Val McDermid - Der lange Atem der Vergangenheit / The Skeleton Road

  • Klappentext Verborgen in der Turmspitze eines baufälligen viktorianischen Gemäuers in Edinburgh wird eine skelettierte Leiche mit einem Einschussloch im Schädel gefunden. Detective Chief Inspector Karen Pirie und ihre Cold Cases Unit sollen den rätselhaften Fall aufklären. Um wessen sterbliche Überreste handelt es sich? Karen hat kaum Anhaltspunkte, aber einen zielsicheren Instinkt. Ihre Nachforschungen führen sie zurück in die neunziger Jahre, in die Erbarmungslosigkeit der Balkankriege. In einem Labyrinth aus persönlichen und politischen Konflikten, aus falschen Identitäten und sorgsam gehüteten Geheimnissen droht sich die Spur zu verlieren. Doch manchmal will die Vergangenheit einfach nicht ruhen.


    Cover, Titel und Klappentext harmonieren perfekt miteinander. Insbesondere der Titel ist sehr passend gewählt. Der Klappentext macht neugierieg, verrät aber nicht zu viel.


    Schon auf den ersten Seiten konnte Val McDermid mich mit ihrem grandiosen, bildhaften und wortgewaltigen Schreibstil packen. Die Charaktere bekamen gleich ein Gesicht und riefen augenblicklich verschiedene Gefüle in mir hervor. Sie wirkten auf mich sofort authentisch und lebendig. Auch die Gebäude und Orte konnte ich wie auf einer Fotografie vor mir sehen. Diesen Schreibstil empfinde ich als sehr besonders und dennoch angenehm zu lesen.


    Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt. Karen Pirie ist Polizistin für ungelöste Fälle. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Jason Murray, auch der Minzdrops genannt, versucht sie die Identität einer skelletierten Leiche heraus zu finden. Als Leser dürfen wir Karen bei der sehr spannenden Ermittlung begleiten. Zudem ist Karen eine der tollsten Ermittlerinnen, die ich je "kennenlernen" durfte. Sie ist authentisch, klug, sehr lustig und dennoch nicht perfekt. Die Perspektive von Karen Pirie nimmt den größten Teil der Geschichte ein.


    Alan Macanespie und Theo Proctor sind Angestellte des Internationalen Gerichtshof Den Haag. Ihre Aufgabe: Jugoslawische Kriegsverbrecher zu finden und zu überführen. Besonders motiviert sind die beiden nicht, doch während ihr Chef Druck macht, findet auch Macanespie die Sache allmählich interessant.
    Maggie Blake ist Professorin in Oxford. Sie lebte während der neunziger Jahre in Dubrovnik (Kroatien) und erlebte die Kriege somit hautnah. Dort lernte sie ihre große Liebe Mitja Petrovic kennen, einen kroatischer General. Als Mitja plötzlich verschwindet, bricht für Maggie eine Welt zusammen. Hatte Mitja vielleicht Familie, zu der er nun zurückgekehrt ist? Immer wieder erhalten wir Einblick in Maggies Vergangenheit, die sie selbst niederschreibt.


    Vor allem die Rückblenden aus Maggies Sicht empfand ich als sehr eindringlich und bewegend. Der Leser erfährt mehr über den Balkankonflikt und liest vor allem von Hass, Gewalt und ethnischen Konflikten. Val McDermid behandelt dieses Thema mit besonderer Sorgfalt. Bei der Schilderung der damaligen Verbrechen wirkt die Erzählung zu keinem Moment reißerisch. Die Autorin bleibt sachlich und berührte mich gerade deshalb.


    Ich empfand jede einzelne der 448 Seiten als wahren Genuss und konnte das Buch kaum aus den Händen legen. Das Ende überraschte und schockierte mich zugleich. Es war zu 100% zufriedenstellend und zeigte mir einmal mehr, dass ich wieder mehr Kriminalromane von Val McDermid lesen sollte. Auch wenn "Der lange Atem der Vergangenheit" der dritte Band einer Reihe ist (und es danach auch offensichtlich noch weitergehen soll), kann man diesen Band auch gut lesen, ohne die vorherigen zu kennen.


    Fazit: Der lange Atem der Vergangenheit beeindruckte mich auf viele Arten und Weisen. Zum einen durch den bildhaften, eindringlichen und angenehmen Schreibstil zum anderen durch die unglaublich spannende Handlung. Diese Spannung wurde durch gute Recherche, tolle Ermittlerarbeit seitens der Protagonistin und den geschichtlichen Ereignissen erzeugt. Unterstützt von überzeugenden Charakteren, die ich alle liebgewonnen habe, ist dieses Buch für mich ein einzigartiges Leseerlebnis. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Dieser Teil der Reihe ist der erste, den ich in der deutschen Übersetzung gelesen habe und ich war nicht ganz glücklich damit. "Minzdrops" und "Makrone" als Bezeichnung für Kollegen fand ich unpassend und kannte ich so nicht aus einer englischen Ausgabe.


    Abgesehen davon hat mir der Krimi gut gefallen. Das Opfer Dimitar Petrovic hat eine interessante Geschichte, die Karen Pirie erst langsam herausfindet. Vieles, was damals im Krieg passiert ist, ist immer noch in der Vergangenheit begraben. Maggie, die Frau des Toten, kann nur bedingt helfen, weil Mitja ihr nicht alles aus seinem früheren Leben erzählt hat.


    Die Spur führt also in die Vergangenheit, aber nicht so, wie Karen und ihr Team anfangs annehmen. Jemand rächt sich an den Kriegsverbrechern, die davon gekommen sind. Lange Zeit stand Mitja im Verdacht, aber mit den neuen Erkenntnissen kann er nicht der Täter gewesen sein, denn bei den meisten Hinrichtungen war er schon tot.


    Tatsächlich hatte ich schon zu Anfang einen Verdacht, wer der Täter gewesen sein könnte. allerdings hat Val McDermid es geschafft, mich im Lauf der Ermittlungen auf eine andere Fährte zu locken.


    Ich bin bei meiner Beurteilung zweigeteilt. Der Kriminalfall war gut aufgebaut und spannend. Die Charaktere haben mir dagegen nicht so gut gefallen, gerade, was Mitjas Frau Maggie und ihre Freundin Tessa angeht. Die beiden Frauen konnten mich nicht überzeugen. Trotzdem gefällt mir die Reihe immer noch und ich werde sie weiter verfolgen.

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