Noah Gordon - Der Medicus/The Physician

  • Ich habe ja im Winter zunächst den Film gesehen und erst jetzt das Buch gelesen. Hoppla, das hat aber nicht mehr viel miteinander zu tun!


    Das Buch an sich hat mich erstaunlich kalt gelassen, dafür, dass es irgendwie fast jeder gelesen zu haben scheint und auch fast jeder über den grünen Klee lobt. Noah Gordons Stil sagte mir nicht wirklich zu und gerade am Anfang musste ich auch damit kämpfen, dass so oft viele Dinge offensichtlich nicht in den historischen Rahmen passen oder mir zumindest höchst zweifelhaft erscheinen. Jedenfalls war das Buch zwar relativ schnell durch, da leicht herunter gelesen, aber gepackt hat es mich definitiv auch nicht. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Ich hab das Buch noch nicht gelesen, denn ich hab mich früher geweigert Bestseller zu lesen- heute nicht mehr so. Der Mensch braucht manchmal einfach einen Historenschmöker, wo man nicht großartig nachdenken muss. Und da ich auch jetzt viel lernen muss, ist eine leichte Lektüre eine willkommene Abwechslung. Ich nehme mir jetzt vor das Buch bald zu lesen.

  • Nachdem das Buch zu Beginn etwas langatmig daher kam, so habe ich den Rest verschlungen. Am meisten haben mich hier (die sehr gut recherchierten) Untersuchungs-und Behandlungsmethoden der damaligen Zeit interessiert.


    Deshalb fieberte ich mit leider zu hohen Erwartungen dem Film entgegen. Der Film an sich war schön, aber wer das Buch gelesen hat, wurde herb enttäuscht. Meiner Meinung nach, hat er nur in sehr wenigen Punkten etwas mit dem Buch zu tun und es wurden viele Dinge ausgelassen.

    Nur indem wir uns selbst prüfen, erreichen wir Meisterschaft über uns selbst. Nur so können wir mehr werden als wir sind.

    Matthew Stokoe (high life)

  • Ich habe ja im Winter zunächst den Film gesehen und erst jetzt das Buch gelesen. Hoppla, das hat aber nicht mehr viel miteinander zu tun!


    Das habe ich mir auch gedacht. Für Fans des Romans dürfte der Film einer Katastrophe gleichen.


    Mir hat der Roman insgesamt ganz gut gefallen. Besonders der medizinische Teil war für mich von Interesse, aber auch das Leben im Orient. Beides wurde sehr anschaulich dargestellt, sodass ich ständiges Kopfkino genießen durfte, wie es auch bei Robs langer Reise der Fall war. Sie gehört für mich zu den besten Teilen des Romans, weil man sie durch die lebendige Beschreibung beinahe mitmacht. Sehr zugesagt haben mir auch die Beschreibungen des jüdischen Lebens, da ich mich damit kaum auskenne. Im Zusammenhang mit Robs Tarnung nehmen sie einen großen Raum in der Geschichte ein und Gordon hat mich mit seinen Ausführungen auf den Geschmack gebracht, sodass ich nach weiteren Romanen mit dieser Thematik Ausschau halten werde.


    An Gordons Sprache musste ich mich zunächst gewöhnen, da er einen Stil hat, der sich auf den ersten 150 Seiten sehr in den Vordergrund gedrängt hat. Dann habe ich aber gar nicht mehr gemerkt, dass ich ein Buch lese, so sehr hat es mich mitgerissen. Beeindruckend ist Gordons Fähigkeit, Hintergrundwissen, wie z.B. Englands politisches Geschehen oder Ibn Sinas Biografie, in den Erzählfluss einzubinden. Es stört nicht und man versteht die Zusammenhänge sofort, auch wenn man kein Vorwissen hat. Generell ist der Roman eine einzige große Fundgrube, was Kultur, Geschichte und Wissenschaft angeht und vermag somit immer wieder, Leser zu beeindrucken.


    Ich muss sagen, dass Rob trotz seiner Stellung als Hauptfigur nicht immer meine Unterstützung genoss. Manchmal hätte ich ihn am liebsten geschüttelt. Aber man muss Gordon zugute halten, dass seine Charaktere über mehrere Dimensionen verfügen und auch Entwicklungen durchmachen. So sind Rob und Mary am Ende andere Menschen, deren Werdegang plausibel entwickelt wurde. Meine Lieblingsfiguren waren trotzdem eher "kleinere Leute", Menschen, die den Roman mit Leben erfüllt haben, sowie wichtige Nebenfiguren.


    Auch ich kann Interessierten den Roman somit ans Herz legen und vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: . In diesem Fall empfiehlt es sich, wie ich es getan habe, den Film zuerst zu sehen, da man davon sonst mit großer Wahrscheinlichkeit enttäuscht sein wird. Meine Taschenbuchausgabe mit Filmbildern kann ich nicht empfehlen, weil sich darin Tippfehler häufen. Als ein persisches Wort innerhalb von fünf Seiten vier Mal anders geschrieben wurde, war ich versucht, allen weiteren Worten dieser Art von Grund auf zu misstrauen...

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



    You cannot open a book without learning something. - Konfuzius

  • Das habe ich mir auch gedacht. Für Fans des Romans dürfte der Film einer Katastrophe gleichen.


    Der Film hat mir (für sich allein betrachtet) zwar gefallen, aber im Hinblick auf die Umsetzung des Romans war er wirklich eine Katastrophe. :wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998


  • Der Film hat mir (für sich allein betrachtet) zwar gefallen, aber im Hinblick auf die Umsetzung des Romans war er wirklich eine Katastrophe. :wink:


    Ganz genau so sehe ich das auch.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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  • Das habe ich mir auch gedacht. Für Fans des Romans dürfte der Film einer Katastrophe gleichen.



    Ganz genau so sehe ich das auch.


    Hm, also müsste ich das wirklich mal lesen, ich fand den Film nämlich ganz gut. Zum Glück kann ichs mir jederzeit bei meiner Ma abholen^^ Mal sehen wann ich dann mal wieder zu sowas komme :totlach:

  • Hm, also müsste ich das wirklich mal lesen, ich fand den Film nämlich ganz gut. Zum Glück kann ichs mir jederzeit bei meiner Ma abholen^^


    Mich würde es wirklich sehr interessieren, wie du es siehst. Du hast dann ja auch die gleiche Perspektive wie ich. :)

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  • Der Film hat mir (für sich allein betrachtet) zwar gefallen, aber im Hinblick auf die Umsetzung des Romans war er wirklich eine Katastrophe.


    Der Film hatte mit dem Buch ungefähr so viel zu tun wie Goethes Faust mit "Vom Winde verweht". Mal krass ausgedrückt :wink:
    Wir haben den Film mal zu Weihnachten im Kino gesehen und da mein Mann das Buch gelesen hatte waren wir beide echt enttäuscht.
    Aber das Buch ist wirklich sehr empfehlenwert !

  • Ich habe den Film auch gesehen und muss sagen , ich war total entsetzt, Buch und Film sind total aneinander vorbeigelaufen. Das Buch ist spannend geschrieben und man wird in die Zeit von Rob versetzt , der Film dagegen war so daneben das es fast unmöglich war ihn zu sehen.
    Das Buch ist sehr gut geschrieben, Noah Gordon ein wunderbarer Autor.

  • Da ja heutzutage Filme immer "basierend auf..." gedreht werden, kann man davon ausgehen, dass außer Namen und Orten nicht allzu viele Gemeinsamkeiten vorherrschen. Mir hat der Film sehr gut gefallen, aber ich habe mir auch angewöhnt, die Romane nicht als Filmvorlage zu sehen, sondern nur als Ideengeber. Somit betrachte ich jedes für sich und kann mich an beidem freuen :wink: Nur wenn meine LIeblingscharaktere oder sehr wichtige Figuren verloren gehen (so wie bei "Eragon" und auch "Illuminati" werde ich sauer.). Lange Rede kurzer Sinn: ich mag beides, würde aber im Zweifelsfall das Buch empfehlen (so wie ich es immer tue)

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Mir hat der Film sehr gut gefallen, aber ich habe mir auch angewöhnt, die Romane nicht als Filmvorlage zu sehen, sondern nur als Ideengeber. Somit betrachte ich jedes für sich und kann mich an beidem freuen


    So muss man das wohl auch sehen, sonst kann man gar nicht zufrieden sein. :thumleft:
    Da oben "Vom Winde verweht" erwähnt wird: Auch in diesem Film fallen im Vergleich zum Buch krasse "Fehler" auf, so werden z.B. Kinder der Protagonistin (außer Bonnie) komplett unterschlagen. Außerdem ist der Film ein Kitschfilm. Wenn ich zuerst den Film gesehen hätte, bezweifle ich, dass ich das Buch noch gelesen hätte.
    Der Roman ist dagegen gar nicht kitschig, sondern gehört sogar zu meinen Lieblingsbüchern.

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  • Buch und Film sind total aneinander vorbeigelaufen. Das Buch ist spannend geschrieben und man wird in die Zeit von Rob versetzt , der Film dagegen war so daneben das es fast unmöglich war ihn zu sehen.


    Ja, genauso haben wir das auch empfunden. Schade ums Kinogeld.


    Da oben "Vom Winde verweht" erwähnt wird: Auch in diesem Film fallen im Vergleich zum Buch krasse "Fehler" auf


    Das war nur ein Vergleich und keine Beurteilung der Gleichheit von Film und/oder Buch. Das wäre hier in dem Thread wohl auch falsch ^^


    Außerdem ist der Film ein Kitschfilm.


    Ja, sicher. Aber auch die können mal schön sein. :) Ich fand ihn gut.


    Wenn ich zuerst den Film gesehen hätte, bezweifle ich, dass ich das Buch noch gelesen hätte.


    Und so wäre es mir beim Medicus ergangen.

  • Ja, sicher. Aber auch die können mal schön sein.


    Vor dem Hintergrund der Zeit betrachtet, als er gedreht wurde, ist es ganz verständlich, dass die Leute mit diesem Film aus dem tristen Alltag abtauchen wollten.

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  • Nachdem ich mir hier eure Zeilen durchgelesen und doch verschiedene Meinungen zu den ersten 100 Seiten durchgelesen habe, bin ich gespannt ans Lesen gegangen,aber ich wurde nicht enttäuscht :)
    Ich mag den Schreibstil. Er ist flüssig und verständlich, auf jeder Seite erlebt man neues.
    Und es passiert immer mehr... Ich freue mich auf`s Weiterlesen.

  • "Der Medicus" ist ein historischer Roman, der den Werdegang von Rob Jeremy Cole vom Waisenjungen zum Mediziner beschreibt. Die Geschichte beginnt ein wenig langatmig, konnte mich aber nach etwa 100 Seiten fesseln; der Autor schildert die verschiedenen Stationen im Leben des Protagonisten detailliert und insgesamt lebendig, sodass man als Leser voll und ganz in die verschiedenen Kulturen eintaucht. Gerade Robs Zeit in Persien fand ich interessant und ich mochte, dass man nebenbei viel über die historischen Zusammenhänge, das alltägliche Leben in allen Einzelheiten, die Konfliktsituationen und natürlich das medizinische Wissen erfahren hat. Gerade der große Fokus auf letzterem hat mir gut gefallen, zum einen, weil vieles davon für mich neu und der Vergleich zum heutigen Wissensstand spannend war, zum anderen, weil es logisch war, dass ein Mann, der Medicus werden möchte, sich darauf konzentriert. Doch auch andere damalige Sichtweisen wurden überzeugend geschildert und ich mochte vor allem, dass verschiedene religiöse Praktiken vertreten waren.


    Rob war mir die meiste Zeit sympathisch und ich habe mit ihm gehofft, dass es ihm gelingen würde, seinen Traum zu erreichen, selbst wenn ich nicht immer gut fand, zu welchen Mitteln er gegriffen hat, um voranzukommen. Er macht Fehler und hat Schwächen, doch er ist dadurch ein realistischer Charakter, in den man sich hineinversetzen kann und den man gerne begleitet. Seine Entwicklung war gut dargestellt und am Ende ist es interessant zu sehen, wie er sich verändert und wie seine Erfahrungen ihn geprägt haben. Die Nebenfiguren waren ebenfalls gut ausgearbeitet und teilweise hätte ich wirklich gerne mehr über sie und ihr Leben erfahren.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Carpe Diem.
    :study: Yrsa Sigurðardóttir - Gespenstisches Island

    2024 gelesen: 13 Bücher | gehört: 4 Bücher

  • und ich mochte, dass man nebenbei viel über die historischen Zusammenhänge, das alltägliche Leben in allen Einzelheiten, die Konfliktsituationen und natürlich das medizinische Wissen erfahren hat.

    Achtung: Der Autor nimmt sich hier gewaltige Freiheiten, was die Historie angeht. Man muss aber auch dazu sagen, dass das Buch zu einer Zeit erschienen ist, zu der wohl noch nicht so viel Wert auf historische Authentizität gelegt wurde und der Unterhaltungswert im Vordergrund stand.
    Ich habe das Buch vor vielleicht zwanzig Jahren komplett gelesen, damals hat es mir gut gefallen. Aber als ich neulich mal wieder reingelesen habe, nachdem ich die Verfilmung gesehen hatte, habe ich gleich im ersten Kapitel einige Fehler gefunden.
    Es fängt damit an, dass der Protagonist Robert Cole heißt, im angelsächsisch-dänischen England, und dass es Gilden gibt, und Steinburgen, wie sie erst einige Jahrzehnte bis Jahrhunderte nach der normannischen Eroberung gebaut wurden. Wenn schon das nicht stimmt, dann bezweifle ich, dass alle anderen Dinge authentisch beschrieben sind, die das alltägliche Leben betreffen. Inwieweit das medizinische Wissen der damaligen Zeit korrekt widergegeben wird kann ich nicht beurteilen, dazu ist es einfach zu lange her, dass ich den Roman komplett gelesen habe.
    Damit will ich jetzt nicht sagen, dass das Buch zwangsläufig schlecht und deine Meinung falsch ist, nur dass man sich eben nicht darauf verlassen darf, dass das, was in Romanen beschrieben wird, auch tatsächlich so war (insbesondere bei älteren).

  • Damit will ich jetzt nicht sagen, dass das Buch zwangsläufig schlecht und deine Meinung falsch ist, nur dass man sich eben nicht darauf verlassen darf, dass das, was in Romanen beschrieben wird, auch tatsächlich so war (insbesondere bei älteren).

    Das war vielleicht missverständlich formuliert; ich gehe bei Romanen, auch bei sehr gut recherchieren, nie davon aus, dass alles tatsächlich den Fakten entspricht und exakt stimmt - fast jeder Autor nimmt sich historische Freiheiten und das merkt man, vor allem, wenn man Geschichte studiert, schnell. Das Buch enthält einige Ungenauigkeiten, was der Autor auch selbst ausführt (und es gibt auf Wikipedia einen kurzen Umriss dessen, was nicht akkurat ist), aber deshalb ist ja nicht alles falsch dargestellt. Es gab es in diesem Buch trotzdem einige sehr interessante Dinge und es hat mich dazu gebracht, selbst Recherchen anzustellen und mehr über die tatsächliche Zeit zu erfahren, auch, um zu sehen, was nun authentisch geschildert war und was nicht. Es gibt Anknüpfungspunkte, um sich in das Thema einzulesen, und stellt dabei eine faszinierende Szenerie dar. So wäre es vielleicht besser ausgedrückt.

    Carpe Diem.
    :study: Yrsa Sigurðardóttir - Gespenstisches Island

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  • Ja, so klingt das schon ganz anders ;)
    Ich wusste nicht, dass du Geschichte studierst, dann hätte ich mir die Anmerkung auch sparen können. Aber es gibt ja (leider) immer noch genügend Leser, die alles, was sie in historischen Romanen lesen, als Fakten akzeptieren...