Susanne Gavenis - Wächter des Elfenhains

  • Nachdem ich an dieser Stelle vor ein paar Tagen meine aktuelle Fantasy-Geschichte, die Gwailor-Chronik, vorgestellt habe, möchte ich dasselbe nun mit einem weiteren Roman tun. Im "Wächter des Elfenhains" geht es um den 16jährigen Andion, der seit seiner Geburt mit seiner Mutter und seinem Vormund Ian auf der Flucht vor seinem psychopathischen Vater ist, der - aus Gründen, die Andion unbekannt sind - alles daran setzt, ihn und seine Mutter aufzuspüren und zu töten. Andion, der niemals lange genug an einem Ort bleibt, um irgendwo ein Gefühl von Heimat zu empfinden, spürt, dass er anders ist als andere Menschen, und er weiß, dass er überall nur ein ungeliebter und gehasster Außenseiter ist, egal, wo er sich mit seiner Mutter und Ian auch vor seinem Vater zu verbergen versucht. Sein einziger Trost sind die Märchen über Elfen und die Anderswelt, die ihm Ian erzählt, wenn die Angst vor einem grausamen Tod wieder einmal zu groß wird, um sie noch weiter ertragen zu können. Doch dann erkennt Andion, dass diese Märchen realer sind, als er es jemals für möglich gehalten hätte, und dass sein eigenes Schicksal und das der Anderswelt untrennbar miteinander verflochten sind.


    Schon als Jugendliche habe ich die irischen Märchen über die Anderswelt der Feen und Elfen, über Feenhügel, die Tuatha Dé Danann, Wechselbälger und verwunschene Reiche unter dem Meer geliebt, und mir war schon damals klar, dass ich irgendwann einmal einen Roman über diese Anderswelt schreiben wollte. Auch diesmal steht - so wie schon bei der Gwailor-Chronik - meine Hauptfigur mit ihren Seelenqualen und ihrem Ringen um eine positive Identität im Mittelpunkt der Geschichte. Andion spürt, dass er sich den Menschen um ihn herum nicht zugehörig fühlt, und dass sie ihm mit instinktiver Furcht und Abneigung begegnen. Als Sohn eines psychopathischen Vaters, der offenbar keine Skrupel hat, für seine Ziele über Leichen zu gehen, ist er sich nicht sicher, ob das wahnsinnige Erbe seines Erzeugers nicht so tief in ihm steckt, dass er über kurz oder lang ebenfalls zum Killer werden wird. Diese Suche nach der eigenen Identität ist etwas, das mir in jeder meiner Geschichten wichtig ist, und ebenso wie Prinz Dayin, die Hauptfigur der Gwailor-Chronik, ringt auch Andion mit Fragen, auf die er lange Zeit keine Antwort findet.


    Dieses Ringen mit dem Szenario der irischen Anderswelt zu verknüpfen, hat mir als Autorin besonders viel Spaß gemacht. Ich habe bei der Konzeption der Geschichte den Fokus mehr auf die dunkleren Aspekte der Feenmärchen gelegt, wie sie beispielsweise in den Märchen über Wechselbälger zum Ausdruck kommen, und auch die Elfen und die Anderswelt selbst sind recht düster geraten. Was ich beim Schreiben faszinierend fand, war, dass die Geschichte bereits mit dem allerersten Satz einen eigenen sprachlichen Stil eingefordert hat. So ist der Roman mehr als meine anderen Bücher von einer starken Bildsprache und Metaphern geprägt, die das Magisch-Fließende der Elfenwelt - unabhängig vom Inhalt der Geschichte - bereits auf der sprachlichen Ebene ein wenig einfangen wollen. Das macht die Geschichte für Leser, die mehr eine geradlinigere und knappere Darstellung bevorzugen, möglicherweise weniger geeignet als für Leser, die es gerne etwas "blumiger" mögen.


    Eine Anmerkung noch zu dem Klappentext, der bedauerlicherweise bereits bei einigen Lesern für Verwirrung gesorgt hat. Auch wenn dort von neunzig Jahren die Rede ist, die seit einem verheerenden magischen Angriff auf den Elfenhain vergangen sind, ist die Geschichte um Andion und die Anderswelt kein zweiter oder dritter Teil in einem mehrbändigen Zyklus, sondern ein Einzelroman. Der Klappentext vermittelt diesbezüglich leider ungewollt einen anderen Eindruck. Wer also einmal eine etwas schwermütigere und dunklere Elfengeschichte lesen möchte, kann bedenkenlos zugreifen.


    Auch zum "Wächter des Elfenhains" gibt es auf meiner Webseite eine Leseprobe sowie ein paar weiterführende Gedanken zur Story. Auch die Links zu den bisherigen Rezensionen findet ihr dort.
    http://susanne-gavenis.de/cate…/waechter-des-elfenhains/
    https://www.facebook.com/susannegavenis

  • Das ist eine schöne, interessante und ausführliche Buchvorstellung - danke schön :D

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Danke für diese sehr schöne Vorstellung. Ich hab gleich mal in die Leseprobe reingelesen und das Buch anschließend auf meine Wunschliste gesetzt. Das dürfte ganz meinem Geschmack entsprechen :)

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark