Heute möchte ich Euch ein Buch vorstellen, das ich im letzten Monat gelesen habe. Hier nun die Rezension aus der Amazon.de-Redaktion:
Was dem großen Tänzer Rudolf Nurejew bei seiner ersten Saison -- nach seiner Aufsehen erregenden Flucht während eines Gastspiels des russischen Kirow-Balletts 1961 -- in Paris auf die Bühne geworfen bekam, hätte manchen Sänger einer Boy Group vor Neid erblassen lassen. 18 Damenslips waren darunter, davon zwei, die in aller Eile wohl noch während der Vorstellung ausgezogen worden waren, und Dutzende erotischer Polaroidfotos mit den Adressen der abgebildeten Damen. Ein Päckchen russischer Tee hob Nurejew vom Boden auf, Hotelschlüssel, Todesdrohungen, Liebesbriefe und ein Foto des Kosmonauten Juri Gagarin (mit der Widmung "Flieg, Rudi, flieg!"). Ein Pelzmantel flog über die Köpfe der Zuschauer, die in ihrer Erregung Sekunden lang dachten, es handle sich um ein wildes Tier. Des weiteren waren so viele Narzissen aus den Gärten des Louvre unter den Huldigungen, dass sich die Gärtner genötigt sahen, die Beete bis sieben Uhr abends zu bewachen.
Was man dem irischen Schriftsteller Colum McCann für seinen Roman Der Tänzer auf die Bühne der Literatur werfen sollte, dürfte kaum weniger aufregend sein. Denn McCann ist etwas ganz Großes geglückt: Dem Leben eines Jahrhundert-Tänzers mit den Mitteln der Sprache (und damit auch mit den Mitteln der Lüge) ein unauslöschliches Denkmal zu setzen. Beginnend beim fünfjährigen Jungen, der in den Kriegswirren in einem Hospital in Ufa sein erstes Publikum findet über die Zeit seiner größten Erfolge bis hin zum Tod des Superstars zieht sich dieses fiktive Porträt, wobei biografische Daten kaum interessieren: McCann geht es um den Menschen hinter der Aura seines Glanzes. Und um das Porträt einer Zeit, in der der Eiserne Vorhang fiel.
"Dies ist ein Roman", glaubt McCann seinem Buch voranschicken zu müssen: "Mit Ausnahme einiger Personen des öffentlichen Lebens, die ihren wirklichen Namen tragen, sind alle hier geschilderten Personen, Namen und Ereignisse frei erfunden." An dieser Warnung hat der Autor gut getan. Denn derart lebendig, wuchtig und stark kommt Der Tänzer daher, dass man meinen könnte, jedes Wort sei wahr. --Stefan Kellerer --
Meine Meinung:
Am Anfang hatte ich ein paar Probleme, mich in diesen Roman einzulesen. Betrachtet doch McCann seinen Protagonisten aus der Sicht unterschiedlicher Personen, da erzählen die Mutter, sein Schuhmacher, Freunde, die Tanzlehrerin, um einige zu nennen. Nachdem ich mich in diesen Stil eingelesen hatte, zog mich das Buch immer mehr in seinen Bann und hat mich zutiefst beeindruckt. Obwohl McCann in der Kindheit Nurejews beginnt und sein Leben bis zu seinem AIDS-Tod weiter erzählt, ist es keine Biografie. Wer dies erwartet, wird enttäuscht sein. Aber wer sich auf diesen Roman einlässt, den erwartet ein Sturm der Gefühle, die sehr einfache Kindheit, der kometenhafte Aufstieg, das Aufbäumen gegen jede Unterdrückung, aber auch die Dekadenz des Luxuslebens.
Es war für mich eine sehr schöne Lektüre für lange Novemberabende, die ich gerne weiter empfehlen möchte.