Leonardo Padura - Die Palme und der Stern / La novela de mi vida

  • Klappentext:


    Nach achtzehn Jahren im Exil kehrt der Schriftsteller Fernando nach Havanna zurück, um nach einem verschollenen Manuskript des Dichters José Maria Heredia zu sichen. Die Rückkehr führt ihn nicht ´nur zu den Geheminissen der Freimaurer Kubas, denen Heredia angehörte, sondern auch in die eigene Vergangenheit: Wer hatte Fernando vor bald zwanzig Jahren denunziert und ins Exil getrieben?


    Padura verwebt drei handlungsstränge: Das Schicksal von Fernando, die Suche nach dem verlorenen Manuskript und die fiktiven Memoiren von Heredia. Gleichzeitig vermittelt er ein atmosphärisches Bild von Kubas Geschichte, vom beklemmenden Lebensgefühl im Exil und deckt erstaunliche Parallelen im Leben der beiden Schriftsteller aus zwei Jahrunderten auf.


    Eigene Beurteilung:


    José Maria Heredia gilt vielen als der Vater der eigenständigen kubanischen Dichtkunst und auch des Gedanken eines unabhängigen Kubas. Geboren zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Sohn eines Beamten des damaligen spanischen Königs, dessen Besitz Kuba zu diesem Zeitpunkt gewesen ist, wächst er ab seinem dritten Lebensjahr erst einmal In Penascola, einigen kontinental-amerikanischen Küstenstädten und Venezuela auf, bevor seine Familie in seinem 14 Lebensjahr wieder auf die Insel zurückkehrt.


    In geradezu Proustscher Manier verliebt er sich zunächst in den Geruch der Insel, die immer noch unter spanischer Herrschaft steht und ein wichtiger Umschlagspunkt des Sklavenhandels ist. Und es ist der Ort, an dem der junge Heredia beschließt seine Dichterkarriere zu beginnen – und wenig später auch seine politische Karriere als Befürworter der Unabhängigkeitsbewegung, die er mit mehr Idealismus als politischem Durchblick betreiben soll. Seine – vergleichsweise kurze - Lebensgeschichte soll er in einem verschollenen autobiographischen Roman niedergelegt haben, den Leonardo Padura versucht auf der Grundlage seines Schreibstils und der historischen Daten, die man über Heredia hat zu rekonstruieren.


    Doch diese in Ich-Form geschriebene Erzählung ist nur ein Handlungsstrang dieses Romans. In chronologischer Reihenfolge gibt es dann noch die Erzählung um José de Jesús, einem Nachfahren Heredias, der finanziell mehr und mehr ins Elend stürzt und schließlich kaum noch etwas hat um seine medizinische Versorgung zu bezahlen. Und die dritte Handlungsebene ist dann die, auf der sich in zwei Zeiten der heutige Fernando Terry bewegt.


    Gerade in den „Tagebuch“-Passagen ist das Buch überaus expositorisch, d.h. es wird viel erzählt und erläutert und es gibt nur wenige zeigende Passagen – und die sind meist auf einzelne Szenerien bezogen und nicht notwendigerweise handlungsrelevant. Man muss dazu allerdings sagen, dass dies – genau, wie die häufige Nabelschau des Erzählers – sehr typisch für die Literatur des 19. Jahrhunderts ist und diese Passagen als das, was sie sein sollen, ziemlich authentisch wirken. Die Handlungsfragmente zu José de Jesús sind zum Teil ziemlich fragmentarisch und die Charaktere wirken in diesen Bereichen nicht gerade besonders ausgearbeitet.


    Tatsächlich sind die Charaktere in Fernandos Erzähllinie am Besten ausgearbeitet – wohl auch, weil sie am Ehesten in der Zeitperiode handeln, die Padura in seinen anderen Romanen schwerpunktmäßig als Hintergrund verwendet hat. Fernando weist in seiner Biographie – und auch in seinem Umgang mit den Widrigkeiten des Lebens – sehr große Ähnlichkeiten mit José Maria auf. Das bezieht sich leider auch auf das durchgehende Gejammer auf sehr hohem Niveau, das insbesondere Fernandos Freunden mit der Zeit fürchterlich auf den Wecker fällt, weil der in Amerika ganz gut gelebt habende Fernando ihnen, die auf Kuba jahrzehntelang ziemlich gelitten haben, ihn für ziemlich weinerlich und auch undankbar halten. Gerade diese „Jammer“-Passagen machen die Handlungsstränge um diese beiden Hauptcharaktere zum Teil ziemlich zäh zu lesen.


    Sicherlich wird hier eine wichtige Figur der kubanischen Literaturgeschichte vorgestellt und durch Vorwort und Nachwort bekommt man als Leser auch eine gute Einordnung der fiktiven Romanhandlung in die mögliche historische Realität, aber mit seinem ausgiebigen Name-Dropping in Bezug auf die spanische und kubanische Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, ist dieses Buch nicht unbedingt leicht zugänglich, wenn man in diesem Thema nicht schon ein wenig bewandert ist. :-k