Tom Cooper - Das zerstörte Leben des Wes Trench / The Marauders

  • Kurzmeinung

    drawe
    Das Leben in der Sumpflandschaft Louisianas: ein Reigen an Schicksalen, schön + spannend miteinander verknüpft.
  • Amazon:
    Als Hurrikan Katrina mit den Südstaaten der USA fertig ist, hat Wes Trench alles verloren. Er ist kaum erwachsen, und doch erscheint es ihm, als sei sein Leben schon vorbei. Weil er es zu Hause nicht länger aushält, heuert Wes beim Shrimper Lindqvist an. Der alte Fischer ist noch übler dran: Was er fängt, reicht kaum zum Leben, ein Ölteppich bedroht die Küste, und zu allem Unglück ist ihm auch noch die Armprothese gestohlen worden. Besessen von der Idee, in den Sümpfen der Küste einen Schatz zu finden, fährt er immer wieder mit seinem Boot raus. Auch die gefährlich durchgeknallten Toup-Brüder, deren Grasplantagen er zu nahe kommt, können ihn nicht davon abhalten. Wes genießt die Freiheit an Lindqvists Seite und fasst allmählich neuen Mut, bis ihn ein weiterer Schicksalsschlag zu einer Entscheidung zwingt. Ein großer Roman, der packend und mit viel Liebe zu seinen störrischen, gebeutelten Figuren von Verlust erzählt und davon, was es heißt, allen Widrigkeiten zum Trotz immer wieder aufzustehen.


    Eigene Zusammenfassung:
    Wider erwarten handelte dieses Buch nicht hauptsächlich von Wes, es gibt einige Haupt-Charaktere, die wir durch das ganze Buch hindurch begleiten.
    Als Erster ist dort natürlich Wes Trench, er hat kein einfaches Leben. Er verlor seine Mutter durch den Hurrikan Katrina, die Schuld dafür gibt er seinem Vater. Er wollte das Haus trotz Sturmwarnung nicht verlassen, obwohl Wes`Mutter ihn mehrfach gebeten hatte. Und dann stirbt sie in den Fluten. Vor den Augen von Wes und seinem Dad. Seitdem haben die Beiden ein sehr gespaltenes Verhältnis, keiner spricht die Vorwürfe offen aus, zwischen den Beiden steht immer etwas. Wes und sein Vater arbeiten als Krabbenfischer, eingepfercht auf einem kleinen Boot stehen sie sich Tag für Tag gegenüber, schweigend, der Fang wird immer magerer, die Krabben immer kleiner, die Stimmung immer schlechter. Schuld daran ist die Ölpest, verursacht durch die BP Ölkatastrophe, die den Sumpf und die Tiere vergiftet.
    Lindquist ist auch ein wichtiger Charakter. Ein Eigenbrötler, verlassen von seiner Frau, seine Tochter kommt nur um die Hand aufzuhalten, er hat immer einen schlechten Witz parat (und die sind wirklich schlecht :totlach: ). Er ist überzeugt, dass er irgendwann einen Schatz finden wird mit seinem Metalldetektor. Das passt den Einheimischen in dem Bayou-Orte Jeanette nicht, bereichert er sich doch so an den Dingen, die andere während des Hurrikans verloren haben. Teilweise wird er im Ort sogar der Grabräuberei beschuldigt, die Leute vermuten, dass er Gräber ausraubt, wollen mit ihm nichts zu tun haben. Eine weitere Besonderheit an ihm ist sein fehlender Arm, er hatte eine richtig tolle 30.000 Dollar Prothese, die ihm jedoch leider bereits am Anfang der Geschichte geklaut worden ist und ihm bleibt nur seine alte Hakenhand. Auch Lindquist verdient sich sein Brot mit der Fischerei. Im Laufe der Geschichte arbeitet Wes für Lindquist, da er es mit seinem Vater nicht mehr aushält.
    Dann haben wir da noch die Zwillinge Reginald und Victor Toup, zwei unangenehme Gesellen, die mitten im Sumpf versteckt eine eigene Marihuanaplantage unterhalten und für ihre Brutalität bekannt sind, besonders Victor fackelt nicht lange. Sie haben nicht nur eine Leiche im Sumpf versenkt. Lindquist ist ihnen ein Dorn im Auge.
    Zwei weitere Charaktere sind Cosgrove und Hanson, sie lernen sich während Sozialstunden kennen, die sie ableisten müssen. Schon dort drehen sie wieder ihr erstes Ding, in dem sie eine alte verwirrte Frau Tag für Tag ausrauben. Die zwei sind immer auf der Suche nach gutem Stoff, da kommt die Plantage der Zwillinge doch gerade recht. Aber das ist nicht ihre beste Idee, mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.
    Und der letzte Hauptcharakter ist Grimes, Angestellter bei der Ölgesellschaft. Er wird als ehemaliger Sumpfbewohner von seinem Chef ausgewählt, um sogenannte "Schadensbegrenzung" bei den Bewohnern, zu denen auch seine eigene Mutter gehört, durchzuführen. Sprich sich das Schweigen der Menschen zu erkaufen.


    Fazit:
    Zuerst zum Cover, das halte ich für ausgesprochen gut gewählt, es passt perfekt mit seinem Charme von alten Abenteuerromanen, gleichzeitig aber durch die giftgrüne Schrift wieder modern, toll gelöst.
    Das Buch ist in verschiedene relativ kurze Kapitel aufgeteilt, die alle mit dem Namen der Personen überschrieben sind.
    Die Charaktere sind gut und glaubhaft beschrieben. Besonders Lindquist als Eigenbrötler hat mir sehr gut gefallen, aber auch die anderen Charaktere waren interessant, alle sehr ungewöhnlich, schrullig, Außenseiter, die ihr schwieriges Leben mehr oder weniger meistern.
    Die Geschichte ist sehr ruhig, stellenweise kommt dann aber doch eine Spannung auf, ich habe mich gut unterhalten gefühlt, von mir bekommt das Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: Sterne. Das Einzige, was ich mir etwas anders gewünscht hätte, ist das Ende, ist mir dann doch zu viel "Happy End" am Schluß. Man hätte es einfach offener lassen können. Hätte meiner Ansicht nach besser dazu gepasst. Deshalb :bewertungHalb: Abzug.

    Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. (Albert Einstein)

  • Gleich zu Beginn muss ich erst mal das leidige Thema BUCHTITEL ansprechen. Denn weder erwartet einen bei dieser Lektüre die tragische Lebensgeschichte des Wes Trench noch ist dessen Leben zerstört (zumindest habe ich es so empfunden). Doch auch den Originaltitel finde ich eher seltsam: The Marauders (= Plünderer, nicht Rumtreiber wie ich irgendwo gelesen habe). Denn gerade das sind die Protagonisten dieses Buches nicht. Ist es zuviel verlangt, sich einen Titel zu wünschen der im richtigen Zusammenhang mit dem Inhalt steht?
    Erzählt wird das Leben von acht Männern (Frauen scheint es kaum mehr zu geben) während des Sommers 2010, kurz nachdem die Ölplattform Deepwater Horizon explodierte und fünf Jahre nach dem Hurrikan Katarina. Sie alle leben im tiefen Süden von Louisiana, wo die Menschen Sumpfratten genannt werden und die meisten nach diesen beiden Schicksalsschlägen hart um ihre Existenz kämpfen müssen. Da ist Fischer Lindqvist, der wie die meisten Anderen mehr schlecht als recht von der Shrimpsfischerei versucht zu leben und seinen Kindheitstraum nie aufgegeben hat, einen Goldschatz zu finden. Die Zwillinge Toup, die auf einer Insel mitten im Sumpf Marihuana anbauen. Brady Grimes, der widerwillig in die Heimat zurückgekehrt ist und nun im Auftrag der Ölgesellschaft die Einheimischen über den Tisch zieht. Cosgrove und Hanson, zwei Männer, die nichts miteinander verbindet außer dem Wunsch, möglichst schnell an viel Geld zu kommen. Und natürlich Wes Trench, der gemeinsam mit seinem Vater ebenfalls auf Shrimpsfang geht.
    Tom Cooper gelingt es bei seinem Erstlingswerk überraschend gut, die besondere Stimmung und Atmosphäre dieser Gegend und seiner Bewohner zu vermitteln. Es ist ein zäher und eigensinniger Menschenschlag der hier ausharrt und versucht, trotz der widrigen Umstände die auch ganz ohne Hurrikan und Ölpest zum Alltag gehören, sich und ihren Familien ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen. Aber es sind nicht nur gute Geschichten, die Cooper hier erzählt anhand der teils schrägen Hauptfiguren, von denen jeweils abwechselnd kapitelweise berichtet wird. Die realen Ereignisse wie der Hurrikan Katarina und die Ölpest scheinen zwar nur eine Nebenrolle zu spielen, doch letzten Endes sind sie es, die die Ursachen für die massiven Schwierigkeiten dieses Landstriches darstellen. Die Zerstörung der ganzen Umgebung wie auch der Tod vieler Menschen durch Katarina, die Umweltverschmutzung durch die Ölpest, der dadurch erfolgte Zusammenbruch der gesamten Lebensgrundlagen der Einheimischen (Shrimps werden nun aus China importiert), das Davonstehlen der dafür Verantwortlichen - der Autor klagt nicht an, sondern schildert es eher beiläufig. Doch es ist auf jeder Seite präsent.
    Tom Cooper ist ein toller Geschichtenerzähler und so sei es ihm verziehen, dass das Ende fast schon zu happyendmäßig ausfällt. Ihm ist ein überzeugender Roman mit schrägen, aber real wirkenden Menschen gelungen, der Ereignisse und insbesondere deren Folgen zurück ins Gedächtnis ruft, die von Vielen vermutlich bereits wieder vergessen wurden.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Wes Trench lebt mit seinem Vater von Shrimpsfang in den Sümpfen des Bayou. Die Ölförderung hat das Gebiet schwer geschädigt, die Erträge werden immer weniger und das Überleben immer härter. Nun treibt auch noch ein neuer Ölteppich auf das Delta zu. Seit 5 Jahren fährt Wes mit seinem Vater zum Shrimpsfang, aber er tut es voll Zorn und Hass auf ihn. Der Sturm Katrina hat die Familie zerrissen, die Mutter kam ums Leben und Wes gibt seinem Vater daran die Schuld. Er hat nicht auf sie gehört und alle Warnungen vor dem Sturm buchstäblich in den Wind geschlagen. Diese Schicksalsschläge zwingen Wes, seine College Pläne zu vergessen und als Fischer ein hartes, schlecht bezahltes Leben auf sich zu nehmen.
    Er heuert beim alten Lindquist an, als das Leben mit seinem Vater unerträglich wird. Aber auch Lindquist ist ein verbitterter alter Mann, der nach dem Verlust seines Arms und dem Tod seiner Frau, den Schmerz und die Trauer mit Alkohol und Drogen bekämpft. Lindquist will einen geheimnisvollen Piratenschatz heben, den er im Delta vermutet und Nacht für Nacht fährt er in seinem Boot hinaus um zu graben. Dabei kommt er den Zwillingen Reginald und Victor Toup in die Quere, die ihre versteckten Grasfelder im Delta haben und nachts zur Ernte rausfahren und die Aufdeckung ihres Drogenanbaus fürchten. Auch die Zwillinge gehören zu der Schicht, die man als die Verlierer der Gesellschaft bezeichnen kann. Später kommen noch weitere Personen dazu, die sich begegnen und in die Geschehnisse eingreifen, ohne das die einzelnen Protagonisten eine Verbindung sehen.
    Es ist nicht nur die Verbitterung des Wes Trench, die der Autor Cooper beschreibt, alle seine Figuren müssen mit einem zerstörten Leben und geplatzten Träumen und Plänen leben. Da führte mich der Titel in die Irre.



    Tom Cooper beschreibt das in einer unglaublich farbigen, unmittelbaren Sprache, die mich sofort ganz real in die Geschichte gezogen hat. Die wechselnden Erzählperspektiven erschließen weitere Dimensionen. Die Menschen wurden mir sofort lebendig und standen vor meinen Augen, so bildstark werden sie mit ihren Eigenheiten und Schrullen geschildert. Egal wie viele Schläge und Enttäuschungen das Schicksal für sie bereit hält, sie halten an ihrem Traum und an ihrem Glauben an eine bessere Wendung fest. Es ist der unerschütterliche Glaube, die optimistische Einstellung, die Wes und die anderen von einem besseren Leben träumen lässt.
    Die Sumpflandschaft um New Orleans ist wunderbar, fast schon romantisch verklärt geschildert, die Liebe des Autors zu diesem Land teilt sich dem Leser auf jeder Seite mit. Es hat mir auch sehr gut gefallen, wie Cooper den Mut und den Willem, sich nicht von den Schicksalsschlägen unterkriegen zu lassen, seinen Figuren mitgibt. Diese Kraft, den Widrigkeiten zu trotzen und dabei den Humor nicht zu verlieren, haben mir die Figuren so nahe gebracht.
    Trotzdem bleibt in diesem Buch die melancholische Grundstimmung spürbar, die schon im Schutzumschlag zu sehen ist. Dort wurde ein alter Schwarz-Weiß-Stich gewählt, der die Sümpfe ein wenig trostlos und menschenfeindlich darstellt.
    Mein Fazit: ein großes Buch über den großen Süden der USA.

  • Inhalt

    Unausgesprochen hat Wes seinem Vater die Schuld daran gegeben, dass seine Mutter während des Hurricans Kathrina (2005) ertrunken ist. Wäre der Vater nicht so starrsinnig gewesen, dann hätten die Trenchs sich wie alle anderen Bewohner des Sumpfgebiets Barataria Bay südlich von New Orleans rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Das Bajou ist eine Landschaft, in der sich Inseln, Sandbänke und Sümpfe ständig verändern. Ursprünglich durch Thomas Jefferson von Napoleon für ein paar Cents pro Hektar gekauft, entwickelte sich die Region zum Fluchtziel geflohener Sklaven, zum Revier der Piraten, Schmuggler, Shrimpsfischer, Schatzsucher und weiterer durchgeknallter Typen. Durch den Hurrican und die durch den BP-Konzern verschuldete Ölpest im Golf von Mexiko verlieren die kleinen Shrimpsfischer, die Restaurants und der Tourismus ihre Lebensgrundlage. Wes Trench trifft der wirtschaftliche Zusammenbruch besonders empfindlich, weil er mit 17 gerade an seinem eigenen Boot baut und dringend Abstand von seinem schwierigen Vater sucht. Wenn der Verkaufspreis des Fangs unter den Spritkosten liegt, ist das genau der falsche Moment, um sich mit dem Vater zu überwerfen und Arbeit zu suchen. Wes kommt zunächst bei Lindquist unter, dem alten Hagestolz, dem gerade jemand aus purer Bosheit seine teure Armprothese gestohlen hat. Als Kapitän und Fischer mit einem einfachen Piratenhaken statt eines Arms hat Lindquist allein kaum Überlebenschancen.


    Neben Vater und Sohn Trench und dem alten Lindquist sind in den Sümpfen einige weit schrägere Vögel unterwegs. Ein Zwillingspaar ist im gesamten Bayou dafür bekannt, auf einer der Inseln Marihuana feinster Qualität anzubauen, der Dachdecker Cosgrove schlägt sich als kleiner Gauner durch und Brady Grimes ist von BP angeheuert worden, um die Einwohner beim Abtreten ihrer Schadenersatzansprüche über den Tisch zu ziehen. Grimes stammt selbst aus dem Bayou, nur deshalb hat BP ihn überhaupt eingestellt, und soll seiner eigenen Mutter das unmoralische Angebot einer geringen Abfindung vorlegen. Erst die Begegnung mit seiner Mutter macht Grimes klar, dass der gesamte Sumpf verseucht und es nur eine Frage der Zeit ist, wann die Bewohner an umweltbedingten Krankheiten sterben werden. Eine Reihe von Personen in wechselnder Team-Zusammensetzung gehen im Sumpf und auf dem Wasser ihren Geschäften nach und man kann sich leicht vorstellen, dass es in einem Setting mit Alligatoren, Schlangen, wertvollen Schätzen und begehrten Drogen zum komischen und für einige auch lebensbedrohlichen Showdown kommen kann. Wenn nachts in einem Sumpf mehrere durchgeknallte Parteien aufeinandertreffen, kann das wohl nur grandios schiefgehen. Dass Lindquist dabei mit seiner Armprothese in einer vergleichsweise miesen Position sein würde, wurde mir erst allmählich klar.


    Fazit

    Tom Cooper hat für seinen ersten Roman das beeindruckende Setting einer bedrohten Landschaft und ihrer Bewohner geschaffen. Das damit perfekt harmonierende Buchcover der deutschen Ausgabe wirkt wie ein Stich aus Zeiten von Humboldts. Da es um mögliche Wasserleichen und befürchtete Alligator-Angriffe geht, sollten Leser des Buches nicht zu zart besaitet sein. Für die vielen beteiligten Personen, deren Wege sich hier kreuzen, deren Vater-Sohn, Vater-Tochter, Kapitän-Matrose, Jäger-Gejagter-Beziehungen habe ich mir eine Personenliste notiert und neben das Buch gelegt und die Lektüre damit sehr genossen. Die Personenzeichnung der dreisten bis verbohrten Gestalten wirkt sehr gradlinig; zusammengehalten wird das Ganze durch eine Rahmenhandlung aus Wes Schicksal und seiner Sicht der Ereignisse. Den zurückhaltenden Siebzehnjährigen mochte ich sofort. „Das zerstörte Leben des Wes Trench“ hat mich begeistert und ich hätte einem so großartigen Buch in einigen Details ein aufmerksameres Lektorat gewünscht.


    Zitat

    Gegen Mitte September hatten Cosgrove und Hanson eine regelrechte Routine beim Auskundschaften entwickelt. Jede Nacht nach der Schicht beim Vogelschutz fuhren sie in die Barataria Bay hinaus, erkundeten den Inselarchipel und wanderten im schwachen Schein ihrer Laterne die Ufer ab wie Wiedergänger einer Apokalypse. Die Inselchen und Barrieren waren ungezählt, die meisten davon kaum mehr als marschige Flecken voller Schilf. Die Koordinaten, die Hanson von dem GPS hatte, führten nur zu einer Insel mit einer toten Weide, deren Äste voller schlafender Reiher war[en]. Kein Marihuana. Aber sie nutzten die Insel als Bezugspunkt. Wenn es die Insel […] überhaupt gab, dann musste sie wohl hier in der Nähe sein.“ (Seite 200)


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Wir kommen

    :study: -- Damasio - Gegenwind:study:

    :musik: -- Falconer - Das Rabenmädchen (1.)


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Schauplatz ist Louisiana 10 Jahre nach dem Hurrikan Katrina und kurz nach dem Ölunfall auf der Bohrplattform Deepwarter Horizon. Diese zwei Ereignisse haben das Leben in dieser Region sehr stark verändert und geprägt. Mit dem Shrimp-Fang ist kein Geld mehr zu verdienen, weil der Sprit teurer ist, als die Einnahmen für den Fisch. Außerdem gibt es auch nicht mehr viele Abnehmer für Fisch aus der Golfregion und die Restaurants haben keine Gäste mehr, weil die Touristen ausbleiben. Die Menschen sind gebeutelt und kämpfen um ihre Existenz, vor allem auch, weil das Ölunglück Auswirkungen auf ihre eigene Gesundheit hat, wie sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert.


    Der Autor erzählt die Geschichte einer Handvoll Menschen, die sich hier mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen, aber nie aufgeben. Die einen schlängeln sich mit kleinen Gaunereien durch, die anderen bauen auf einer Insel in den Sümpfen Marihuana an, einer ist tablettensüchtig und ständig mit dem Metalldetektor unterwegs, um alte Piratenschätze zu finden, andere helfen bei der Beseitigung des Ölfilms auf den Vögeln und dann gibt es noch die letzten Shrimp-Fischer. Zusätzlich kommt noch ein Mitarbeiter der Ölgesellschaft ins Spiel, der mit Geld versucht, die Einwohner dazu zu bringen, von einer Klage abzusehen.


    Der Titel wurde auf Wes Trench beschränkt. Wes ist gerade volljährig und seine Mutter ist beim Hurrikan Katrina ertrunken. Die Schuld daran gibt er bis heute seinem Vater, weil er nicht rechtzeitig aus Jeanette weggegangen ist. Die beiden gehen mit ihrer Trauer unterschiedlich um und zerstreiten sich darüber. Aber es gibt auch humorvolle Passagen – ein Beispiel dafür ist Lindquist. Der einarmige Shrimpfischer, dem die sündhaft teure Armprothese gestohlen wurde. Durch Zufall wird sie in einer Blumenvase entdeckt und um dafür nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden, wird sie kurzerhand im Wasser versenkt und Lindquist muss ohne sie auskommen. Hart im Nehmen muss der Leser hingegen sein, wenn es um Alligatoren, Schlangen, Insekten oder auch Wasserleichen geht. Die Atmosphäre und die Geräusche nachts in den Sümpfen ist so lebendig beschrieben, dass einem beim Lesen die Gänsehaut aufsteht. Das Ende ist ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft.


    In einem eindrucksvollen Schreibstil erzählt der Autor diese bewegende Geschichte. Sehr viel zum Lachen haben diese Menschen nicht, die Kulisse kann man durchaus als trist bezeichnen, aber sie haben den Mut nicht verloren und sind am Ende Stehaufmännchen. Die Figuren haben alle ihre Eigenheiten und jeder hat einen ganz speziellen Charakter bekommen und das macht sie allesamt liebenswert, na ja fast alle. Der Autor wechselt mit kurzen Kapiteln ständig den Blickwinkel und auch die Personenkonstellationen, dabei entsteht ein Tempo, dem man sich beim Lesen nicht entziehen kann.


    Für mich ist dieser Roman ein echtes Highlight!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: