Paul M. Cobb - Der Kampf ums Paradies. Eine islamische Geschichte der Kreuzzüge/The Race for Paradise. An Islamic History of the Crusades

  • Klappentext:


    Wie stellen sich die Kreuzzüge aus muslimischer Sicht dar? Wie reagierten die mittelalterlichen Muslime auf die christliche Aggression? Wie erlebten und bewerteten sie die Kreuzzüge? War das der große Zusammenprall der Kulturen - mit Nachwirkungen bis heute? Oder nicht mehr als eine Reihe kriegerischer Auseinandersetzungen mit wechselndem Erfolg? Paul M. Cobb schlägt mit diesem Buch eine neue Seite der Kreuzzuggeschichte auf. Er zeigt die Begegnungen zwischen Muslimen und Christen aus muslimischer PErspektive: auf den Schauplätzen des "Heiligen Krieges und in vielen Geschichten abseits davon, die den Hintergrund und die Vielschichtigkeit dieses komplexen Beziehungsgefechts erst verständlich machen.


    Eigene Beurteilung/s. auch amazon.de:


    Jihad, Heiliger Krieg, Kreuzzug – in der aktuellen Berichtserstattung und in der politischen Diskussion und privaten Gesprächen tauchen diese Begriffe immer wieder auf und scheinen so einen Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen Ereignissen und Handlungen in unserer Zeit und im Mittelalter aufzubauen. Aber ist nicht schon die heutige Situation zu komplex für allzu einfache Antworten?


    Professor Cobb von der University of Pennsylvania scheint auf jeden Fall für die mittelalterliche Situation dieser Meinung zu sein. Immerhin umfasst die Zeit der mittelalterlichen Islamisierung und der kämpferischen Expansion mehrere Jahrhunderte, in denen neben den „fränkischen“ Kreuzfahrern auch unter anderem die Mongolen unter Dschingis Khan und die Turkvölker in das „Haus des Islam“ gekommen sind und jeweils für große Umwälzungen gesorgt haben. Und dann hat es in diesen Jahrhunderten auch die Herausbildung verschiedenster Islamischer Strömungen gegeben, die oft auch durch lokale Auslegungsmomente geprägt gewesen sind, so dass sich über einen großen Teil dieser Zeitspanne die Muslime meistens gegenseitig bekämpften – und das sogar zum Teil mit Hilfe „fränkische“ Truppe, sofern dies gerade politisch oder militärisch opportun erschien. Wie es übrigens die christlichen Streiter im Gegenzug auch gehalten haben. Abendländische Quellen zeigen dies sehr häufig und sie zeigen auch, dass die Religion bei diesen Entscheidungen für Kriegserklärungen und Bündnisse oft nur eine nachgeordnete Rolle gespielt haben dürfte. Denn im Mittelalter ist Krieg in der Regel sehr schlecht fürs Geschäft gewesen und kaum eine der damaligen Konfliktparteien konnte sich von materiellen Erwägungen lossagen.


    Das Buch stellt die Ereignisse über die Jahrhunderte sehr dicht dar und ist damit nicht unbedingt leicht zu lesen – besonders, wenn gerade ein Zeitsprung eingesetzt hat und zuvor gelesene Namen wieder aus einer anderen Perspektive besprochen werden – und die häufigen Beschreibungen von Belagerungen hätten gerne ein wenig knapper ausfallen dürfen. Aber man bekommt wirklich eine Menge Material um weiter darüber nachzudenken – unter anderem auch mit Hilfe der in den An-merkungen angegebenen Literatur.


    Am kritischen Apparat würde ich dann auch am Ehesten Kritik üben wollen. Zunächst einmal freut bei so einem Werk sicherlich ein Index und ein Namensverzeichnis, aber bei so vielen Anmerkungen hätte ich persönlich Fußnoten den Endnoten dieser Ausgabe vorgezogen. Außerdem ist der bibliographische Überblick zwar ganz nett, aber irgendwie fehlt mir schon eine Bibliographie in der üblichen alphabetischen Form – oder nach Themen geordnet. Da ist ein Fließtext mit Titelangaben nicht ganz so hilfreich. Daneben gibt es noch ein Abkürzungsverzeichnis.


    Das vorliegende Buch ist sehr sachlich gehalten und in der Sache überaus informativ – wenn auch vielleicht der ein oder andere Exkurs ein wenig zu weit führt. Aber als Gegengewicht zur westlichen Geschichts-schreibung ist „Kampf um Paradies“ sicherlich ein Titel, der Einzug in jedes historisch-orientierte Bücherregal finden sollte.