Siri Mitchell - Charlotte und die Sprache der Blumen / Like a Flower in Bloom

  • 1852 Grafschaft Cheshire. Die 22-jährige Charlotte Withersby lebt seit dem Tod der Mutter vor 8 Jahren allein mit ihrem Vater in Overton, unterstützt ihn bei seiner Arbeit als Botaniker beim Verfassen der wissenschaftlichen Arbeiten und Artikel und illustriert seine Bücher. Dabei hat sie so viele Aufgaben übernommen und sich so, wie sie meint, für ihn unentbehrlich gemacht. Doch ihr Onkel, der Admiral, ist der Ansicht, dass Charlotte sich in ihrem Alter baldmöglichst einen Ehemann angeln sollte. Als Mr. Trimble, ein entfernter Bekannter und Brieffreund ihres Vaters, aus Neuseeland zu Besuch kommt, verliert Charlotte kurzerhand ihren Job als Assistentin an den jungen Mann, somit ist sie nun frei von sämtlichen Verpflichtungen und taucht gezwungenermaßen in die englische Gesellschaft ein, besucht Tanz- und Musikveranstaltungen in Begleitung ihres Onkels, um einen geeigneten Ehemann zu finden. Doch insgeheim hofft sie, durch ihre Unternehmungen und mangelnde Anwesenheit daheim bei ihrem Vater das Gefühl zu wecken, dass er ihre Hilfe wieder benötigt. Ihre Wut projiziert Charlotte besonders auf Mr. Trimble, der sie ihrer Arbeit und ihrer Passion beraubt hat und unverhofft sehr gut mit ihrem Vater zusammenarbeitet. Dabei bleibt er geheimnisvoll und mischt sich ungefragt in ihre Leben ein. Mit Hilfe der Bekanntschaft von Miss Templeton, die schnell zu einer engen Vertrauten Charlottes wird, liegen ihr bald zwei Anwärter zum Ehemann zu Füßen. Wie wird Charlottes Zukunft aussehen?


    Siri Mitchells Roman „Charlotte und die Sprache der Blumen“ ist ein schöner historischer Roman, der den Leser auch sprachlich in die Zeit des 19. Jahrhunderts versetzt. Der Schreibstil ist flüssig und sehr humorvoll. Es wird in der Ich-Form aus der Sicht von Charlotte erzählt, der man bei ihren Streifzügen durch die Natur und ihren zwischenmenschlichen Begegnungen über die Schulter sieht und ihre Gedanken und Gefühlsregungen verfolgt. Die Autorin hat sehr gut recherchiert, denn das Buch enthält viele Informationen zur Botanik, die allerdings oftmals auch als Metaphern eingesetzt werden, um Situationen oder Menschen zu charakterisieren. Dies ist Siri Mitchell ausgezeichnet gelungen. Auch die Beschreibung der Lebensumstände in der ländlichen englischen Grafschaft zur damaligen Zeit sowie die gesellschaftlichen Unternehmungen werden sehr schön dargestellt.


    Hauptsächlich lebt das Buch aber durch seine liebevoll ausgestalteten Charaktere, die Ecken und Kanten haben und dadurch sehr authentisch wirken. Da man im 19. Jahrhundert mehr „durch die Blume“ sprach, als direkte Fragen zu stellen oder Antworten zu geben, sorgen die Dialoge oftmals für ein Schmunzeln, da es einiges an Interpretationsspielraum gibt. Charlotte liebt Blumen und ihre Streifzüge durch die Natur sind für sie wie die Luft zum Atmen. Da sie jahrelang allein mit ihrem Vater zusammengelebt hat, ist sie den Umgang mit fremden Menschen und auf dem gesellschaftlichen Parkett nicht gewohnt. Charlotte wirkt oftmals altmodisch, manchmal naiv, dann wieder dickköpfig und unsensibel, doch auch ihre Intelligenz für wissenschaftliche Themen wird aufgezeigt. Im Laufe der Geschichte wird der Leser feststellen, wie sehr sich Charlotte durch den Umgang mit anderen Menschen verändert und erwachsen wird. Mr. Trimble ist sympathisch, geheimnisvoll, dabei auch bevormundend und spitzfindig. Der Admiral ist ein alter Brummbär, der oft schweigt, aber der auch eine sensible Ader hat. Charlottes Vater ist ein in sich gekehrter Herr, der nach dem Verlust seiner Frau nur noch für die Wissenschaft lebt und unbeabsichtigt keinen Blick für die Wünsche seiner Tochter hat. Er lebt in seiner eigenen Welt. Miss Templeton ist eine junge Frau, die Charlotte eine gute Freundin wird. Die beiden Frauen helfen sich gegenseitig mehr, als sie erst voneinander annehmen.


    „Charlotte und die Sprache der Blumen“ erinnert ein wenig an Jane Austen-Romane. Es wird die damalige Stellung der Frau in der Gesellschaft thematisiert und wie schwierig ihnen gemacht wurde, sich auf eigene Beine zu stellen. Der christliche Aspekt kommt in diesem Buch etwas zu kurz, doch unterhaltsam, amüsant und mit einer Prise Romantik ist der Roman auf jeden Fall. Einzig für das etwas eilige Finale gibt es einen Punktabzug. Sehr zu empfehlen für alle Liebhaber historischer Romane.


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


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