Häufigkeit nicht unproblematisch. Zwar enthielten sie interessante Informationen, aber da sie teilweise sehr lang waren und sich über mehrere Seiten zogen, lenkten sie auch von der Hauptgeschichte ab.
    Hinzu kam, dass ich zu den Protagonisten keine wirkliche Verbindung aufbauen konnte. Die beiden sind zwar gut charakterisiert, haben große Schwächen (die beiden werden an einer Stelle als "Furchtsamkeit und Hochmut" betitelt und das ist definitiv passend) und wirken deshalb real, aber beide sind auch oft ziemlich unsympathisch. Ich habe sie nicht gehasst, aber ihr Schicksal war mir relativ egal und auch deshalb hatte ich Probleme, ihrer Geschichte zu folgen.


    Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich gerade durch den zweiten Teil durchkämpfen musste. Die Handlung ging einfach nicht voran und die Figuren waren mir egal, also war ich trotz einiger sehr guter Ansätze und des tollen Schreibstils nicht wirklich motiviert, weiterzulesen. Durchgehalten habe ich eigentlich nur, weil ich das Buch mögen wollte und hoffte, dass es noch zu einer Wendung kommen würde.
    Ich bin aber froh, dass ich nicht aufgegeben habe - das letzte Drittel war nämlich um einiges besser als die Mitte. Die Geschichte wurde noch einmal spannend; sie verdichtet sich und die Handlungsstränge laufen zusammen. Im Prinzip kann man alles davor als Einführung betrachten - eine Einführung, die viel zu lang war. Meiner Meinung nach hätte man hier einiges straffen oder sogar ersatzlos streichen können und dann hätte mir das Buch viel besser gefallen.


    Fazit
    Jonathan Strange & Mr. Norrell ist insgesamt kein schlechtes Buch. Es ist sehr gut geschrieben und die Handlung an sich ist interessant, aber in der Mitte gibt es viele unnötige Längen und die Geschichte wäre besser gewesen, wenn es hier Kürzungen (oder mehr Handlung!) gegeben hätte. So hingegen haben mich nur der Anfang und das Ende überzeugt. Gerade das letzte Drittel hat das Buch für mich gerettet, sonst wäre meine Beurteilung schlechter ausgefallen.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Carpe Diem.
    :musik: Herr Heiland und der gefallene Engel, gelesen von Reinhard Kuhnert

    2024 gelesen: 18 Bücher | gehört: 4 Bücher

  • Nachdem mir Piranesi so gut gefallen hatte und ich ja ein Fan von jeglicher Fantasy bin, ebenfalls vom Schauplatz im historischen England, hat mich das Buch total angesprochen.

    Von den 1024 Seiten hab ich nach gut 300 dann aufgehört.


    Ich hab immer drauf gewartet, dass der Knoten platzt, dass endlich so eine Wende kommt und mich die Geschichte packen kann, aber leider wirkte auf mich alles so zähflüssig erzählt, dass ich keine Lust mehr hatte, weiterzulesen.


    Manchmal mag ich ja weitschweifig erzählte Geschichten wenn es mich packen kann, aber hier hat es die Handlung so überhaupt nicht vorangebracht.

    Bis Mr. Norrell ausfindig gemacht wird und es endlich zu zauberischen Vorführungen kommt vergeht schon eine ganze Weile und Mr. Strange taucht erst auf, als ich schon gar nicht mehr dran geglaubt hatte... tatsächlich erst kurz bevor ich abgebrochen habe.


    Der erste Abschnitt wird zwar auch mit "Mr. Norrell" deklariert, der zweite dann mit "Jonathan Strange", aber eben erst auf Seite 273... Es gab zwar schon einige Momente, die mich neugierig gemacht haben wie es sich weiterentwickeln wird, aber auch das konnte mich nicht mehr aus der Leseflaute holen, die ich hier empfunden habe. Wenn ich mich zwingen muss, weiterzulesen, hat es einfach keinen Sinn.


    Mr. Norrell ist auch noch äußerst unsympathisch, wie die meisten Figuren, denen ich hier begegnet bin. Er ist ehrzeizig und so von sich selbst überzeugt, dabei geheimniskrämerisch und keinen anderen Zauberer duldend; dabei unflexibel und einfallslos, das man kaum glauben mag, dass gerade ER die seltene Fähigkeit besitzt, zaubern zu können.

    Andere Zauberer gibt es zwar zur Genüge, doch sie sind theoretischer Natur und verbringen ihr Studium mit Schriften und vielen Diskussionen, eine Art Altherren-Club, der sich als auserwählt sieht und es sich im Müßiggang gutgehen lässt.


    Die Atmosphäre der damaligen Zeit ist gut getroffen, aber der Einbezug der militärischen Aspekte und des Kriegs, in denen die Zauberer eingreifen sollen, war eher ermüdend als aufregend.


    Von der mysteriösen Magie des Rabenkönigs hab ich noch gar nichts erfahren, nur ein perfektes Beispiel, sich nicht auf Pakte einzulassen mit zauberischen Wesen, die man durch Magie herbeirufen kann. Das war einer der interessanten Punkte, der vielleicht später noch eine größere Rolle spielt, mein Interesse aber nicht genug anfachen konnte.


    Mr. Strange hatte neben Norrell eine liebenswürdige Ausstrahlung, auch wenn er nichts so wirklich ernst zu nehmen scheint. Seine Frau und er waren allerdings die einzigen, die ich tatsächlich mochte - auch wenn ich noch kaum was über sie erfahren hatte. Das ist für mich zwar an sich kein negatives Kriterium (ich muss nicht alle Protas sympathisch finden), aber es hat hier dazu beigetragen, mich nicht in die Geschichte einfinden zu können.


    Ich hab dann versucht, die Serie anzuschauen, um darüber mehr Begeisterung zu entwickeln. Die Hoffnung, dass mich die Serie packen kann und ich dann wieder Lust aufs weiterlesen bekomme, hat aber leider auch nicht geklappt!


    Natürlich wurde viel gekürzt, dennoch hab ich nach 3 (von 7) Folgen aufgehört.

    Diese Geschichte und ich passen wohl einfach nicht zusammen ;)


    Den Vergleich zu Der Herr der Ringe finde ich völlig aus der Luft gegriffen. Die beiden haben überhaupt nichts miteinander zu tun und sind für mich in keiner Weise irgendwie vergleichbar.


    Weltenwanderer