Knut Hamsun - Auf überwachsenen Pfaden / På gjengrodde stier

  • Autor: Knut Hamsun
    Titel: Auf überwachsenen Pfaden, aus dem Norwegischen übersetzt von Elisabeth Ihle
    Originaltitel: På gjengrodde stier, erschien erstmals 1949 bei Gyldendal in Oslo
    Verlag: dtv
    Seiten: 126 Seiten
    ISBN: 9783423129428


    Der Autor: (alle Angaben der Wikipedia-Seite entnommen)
    Knut Hamsun (geboren als Knud Pedersen am 04. August 1859, gestorben am 19. Februar 1952 ) war ein norwegischer Schriftsteller, der 1920 den Literaturnobelpreis für sein 1917 erschienenes Werk "Segen der Erde" erhielt.
    Seine Kindheit und Jugend verbrachte er auf dem kleinen Hof Hamsund in Nordland, eine Gegend in der scheinbar eine rückständige, fast feudale Gesellschaft mit ihren patriarchalischen Beziehungen zwischen Herren und Untergebenen herrschte. Wie viele seiner Landsleute Ende des 19. Jahrhunderts, wanderte auch Hamsun nach Amerika aus, um dort sein Glück zu versuchen und der Armut in der norwegischen Heimat zu entkommen. Allerdings kam er wenige Jahre später zurück nach Norwegen, da ihm der American Way of Life ebenso wenig zusagte wie der britische Imperialismus oder Kommunismus. Hamsun war vielmehr ein Bewunderer Deutschlands, sogar in der Zeit des Nationalsozialismus bezog er Partei für Hitlers Vorgehen. Er rechtfertigte die Errichtung von Konzentrationslagern und bezeichnete Hitler in einem Nachruf als einen Reformator von höchstem Rang und Verkünder des Evangeliums. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihm aufgrund seiner Kollaboration mit den Deutschen der Prozess gemacht; in seinem letzten Werk "Auf überwachsenen Pfaden" verteidigt er seine Ansichten.


    Inhalt: (Klappentext)

    Zitat von Knut Hamsun

    "Ich habe niemals, in keinem Land, etwas mit der Polizei zu tun gehabt, soviel ich auch in der Welt herumgekommen bin... und nun in meinem hohen Alter hat man mich arretiert. Nun sollte es geschehen, so mußte es ja geschehen, bevor ich sterbe."

    Seine alte, bis in seine Jugend zurückreichende, schwärmerische Liebe zu Deutschland ist Hamsun in seinen letzten Lebensjahren fast zum Verhängnis geworden. Seine Blindheit für die Schreckensherrschaft der Nazis, seine Aufforderung an die Norweger, sich mit der deutschen Besatzung doch abzufinden, empörte seine Landsleute und führte dazu, das ihm nach dem Krieg der Prozeß gemacht wurde.
    Aus den Jahren 1945 - 1947, die er als über Achtzigjähriger zwangsweise unter Hauarrest, in Krankenhäusern und in einer psychiatrischen Anstalt verbringen mußte, stammt dieses Tagebuch. Es schildert Knut Hamsuns Erlebnisse von der Verhaftung bis zur Urteilsverkündung des Obersten Gerichts gegen ihn. Ein menschliches und zeitgeschichtliches Zeugnis von hohem Rang.


    Meinung:
    Hamsun war ein sehr erfolgreicher und von vielen schriftstellerisch tätigen Kollegen geschätzter Autor. Kaum zu begreifen ist seine Verehrung für die Nationalsozialisten in Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Norwegen zu einer Anklage wegen Landesverrates führte. In diesem Tagebuch beschreibt er die Zeit zwischen dem 26. Mai 1945, als er auf seinem Hof in Nörholm erstmals Hausarrest auferlegt bekam, und Mittsommer 1948, als das Oberste Gericht sein Urteil spricht. Während dieser drei Jahren wird Hamsun diverse Male verlegt, und insbesondere die erste Hälfte des Buches gefällt mir sehr gut: Hier beschreibt Hamsun, wie er als 86-Jähriger zwischen Krankenhäusern, Altersheimen und Psychiatrien hin- und hergeschoben wird. Norwegen tut sich schwer, mit seinem Literaturnobelpreisträger vor Gericht zu gehen. Sein Prozess wird ständig verlegt, jedes Mal um mehrere Monate, möglicherweise, weil man in Norwegen hofft, dass Hamsun bald stirbt und man um diesen prominenten Prozess herumkäme. Hamsun beschreibt diese Zeit sehr entspannt. Mit einer gewissen Altersmilde beobachtet er den Alltag in den Anstalten, die Reaktionen seiner Mitmenschen, wenn sie den bekannten, aber nun geächteten Autoren treffen, Hamsun befasst sich mehr mit seiner Schwerhörigkeit und dem schwindenden Sehvermögen, als mit der Anklage. Reue empfindet er keineswegs. Tatsächlich wird seine Motivation, Nazideutschland zu unterstützen, kaum im Buch thematisiert. Und insbesondere in der deutlich schwächeren zweiten Hälfte des Buches geht es fast nur noch um Jugenderinnerungen und Altersbeschwerden. Er hat es eben versäumt, sich beim "Systemwechsel" einen "Platz zu besorgen". Immerhin wird seine Verteidigungsrede vom 16. Dez 1947 wörtlich nach stenografischem Referat wiedergegeben, aber seine Erklärungen fand ich einfallslos und wenig erhellend.
    Zusammenfassend kann ich sagen, dass Hamsun auch in hohem Alter noch sehr gut Texte schreiben konnte. Die Passagen, in denen er das Leben, die Warterei und die Abschiebung durch die Institutionen beschreibt, fand ich klasse. Aber man findet sehr wenige Informationen zu seiner Motivation, bzw. Rechtfertigung betreffend der Unterstützung der Nationalsozialisten, sowie dem Prozess wegen Landesverrats (was mich hauptsächlich interessierte). Stattdessen gab es völlig zusammenhanglos Anekdoten, ein Gedicht und Erinnerungen nach dem Motto "früher war alles besser", mit denen ich dann nichts mehr anzufangen wusste.