Produktvorstellung/amazon.de:
Kann man getrost vergessen, denn da werden nur allgemeine Pressereaktionen zititert.
Eigene Beurteilung/Eigenzitat aus amazon.de:
„To Kill a Mockingbird“ ist wohl ein Kompromiß, den Harper Lee damals mit ihren Verlegern ge-schlossen hatte, denn ursprünglich wollte sie ein etwas anderes Buch heraus bringen – das, welches hier nun vorliegt. Hier kommt Scout aus New York zurück, wo sie bereits seit einigen Jahren lebt und arbeitet. Die Kleinstadtatmosphäre Maycombs kommt ihr erdrückend vor und das Interesse Hanks an ihrer Gesellschaft, wie auch die deutlichen Zeichen körperlichen Verfalls bei Atticus, der mittlerweile Mitte 70 ist, empfindet sie als einengend und bedrückend. Fortlaufend betrachtet sie das Leben in „Little Town, Alabama“ durch die Brille der Nordstaaten-Großstädterin und ist insbesondere entsetzt über die immer noch massiv sichtbare Rassentrennung in ihrer alten Heimat.
Noch entsetzter ist sie, als sie beim Belauschen einer Interessengruppe hört, wie ihr Jugendfreund Hank, der mittlerweile als Atticus‘ Nachfolger herangezogen wird, und Atticus selbst, an einer Sit-zung teilnehmen, in der sie sich stark dafür aussprechen, den Fall eines Schwarzen, der mit Scouts alter Kinderfrau verwandt ist, selbst zu übernehmen, da ihm sonst die NAACP (National Association for the Advancement of Coloured People) einen schwarzen Anwalt stellen würde, der unnötig politische Unruhe in die Verhandlung bringen könnte. Scout ist entsetzt über diese Scheinheiligkeit, die sie bei ihrem potentiellen Verlobten und ihrem vergötterten Vater wahrnehmen muss – und beginnt verbal und körperlich in Maycomb um sich zu schlagen, während sie ihre Abreise nach New York vorbereitet. Da tritt ihr Onkel an sie heran, um mit ihr ein klärendes Wort zu wechseln.
In der Vorabpresse und einigen frühen Kritiken ist „Go Set a Watchman“ stark kritisiert worden, weil hier ein weniger liberaler Atticus Finch präsentiert wird – eine Figur, die immerhin viele Menschen dazu bewegt hat, sich dem Anwaltsberuf zuzuwenden. Neben der fortlaufenden Verwendung des Worts „Nigger“ in diesem Buch – was zum Zeitpunkt des Schreibens die Art gewesen ist, wie über Schwarze im Süden gesprochen wurde (und seien wir ehrlich, auch heute noch gesprochen wird) -, sind es die Darstellungen bestimmter Gedanken, mit denen Scout und ihr Bruder Jem aufgewachsen sind, in einer Welt, die noch immer fest daran geglaubt hat, dass es entscheidende Unterschiede zwischen Weiß und Schwarz geben muss – warum sonst hätte Gott unterschiedliche Hautfarben schaffen sollen? Aber das ist gar nicht Atticus‘ Argument. Er wendet sich nicht gegen die Gleichberechtigung in Bezug auf die Rasse, sondern er bezweifelt die Fähigkeit von Ungebildeten, verantwortungsbewusst an der politischen Gestaltung der Gesellschaft teilzuhaben. Das zu diesem Zeitpunkt das Gros der weniger Gebildeten in Alabama Schwarze sind ist aus seiner Sicht eher ein Zufall.
Einfache Schwarz-Weiß-Malerei – ich bitte den Wortwitz hier zu entschuldigen – ist nicht wirklich hilfreich zur Lösung politischer Probleme, ja, es kann die Wahrnehmung von Problemen sogar verzerren, wenn man sich etwa Scouts idealisierend Darstellung ihrer Erfahrungen mit Rasse in New York anschaut – und dies mit dem Leben von Afroamerikanern in dieser Zeit in New York vergleicht.
Da dieses Skript kaum lektoriert sein soll – und vor allen Dingen wohl auch nicht sprachlich moderni-siert wurde – wirkt die Sprache zum Teil ein wenig sehr antiquiert. Das hat auch stark mit der eher ins Poetisierende gehenden Sprache der gehobenen Bildungsklasse in den Südstaaten in der damaligen Zeit zu tun. Es ist müßig zu fragen, ob dieser Roman seinerzeit genauso viel Furore gemacht hätte, wie „To Kill a Mockingbird“, wenn er stattdessen erschienen wäre – und wie sehr das Buch heute beachtet würde, wenn es „To Kill a Mockingbird“ und seine lange Rezeptionsgeschichte nicht schon gäbe. Auf jeden Fall hat es in den USA die Diskussion um Rassenfragen noch weiter angeheizt.