HC Roth - Der Flug des Pinguins

  • Auf Hc Roth kam ich durch den Club Wakuum in Graz. Dort haben wir vor kurzem eine gemeinsame Lesung abgehalten. Hc ist ein ziemlich abgedrehter Typ, der sich anscheinend hin und wieder für einen Rockstar hält. Dementsprechend unterhaltsam sind auch seine Lesungen.


    „Der Flug des Pinguins“ passt hervorragend zu einem, sich mit Gitarre am Boden wälzenden Autoren. Die Grundidee dieses Romans finde ich sehr originell. Und zwar passieren hier zwei Geschichten parallel – was an sich ja nichts Neues ist, in dieser Form allerdings schon – zumindest für mich.


    Lasst mich mit der ersten Geschichte beginnen; der eines erfolglosen Autoren, der den großen Namen Rilke trägt. Doch selbst sein Name kann ihn nicht davon abhalten, sich in seiner versifften Bude lauwarmem Bier hinzugeben und im Selbstmitleid zu versinken. Das hat der Autor sehr bildhaft beschrieben – ich konnte mir sehr gut eine viel zu dunkle, muffig riechende Wohnung vorstellen. Ein bisschen Schimmel in den Zimmerecken, diverse Körperbehaarung zwischen Essensresten am Boden verstreut. Der Grund für besagtes Selbstmitleid ist, dass sich kein Verlag für Rilkes Debütwerk interessiert - falls die „Verlagsmenschen“ sich überhaupt die Zeit nehmen, um sich sein Meisterwerk anzusehen. Das bezweifelt Rilke. Zusammen mit Pizzakartons und leeren Bierdosen stapeln sich Absagen in seiner Wohnung, die ja eigentlich gar nicht seine, sondern die Wohnung des Vaters seiner Freundin ist. Das ist SIE - die einzige Person, die an ihn glaubt und doch eigentlich viel zu perfekt ist, um Interesse an ihm und seinem verkümmerten Dasein zu haben – was Rilke, wie üblich erst dann merkt, als sie ihn tatsächlich sitzen lässt – auf diesem dreckigen Sofa, in der dreckigen Wohnung voller lauwarmer Bierdosen. Von da an geht es für unseren Anti – Helden nur noch steiler bergab. Scheinbare Zufälle hindern ihn daran sich wieder aufzurappeln. Das einzige, was seine Laune immer ein bisschen verbessern kann, ist sein eigener Roman, in dem er, immer wieder aufs Neue, liest. Genau dieser Roman ist die parallele Handlung.


    Rilkes Roman erzählt die Geschichte eines Pinguins – eines wirklichen Pinguins, gar nicht metaphorisch gemeint. Dieser heißt Billy Pinguin und lebt am Südpol. Abgesehen davon, dass es ihm dort viel zu kalt ist, hat er große Zweifel daran, an diesem Ort jemals seinen großen Traum, nämlich Rockstar zu werden, erfüllen zu können. So lässt er seine Mutter und seine Heimat hinter sich und macht sich auf den Weg nach Amerika. Obgleich der Pinguin auch seine Höhen und Tiefen erlebt, scheint er es um einiges leichter zu haben, als Rilke selbst. Manchmal könnte man sogar meinen, sein Erfinder sei ein wenig neidisch auf ihn. Wahrscheinlich absichtlich weisen die beiden Geschichten mehrere Parallelen auf – wie zum Beispiel die Suche nach der Erfüllung des großen Traums. Obwohl Rilke von Anfang an eher wie ein Versager wirkt, gelingt es dem Autor eine positive Grundstimmung zu schaffen. Das Thema „großer Traum“ gefällt mir persönlich immer sehr gut, egal wie unrealistisch die Geschichte dazu sein mag. Macht es nicht gerade besonders Spaß beim Lesen in eine Welt, weit weg von der Realität einzutauchen? Zumindest solange die Botschaft stimmt. „Der Flug des Pinguins“ hat neben mehreren Botschaften auch sehr viel Witz.


    Womit ich mich persönlich nicht identifizieren kann, da mich diese Musikschiene gar nicht interessiert, sind die oft angesprochenen Rockmusiker und –Titel. Trotzdem passen diese natürlich bestens zur Geschichte, machen diese sogar noch authentischer.


    Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse ein wenig, was mich kurz verwirrt und vor allem überrascht hat. Ich habe mich währenddessen gefragt, wie der Autor da wohl zu einem passenden Ausgang finden würde – doch es gelingt ihm, überzeugt euch selbst davon. Ich hatte großen Spaß an der Geschichte über den erfolglosen Autoren und den animalischen Rockstar und kann sie nur weiterempfehlen.