Sarah Waters - Fremde Gäste / The Paying Guests

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    There came the splash of water and the rub of heels as Mrs Barber stepped into the tub. After that there was a silence, broken only by the occasional echoey plink of drips from the tap...'Frances had been picturing her lodgers in purely mercenary terms - as something like two great waddling shillings. But this, she thought, was what it really meant to have paying guests: this odd, unintimate proximity, this rather peeled-back moment, where the only thing between herself and a naked Mrs Barber was a few feet of kitchen and a thin scullery door. An image sprang into her head: that round flesh, crimsoning in the heat.' It is 1922, and London is tense. Ex-servicemen are disillusioned, the out-of-work and the hungry are demanding change. And in South London, in a genteel Camberwell villa, a large silent house now bereft of brothers, husband and even servants, life is about to be transformed, as impoverished widow Mrs Wray and her spinster daughter, Frances, are obliged to take in lodgers. For with the arrival of Lilian and Leonard Barber, a modern young couple of the 'clerk class', the routines of the house will be shaken up in unexpected ways. And as passions mount and frustration gathers, no one can foresee just how far-reaching, and how devastating, the disturbances will be. This is vintage Sarah Waters: beautifully described with excruciating tension, real tenderness, believable characters, and surprises. It is above all a wonderful, compelling story.


    Autorin (Quelle: amazon)
    Sarah Waters was born in Wales in 1966. She has been shortlisted for the Man Booker and Orange prizes and has won The South Bank Show Award and The Somerset Maugham Award. Four of her novels have been adapted for television. She has been named as author of the Year four times - by the Booksellers Association, Sunday Times, Waterstone's and The British Book Awards.


    Allgemeines
    Erschienen am 4.Juni 2015 bei Virago als TB mit 599 Seiten
    Drei Hauptteile mit insgesamt 17 Kapiteln
    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Frances Wray
    Handlungsort und -zeit: London, 1922


    Zum Inhalt
    Nachdem der Vater und die zwei Söhne im Ersten Weltkrieg ums Leben gekommen sind, leben Emily Wray und ihre Tochter Frances allein in ihrer großen Villa. Frances verrichtet alle Hausarbeiten, denn auch die Dienerschaft musste entlassen werden. Trotzdem ist das Geld knapp, deshalb nehmen die Wrays das junge Ehepaar Leonard und Lilian Barber als "zahlende Gäste" auf. Während Emiliy Wray es kaum verwinden kann, dass sich die Gesellschaftsstruktur im Land seit dem Krieg geändert und sie ihre gesellschaftliche Position verloren hat, kommt die unkonventionelle und lesbische Frances mit den neuen Verhältnissen gut zurecht. Sie freundet sich nicht nur mit Lilian an, sondern beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihr. Die verbotene Beziehung muss im Dunkeln bleiben, denn sonst wäre ein Skandal unausweichlich. Doch ewig lässt sich eine solche Affäre nicht verheimlichen und als Leonard davon erfährt, kommt es zu einer Tragödie...


    Beurteilung
    Der Roman ist in drei Hauptteile gegliedert, die unterschiedlichen literarischen Genres zugeordnet werden können: Der erste Teil gehört in die Rubrik "Erzählung", er zeichnet in ruhiger, relativ ausschweifender Weise ein Gesellschaftsbild der Nachkriegszeit im Allgemeinen und der veränderten Lebenssituation im Hause Wray im Besonderen. Der zweite Teil ist ein (lesbischer) Liebesroman mit Romantik und auch erotischen Szenen. Der letzte Teil kann durchaus als Krimi gesehen werden und bietet eine Menge Spannung. Obwohl der Leser als Augenzeuge des Geschehens weiß, was vorgefallen ist, kann er das Ende des Romans nicht vorhersehen.
    Der Sprachstil ist analysierend und einfühlsam, dabei sehr detailverliebt, sodass der Leser etwas Geduld mitbringen muss. Es lohnt sich jedoch, etwas mehr Zeit in dieses Buch zu investieren, denn man bekommt eine eindrucksvolle Geschichte vorgesetzt, die lange im Gedächtnis haften bleibt und auch Anlass zu Diskussionen über gewisse ethische Fragen bieten kann.
    Die Charaktere sind gründlich und glaubwürdig ausgestaltet, das gilt nicht nur für die Hauptfiguren, sondern auch für Nebenfiguren wie z.B. neugierige Nachbarn. Interessant ist auch die Beobachtung der polizeilichen Arbeit, die in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts in forensischer Hinsicht noch in den Kinderschuhen steckte und heutzutage ganz anders verlaufen würde.


    Fazit
    Ein eindrucksvoller Roman, für den man etwas mehr Zeit mitbringen sollte!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Ich habe das E-Book gelesen.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Am 14.Juli 2016 erscheint die deutsche Ausgabe "Fremde Gäste" bei Bastei Lübbe als HC mit 820 Seiten.


    Anbei die Kurzbeschreibung zur deutschen Ausgabe (Quelle: amazon)
    London, 1922. Die 28-jährige Frances Wray und ihre Mutter sind gezwungen, Untermieter in ihrem Stadthaus aufzunehmen, um über die Runden zu kommen, seit der Vater und die beiden Brüder im Krieg gefallen sind. Mit der Ankunft von Lilian und Leonard Barber, einem modernen jungen Ehepaar, ändern sich die Atmosphäre und die Routinen des Hauses auf ungeahnte Weise. Und als sich eine zarte Liaison zwischen den beiden jungen Frauen anbahnt und das anfängliche Misstrauen des Ehemannes in blanken Hass umschlägt, nimmt eine Tragödie unaufhaltsam ihren Lauf ...

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich hatte anfangs etwas Probleme in die Geschichte "reinzukommen", noch bei Seite 100 hatte ich mit dem Gedanken gespielt, das Buch wieder abzubrechen. Aber dann machte es irgendiwe klick und es hat mich richtig vereinnahmt.
    Ich habe dann das Geschehen zum Teil atemlos verfolgt und geschmökert wie verrückt. Auch die Charaktere, die mir anfangs so seltsam fremd vorkamen, konnte ich dann besser verstehen.


    Leider hat das Buch bei mir zum Schluss dann doch wieder etwas verloren. Das zog sich im letzten Viertel doch ziemlich und das Ende fand ich persönlich irgendwie unbefriedigend.


    Im Großen und Ganzen habe ich mich aber doch gut unterhalten gefühlt, auch wenn Anfang und Ende nicht ganz so meine waren. Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Nach dem plötzlichen Tod des Vaters müssen Frances und ihre Mutter mit Entsetzen feststellen, dass er ihnen einen riesigen Schuldenberg hinterlassen hat, und es bleibt den beiden nichts anderes übrig, als einen Teil des Hauses unterzuvermieten, wenn sie ihre Bleibe nicht verlieren wollen. Und so zieht eines Tages ein junges Ehepaar in die Räume, in denen früher Frances' Brüder wohnten, die beide im 1. Weltkrieg gefallen sind. Leonard Barber ist ein leicht windiger Typ, ein ambitioniert wirkender Versicherungsangestellter, und seine Frau Lilian eine schillernde Persönlichkeit, die alles Exotische liebt.


    Obwohl es sie einerseits stört, fremde Menschen im Haus zu haben, ist Frances auch, fast wider Willen, fasziniert von dem Paar, das sich auch gerne mal temperamentvoll streitet. Besonders Lilian zieht sie in ihren Bann, und zwischen den beiden Frauen entsteht eine besondere Freundschaft, die die brave, fleißige, hausbacken wirkende Frances aus ihrem selbstgewählten Schneckenhaus herauslockt und ihr die freudvolleren Seiten des Lebens zeigt.


    Was als befreiender Aufbruch für Frances beginnt, die sich nach dem Krieg mit ihrer Rolle als Hausmütterchen und alte Jungfer abgefunden hatte, nimmt jedoch eines Tages eine Wendung, die Frances' Leben mehr zu erschüttern droht als alles andere zuvor.


    Mehr sei hier nicht verraten, um keine Überraschungen vorwegzunehmen, derer es so einige gibt.


    Sarah Waters ist auf jeden Fall eine Meisterin der Atmosphäre und der Milieuschilderungen, und auch Frances' Seelenleben ist sehr gelungen eingefangen, eine junge Frau, die alle Hoffnung auf Liebe und Glück fatalistisch hat fahren lassen und sich ganz dem Haushalt und dem Betütteln ihrer gerne auf kränklich machenden und stets neugierigen Mutter widmet (die für meine Begriffe ruhig auch mal ein paar Finger hätte krumm machen können). Man atmet förmlich mit Frances auf, als sie zögernd beginnt, das Korsett althergebrachter Verhaltensregeln zu hinterfragen, in das ihre Erziehung sie eingeschnürt hat, und erste Schritte in ein Leben unternimmt, in dem auch Spaß, Freude, Ausgelassenheit und auch Schmetterlinge im Bauch wieder ihren Platz haben.


    Bis zur bereits erwähnten Wendung, mit der die Stimmung im Buch kippt, empfand ich einen richtiggehenden Lesesog und konnte den Roman kaum aus der Hand legen. Danach wird es zunächst ein wenig langatmig, wobei die Handlung auf den letzten hundert Seiten angesichts eines moralischen Dilemmas doch wieder an Tempo und Spannung gewinnt und mit einem überraschenden Ende aufwartet.

  • Leider hat das Buch bei mir zum Schluss dann doch wieder etwas verloren. Das zog sich im letzten Viertel doch ziemlich und das Ende fand ich persönlich irgendwie unbefriedigend.

    Ich habe auch ein Weilchen hin und her überlegt, wie ich den Schluss nun finden soll.