Michael Cunningham - Die Schneekönigin/ The Snow Queen

  • Voller Mitgefühl und Menschlichkeit nähert sich der amerikanische Schriftsteller Michael Cunningham in seinem sechsten Roman seinen Figuren.


    Im New Yorker Stadtteil Bushwick, jenseits von Brooklyn, dort wo die Mieten noch einigermaßen vernünftig sind für einfache Leute, leben die beiden Brüder Tyler und Barrett zusammen mit Tylers Frau Beth in einem alten kleinen Haus.


    Der homosexuelle Barrett Meeks ist erst vor kurzem nach einer weiteren Enttäuschung mit einem Partner aufgetaucht und von Beth und Tyler herzlich aufgenommen worden. Beth ist Tylers große Liebe. Sie ist an einem Krebs erkrankt, der eigentlich unheilbar ist.


    Eines Abends, damit beginnt das Buch, sieht Barrett Meeks ein himmlisches Licht über dem Central Park. Eine spirituelle Erfahrung, die ihn nicht loslässt, über die er bis zum Ende des Buches nachdenkt, um über ihre Bedeutung für sein Leben etwas herauszufinden. Denn sein Leben ist nicht gerade das, was man als gelungen oder erfolgreich bezeichnen würde. Ebenso wenig wie das seines geliebten Bruders Tyler, der ein genialer Musiker ist, dem aber der große Durchbruch bisher misslungen ist. Tyler hält sich mit kleinen Auftritten über Wasser und träumt davon, für seine sterbende Beth das ultimative Liebeslied zu komponieren.


    Tyler und Barrett kümmern sich liebevoll um die todkranke Beth, oft unterstützt von ihrer etwas älteren mütterlichen Freundin Liz, eine Frau, die in vielen Beziehungen vor allem zu jüngeren Männern die Liebe gesucht, sie bisher aber nicht gefunden hat. Trotz der Beschreibung von menschlicher Nähe unter den Protagonisten, bleiben sie alle doch mehr der weniger Einzelgänger.


    Als Beth sich entgegen allen Prognosen zu erholen scheint und die Metastasen verschwinden, glaubt Tyler, es sei die Kraft seiner Liebe gewesen, die diesen Turnaround bewirkte, und Barrett, der ehemalige gläubige Katholik überlegt, ob jenes abendliche Licht am Himmel vielleicht nicht doch eine göttliche Vision gewesen sein könnte.


    Michael Cunninghams Roman ist bei allem Scheitern seiner Personen ein Buch über den Glauben an die Kraft menschlicher Liebe, ein intensive literarische Suche nach den Grundlagen und Bedingungen menschlicher Gemeinschaft und Geborgenheit.