Tom Liehr - Sommerhit

  • Ein gutes Leben ist die beste Rache. Falk Lutter ist vierzehn, als er 1980 mit seiner Familie nach einem Balaton-Urlaub in den Westen flieht. Doch nur er und seine Mutter kommen auch an. Und was der Dresdener Junge dann erlebt, ist ein Kulturschock: Cool sein ist die Devise seiner neuen West-Berliner Mitschüler – eine Coolness, die während der Abi-Abschlussfahrt in einem Drama mündet. Und „Cool sein“ heißt auch sein Sommerhit, der in den 90er Jahren die Tanzflächen rockt. Zwanzig Jahre später kommt es zum Klassentreffen. Falk nennt sich jetzt Martin Gold und ist ein Star, der weiß, was er will. Der Tag der Abrechnung ist gekommen. „Tom Liehr hat ein Händchen für Geschichten. Er erzählt mit Hingabe, leidenschaftlich, mit Liebe zum Detail und emotionalen Wendungen.“ Westdeutsche Allgemeine Zeitung


    Einmal mehr hat mich Tom Liehr vollkommen überzeugt. Seine Art zu schreiben, seine Charaktere und auch die Geschichte selbst erinnern ein wenig an John Irving.


    Die Geschichte beginnt mit einem Anruf und der Einladung zum Klassentreffen nach 20 Jahren. Falk Lutter ist schockiert und überzeugt davon, nicht hinzugehen - nach allem, was damals passiert ist...
    Dann erinnert er sich:


    Familie Lutter macht Urlaub in Ungarn. Der 14jährige Sohn Falk lernt dort eine Gruppe Jugendlicher kennen, mit denen er sich auf Anhieb versteht und mit der gleichaltrigen Karen verbindet ihn sogar etwas mehr als Freundschaft. Was er noch nicht weiß, ist, dass sie ihn nachhaltig beeinflussen und sein Leben lang begleiten wird.


    Nach einigen Tagen voller Glück, Freiheit und Urlaubsfeeling flieht die Familie - für Falk völlig unerwartet - über Österreich in die BRD, wo er (Falk) sich als "dicker Ostler" schwer zurechtfindet. Sein Vater und seine Schwester sind nicht mitgekommen und es belastet sowohl Falk als auch seine Mutter sehr, dass sie nicht wissen und auch nicht erfahren können, was aus ihnen geworden, was mit ihnen passiert ist.


    Für die Mitschüler in der neuen Heimat ist Falk ein leichtes Opfer und zusammen mit einigen anderen Kolleg/innen ist er beliebtes Ziel der Mobbingangriffe der "coolen" Schüler. Als er nach einem schrecklichen Vorfall bei einem Klassenausflug als einziger Courage zeigen will, lernt er auf schmerzhafte Art und Weise, was es heißt, sich gegen die "Clique" aufzulehnen.


    Bereits kurz nach der Schulzeit verwirklicht sich sein Jugendtraum und er wird Profimusiker als er Minka kennen lernt und mit ihr gemeinsam auftritt und Platten aufnimmt. Als er sich nach einigen Jahren für ein Soloprojekt unter dem Künstlernamen Martin Gold entschließt, funktioniert auch das und er wird als richtig erfolgreicher Künstler gefeiert.


    Als er - inzwischen nennt er sich nur mehr Martin Gold - nach Jahren und nach dem Mauerfall Kontakt zu seiner Schwester herstellen kann, erfährt man ziemlich genau von den Gräueltaten der DDR-Funktionäre und sollte man sich versucht fühlen, diese Zeit zu romantisieren, wird man schnell eines Besseren belehrt.


    Im Endeffekt fährt er doch zu dem Klassentreffen und die Geschichte zeigt: Man trifft sich immer zwei Mal im Leben. Die Abrechnung mit seinen ehemaligen Peinigern geht - für mich fast ein bisschen zu perfekt und dramatisch - auf und nach 20 Jahren kann er endlich mit dem tragischen Ereignis abschließen.


    Großartig, spannend geschrieben; sympathische, gut gezeichnete Protagonisten; bis auf den etwas überzogenen Schluß gibt es wirklich nichts auszusetzen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: von mir!

  • Danke für die Rezi, ist auf meiner WuLi gelandet.
    Auch wenn, wie du schreibst, das Ende zu glatt ist, so bin ich doch neugierig auf die Erzählweise des Autors, die du ja grundsätzlich als positiv bewertest.

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    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Auch das Ende ist jetzt nicht wirklich schlecht, aber eben ein kleines bisschen zu dick aufgetragen.


    Mein erstes Buch von Tom Liehr war übrigens "Radio nights" und hat mich damals auch total begeistert.