Rebecca Gable - Das Lächeln der Fortuna

  • Ich habe diesen Roman kürzlich beendet und er ist für mich eindeutig in der Oberklasse der historischen Romane anzusiedeln: Sehr gut und tiefgehend recherchiert, äußerst detailiert, was die Vermittlung historischer Fakten angeht - ob das nun politische Verhältnisse, Schlachtverläufe oder tägliche Gewohnheiten sind - dabei wird eine umfangreiche Geschichte sprachlich schön und unterfüttert mit literarischen Anspielungen gefühlvoll, aber nie kitschig erzählt. Man lernt viele interessante Persönlichkeiten kennen und begleitet sie auf ihrem Lebensweg. Auch ich habe die Rollenverteilung nicht als Schwarz-Weiß-gezeichnet empfunden, im Gegenteil, jeder hat gute und schlechte Seite, der eine mehr das eine, der andere mehr das andere. Als Bereicherung empfinde ich auch die Zeittafel und die Stammbäume am Ende. Selten wird Geschichte so spannend und lebensvoll vermittelt wie hier.

  • Das Lächeln der Fortuna ist ein sehr gutes Buch. Obwohl es umfangreich ist, gibt es keinerlei Längen und keine Stelle, an der ich das Gefühl hatte, dass die Autorin versucht, Lücken in der Handlung zu stopfen. Und trotz der komplexen Geschichte kann man das Buch problemlos (und auch relativ rasch) lesen. Der Schreibstil ist sehr gut und scheint, vor allem in der Wortwahl, an die damalige Zeit angepasst zu sein; die Beschreibungen sind sehr detailliert, aber die Handlung ist dennoch fast durchgängig spannend. Ich wollte immer wissen, wie es den Charakteren - die mir doch sehr ans Herz gewachsen sind - weiterhin ergehen würde.


    Die Figuren selbst sind ein bisschen schwarz/weiß gezeichnet, aber dennoch gut ausgearbeitet. Robin of Waringham, der Protagonist, war mir sehr sympathisch. Er hat durchaus Ecken und Kanten und macht Fehler, aber er ist ein guter Mann mit Prinzipien. Mich hat nur ein wenig gestört, wie gut und mitfühlend er dargestellt wurde... er schien so gut wie immer recht zu haben oder zumindest gegen jedes Unrecht vorgehen zu wollen. Aber das ist nur ein kleiner Kritikpunkt, der meinen Lesespaß nicht wirklich getrübt hat.
    Nebenfiguren gibt es sehr viele, aber mir ist es dennoch leicht gefallen, einen Überblick über die wichtigsten Charaktere zu behalten, ohne im Personenverzeichnis nachzuschauen. Das liegt vermutlich zumindest teilweise daran, dass ich einmal ein Seminar zur Peasants' Revolt (die in diesem Buch auch kurz angeschnitten wird) belegt habe und viele der historischen Persönlichkeiten, mit denen Gablé arbeitet, in irgendeiner Form daran beteiligt waren.
    Gerade dies war für mich interessant - das Buch hat mir quasi einen anderen Blickwinkel auf Ereignisse, mit denen ich mich bereits recht ausgiebig beschäftigt hatte, gegeben. Da ich vielen der 'realen Menschen' nur im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand begegnet war, war ich bisher hauptsächlich mit Bildern konfrontiert worden, die die Autorin in ihrem Buch auf den Kopf gestellt hat. So war mir gerade John of Gaunt, der von den Aufständischen verachtet und sehr negativ dargestellt wurde, sehr sympathisch. Er wird nicht als perfekt dargestellt oder romantisiert, aber gerade dadurch ist er ein sehr faszinierender Charakter und Gablé hat mich definitiv dazu angeregt, mich weiter mit seinem Leben und allgemein der damaligen Zeit zu beschäftigen. Positiv zu erwähnen ist auch, dass die Autorin das Haus Waringham so geschickt in die realen Ereignisse eingearbeitet hat, dass man wirklich glauben könnte, dass es sie gab und dass sie eine wichtige Rolle gespielt haben.


    Man merkt, wie gut Rebecca Gablé recherchiert hat. Meiner Meinung nach hat sie das England des 14. Jahrhunderts sehr gut und realistisch dargestellt und man erfährt viel über das Leben der Zeit, Probleme wie die Pest oder auch die Umstände der Bauernunruhen und die verschiedenen politischen Verstrickungen und genealogischen Verbindungen. Gut gefallen hat mir, dass die Autorin verschiedene Blickwinkel bietet. Ihr Protagonist Robin hat zwar seine Meinungen, von denen er nicht wirklich abweicht, aber sie führt immer wieder Nebenfiguren ein, die ihm widersprechen und so alternative Meinungen präsentieren.
    Insgesamt kann ich (abgesehen von der etwas zu klaren Einteilung der Figuren in gut und böse) eigentlich nichts kritisieren; Das Lächeln der Fortuna bietet eine spannende und komplexe, trotz der Länge keinesfalls langatmige Geschichte, gut ausgearbeitete Figuren und eine Fülle an historischen Fakten, die gut mit den fiktiven Ereignissen verknüpft wurden. Ich kann das Buch sehr empfehlen.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Carpe Diem.
    :study: Amelie Winter - Liebesglück und Landluft

    2024 gelesen: 21 Bücher | gehört: 5 Bücher

  • Ich hätte bis vor ein paar Monaten niemals gedacht, dass ich irgendwann einmal zu historischen Romanen greifen würde. Die doch meist sehr hohe Seitenzahl schreckt mich immer wieder ab. Auch das ist nach wie vor der Grund, weshalb ich mir Outlander von Birgitta Assheuer vorlesen lasse.


    Eigentlich wollte ich das auch bei der Waringham-Saga so handhaben, allerdings gibt es Das Lächeln der Fortuna nur in gekürzter Form, weshalb mir sozusagen nichts anderes übrig blieb, als dieses Buch tatsächlich selbst zu lesen.


    Umso größer war die Überraschung, dass der Schreibstil mir keinerlei Schwierigkeiten machte. Er war und ist lediglich ein wenig gewöhnungsbedürftig, wenn man selten mit historischen Geschichten zu tun hat, sonst aber recht flüssig.


    Oft fiel mir gar nicht auf, dass ich in einem Rutsch gleich 60, 70 oder auch mal 150 Seiten weggelesen habe. Dadurch hatte ich auch nicht das Gefühl, dass ich ein knapp 1200-Seiten-Buch in der Hand halte.


    Auf nahezu jeder Seite findet eine Handlung statt, die die Geschichte auch vorantreibt. Die Autorin hält sich zudem auch nicht mit ewigen Be- und Umschreibungen auf, obwohl dennoch stellenweise Längen vorhanden sind, die man hätte vermeiden können. Allerdings ist das eher selten der Fall.


    Anfangs war ich von dieser Geschichte wirklich begeistert und ich freue mich auch schon sehr auf die nachfolgenden Teile, die ich gemeinsam mit einem guten Bekannten lesen werde.


    Allerdings sammelten sich mit der Zeit Punkte an, die die Begeisterung verringerten - die ich hier einmal aufführen möchte.


    Kapitel gibt es keine, lediglich nur Absätze und Zeitsprünge, die mehrere Jahre umfassen, wodurch man Robins und das Alter der anderen Figuren leicht aus den Augen verliert.


    Rebecca Gablé nutzt des Öfteren die gleichen Namen, wodurch man vor allem zum Ende hin vielleicht ein wenig den Überblick verliert. So wie es bei den Namen wenig Spielraum gibt, nutzt Gablé bestimmte Vokabeln, die sich auffällig oft wiederholen.


    So ausführlich die Autorin auch schreiben kann, gibt es trotzdem zwei, drei Stellen, an denen die Handlung derart verkürzt ist bzw. sprunghaft beschrieben wird, dass man beim Lesen das Gefühl hat, wichtige Informationen verpasst zu haben. Informationen, die auch tatsächlich gar nicht vorhanden sind. Was einen - jedenfalls mich - sehr irritieren kann.


    Meiner Meinung nach passte Robin nicht wirklich in diese Zeit, da er in vielen Dingen und Situationen eine zu tolerante Ansicht hat. Aber davon muss sich jeder Leser ein eigenes Bild machen.


    Abgesehen davon aber eine gelungene und vor allem unterhaltsame Geschichte!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Dieses Buch hat mich damals, vor ca. 20 Jahren, auf das historische Genre aufmerksam gemacht und ich hab seither alle Bücher der Autorin verschlungen!

    Ich hatte ein ganz kleines bisschen Angst, da sich der Lesegeschmack ja doch immer ein bisschen wandelt, ob mich das Buch wieder genauso gefangen nehmen kann wie beim ersten Mal: und ich kann nur sagen, ich bin wieder absolut begeistert!

    Von der ersten Seite an hat es mich in den Bann gezogen und bis zum Ende nicht wieder losgelassen! Dass ich keinen Klappentext voran gestellt habe hat den Grund, dass er - mal wieder - zuviel spoilert.

    An sich muss man nicht viel wissen, außer dass wir im 14. Jahrhundert unterwegs sind, zur Zeit des 100jähirgen Krieges und wir Robin von Waringham begleiten. Diesen lernen wir in seinen jungen Jahren kennen, als er im Kloster steckt; was ihm so gar nicht gefällt. Dann erhält er allerdings die Nachricht, dass sein Vater tot ist, und auch noch beim König in Ungnade gefallen und als Verräter gebranntmarkt.
    Dadurch verliert Robin das Anrecht auf den Besitz seiner Familie, "Waringham", doch ein Klosterleben kommt für ihn nicht infrage. Nach einer gut durchdachten Flucht macht er sich auf den Weg in die einzige Heimat, die er kennt und verdingt sich in Waringham als Stalljunge. So nimmt das Schicksal seinen Lauf... wie der Titel bzw. das Cover schon deutlich werden lassen, geht es mit dem Schicksalsrad immer wieder mal auf und ab...

    Robins Leben hat viele Höhen und Tiefen - er muss sich im Kampf beweisen, gewinnt Freunde am Hof des Königs, ist aber immer wieder verstrickt in Intrigen. Sein vorlautes Mundwerk wird ihm manchmal gefährlich und auch seine Gabe für die Pferdezüchtung hat gewisse Auswirkungen. Jedenfalls war es ein durchweg spannendes Erlebnis, ihm durch die Jahre seines Lebens zu folgen - auch dem seiner Geschwister und schließlich seiner Kinder. Hauptfigur bleibt aber Robin, der seinem tiefen Wunsch, Waringham wieder zurückzugewinnen, bis zum Schluss hoffnungsvoll treu bleibt.

    Rebecca Gablé versteht es auf einzigartige Weise, die historischen Epochen lebendig und anschaulich zu beschreiben. Man fühlt sich beim Lesen mitten dabei und erlebt hautnah die vielen Sorgen und Nöte von armen und reichen Leuten, denn es war für niemanden einfach.
    Grade auch für die Kinder, die schon früh erwachsen werden mussten, das Weinen verpönt war oder überhaupt, Gefühle zu zeigen - vor allem gegenüber anderen Härte gezeigt werden musste, das war schon sehr grausam.

    Es gibt auch einige starke Frauenfiguren. Und man weiß ja, dass auch damals Geliebte und Ehefrauen oft eine treibende Kraft hinter den mächtigen Männern waren - auch wenn der Schein nach außen natürlich gewahrt werden musste.
    Mit Geld allerdings ging ja alles irgendwie... "Bastardkinder" wurden legitimiert, Ehen geschieden etc. alle mit Macht waren äußerst korrupt.

    Robin und viele seiner Freunde hielten aber noch an der Ehre fest. Die war auch für viele wichtig: Ehre, Moral, Stolz ... ein Wort galt, darauf musste man sich verlassen. Einen Eid zu brechen hatte nicht selten ein Todesurteil zur Folge.

    Natürlich wurden auch, wie immer in ihren Büchern, reale historische Personen und ihr Wirken mit eingebunden: John of Gaunt, der 1. Duke of Lancaster, Henry, dessen Sohn, der junge König Richard und einige mehr, das kann man hinten im Buch im Stammbaum des Hauses Plantagenet und Lancaster nachlesen.

    Manche Szenen waren vielleicht etwas forciert und manchmal hatten Robin, seine Familie oder auch Freunde einen Tick mehr Glück - und der Bösewicht ist rundweg böse, was ich eigentlich auch nicht so gerne mag: aber darüber sehe ich gerne hinweg. Weil es einfach so viel Spaß macht und man durch die Seiten fliegt, ohne groß drüber nachdenken zu müssen, oder zu wollen. Ständig passiert etwas überraschendes, eine Wende tritt ein, mit der ich nicht gerechnet habe und so gibt es immer wieder Spannungen und Konflikte, die einen das Buch nicht aus der Hand legen lassen.

  • Dieses Buch hat mich damals, vor ca. 20 Jahren, auf das historische Genre aufmerksam gemacht und ich hab seither alle Bücher der Autorin verschlungen!

    Historische Romane mochte ich vorher schon, aber es war mein erstes von Frau Gablé (und damals, glaub ich, noch der einzige historische Roman von ihr). Ich hatte erst mal ziemlichen Respekt vor dem dicken Wälzer, aber es hat mir sehr gut gefallen und ich bekomme richtig Lust, es mal wieder zu lesen.