Annika Reich- Durch den Wind

  • Von den vielen Büchern, die von Frauen vorgelegt werden, die sich mit dem Thema Frauen zwischen den Jahren 30 und 40 beschäftigen, ist der vorliegende Roman von Annika Reich vielleicht der ernüchterndste der letzten Jahre. Vier Frauen werden beschrieben, die sich wie so viele andere ihrer Geschlechtsgenossinnen nicht erst seit gestern viele Fragen stellen. Was wünsche ich mir eigentlich für mein Leben, ist eine solche Frage. Oder: weiß ich eigentlich genau, was ich mir wünsche? Wie kann ich meine Träume verwirklichen? Möchte ich in einer verbindlichen Beziehung leben, möchte ich Kinder haben? Was heißt das für meinen Beruf, was für meine Zukunft, was für meine persönliche Freiheit?


    Annika Reich begleitet ihre vier Protagonistinnen, zwischen denen es untereinander immer wieder Beziehungen und Verbindungen gibt, durch einen bestimmten Abschnitt ihres Lebens. Da ist Friederike, fantasievolle Ladenbesitzerin, die nicht weiß, wie sie ihren Freund Tom an sich binden soll. Da ist Alison, die sich für ihren Victor verzehrt, der aber nichts von ihr wissen will. Yoko, die Japanerin hat sich entschieden für die Promiskuität und hält sich selbst für emanzipiert. Sie sagt einen bezeichnenden Satz: "Ich lebe nicht, ich verbringe meine Zeit", typisch für das Lebensgefühl der in diesem Buch beschriebenen Menschen. Und da ist Siri, die offensichtlich alles hat, einen lieben Mann, Kinder und Großeltern , die aber das Problem hat, das sie ihr Glück nicht als solches annehmen und genießen kann.


    Alle vier Frauen sind regelrecht unfähig, ihr Leben wirklich in die Hand zu nehmen, für die richtigen und rechtzeitigen Weichenstellungen zu sorgen, sich einfach einmal zu entscheiden. Und so ist es folgerichtig, dass Alison mit dem achselzuckenden Satz das Buch beendet: "Ich dachte immer, die Dinge klären sich, wenn man älter wird."


    Ja, sicher, aber eben nicht von alleine. Man oder frau muss schon selbst etwas dazu tun, entscheiden zum Beispiel, Risiken eingehen, Bindung zulassen. Und so kreist das Buch um innere Dialoge der vier Frauen, um Dialoge mit ihren Partner, in denen aber niemand richtig zuhört und mit jeder Episode mehr ist man erschrocken über das abgrundtiefe Missverstehen, das sich zwischen den handelnden Personen auftut.


    Je mehr man in seinem Leben, das ist meine Quintessenz, den Gegensatz von Freiheit auf der einen und persönlicher Geborgenheit auf der anderen Seite aufbaut, desto mehr wird man weder das eine noch das andere erleben.