Originaltitel: Ishmael’s Oranges
Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: Blanvalet Verlag
ISBN-13: 978-3764505165
Der Verlag über das Buch
Jaffa, April 1948. Der siebenjährige Salim Al-Ismaeli, Sohn eines palästinensischen Orangenzüchters, freut sich darauf, die ersten Früchte des Orangenbaums zu ernten, der zu seiner Geburt gepflanzt wurde. Doch der Krieg bricht aus und treibt die ganze Familie in die Flucht. Von nun an hat Salim nur noch einen Traum: Eines Tages zu seinem Baum zurückzukehren und im Land seiner Väter zu leben.
Zur selben Zeit wächst Judith als Tochter von Holocaust-Überlebenden in England auf – und sehnt sich danach, irgendwann ein normales und glückliches Leben führen zu dürfen. Als Salim und Judith sich im London der Sechzigerjahre begegnen und ineinander verlieben, nimmt das Schicksal seinen Lauf und stellt ihre Liebe auf eine harte Probe …
Der Verlag über die Autorin
Claire Hajaj, 1973 in London geboren, hat ihr bisheriges Leben zwischen zwei Kulturen, der jüdischen und der palästinensischen, verbracht und versucht, sie zu vereinbaren. In ihrer Kindheit lebte sie sowohl im Nahen Osten als auch im ländlichen England. Sie bereiste alle vier Kontinente und arbeitete für die UN in Kriegsgebieten wie Burma oder Baghdad. Sie schrieb Beiträge für den BBC World Service, außerdem veröffentlichte sie Artikel in Time Out und Literary Review. Ihren Master in Klassischer und Englischer Literatur hat sie in Oxford gemacht. Zur Zeit lebt sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Beirut.
Meine Gedanken zum Buch
Während in Jaffa 1948 der siebenjährige Salim Al-Ismaeli darauf wartet, erstmals die Früchte des anlässlich seiner Geburt gepflanzten Orangenbaums ernten zu können, bricht der Krieg aus. Israel hat gerade erst seine Unabhängigkeit erklärt, als Armeeeinheiten einer Allianz arabischer Staaten das Land angriffen. Ohne die ersehnte Ernte muss Salims Familie nach Nazareth zu einer Tochter des Vaters aus erster Ehe fliehen. Als dann auch noch seine Mutter mit seinem jüngeren Bruder die Familie verlässt, ist der Junge vollends entwurzelt, und wächst zudem unter dem Einfluss des immerwährenden und alles bestimmenden Nahostkonflikts auf.
In einer weiteren Handlungsebene lernt der Leser Judith, die Tochter von Holocaust-Überlebenden, kennen und kann immer wieder einen Blick auf ihre Entwicklung und die wichtigsten Etappen in ihrem jungen Leben werfen. Schließlich treffen sich beide in London und entgegen aller Konventionen und dem Willen der Familien verlieben sich der Palästinenser und die Jüdin ineinander und heiraten.
Wer die politischen Gegebenheiten kennt, fragt sich, ob eine solche Liebe zwischen den Kulturen Bestand haben kann. Auch für Salim und Judith ist das die entscheidende Frage. Von den Familien wird ihre Beziehung nicht akzeptiert und auch gesellschaftlich ist nicht leicht für das Paar. Diese Schilderungen gehören zu den überzeugendsten des Romans. Sie sind durchweg glaubhaft. Claire Hajaj ist selbst Tochter einer jüdischen Mutter und eines palästinensischen Vaters und wusste damit genau über die Schwierigkeiten und Belastungen, denen eine solche Beziehung ausgesetzt ist, Bescheid.
In loser Zeitfolge berichtet die Autorin vom Jahr 1948 bis 1987 episodenhaft von den entscheidenden Ereignissen im Leben der Protagonisten. Da immer wieder längere Zeiträume aus der Betrachtung ausgespart wurden, vermisste ich ein wenig Informationen über das Leben der Helden, insbesondere Salims, in der Zwischenzeit. Sehr interessant fand ich die zeitgeschichtlichen Bezüge, die besonders in der ersten Hälfte des Romans in ihrer Auswirkung auf das Leben der einfachen Menschen beschrieben wurden.
Waren zunächst die Charaktere gut gezeichnet, wurden sie spätestens mit dem Aufenthalt der Familie in Kuwait immer schablonenhafter und die Entwicklung der Geschehnisse wurde etwas vorhersehbarer. So kam es zu einer Kühle und Distanziertheit zwischen den Protagonisten und mir, die so auf den ersten Seiten des Romans nicht zu erwarten war.
Trotz meiner Kritikpunkte habe ich „Ismaels Orangen“ sehr gern gelesen. Besonders die Kindheit Salims und Judiths hat mich gefesselt. Der Roman ist recht flüssig zu lesen. Zu Beginn musste ich mir fremde Begriffe noch recht häufig im Glossar nachlesen, mit der Zeit prägte ich mir die wichtigsten jedoch ein und der Lesefluss wurde seltener durch das Nachschlagen unterbrochen.
Der Nahostkonflikt begleitet mich schon mein ganzes Leben. Dieser sehr lesenswerte und interessante Roman hat meinen Blick auf einen politischen Brennpunkt gelenkt, über den ich mich künftig noch weiter informieren werde. Ich empfehle ihn gern allen zeitgeschichtlich interessierten Lesern. Er ist ein zum Nachdenken anregender Roman, der neben der Geschichte einer großen Liebe auch viel Wissenswertes vermittelt.