Verlagstext:
Sechs Tage im Jahr 1992. Polizisten misshandeln einen schwarzen Bürger und Los Angeles explodiert. Plünderungen, überall brennt es; ein Bürgerkrieg mitten im Herzen der westlichen Welt. Was passiert, wenn die Polizei eine Stadt den Armeen der Gangs überlässt? Rechnungen werden beglichen, noch und noch. Davon erzählt dieser ungeheuerliche Roman. Am Anfang ein unmenschlicher Mord: Wir erleben ihn aus der Sicht des Opfers. Dann kommen andere zu Wort: skrupellose und weniger skrupellose Gangster, rassistische Polizisten, Krankenschwestern, Junkies, jugendliche Mitläufer. Und es entsteht das Bild einer Gesellschaft, in der der Stärkere den Schwächeren frisst und die sich im Ausnahmezustand gänzlich enthüllt.
Ein Roman wie ein Tarantino-Film, ein Gewaltexzess, ein Experiment, ein Buch ohne Vorbild.
Mein Eindruck:
Nachdem am 29. April 1992 zwei Polizisten vom Vorwurf Rodney King, einen Afroamerikanischen Zivilisten, aufs brutalste misshandelt zu haben freigesprochen werden, brechen in Los Angeles Unruhen aus. Die Menschen gehen auf die Straße und protestieren gegen das Urteil. Die Gemüter werden immer mehr aufgeladen und die Situation gerät außer Kontrolle. Es wird geplündert, angezündet, gemordet. Die Polizei von Los Angeles ist Machtlos gegen den Mob. Die Nationalgarde und andere Spezialeinheiten werden zu Hilfe gerufen. Ein nächtliches Ausgangsverbot wird ausgerufen. All diese Szenarien sind tatsächlich passiert. Ryan Gattis hat diese unfassbaren Tage in der Geschichte Los Angeles zu einem atmosphärischen Thriller umgesetzt.
In einem zeitlichen Ablauf über die sechs Tage liest man die Geschichte aus Sicht von siebzehn unterschiedlichen Personen. Jedes einzelne Kapitel ist eine Klasse für sich. Egal ob aus der Sicht diverser Gangmitglieder, Freiwilliger Helfer, Obdachloser oder anderen beteiligten Personen, alle Charaktere verweben sich irgendwie ineinander. Wirklich einzigartig, hab ich so noch nie gelesen. Durch diese ganz persönliche Sicht erhält man als Leser eine ganz besondere Atmosphäre. Man fühlt sich mitten im Geschehen, ist bei jeder Aktion irgendwie dabei. Die Erzählungen sind brutal, besonders die der Gangmitglieder. Diese Kaltblütigkeit und Brutalität dieser teils noch sehr jungen Menschen – Großteils noch Kinder – geht einem unter die Haut, ist unfassbar. Was mich persönlich aber noch mehr schockiert hat ist die Vorgehensweise der Spezialeinheit. Bei Gangs rechnet man mit Rohheit und Gefühllosigkeit, doch was diese Männer abliefern war für mich noch unfassbarer. Näher möchte ich dazu aber nicht eingehen. Soll ja nicht zu viel verraten werden. Sprachlich sind die Erzählungen auch so gehalten, dass man als Leser schon merkt in welcher Gesellschaftsschicht sich der Großteil der beteiligten Personen aufhalten.
In den Straßen die Wut ist ein gelungener Titel für diesen ganz speziellen Thriller. Auch die brennenden Palmen passen hervorragend auf das Cover.
Ryan Gattis hat für den Roman 2 1/2 Jahre recherchiert. Hintergrundinformationen zu den Ausschreitungen erhielt er unter anderem von führenden Latino Gang Mitgliedern, Feuerwehrleuten, Krankenschwestern und anderen Bewohnern L.As., welche diese Tage mit- und durchlebt haben. Die Handlung in dem Roman ist zwar größtenteils der Fantasie des Autors entsprungen, erhält durch die akribischen Nachforschungen aber ein gutes Maß an Authentizität.
Mein Fazit:
Ein grandioser Thriller mit unfassbaren Einsichten und Sichtweisen von Menschen die man sich so nur im Film vorstellen kann. Sehr spannend und einzigartig.