>alias Grace< von Margaret Atwood

  • Hallo @ll


    Klappentext
    Toronto, November 1843: In einem Gerichtsverfahren, das in ganz Nordamerika Aufsehen erregt, werden das 16 jährige Dienstmädchen Grace Marks und der 29 jährige James McDermott des Mordes an ihrem Arbeitgeber schuldig gesprochen. James McDermott wird hingerichtet, Grace verbringt die nächsten 30 Jahre im Gefängnis.
    16 Jahre nach dem Doppelmord wird Grace von dem ambitionierten jungen Nervenarzt Dr. Simon Jordan untersucht. Jordan versucht, den Schleier der Amnesie zu lüften, der in der Erinnerung der jungen Frau den Tag der Bluttat verhüllt.
    Langsam fasst Grace Vertrauen zu dem Arzt und beginnt ihm zu erzählen: von ihrer verarmten irischen Familie, von der Auswanderung nach Kanada, von dem tragischen Tod ihrer einzigen Freundin Mary Whitney. Aus diesen Erinnerungen entsteht wie aus den Flecken eines Quilts, den Grace näht, nach und nach das Muster eines Lebens, das geprägt wurde von der Suche nach Freundschaft und Vertrauen; eine Suche, die vielleicht - mit einem Mord endete.


    Der 150 Jahre alte Kriminalfall um Grace Marks ist in Kanada seit langem zum Mythos geworden. Aus den spärlichen Fakten und widersprüchlichen Zeugenaussagen hat Margaret Atwood einen Roman gemacht, der, die historische Gestalt zu neuem Leben erweckt.


    Margaret Atwood, 1939 in Ottawa geboren, ist eine der bedeutendsten Autorinnen des nordamerikanischen Sprachraums. Neben zahlreichen Lyrikbänden erschien 1969 ihr erster Roman >Die essbare Frau<, gefolgt von u.a. >Der lange Traum<, >Lady Orakel<, >Die Unmöglichkeit der Nähe<, >Der blinde Mörder<, >Der Salzgarten<, und zuletzt >Tipps für die Wildnis<. >Der Report der Magd< wurde von Volker Schlöndorff unter dem Titel >Die Geschichte der Dienerin< verfilmt.
    Margaret Atwood lebt mit ihrer Familie in Toronto.


    Mein erster Eindruck, ist ein ausnehmend guter! :D
    Durch Bibliomana's Buchvorstellung >Der blinde Mörder< bin ich eigentlich zum ersten Mal bewusst auf diese Autorin aufmerksam geworden, von der ich (leider) bis heute noch nichts gelesen habe. Was natürlich im Nachhinein besehen, ein Fehler war. Aber das ändere ich ja gerade. :wink:
    Eigentlich wollte ich ja den "blinden Mörder" zuerst lesen, aber.....ich hatte mir auch dieses Buch bestellt, und bin bereits beim Anlesen, bei diesem Roman geblieben.
    Auch ich bin von Margaret Atwood's schöner, poetischer Sprache begeistert, ebenso von der Tatsache, dass diesem Buch ein wahrer Kriminalfall zu Grunde liegt, und auch die Zeit, in der die Geschichte spielt, ist für mich äusserst interessant.
    Also, wie ihr seht: Begeisterung rundum! =D>


    Gruss Bonprix :wink:

  • @ bonprix, ich bin (mal wieder) einer Meinung mit dir. Ein sehr fesselndes Buch, ein historisch-biografischer Roman mit Krimi-Elementen, in dem man darüber hinaus noch einiges über den Quilt und seine Bedeutung lernt. Bis dahin war ich nämlich der Ansicht, es seien lediglich Decken, Kissen usw., für die in diffiziler Kleinarbeit Stoffstücke aneinander gestichelt werden.


    Hast du dir weitere Informationen über die tatsächliche historische Grace besorgt? Wenn ich mich nämlich richtig erinnere, hat Atwood der Geschichte einen fiktiven Schluss gegeben, oder? (Ich hatte das Buch kurz nach seinem Erscheinen gelesen und das ist schon ein paar Jährchen her.)


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hallo Marie
    Ich bin ja so begeistert von diesem wunderbaren Buch, von dieser (auch) traurigen Geschichte, dass ich es schwer in Worte fassen kann, vor allem wenn man den zum Teil realen Hintergrund bedenkt.
    Informationen zu Grace habe ich mir noch keine besorgt, ich möchte das Buch zuerst beenden.
    Gruss Bonprix :wink:

  • @ Bonprix, es freut mich zu hören, dass ich dein Interesse für Margaret Atwood geweckt habe und du meine Begeisterung für die Autorin (zumindest bei diesem Buch ) teilst! :thumleft:
    Alias Grace habe ich ja kürzlich auch gelesen, hat mir auch gut gefallen. Interessant fand ich die Schilderung des Lebens im 19.Jahrhundert –die Auswanderung nach Kanada, das Leben der Dienstmädchen, die Beschreibung der gesellschaftlichen Zwänge, denen die Mann-Frau- Beziehungen unterworfen waren und auch die damaligen Ideen u. Theorien die Psychologie betreffend. Ich sehe das Buch eher als historischen Gesellschaftsroman, weniger als Krimi.
    Ich habe über Grace Marks nicht näher recherchiert, aber im Nachwort schreibt die Autorin noch ein bisschen über die Hintergründe der Geschichte und darüber was historisch belegt ist und was fiktiv ist.


    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • @ Bibliomana, kennst du auch Atwoods Kurz- und Kürzestgechichten?


    Zum Beispiel "Die Giftmischer"


    Aus dem Klappentext:
    "Für die Freunde makabrer Grusel- und Gute-Nacht-Geschichten hält Margaret Atwood diese Sammlung literarisch hochkarätiger Kurzprosa bereit, die einiges über Männer, etliches über Vampire, alles über Frauenromane enthält, noch dazu Anleitungen zum Giftmischen, welches, wie die Autorin glaubhaft versichert, 'soviel Spaß macht wie Kuchen backen'."


    Weil Atwood zu den AutorInnen gehört, von denen ich fast alle Bücher besitze (die andern stehen auf der Wunschliste), gehören auch die "kleinen Sachen" dazu. Die meisten Geschichten sind sehr kurz (2-3 Seiten), aber umso prägnanter und vergnüglicher.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hallo @ll


    Ich habe das Buch (leider) beendet, und bin von dieser ungewöhnlichen, in einer wunderbaren Sprache erzählten Geschichte restlos begeistert. =D>
    Wie bereits erwähnt, handelt es bei "alias Grace" um eine fiktive Geschichte, obwohl sie auf der Realität basiert. Ihre Hauptgestalt, Grace Marks, war eine der berüchtigsten kanadischen Frauen der 1840er Jahre - sie war im Alter von sechzehn Jahren wegen Mordes verurteilt worden, arbeitete während ihrer Inhaftierung viele Jahre lang als vertrauenswürdige Bedienstete im Haus des Gefängnisdirektors, was zu damaliger Zeit durchaus üblich war, und wurde erst nach 30 Jahren Haft begnadigt.
    Der Roman wird durch die verschiedenen Erzählelemente aufgelockert; zum einen Grace Marks, die Doktor Jordan ihre packende Lebensgeschichte erzählt, zum anderen den Briefwechsel von ihm mit seiner Mutter, einem Freund und einigen (Arzt)Kollegen.
    Mir hat diese Erzählweise gut gefallen, sie trägt auch dazu bei, dass es durchgehend interessant und spannend bleibt.
    Von Grace Marks ist nach ihrer Haftentlassung nur wenig bekannt; in den Archiven ist verzeichnet, dass sie vom Oberaufseher und seiner Tochter in den Staat New York gebracht wurde, in ein "dort gefundenes Heim". Spätere Berichterstatter behaupten, dass sie dort heiratete, obwohl hierfür keine Beweise zu finden sind.
    Nach diesem Datum verliert sich jede Spur von ihr. Ob Grace Marks wirklich die Möderin von Nancy Montgomery und die Geliebte von James McDermott war, ist alles andere als klar. Genausowenig ist erwiesen, ob sie tatsächlich wahnsinnig war oder den Wahnsinn nur vorspiegelte - wie viele andere auch - um sich bessere Haftbedingungen zu sichern.
    Der wahre Charakter der historischen Grace Marks bleibt ein Rätsel.


    Fazit: Ich bin mir nicht sicher was Grace Marks betrifft, und könnte mir an Hand ihrer Erzählung schon vorstellen, dass sie zumindest bei dem Mord an Nancy Montgomery beteiligt, und nicht so ganz unschuldig an den Geschehnissen im Hause Kinnear war.
    Ein packendes, spannendes Frauenschicksal, welches in ein ausgesprochen gut zu lesendes Buch verpackt war.***** :thumright:


    Gruss Bonprix :study:

  • @ Marie, Danke für den Tipp! Nein, ihre Kurzgeschichten kenne ich noch nicht, aber der Beschreibung nach, denke ich, dass sie auch mir gefallen könnten :thumright:

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Nach dieser so positiven Buchvorstellung von Bonprix hatte ich das Buch bereits in meine LiB vermerkt und dann lief es mir mehr oder weniger per Zufall in der Bücherei über den Weg. Also habe ich meine SUB zu Seite geschoben und bin in die Welt der Grace eingetaucht.
    Von der ersten Seite an zog mich ihr Leben magisch an.
    Ob sie tatsächlich eine Mörderin war? Ich rätsle immer noch. Einerseits war sie erst 16 Jahre alt und ihre Reaktionen mit Sicherheit auch altersbedingt gelenkt, andererseits irritieren mich die Gespräche mit Dr. Jordan, dem sie das Geschehene wohl sortiert präsentiert. Sie macht auf mich keinen wahnsinnigen Eindruck, andererseits inwieweit kann man unbequemes, erschreckendes tief ins Unterbewußtsein verdrängen? Gespaltene Persönlichkeit-eher eine Schutzbehauptung?
    Ich denke mal, daß sie an Nanca Montgomerys Tod nicht ganz unbeteiligt war, aber sicher bin mir auch da nicht.
    Alles in allem ein faszinierendes Buch, ein Leben von Margarete Atwood glänzend in Szene gesetzt.
    Bonprix danke für den wertvollen Tipp!!! Auch für mich ein absolutes 5 Sterne Leseerlebnis.
    Gruß Wirbelwind


    :study: Katryn Berlinger, Das Schokoladenmädchen

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • "Alias Grace" liest sich wirklich sehr gut und ist auch streckenweise sehr interessant,meiner Meinung nach,insbesondere die Geschichte von
    Grace Leben lässt sich gut wegschmökern.
    Der Rest hat mir eigentlich nicht so zugesagt.
    Besonders die Briefwechsel und die Anfänge der Kapitel haben sich etwas zäh hingezogen.
    Ich fand es storymässig dann doch sehr vorhersehbar und dadurch enttäuschend.
    Durch den Titel des Buches hatte ich schon so eine Ahnung... ;)
    Auch wie sich die einzelnen Charaktere zum Ende hin entwickeln war nicht schlüssig.
    Der Charakter des Doktors wurde doch recht merkwürdig und abstrakt
    und:


    Für meinen Geschmack war das alles dann doch sehr unstimmig und hinterlies mich letztendlich unbefriedigt. :-s