3. Teil: Kapitel 6

  • Zu Heidis Fragen:


    Doch, ich denke schon, dass die beiden miteinander schlafen, der Anfang von Kapitel 6 läßt das leicht anklingen (habe das Buch nicht da, sonst würde ich raussuchen, was ich meine) - paßt auch irgendwie zu dem, wie Clawdia sich in diesem Gespräch gibt und auch Hans "liebt" sie nicht im bürgerlichen Sinne, im Flachland wäre sie nicht akzeptabel. Diese Liebeserklärung will gar nicht auf eine feste Beziehung hinauslaufen, also - plakativ gesprochen - worauf sonst als auf Sex.
    Ich kenne den Film nicht, finde aber, dass man es auch dort nur andeuten hätte sollen, so dass sie wie im Buch jeder seine eigene Meinung dazu bilden kann.


    Zum Thema Moral und Laster - diesen Gedanken fand ich sehr interessant, auch wenn ich ihm nicht vorbehaltlos zustimmen würde: Im Laster kann man moralisches Rückgrad zeigen, vielleicht ist das sogar schwieriger als im Guten - aber wenn ein Mensch gar nichts Gutes tut :?:
    Umgekehrt kann sich die Unmoral auch im Guten zeigen, ich denke da an jemanden der vielleicht eine alte Frau pflegt, in der Hoffnung dick zu erben. Wer ist denn "besser", der Unmoralische, der Gutes tut, oder der Moralische, der Laster pflegt? So pauschal klappt das nie...


    Katia

  • Hallo Katia


    Ich bin gestern nur bis Kapitel 6 gekommen, dann bin ich gleich gespannt :wink:
    Also im Film wird auch nichts gezeigt, nur dass Hans am nächsten Tag aus Clawdias Zimmer kommt.


    Zur Moral:
    Da hatte ich mir mal folgendes Beispiel ausgedacht. Wenn eine Frau oder Mann (bleiben wir beim Thema) viel Sex hat, es aber nie mit Minderjährigen machen würde; dann liegt die Moral in der Lasterhaftigkeit.
    Wenn aber jemand, der sowieso nur max. einmal im Monat Sex hat und sich damit hervorheben würde, Sex mit Minderjährigen niemals im Leben, liegt da zwar Moral drin. Aber bei Desinteresse :wink: wiegt das nicht viel auf, oder?


    Ja, Unmoral im Gutem, das ist auch wieder ein weites Feld :idea:
    Scheinheiligkeit :!:

  • Hallo Heidi!


    Zitat

    Original von Heidi Hof



    Also im Film wird auch nichts gezeigt, nur dass Hans am nächsten Tag aus Clawdias Zimmer kommt.


    Na, das ist ja schon ziemlich eindeutig, sie wird ihm wohl kaum ihren Samowar gezeigt haben ;) Allerdings fällt mir auch keine gute filmische Umsetzung dieser Zweideutigkeit ein...


    Zitat

    Original von Heidi Hof



    Zur Moral:
    Da hatte ich mir mal folgendes Beispiel ausgedacht. Wenn eine Frau oder Mann (bleiben wir beim Thema) viel Sex hat, es aber nie mit Minderjährigen machen würde; dann liegt die Moral in der Lasterhaftigkeit.
    Wenn aber jemand, der sowieso nur max. einmal im Monat Sex hat und sich damit hervorheben würde, Sex mit Minderjährigen niemals im Leben, liegt da zwar Moral drin. Aber bei Desinteresse :wink: wiegt das nicht viel auf, oder?


    Ah, interessant, das ist nochmal ein bißchen eine andere Richtung, als die in die ich dachte. Das klappt im Guten aber auch - Beispiel aus den Fingern gesaugt: wenn jemand 100€ für einen guten Zweck spendet, dann macht es moralisch schon einen Unterschied, wieviel Geld er für sich selbst zur Verfügung hat, bei Michael Schuhmacher beeindruckt mich das nicht, bei einem 10jährigen Schüler, der dafür auf etwas verzichtet, dagegen sehr.

  • Hallo Katia


    Ich habe im Kapitel "Veränderungen" nun auch einen eindeutigen Beweis gefunden. Herr Settembrini nannte Hans, er wäre jetzt kein Mann des Geistes mehr, sondern des Fleisches. Ich glaube, das ist eindeutig, oder? :loool:


    Siehst habe ich beim Vierten Mal doch noch was dazu gelernt :thumright:

  • Hallo Heidi



    Das ist nun wirklich eindeutig! War ja eigentlich mal Zeit, unser Hans ist ja schon 24 :loool:


    Ich habe diese Tage die ersten beiden Unterkapitel gelesen und Naphta kennengelernt, ist aber noch zu früh, um da Einschätzungen abgeben zu können. Scheint mir so, als würde die Weltpolitik ab jetzt eine größere Rolle spielen. Überhaupt war diese Szene, der Spaziergang der vier sehr schön beschrieben, die beiden intellektuellen älteren Männer außen, innen die eher naiven Hans und Joachim, ich kann mir gut vorstellen, wie sich die beiden in diesem Kreuzfeuer gefühlt haben.


    Es gefällt mir immer noch sehr gut, aber im Moment muß ich mich doch jeden Abend zum Weiterlesen aufraffen, vielleicht weil jeder Abschnitt soviel zum Nachdenken ergibt.


    Liebe Grüße von Katia

  • Zitat

    Aus dem "Handbuch Thomas Mann"


    Naphta ist eine äußerst vielschichtige Figur, er hat mit seiner Widersprüchlichkeit schon viele Interpreten in die Verzweiflung getrieben. Er ist gleichzeitig Jesuit, Kommunist und Ostjude, vertritt also mindestens drei extreme Haltungen und Richtungen.


    Liebe Katia, also verzweifle nicht daran :wink:
    Wenn schon die Gelehrten bei ihm ins Schleudern kommen, müssen wir uns nicht absolut darüber den Kopf zerbrechen :loool:


    Er ist auf jedem Fall ein komischer Kauz :shock:

  • Ich habe mit diesem Unterkapitel gerade erst angefangen, genauer - die Beschreibung von Naphtas Kindheit und Jugend habe ich gelesen.
    Die Kapitel vorher waren sehr spannend, diesmal ist ja sehr deutlich geworden, dass Hans NICHT krank ist, und der Besuch von James "gewiß selbstvers-tändlich" sehr amüsant.


    Heine gelesen, ähm, da tut sich bei mir eine Bildungslücke auf, ich habe zwar sein "Buch der Lieder" aber das nur auszugsweise gelesen und das ist auch 10 Jahre her - naja, dann werde ich die nächsten 30 Seiten eben Bahnhof verstehen - schad' auch nichts.


    Katia

  • Ähm, Katia, das Bändchen Heine hieß "Zur Geschichte der deutschen Religion und Geschichte", oder so ähnlich.
    Ja, dieses Wortgefecht habe ich die letzten dreimal kaum verstanden, jetzt habe ich eine kleine Ahnung, aber richtig begriffen habe ich es noch nicht.
    Auch das Unterkapitel "Schnee" ist nicht so ohne. Wenn du da bist können wir zwei ja mal Interpretationsansätze >philosophieren< :wink:


    Aber dann wird es dann wieder einfacher :cheers:

  • Hallo Heidi,


    o.k. das erklärt mir, was das Kapitel mit Heine zu tun hat (dass es sich nicht auf das Buch der Lieder bezieht war mir eh klar). So richtig verstanden habe ich das Gespräch auch nicht, dazu hätte ich es erstens gründlicher lesen müssen und das (zweitens) würde ich nur machen, wenn mich die Thematik mehr ansprechen würde - vielleicht sind mir Naphtas Argumente auch einfach zu fremd, als dass ich mich wirklich auf sie einlassen wollte.


    Den "Schnee" habe ich schon gelesen, und an der Oberfläche interpretiere ich den sehr positiv - das erste Mal hat Hans wirklich gekämpft, sich aus eigener Kraft aus einer misslichen Lage befreit: Das gibt mir die Hoffnung, dass er den Sprung ins Flachland doch noch irgendwann schaffen wird. Seine Fantasien: darin würde ich zunächst mal ein Abbild des Berghofs sehen - an der Oberfläche eine "glückliche" Gemeinschaft von Menschen, die ihre Tage in Müßiggang verbringen, doch tief im Inneren des "Tempels" lauert der Tod. Vielleicht stehen die beiden Hexen auch für Settembrini und Naphta, die jeder am armen Hans herumziehen und ihn versuchen zu beeinflussen. Während der Gespräche ist offensichtlich, dass sie ihn überhaupt nicht ernst nehme - seine Einwände und Bemerkungen immer nur abschmettern....


    Ich bin im letzten Unterkapitel "Als Soldat und brav", weil ich auf "thomasmann.de" ein bißchen rumgesurft bin, weiß ich auch, dass es traurig ausgehen wird....


    Liebe Grüße von Katia

  • Hi Katia


    Ich habe das mit den Hexen genauso gesehen. Ich war da richtig überzeugt von, allerdings steht dann im Thomas Mann Handbuch etwas von der griechischen Mythologie, wobei ich wieder nur "Bahnhof" verstand :loool:


    Ja, es endet sehr traurig, aber damit hat dann Hans seine perfekte Ausrede: Wenn man sich nicht total auskuriert, dann ...


    So, ich werde jetzt "Saturday" nebenbei lesen (Das Buch muss ich nämlich bis zum 3.01. auch gelesen haben, da es vorgemerkt ist in der Bücherei.), vielleicht schafft dann Rosalita den Anschluss \:D/

  • So, Kapitel 6 beendet, wie erwartet war es sehr traurig :cry:


    Was haben denn die Hexen mit der griechischen Mythologie zu tun (Meinst Du eigentlich dieses Handbuch?) - gibt's da irgendwelche Hexen, ich erinner mich nur an Sirenen oder vielleicht Amazonen, und Kinder fressen, das war doch Chronos :scratch:


    Katia

  • Ja, genau Katia. Dieses Handbuch habe ich von meiner Mutter im Sommer zum Geburtstag geschenkt bekommen. Dort steht sehr vieles drin:


    - seine Zeit
    - jüdische Welt
    - Th. Mann in Bezug zur Literatur
    - ... Philosophie
    - ... Religion, Kunst, Musik
    - seine Werke
    - Ästhetik und Kritik


    Zitat

    Zitat Thomas Mann Handbuch S. 414


    ... Er sprengt die Kategorien von >>Form<<, >>Unform<< und >>Überform<< und ersetzt sie durch die mythischmetaphysischen Prizipien des Apollinischen und Dionysischen, so wie Nietzsche sie in der Geburt der Tragödie beschrieben hat. Mit dem apollinischen Traum von Licht, Maß und Klarheit haben die Griechen nach Nietzsche die Schrecken des Dionysischen verstellt, das im Rausch, im Schmerz und in der Lust den Menschen zerreißt.


    Verstehst du das? Ich nicht :oops:

  • Hallo!


    Ach, ich liebe diese nachweihnachtlichen Tage, die Verwandtschaftsverpflichtungen sind erledigt, heute war nur Faulenzen angesagt ... und ich hab jetzt mächtig beim Zauberberg aufgeholt :D


    Ja, es stimmt. Im Kapitel "Veränderungen" gibt es doch einige Hinweise darauf, dass die beiden miteinander geschlafen haben.
    Mir kommt Hans jetzt auch viel selbstbewusster, motivierter und "lebendiger" vor. Er lamentiert nicht mehr vor sich hin, er betreibt Experimente in Botanik und beschäftigt sich mit allerhand Gedanken ("Regieren", wie er es nennt), entwickelt sozusagen ein soziales Gewissen, wie mir scheint.


    Ich machte nun auch schon Bekanntschaft mit Naphta. Dieser Mensch, Jesuit, wie sich herausstellte, ist mir nicht geheuer. Seine Wortgefechte mit Settembrini allerdings sehr interessant. Leider habe ich Heine immer noch nicht gelesen :( und so tu ich mir doch recht schwer beim Lesen und verstehe vieles nicht so richtig.


    Naphtas Gedanken mag ich allerdings gar nicht. Seine Ansicht, Krieg sei im "Zeichen des guten Zweckes" zu tolerieren, nein, da bin ich nicht dabei. Ich habe gerade ein bisschen in Wikipedia über die Jesuiten nachgelesen, habe aber nicht wirklich einen Anhaltspunkt für diese Thesen gefunden.


    Allerdings folgendes Zitat:

    Zitat

    So erklärte Ignatius von Loyola: „Ich werde glauben, dass Weiß Schwarz ist, wenn es die Kirche so definiert.“ (Hierbei sind allerdings nur Glaubenssätze im Blick, wie ein Beispiel erläutert: Ich glaube, dass das Brot der Eucharistie der Leib Christi ist, wenn es die Kirche definiert.)


    Dieses Zitat lässt doch hinweisen, dass es sich wohl um eine nicht sehr tolerante Gruppe handelt(e). Aber ich bin kein Religionswissenschafter und kann hier auch keine These abgeben.


    Warum will Settembrini Hans vor Naptha fernhalten? Hat er Angst, Hans könnte ob seiner Naivität und Labilität Naphtas Ansichten teilen? Wie sich aber zeigt, hat Hans doch sehr wohl eine eigene Meinung, bzw. er entwickelt sie im Laufe der Geschehnisse.


    Sehr verwundert war ich über die Reaktion von Dr. Behrens, als Joachim seine Abreise entschied. Warum wurde Behrens so jähzornig, warum schickte er auch gleich Hans mit nach Hause? Ich weiß nicht, aber Dr. Behrens ist mir doch sehr suspekt. Einerseits betont er doch immer wieder, er sei "nur" Arzt, andererseits nimmt er doch alles sehr persönlich.


    Aber gut, Hans bleibt also hier, ich beginne jetzt mit dem "abgewiesenen Angriff".

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Hallo,
    es schreitet voran ... :lol:
    Ich habe jetzt das Kapitel "Schnee" hinter mir und habe es eigentlich auch so verstanden, wie Katia es bereits beschrieben hat. Hans ist hin- und hergerissen zwischen den Argumenten von Settembrini und Naphta. Er erkennt die Oberflächlichkeit im Bergdorf und darunter die vielen Kranken (und auch Toten).


    Das Kapitel zuvor war sehr anstrengend zu lesen, dem Diskurs zwischen Settembrini und Naphta konnte ich nur sehr schwer folgen, mir fehlen hier wohl die philosophischen Grundlagen.


    Allerdings find ich es sehr erholsam, wenn einem so anstrengenden und schwer zu lesenden Kapitel dann wieder ein so ein relativ leicht zu lesendes wie "Schnee" folgt.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Hallo!


    Ich habe jetzt auch dieses doch sehr anstrengende 6. Kapitel beendet.


    Den Konfrontationen Naphta-Settembrini konnte ich teilweise nur sehr schwer folgen. Mir fehlt es leider an detaillierten Kenntnissen. Mittlerweile bin ich mir aber gar nicht mehr so sicher, dass ich auf Settembrinis Seite bin. Ich glaube, dass keiner der beiden "Recht" hat, es sind zwei Fundamentalisten, die hier aufeinanderprallen.


    Bei wikipedia habe ich einen recht guten Überblick über Wesen und Unwesen der Freimaurer gefunden, der mir persönlich doch geholfen hat, die Motivation und Haltung des Herrn Settembrini besser zu verstehen.


    wikipedia


    Schmunzeln musste ich bei jener Passage, als Joachim an einer Erkältung "erkrankt" und beschlossen wird, es auf dem "Dienstweg" zu melden :mrgreen:


    Dr. Behrens wird mir ein immer größeres Rätsel, der ist nicht echt :cyclopsani:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)