Claire Winter - Die verbotene Zeit

  • 1959 in Cornwall, England. Sie war aus dem Haus gerannt zu den Klippen, weinte. Da kam ein Mann auf sie zu. Instinktiv wollte sie fliehen, doch er hielt sie fest und erzählte ihr etwas, was sie zunächst gar nicht hören wollte. Doch dann packte sie Entsetzen, und sie riss sich los…
    Sechzehn Jahre später. Carla hatte einen Unfall und kann sich an die sieben Monate davor nicht mehr erinnern. Obwohl ihr Mann Tom und ihr Vater ihr vieles, was in dieser Zeit passiert ist, erzählt hatten, war sie davon überzeugt, dass ihr etwas verheimlicht wurde. Vor sechzehn Jahren war ihre Schwester Anastasia verschwunden, eine Leiche nie gefunden worden. Doch alle waren von ihrem Tod überzeugt. Sie trafden Journalisten David Grant. Und sie schien ihm schon einmal begegnet zu sein. Ob sie ihm allerdings vertrauen kann? Sie wusste es nicht…
    1922. Zwei Mädchen im gleichen Alter, die eine reich, die andere die Tochter einer Dienstbotin. Obwohl der Gesellschaftsunterschied so groß war, wuchsen die beiden fast wie Geschwister zusammen auf. Denn das eine Mädchen hatte dem anderen einmal das Leben gerettet. Außerdem war die reiche Familie nicht so mit Standesdünkeln behaftet. Das reiche Mädchen, Edith, hatte einen Adligen geheiratet, und merkte später, dass er nicht der richtige war, denn sie traf einen Bekannten wieder… Es waren Kriegszeiten, die Zeiten der Judenverfolgung, und sie liebte einen Juden…
    Das arme Mädchen, Dora, verliebte sich in den ehemaligen Sportler Paul Behringer und heiratete diesen. Ihr erstes Kind verlor sie, hatte eine Fehlgeburt. Doch dann wurde sie wieder schwanger – und ihre Freundin Edith auch…
    Dann gab es da noch einen total überzeugten Nazi, der Edith vor ihrer Heirat nachgestellt hatte und sie auch danach nicht in Ruhe ließ. Er ließ sie von einem Schergen überwachen….
    Wer war das Mädchen, von welchem im Prolog erzählt wird? Welchen Grund hatte Carlas Mann Tom, ihr manche Erinnerung zu verheimlichen? Ist Anastasia wirklich tot? Wer ist dieser Journalist, und was hat er mit Carla zu tun? Wer war der Jude, in den sich die Edith verliebt hatte? Was fand der Mann, der Edith überwacht hatte heraus und wie wurde es von dem Nazi verwendet? Von wem wurde Edith schwanger? Die Antworten auf alle diese Fragen erfährt der Leser in diesem Buch.
    Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen. Der Schreibstil der Autorin trifft meinen Geschmack, denn er ist unkompliziert, und man muss sich nicht nach jedem Satz fragen, was diese wohl gerade meint. Das Buch fängt auch gleich spannend an und die Autorin versteht es, die Spannung zu halten bis zum Ende. Es hat zwei Erzählstränge. Einmal ab 1922 über Dora und Edith, und dann noch 1975 als Carla den Unfall hatte und ihren Erinnerungen nachspürt. Beide Erzählstränge sind spannend, denn ein armes und ein reiches Mädchen befreundet, und die Eltern des reichen Mädchens lassen es zu, das war selten. Und dann natürlich die verlorenen Erinnerungen von Carla, würde sie sie wiederfinden? Das Buch hatte mich gepackt und ich war so gefesselt und fasziniert von ihm, dass ich es in einem Rutsch ausgelesen habe. Es hat mir super gefallen und bekommt von mir fünf Sterne.
    :study:

    Liebe Grüße
    Lerchie



    _______________________
    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Kann bitte einer der Moderatoren ( @Squirrel oder @K.-G. Beck-Ewe ) den Autorennamen in der Überschriftenzeile ergänzen? Sonst eröffnet bald jemand einen zweiten Thread, weil man das Buch nicht im Rezensionsindex findet.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Dieses Buch habe ich in der autorenbegleiteten Leserunde im BT gelesen. Die Leserunde läuft noch, aber ich muss zugeben, dass ich bereits mit dem Roman durch bin, da es mir einfach unmöglich ist, einen so fesselnden Roman im (für mich) zu langsamen Tempo einer LR zu lesen, bzw. die Lektüre dauernd künstlich zu unterbrechen.
    Da zum Inhalt des gut recherchierten Romans im vorherigen Beitrag schon (mehr als) genug gesagt wurde, möchte ich darauf nicht weiter eingehen, sondern gleich meinen Eindruck zum Besten geben:


    Die Handlung spielt sich auf verschiedenen Zeitebenen (1975 und 1922 - 1947, Prolog 1959) und an verschiedenen Orten (London, Cornwall, Berlin) ab, was die Lektüre sehr kurzweilig macht. Durch diese Struktur kann der Leser über die Vorgänge in der Vergangenheit miträtseln und erlebt auch die Entwicklung verschiedener Hauptfiguren über mehrere Jahrzehnte mit.
    Die Charakterzeichnung der Romanfiguren ist sehr gelungen, sie erschöpft sich nicht - wie in vielen anderen Büchern - in krasser Schwarzweiß-Malerei, sondern stellt realistische Menschen mit allen Facetten dar, so wird deutlich, dass auch "gute" Menschen durchaus Schuld auf sich laden können ...und dann im Gegensatz zu den Gewissenloseren daran zerbrechen.
    Inhaltlich wird hier viel Interessantes über die Zeit des Nationalsozialismus geboten, das sogar noch Leser mit guten Kenntnissen über diese Zeit überraschen/ schockieren kann. Der lebendige, anschauliche Erzählstil tut ein Übriges, dem Leser die tragischen Ereignisse plastisch vor Augen zu führen.
    Mein einziger Kritikpunkt: Die Danksagung enthält bibliographische Angaben zu Sekundärliteratur zum Thema, vermisst habe ich aber ein Nachwort mit einem Personenverzeichnis. Heutzutage wird das Thema "Nationalsozialismus" in der Schule sehr intensiv über Jahre(!) behandelt, zu meiner Schulzeit (70er Jahre) kam es etwas zu kurz, deshalb hätte ich von Zusatzinformationen im Buch, die ich jetzt nebenher gegoogelt habe, profitiert.


    Davon abgesehen war "Die verbotene Zeit" für mich ein ebenso fesselndes wie informatives Leseerlebnis, für das ich :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: und eine uneingeschränkte Leseempfehlung vergebe. :thumleft:



    Ich bedanke mich beim Büchertreff, der Autorin und dem Verlag für die Ermöglichung dieser Leserunde, an der ich natürlich weiterhin teilnehme. :wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Nur die Wahrheit macht Dich frei...


    London 1975. Die deutschstämmige Journalistin Carla Whitman leidet nach einem schweren Autounfall unter Gedächtnisverlust, die Erinnerung an die vergangenen Monate vor dem Unfall fehlen ihr. In ihrer Ehe mit Ehemann Tom fühlt sie sich unwohl und hat ständig das Gefühl, dass er und auch ihre Eltern Paul und Dora Behringer sie belügen oder ihr etwas verheimlichen. Da Carla das Gefühl hat, dass die verlorene Zeit sehr wichtig für sie und ihr Leben ist, strengt sie eigene Nachforschungen an, um die ihr fehlenden Puzzlesteine wieder an ihren Platz zu setzen. Bei Gesprächen mit ihrem Ehemann Tom weicht dieser ihr immer wieder aus, auch ihr Vater Paul kann ihr nicht in die Augen sehen und ihre Mutter Dora lebt seit geraumer Zeit in einem Sanatorium in Cornwall, sie hat den Verlust der ältesten Tochter Anastasia, Carlas Schwester, vor rund 16 Jahren nicht verwunden, die von jetzt auf gleich spurlos verschwunden ist. Carla findet ein altes Notizbuch und eine Telefonnummer, die sie zum Journalisten David Gray führt. David stand vor dem Unfall mit Carla in Verbindung, weil er für seinen alten jüdischen Freund und Violinisten Jules Cohn nach einer engen Freundin von Carlas Mutter Dora suchte, Edith von Stettenheim. Diese ist nach dem zweiten Weltkrieg spurlos verschwunden, doch laut Carlas Vater Paul waren Dora und Edith gar nicht so eng befreundet. Carla und David begeben sich auf Spurensuche in die Vergangenheit und stoßen auf viele Geheimnisse und Wahrheiten, durch die Carla die Geschichte ihrer Eltern kennenlernt und die auch ihr eigenes Leben für immer verändern werden.


    Nach ihrem ersten Roman „Die Schwestern von Sherwood“ legt Claire Winter nun ihr neues Buch „Die verbotene Zeit“ vor. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, zieht er den Leser doch bereits im Prolog völlig in Bann und fesselt ihn mit Vermutungen, Rätselraten sowie geschickt gelegten Wendungen bis zur letzten Seite. Die Handlung ist aufgeteilt in zwei Zeitebenen, zum einen begleitet der Leser Carla 1975 bei dem Versuch, ihre Erinnerungen wieder zu finden und ihr Leben zu ordnen. Die zweite Zeitebene beginnt im Berlin 1922 und zeichnet das Leben von Dora, Edith, Paul und Jules bis kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges ins Jahr 1946 auf. Der Spannungsbogen wird bereits auf den ersten Seiten aufgebaut und zieht sich durch die Zeitebenen hindurch bis zum Schluss. Der geschichtliche Hintergrund wurde von der Autorin sehr akribisch recherchiert und außerordentlich geschickt mit der Handlung verflochten. Die Beschreibung der Lebensumstände, der politischen Situation und auch der örtlichen Gegebenheiten wie auch die Grausamkeiten des Nazi-Regimes wirken sehr authentisch und lebensecht und bringen dem Leser einmal mehr diese Zeit ganz nah.


    Die Charaktere sind sehr vielfältig und detailliert angelegt, so dass man sie sich wunderbar vorstellen kann. Man hat beim Lesen das Gefühl, als begleite man alte Freunde und schaue ihnen bei ihren Handlungen über die Schulter. Carla ist eine sehr sympathische, wahrheitsliebende Frau. Der Unfall und seine Folgen machen ihr schwer zu schaffen und lassen sie sich in ihrem eigenen Leben unwohl fühlen. Erst wenn sie alle Teile wieder an ihrem Platz weiß, kann sie sich wieder sicher fühlen. Carla ist intelligent, hartnäckig und folgt ihrer Intuition, die ihr den Weg weist, was Gut und Böse ist. David ist ein ehrlicher und sympathischer Mann, der bei der Hilfe für einen alten Freund auf Carla trifft und sich dadurch das Leben der beiden verändert. Er ist hilfsbereit und unterstützt Carla in all ihren Unternehmungen. Dora und Edith werden schon als Kinder Freundinnen, obwohl Dora die Tochter der Haushälterin ist und Edith die Tochter aus wohlhabendem Hause. Auch wenn beide vom Typ her grundverschieden sind, wachsen sie wie Schwestern zusammen und teilen ihre Freude und ihr Leid miteinander. Edith hat eine starke Persönlichkeit, trägt ihr Herz auf der Zunge und schert sich nicht um Konventionen. Dora dagegen ist die zurückhaltendere und empfindsamere, die sich alles sehr zu Herzen nimmt und daran zu zerbrechen droht. Die Entwicklung der Protagonisten innerhalb dieses Romans ist außerordentlich gelungen, sehr lebendig und realitätsnah. Gerade das macht dieses Buch sehr außergewöhnlich und lesenswert.


    „Die verbotene Zeit“ ist ein Gesellschaftsroman mit historischem Hintergrund par excellence. Die Geschichte fesselt vom ersten Moment an und lässt einen nicht mehr los, bis man hinter alle Geheimnisse gekommen ist. Dabei wachsen einem die Protagonisten und ihre Schicksale so sehr ans Herz, dass man sie auch lange nach der Lektüre noch im Gedächtnis bewahren wird.


    Eine absolute Leseempfehlung für diesen Roman, der seinesgleichen sucht. Ausgezeichnet gemacht, Frau Winter. Chapeau!


    Am liebsten mehr als :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Hier möchte ich mich ausdrücklich bei der Autorin Claire Winter, dem Diana-Verlag und beim Büchertreff für die schöne Leserunde bedanken, die ich weiterhin besuchen und kommentieren werde.

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Ich kann mich nur den vorangehenden Meinungen anschliessen. Das Buch ist toll. :applause:


    Gleich vorab: Ich vergebe dem Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Es ist sehr flüssig und einfach geschrieben, so dass man in die Geschichte eintauchen kann und erst wieder an der letzten Seite auftaucht. Helfen tun dabei auch die Überschriften zu den diversen Teilen des Buches, damit man immer weiss wo und wann man gerade ist.
    Die Personen werden realitätsgetreu beschrieben und auch deren Entwicklung im Laufe der Jahre ist realistisch und gut nachvollziehbar. Man kann sich sehr gut in sie hineinversetzten, auch in die weniger sympathischen. Die relativ kleine Menge an Hauptpersonen, lässt einen den Überblick auch nicht verlieren.
    Die Spannung im Buch wird nach und nach aufgebaut, so dass es nur so von Fragen wimmelt, die dann immer zum richtigen Zeitpunkt beantwortet werden.
    Ich hab das Buch auch in der Leserunde gelesen und bin froh, denn so einen tollen Geschichtsunterricht, wie es zu dieser Geschichte gab, hatte ich noch nie :pray:


    Vielen Dank auch von mir an Claire Winter, dem Diana-Verlag und dem BT für das Buch und die zazugehörige LR.

    Book hangover: Inability to start a new book, because you're still living in the last book's world. :drunken:

  • Zunächst möchte ich mich bei der Autorin Claire Winter und dem Büchertreff für die interessante Leserunde herzlich bedanken.


    Meine Meinung:


    Schon der Roman "Die Schwestern von Sherwood" von Claire Winter hat mir so gut gefallen, nun kann ich auch das Gleiche von ihrem neuen Roman "Die verbotene Zeit" sagen. Eine tolle Unterhaltung, die mir viel Lesevergnügen bereitet hat. :thumleft:


    Die Geschichte " Die verbotene Zeit" wird aus der Perspektive mehrerer Protagonisten erzählt und spielt sich auf zwei Zeitebenen ab. Was, abgesehen von dem interessanten und spannenden Plot, mit dafür sorgte, dass durch den ständigen Wechsel der Perspektiven keine Langeweile aufkommt.
    Jeder Kapitel trägt als Titel Angaben zu der Person, aus deren Sicht die Story berichtet wird, wie auch die zeitlichen Angaben. Was ich persönlich sehr mag. So weiß der Leser immer, wo er sich in der Geschichte befindet.


    Der Einstieg in den Roman ist mir sehr leicht gefallen, nach dem Prolog, der das Interesse des Lesers sogleich weckte, ging es spannend weiter. Die Geschichte ist in einer schönen klaren Sprache erzählt. Der Plot ist überraschend vielseitig. Vordergründig geht es zwar um die Suche nach Antworten und einen Familiengeheimnis, doch die Handlung um das Hauptthema bietet um einiges mehr. Die Charaktere sind plastisch dargestellt worden, wirken leb- und glaubhaft.


    Was mir aber ganz besonders gut gefiel, ist die Tatsache, dass der Roman mich emotional bewegte. Was für mich A und O in einem für mich gutem Buch ist, ist meine Vorliebe für Charaktere, denen ich mich nahe fühlen kann, die mich so bewegen, dass ich gefühlsmäßig an die während des Lesens gebunden bin. Und so war es in dem neuen Roman von Claire Winter. Ich durchlebte die ganze Palette der Gefühle: ich hatte Angst um die Figuren, sorgte mich mit ihnen, habe mich mit ihnen gefreut und sogar Tränen wurden vergossen. Nicht einmal hielt ich beim Lesen den Atem an und bangte darum, was jetzt als nächstes geschieht.


    Ganz besonders in der zweiten Hälfte hat mich der Roman völlig und ganz mitgerissen. Da konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen, musste unbedingt wissen, wie es weiter geht. Ein absolut gelungene Geschichte, die mir sehr viel Lesevergnügen bereitet hat.
    Von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    2024: Bücher: 65/Seiten: 28 761

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Midwood, Ellie - Die Violinistin von Auschwitz

  • Den Roman „Die verbotene Zeit“ von Claire Winter habe ich im Zuge einer autorenbegleiteten Leserunde im Büchertreff-Forum gelesen, worüber ich sehr dankbar bin, da mir sonst eine äußerst gelungene Erzählung über die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zweier Frauen während des Zweiten Weltkrieges und deren dramatischen Verlauf entgangen wäre.

    Die Autorin Claire Winter bedient sich einem sehr klaren, aber äußerst bildhaften und emotionalen Schreibstil, der die Leser in seinen Bann zieht. Für Abwechslung und Spannung sorgen die Wechsel der Perspektiven auf zwei zeitlichen Ebenen. Im Jahr 1975 hat Carla Whiteman mit dem Gedächtnisverlust nach ihrem Unfall zu kämpfen. Ihr Ehemann Tom und ihr Vater Paul umsorgen sie zwar liebevoll, wollen aber partout nicht erzählen, was in den letzten sieben Monaten geschehen ist. Lediglich in David Grant scheint Carla einen Verbündeten gefunden zu haben, von dem sie erfährt, dass sie auf der Suche nach ihrer spurlos verschwundenen Schwester Anastasia war, aber auch er verheimlicht nach wie vor etwas. Die Geschichte um die außergewöhnliche Freundschaft zwischen Dora und Edith beginnt im Jahr 1922. Von diesem Zeitpunkt an sind die beiden Mädchen bis ins Erwachsenenalter unzertrennlich, bis ein Vorfall das Leben der beiden grundlegend verändert und was Dora bis heute psychisch nicht verarbeiten kann. Mithilfe von spannenden Wendungen und falschen Fährten kann man bis zum Schluss über die wahren Hintergründe von Anastasias Verschwinden nur Spekulationen anstellen, bis sich die Geschichte letztendlich in einem emotionalen Happy End schlüssig auflöst. Besondere Sorgfalt hat die Autorin dabei auch auf die historischen Hintergründe der damaligen Zeit, insbesondere auf die Judenverfolgungen während des NS-Regimes, verwendet. Szenen, wie sie sich tatsächlich abgespielt haben könnten, werden so eindringlich und emotional geschildert, wie ich es selten gelesen habe. Man fühlt sich mitten im Geschehen und verfolgt fassungslos die menschenunwürdige Behandlung, die viele Personen am eigenen Leib erfahren mussten und oft nicht überlebten. Anhand solcher Szenen merkt man, wie intensiv sich Claire Winter mit dem Thema auseinandergesetzt und versucht hat, sich in die Menschen, die diese Zeit selbst erlebten, hineinzuversetzen. Dabei erlebt man das Geschehen nicht nur aus der Sicht von jüdischen Menschen anhand von Jules Cohn oder eher Unbeteiligten, wie Dora, Edith und Paul, die zwar das Regime hassen, aber dennoch nicht in dessen Fadenkreuz geraten wollen, sondern auch aus der Perspektive von SS-Mitgliedern, die ohne viel nachzudenken die Befehle von oben ausführen. Sich in letztere hineinzuversetzen dürfte nicht allzu leicht gewesen sein.

    Weiterhin besonders gelungen sind die facettenreichen Charakterisierungen sämtlicher Figuren. Auch die sympathischsten Protagonisten Dora, Paul, Edith und Jules weisen so ihre Schwächen auf, wodurch sie nur noch menschlicher wirken. Carla stand ich eher neutral gegenüber, da sie neben ihrer verschwundenen Schwester auch ihre eigene Identität nach dem Unfall wieder finden muss. Sehr gut gefallen, auch wenn sie zu absoluten Hass-Charakteren wurden, haben mir Heinrich Raven und Maximilian von Stettenheim, die stellvertretend für eingefleischte Nationalsozialisten standen. Anlässlich der von Grund auf völlig unterschiedlichen Gesinnungen der Figuren und deren Taten, stellt man sich auch selbst als Leser in vielen Situationen die Frage, wie man persönlich unter den beschriebenen Umständen handeln würde – eine Frage, worauf sich nur schwerlich eine endgültige Antwort finden lässt, aber immerhin zum Nachdenken anregt. Etwas schade fand ich, dass Tom, nachdem er anfangs für viel Aufregung sorgte, im weiteren Verlauf so sang- und klanglos unterging. Dass er Carlas Zurechtweisung einfach so hinnimmt, passt meiner Meinung nach nicht so ganz zu seinem Charakter. Weiterhin habe ich am Ende den Verbleib des alten Kriegsveteranen Vlad, dem eine überraschende Rolle zuteilwird, vermisst. Ebenfalls gefehlt hat mir am Ende des Romans hat ein Personenverzeichnis mit den im Buch auftauchenden historischen Persönlichkeiten.

    Abgesehen von wenigen, wirklich winzigen Kritikpunkten, bescherte mir „Die verlorene Zeit“ mit bestens recherchiertem Hintergrundwissen, überaus sympathischen und insgesamt perfekt ausgearbeiteten Figuren ein sehr spannendes und einer Achterbahnfahrt an Gefühlen gleichendes Lesevergnügen!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich kann mich hier nur anschliessen, mir hat das Buch auch sehr gut gefallen.
    Ein herzliches Dankeschön an die Autorin @Claire Winter und an die Leserunde an welcher ich auch teilgenommen hatte.


    Zum Inhalt möchte ich jetzt gar nichts gross mehr schreiben, das wurde ja bereits getan.
    Meine persönliche Einschätzung:
    Ich interessiere mich seit Langem sehr für die Geschichte Deutschlands gerade in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und diese Geschichte spielt auch noch in Berlin. Daher hat mich das Buch auch besonders interessiert.
    Im Laufe der Handlung werden dann auch immer Orte in Berlin beschrieben welche dann direkt vor meinem geistigen Auge auftauchten. Zumindest so wie sie jetzt aussehen.
    Ich habe mich immer gefreut wenn (die Handlung ist unterteilt, Vergangenheit und Gegenwart) dann wieder in der Vergangenheit erzählt wurde. Ich hatte vielleicht den Vorteil dass zu meiner Schulzeit in den Siebzigern sehr viel über diese Zeit gelehrt wurde (Bücher, Filme, Besuche von Konzentrationslagern) daher hatte ich geschichtlich, auch mit den Personen, keinerlei Probleme. Auch später habe ich mich noch sehr intensiv damit beschäftigt, viel mit, heute sagt man "Zeitzeugen" in meinem persönlichen Umfeld gesprochen.
    Mir hat sehr gut gefallen wie die Autorin recherchiert hat, sehr interessant und selbst für mich olle Geschichtsnudel mit Lerneffekt. Ganz toll !


    Anfangs dachte ich nun ja, eine Familiengeschichte, zweigeteilt, auch üblich, mit Geheimnis, wie gehabt. Aber in der zweiten Hälfte hat es mich dann auch regelrecht mitgerissen und ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen.
    Die fiktive Handlung, verwoben mit realen geschichtlichen Ereignissen und interessanten Charakteren, das hat mir sehr gut gefallen.
    Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: für ein sehr schönes Leseerlebnis und eine wirklich interessante autorenbegleitete Leserunde. :applause:

  • Mit "Die verbotene Zeit" erzählt Claire Winter auf zwei Zeitebenen eine ruhige und dennoch spannungsvolle Geschichte, die tief in die Historie eintaucht und sehr gut recherchiert ist.


    Ihre Sprache ist flüssig und angenehm, sie unterstützt den Lesefluss, der jederzeit gegeben ist und einen kraftvollen Sog entwickelt.


    Die Geschichte der Frauen ist tragisch und dennoch voller Liebe und Wärme. Claire Winter erzählt von einem schmerzlichen Aufarbeitungsprozess, der jedoch gleichsam heilend auf eine ganze Familie wirkt und mit einem tröstlichen, versöhnlichen Schluss aufwartet.


    Darüber hinaus bietet sie eine zarte, sich langsam anschleichende und in jeder Zeile knisternde Liebesbeziehung, die für den Roman wesentlich ist, ihn jedoch nicht dominiert.


    Der Roman hinterlässt mich darüber hinaus zutiefst nachdenklich, er hat mich emotional aufgewühlt, erschüttert und mitgerissen.


    Als Fazit bliebt mir da nur zu sagen: Ein wunderbares Leseerlebnis, Danke, Claire!

  • Nun möchte auch ich meine Meinung zu diesem tollen Buch abgeben, von mir bekommt es, schonmal vorab gesagt, :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: . Normalerweise ist das gar nicht mein Genre, da aber hier eine Leserunde angeboten wurde und mir die Leseprobe gut gefallen hatte, hab ich mich einfach mal beworben und es hat geklappt. Das Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen mit dieser bildlichen Sprache, man war dabei, hat mit den Protagonisten gelebt, gefühlt und auch gehasst. Meine liebste Person war Edith, ihre Wandlung innerhalb der Geschichte war einfach toll, an ihr kamen Seiten zum Vorschein, mit denen ich am Anfang der Geschichte noch gar nicht gerechnet hatte. Auch Dora mochte ich sehr.
    Zum Inhalt brauche ich glaub ich nicht mehr viel zu sagen, das wurde ja schon schön zusammengefasst. Das Buch kann man irgendwann gar nicht mehr aus der Hand legen, ich habe es fast in einem Rutsch durchgelesen bis in die Nacht hinein, und das ist wirklich selten bei mir. Ich musste einfach wissen, wie es weitergeht. Auch das Ende finde ich sehr gut gewählt, es lässt mich als Leser zufrieden zurück. Ich habe schon ein weiteres Buch der Autorin geordert und die anderen scharf unter Beobachtung. :wink:
    Als einzigen Kritikpunkt könnte ich, wie @€nigma schon erwähnt hat, aufführen, dass es kein Personenverzeichnis gibt, das wäre noch interessant gewesen.

    Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. (Albert Einstein)

  • Dank der lieben @Jessy1963 bin ich auch in den Genussgekommen, dieses Buch lesen zu können.


    Der Einstieg startet schnell und nimmt den Leser in dieGeschichte mit. Schon da fragt man sich, was für Geheimnisse einen erwarten. ZuBeginn hat mich tatsächlich die Geschichte der Vergangenheit sehr interessiert,wohingegen ich die Gegenwart nicht so fesselnd verfolgt habe.
    Doch später setzen sich alle Puzzleteile der Gegenwartund der Vergangenheit langsam zusammen und machte beide Zeiten gleichinteressant.
    Die Charaktere wirkten sehr echt und authentisch und man konnte immer mit ihnenmitfühlen. Überhaupt hat die Autorin sehr viele Emotionen in dieses Buchgepackt und der Leser musste oft über das Geschriebene nachdenken und konnteauch mit eigenen Theorien aufwarten.


    Fazit: Ein sehr schönes Buch, welches geschichtliche Informationen und eine Story bietet, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • "Die verbotene Zeit" war mein erstes Buch von Claire Winter und ich kann es jetzt schon kaum erwarten, weitere Bücher von ihr zu lesen. Das Buch packt
    von der ersten Seite an. Eine Frau verliert 1975 ihr Gedächtnis und findet auf der Suche nach ihren Erinnerungen noch viel mehr als diese. Der zweite Handlungsstrang, der im Jahr 1922 beginnt, erzählt die Geschichte zwei Freundinnen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Leser begleitet sie als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Des Weiteren spielt die deutsche Geschichte zu dieser Zeit eine große Rolle. Die beiden Handlungsstränge werden im Laufe der Geschichte immer weiter verknüpft, bis es zum Schluss ein "großes Ganzes" ergibt.


    Der Schreibstil von Claire Winter ist sehr eindringlich und emotinal. Auch die bildhafte Beschreibung der Charaktere und Handlungsorte machte das Lesen zu einem wahren Genuss. Die Charaktere, insbesondere Edith und Dora, konnte ich genaustens vor mir sehen. Gekonnt schafft es Claire Winter nicht nur mit der spannenden Handlung sondern auch mit Worten und Andeutungen Spannung zu schaffen.


    Die Charaktere schloss ich schnell ins Herz. Auch wenn ich hier von keinem "Lieblingsstrang" sprechen kann, da mir beide Stänge sehr gut gefallen haben, empfand ich die Charaktere aus dem Jahre 1922 als noch authentischer und liebenswerter. Insbesondere die Entwicklung die Dora und Edith während des Buches durchmachten hat mir sehr gut gefallen.


    Die Handlung selbst ist an Spannung kaum zu überbieten. Während des Lesens stellte ich mir tausende Fragen, die letztendlich zum Glück alle geklärt wurden. Dies machte es sehr schwer dieses tolle Buch aus der Hand zu legen. In jedem Kapitel wird eine neue Antwort gegeben, zwei Ereignisse zusammen geführt aber auch eine neue Frage aufgeworfen. Was mir zudem sehr gut gefallen hat, war die Recherche, die Claire Winter betrieb. Romane über diese Zeit gibt es unzählige. Doch selten hat es eine Autorin geschafft mich mit so viel Neuem zu schockieren. Einige Dinge wusste ich wirklich noch nicht. Zudem spürte ich die Verzweiflung und das Grauen beim Lesen geradezu, ohne das Claire Winter mit dem Holzhammer hantieren musste.


    Fazit: Eine packende und spannende Geschichte über das Schicksal zweier Frauen und deren Angehörige. Eine emotionale und berührende Geschichte voller Authentizität. Unbedingt lesen! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: