Mit dem Angebot immer komfortablerer Lesegeräte sind die ebooks auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Aber sind sie auch Papierbüchern gegenüber gleichberechtigt?
1. Buchpreisbindung
Laut Wikipedia soll „die Buchpreisbindung ein vielfältiges Buchangebot sowie eine flächendeckende Versorgung durch kleinere Buchhandlungen gewährleiste“(n).
Laut Buchpreisbindungsgesetz gilt die Bindung auch für „Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartographische Produkte reproduzieren oder substituieren.”, also auch für ebooks.
In dieser Hinsicht sind ebooks und pbooks gleichgestellt.
2. Umsatzsteuer
Die meisten Verlagserzeugnisse unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%. Das Kriterium Preisbindung ist für den ermäßigten Satz aber nicht ausschlaggebend, deshalb unterliegen preisgebundene Buchsubstitute dem Umsatzsteuer-Regelsatz von 19%. Ebooks genießen also nicht den ermäßigten Umsatzsteuersatz der Bücher bzw. Zeitschriften, die sie substituieren.
3. Weitergabe/Weiterveräußerung
Pbooks kann man anfassen und daher problemlos weitergeben, sei es als Ausleihe an Familie und Freunde, sei es als Geschenk, als Erbstück oder als Verkauf gegen Bezahlung. Weder die Verlage, noch das Finanzamt haben etwas dagegen (das Finanzamt vielleicht schon, wenn es der Meinung ist, dass man die entgeltiche Weitergabe geschäftsmäßig betreibt).
Ebooks kauft man nicht, sondern man erwirbt ein (in der Regel zeitlich unbefristetes) Nutzungsrecht. Dieses Nutzungsrecht kann man weder weitergeben, noch vererben, noch weiterverkaufen.
In diesem Punkt unterscheiden sich pbooks und ebooks also sehr. Das Problem wird von Vielen wohl gar nicht so wahrgenommen. Die merken das erst, wenn die Oma, die mit dem schönen Tolino bei Thalia sämtliche Bücher von Jojo Moyes im Konto liegen hat gestorben ist, das Konto daraufhin geschlossen wird und/oder man die ADE-Identität nicht kennt und somit das ebook nicht mehr nutzen kann. Allerdings muss man dann auch nicht unzählige Kartons voller Bücher entsorgen.
Amazon hat die Familienbibliothek eingeführt, aber ich finde, dass die Hürden ziemlich hoch sind. Wer sich erst jetzt entschließt, sich auf die Welt der digitalen Bücher einzulassen, sollte sich zuvor gründliche Gedanken machen, wie er das ganze einrichtet, um mit Familie und Freunden problemlos die ebook-Lesefreuden genießen zu können.
4. Was machen die öffentlichen Bibliotheken?
Bibliotheken können Papierbücher zum normalen Buchpreis kaufen und verleihen. Sie müssen allerdings eine pauschale Vergütung an die Verlage zahlen, die den Verlust derjenigen Leser, die das Buch ausleihen statt kaufen, ausgleicht und von der die Autoren profitieren müssen. Wie hoch diese Vergütung ist und ob sie für jedes Buch gleich ist, weiß ich leider nicht. Kein Verlag kann einer Bibliothek verbieten, ein Papierbuch zu kaufen und zu verleihen.
Bei ebooks ist das anders. Sie sind keine Bücher, daher gilt diese Regelung nicht. Bibliotheken wollen mit der Zeit gehen und gerne alle Bücher als ebooks zur Ausleihe anbieten. Aber viele Verlage machen da nicht mit, da die Verhandlungen über die über den Preis des ebooks hinaus zu zahlenden Lizenzgebühren nicht für beide Seiten zufriedenstellend abgeschlossen werden können. Die Bibliotheken wollen wohl das Modell der Papierbücher auf ebooks übertragen, die Verlage wollen wesentlich mehr haben. Deshalb sind die ebooks vieler großer Verlage (z.B. Rowohlt Verlag, der die Moyes-Bücher verlegt) nicht in der onleihe erhältlich. Die Verlage verkaufen einfach keine Lizenzen an die DiviBib, die als Dienstleister den öffentlichen Bibliotheken das Management der onleihe bereitstellt. Im übrigen sind die zur Verfügung gestellten ebooklizenzen deutlich teurer für die Bibliotheken als ein Papierbuch mit Pauschalvergütung und es gibt keine Vorschrift, dass die Autoren von dieser Mehreinnahme der Verlage profitieren müssen.
5. Was macht die Politik?
Der ist das alles sehr unangenehm. Sie sieht ein, dass durch diese ebook-Zweiklassengesellschaft bei fortschreitendem Marktanteil digitalisierter Werke der Erwerb von Wissen auch für weniger Begüterte immer mehr erschwert wird. Im Koalitionsvertrag ist wohl vorgesehen, sich damit zu befassen, den öffentlichen Bibliotheken den Verleih aller ebooks zu ermöglichen. Wobei digitalisierte Werke wissenschaftlicher Art für Studierende zur Zeit wohl schon besser zugänglich sind als gemeine Unterhaltungsliteratur für uns Fußvolk. Die Zeit der Großen Koalition ist schon zur Hälfte um, aber konkret passiert ist nichts.
So, wer bis hierhin gelesen und ob meines Gesabbers nicht aufgegeben hat: Was haltet ihr davon? Mich würde Eure Meinung zu der ebook-Problematik interessieren, sei es die rechtliche Seite, sei es die Bibliotheksseite.
Ich habe vor einiger Zeit die Petition 'Für das Recht auf elektronisches Lesen' bei change.org unterschrieben. Es sind zur Zeit etwas mehr als 20.000 Befürworter, aber es sind wohl 25.000 nötig (warum, weiß ich nicht).
Ich persönlich fände es gut, wenn die Verlage ein wirklich sicheres, nicht knackbares Verschlüsselungssystem mit zeitlicher Befristung (im Idealfall mit verschiedenen Laufzeiten oder unbefristetet) auf die Beine stellen könnten und die ebook-Preise entsprechend der jeweiligen Laufzeit deutlich niedriger als den Preis für das pbook ansetzen würden. Dann würden ebook-Nutzer auch einsehen, dass ein ebook einem nicht gehört und beliebig weitergegeben werden kann, sondern dass es eben nur der Preis für eine gewisse Nutzungszeit ist. Im übrigen lehne ich das Entfernen der heute üblichen ebook-Verschlüsselungen für mich ab, kann aber andere Ansichten wegen des besseren Handlings durchaus nachvollziehen.