Jenna Blum - Die uns lieben/ Those Who Save Us

  • 1997 ist die Universitätsprofessorin Trudy Swenson Ende fünfzig und lebt und lehrt in Minnesota. An ihre Kindheit in Deutschland hat sie nur wage Erinnerungen, lebt sie doch schon seit Ende des zweiten Weltkrieges mit ihrer Mutter Anna und ihrem Stiefvater Jack in den USA. Nach dem Tod von Jack findet Trudy in einer Schublade ihrer Mutter ein altes Foto, eine Abbildung von Anna und einem SS-Offizier. Trudys Nachfragen bei ihrer Mutter nach der Vergangenheit stoßen immer wieder auf Schweigen und Ablehnung, überhaupt ist das Verhältnis der beiden schwierig. Doch Trudy will die Wahrheit erfahren und beginnt mit ihrem Deutschlandprojekt eine intensive Recherche. Während sie viele Interviews führt und den Erzählungen lauscht, tauchen immer wieder Erinnerungen in Trudy auf, lange verschollen und vergessen. Doch eines Tages erfährt sie durch einen Interviewpartner mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter Anna und somit auch über ihre eigene.


    Jenna Blum hat mit ihrem Buch „Die uns lieben“ einen tiefgehenden und ergreifenden historischen Roman vorgelegt, der die deutsche Geschichte und die Zeit des Nazi-Regimes einmal mehr in beeindruckender Weise präsent werden lässt. Der Schreibstil ist zu Beginn etwas schwierig, doch dranbleiben lohnt sich, auch wenn die Protagonisten bei ihrer Erzählung immer in der dritten Person geschildert werden. Sehr direkt und spannend lässt die Autorin ihre Protagonistinnen durch die Geschichte laufen, beide immer auf der Suche, die eine nach Sicherheit, die andere nach der Wahrheit.


    Der Roman wird in zwei Zeitebenen erzählt, zum einen die Gegenwart und auf der anderen Seite die Vergangenheit, die aber durch die Überschriften der einzelnen Kapitel klar erkennbar sind. Die Geschichte beginnt 1940 mit Anna in Weimar und erzählt Annas Werdegang, nachdem ihr eigener Vater sie wegen einer Schwangerschaft aus dem Haus weist. Annas Leben ist von Entbehrungen, Unterwerfungen, Gewalt und Sorgen geprägt. Sie versucht auf Biegen und Brechen, sich und vor allem ihre Tochter Trudy durchzubringen, dabei verliert sie sich selbst, denn sie geht fürs Überleben eine unglückliche Verbindung ein in der Hoffnung, ihre Tochter zu schützen. Anna ist eine starke und mutige Persönlichkeit, die nichts unversucht lässt, um das Kind ihrer heimlichen Liebe zu schützen. Dabei geht sie Risiken ein, verkauft sich selbst und lässt sich demütigen. Die Gräueltaten sind ihr so nah, dass man sich als Leser nicht wundert, dass Anna so kalt und abgebrüht wirkt, dabei ist sie innerlich fast zerbrochen. Mit Tochter Trudy ist das Verhältnis schwierig, fast könnte man sagen zerrüttet. Anna kann und will Trudy die Wahrheit nicht erzählen, vielleicht aus Angst, dass ihre Tochter sie verachten könnte, vielleicht aber auch, weil es immer noch so viele gibt, die Ressentiments gegenüber Juden hegen. Trudys Erinnerungen sind verschüttet und kommen erst nach und nach wieder. Sie ist ebenso hartnäckig wie ihre Mutter und verbeißt sich darin, die Wahrheit herauszufinden, koste es was es wolle. Die Wahrheit kann nicht so viel Angst einjagen wie eine erdachte Erinnerung oder Geheimnisse. Einzig der Abschluss des Romans ist nicht wirklich befriedigend, man hätte sich hier einen schöneren Ausgang gewünscht.


    Jenna Blum ist ein sehr emotionaler und tiefgehender Roman gelungen, der dem Leser ans Herz geht und der sich bei der Lektüre immer wieder die Frage stellt, wie er selbst wohl reagiert hätte unter diesen Umständen. Für Liebhaber von Familiengeheimnissen und historischen Romanen auf jeden Fall eine Leseempfehlung!


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


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    Albert Einstein


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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten