Anne Tyler - Der leuchtend blaue Faden / A Spool of Blue Thread

  • Klappentext:
    Sie glaubten, die perfekte Familie zu sein – doch gibt es die perfekte Familie? Abby und Red werden immer älter, ihre vier Kinder scheinen immer eigenständigere Leben zu führen, und wer soll sich um das nunmehr viel zu große Haus kümmern? Noch ist es der Mittelpunkt, hier treffen die einzelnen Familienmitglieder aufeinander, hier versuchen sie alle, ihre individuellen Vorstellungen durchzubringen. Anne Tyler schaut tief in die Seele ihrer Figuren, entlarvt deren Sehnsüchte und seziert die familiären Beziehungen, wie nur sie es kann. Brillant beobachtet, mit feinem Witz und herzzerreißend – und so nahe am Leben, dass sich jeder im geschilderten Familienleben wiedererkennen kann. (von der Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Anne Tyler wurde 1941 in Minneapolis, Minnesota, geboren und ist »eine der erfolgreichsten Autorinnen der amerikanischen Gegenwartsliteratur « (ZEITmagazin). Sie ist Preisträgerin des Pulitzerpreises und des Sunday Times Awards für ihr Lebenswerk. Bei Kein & Aber erschienen bislang ihre »Romane Verlorene Stunden« (2010), »Abschied für Anfänger« (2012), »Dinner im Restaurant Heimweh«, »Im Krieg und in der Liebe« (beide 2014) und »Der leuchtend blaue Faden« (2015). Anne Tyler lebt in Baltimore. (von der Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: A Spool of Blue Thread
    Erstmals erschienen 2015 bei Alfred A. Knopf / Random House New York
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ursula-Maria Mössner
    Vier Teile
    -1. Nicht bevor der Hund stirbt (S. 7-276)
    -2. Was für eine Welt, was für eine Welt (S. 279-327)
    -3. Ein Eimer blaue Farbe (S. 331-423)
    -4. Eine Rolle blaues Nähgarn (S. 427-447)
    Chronologischer Aufbau: Teil 3, Teil 2, Teil 1, Teil 4
    Aus verschiedenen personalen Perspektiven erzählt
    447 Seiten


    Persönliche Meinung:
    Anne Tyler hat es wieder getan. Wieder das geschrieben, was sie am besten kann: Einen Familienroman. Und immer wieder dreht es sich um etwas chaotische, aber liebevolle Verhältnisse und um Familienmitglieder, die ihr Leben ändern wollen / müssen.
    Dass Tyler immer wieder etwas Neues einfällt, ist zu bewundern. – Auch wenn man dem einen oder anderen Charakter in Variation schon in früheren Büchern begegnet ist. –


    Spektakuläre Inhalte, rasante Abläufe oder spannende Szenen sind Tylers Markenzeichen nicht, dennoch lesen sich ihre Bücher wohltuend und herzerfrischend für denjenigen, der eher eine ruhigere, von Personen getragene und von Alltagsereignissen bestimmte Handlung mag.


    Dieser Roman umfasst die Geschichte eines Hauses von seinem Erbauer bis zum Auszug des letzten Familienmitglieds. Dabei geht Tyler nicht chronologisch vor, sondern erzählt erst die Geschichte der gegenwärtigen Bewohner und geht dann in der Zeit zurück, um am Ende wieder zur Jetztzeit zurückzukehren.


    Im Mittelpunkt stehen Sozialarbeiterin Abby und Baufirmeninhaber Red, Eltern von drei eigenen und einem Pflegekind: die vier sind erwachsen und drei von ihnen haben eine eigene Familie gegründet, so dass sieben Enkelkinder dazugehören. Abbys Aussetzer und Reds nachlassende körperliche Vitalität rufen die Kinder auf den Plan, die tüchtige Rechtanwältin Amanda, die zupackende Jeannie, das schwarze Schaf Denny und den Firmenerben Stem.
    Die alten Rollen, die sie als Kinder in der Familie gespielt haben und eigentlich vergangene Rivalitäten brechen wieder auf. Jeder hatte als Kind seinen Platz, seine Rolle, und demgemäß verhalten sie sich auch als Erwachsene.


    Rollenverhalten genau darzustellen, dabei nicht parteiisch zu werden, sondern jeder Figur ihre unverwechselbare Stimme zu geben gehört auch zu Tylers Spezialitäten. Sie beobachtet treffsicher, schildert prägnant und psychologisch präzise ohne zu sezieren oder zu zergliedern, ganz einfach, indem sie ihre Personen spielen lässt.


    Nach ein paar schwächeren Romanen der Autorin nun wieder ein Buch, in dem sie ihr ganzes Können zeigt und das den Leser zu fesseln vermag: Mit nichts anderem als alltäglichem Wahnsinn, Witz und dem, was jeder kennt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Seit 50 Jahren schreibt sie nun ihre Bücher und hat sich dabei als eine ganz hervorragende Kennerin und Chronistin von amerikanischen Mittelschichtfamilien erwiesen. Selbst sehr zurückgezogen lebend und publikumsscheu, hat sie ihr über Jahrzehnte währendes Interesse an Familiengeschichten in einem ihrer seltenen Interviews so beschrieben:
    "Ehe und Familie gehören zu den wenigen Dingen, aus denen man nicht so einfach rauskommt. Man muss sich irgendwie damit arrangieren.“


    Mit einer tiefen Wärme und Sympathie für die Figuren, die sie erfindet, nähert sie sich deren Lebensschicksalen und fragt immer nach den Verbindungen und den oft den Hauptpersonen unklar bleibenden generationenübergreifenden „Erzählungen“.


    Auch in ihrem neuen Roman „Der leuchtend blaue Faden“ geht es um eine Familie. Über vier Generationen greift sie aus und erzählt deren Geschichte. Dabei bleibt sie nicht in der Chronologie, sondern sie wechselt die Zeitebenen fast spielerisch.


    Im Zentrum steht das alt gewordene Ehepaar Abby und Red Whiteshank. Red hat von seinem Vater Junior vor Jahrzehnten ein Handwerkergeschäft übernommen und arbeitet mit seinem jüngsten Sohn und seiner Tochter zuverlässig und erfolgreich. Um diesen jüngsten Sohn namens Stem rankt sich eine lange Geschichte, die dem Leser erst im Laufe des Buches erzählt wird. Auch der älteste Sohn Denny hat eine ganz besondere Vita, die so gar nicht dem entspricht, was die Familie über Generationen als Tradition hochhält und zu Konflikten führt.


    Abby ist über Jahrzehnte Sozialarbeiterin gewesen, war immer sozial engagiert. Manche ihrer Schützlinge tauchen noch heute in ihrem Haus auf und suchen ihre Hilfe und Unterstützung.


    Als bei Abby immer wieder leichte Gedächtnislücken auftauchen und sie mehrmals von Nachbarn aufgefunden wird, ohne dass sie weiß, wie sie jeweils an den Ort gekommen ist und auch Red nach einem leichten Herzinfarkt nicht mehr der Alte zu sein scheint, geht ein Ruck durch die ganze Familie. Nicht ohne Konflikte geht das ab. Wie einen Patchworkteppich setzt Anne Tyler Menschen und Geschichten in Beziehung, beobachtet und beschreibt deren Eigenarten und auch Schwächen mit warmer Sympathie und lässt den Leser teilhaben an Höhen und Tiefen, lang gehüteten Geheimnissen, an Streit und Versöhnung.


    Wunderbare und detailverliebte Beschreibungen geben dem Leser über weite Strecken das Gefühl, er kenne dieses wunderbare von Reds Vater Junior gebaute Haus wie sein eigenes.


    Ein anspruchsvoller Roman, dennoch leicht zu lesen, unterhaltsam und streckenweise auch spannend.

  • lesen sich ihre Bücher wohltuend und herzerfrischend für denjenigen, der eher eine ruhigere, von Personen getragene und von Alltagsereignissen bestimmte Handlung mag.

    Ich bin gerade am Lesen und kann auf jeden Fall sagen, dass es sich wunderbar leicht liest - und das, obwohl ich zumindest einen der Charaktere überhaupt nicht mag. Mal schauen, wohin mich die Geschichte noch führt, momentan ist gerade Stem mit Familie ins Haus eingezogen. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Ich habe das Buch heute nacht beendet und habe es von Anfang bis Ende mit viel Spaß gelesen. Marie hat in ihrer Rezension sehr treffsicher alles gesagt, was mir auch einfällt - mit besseren Worten als sie mir gerade einfallen. :lol:


    Was mir besonders gefallen hat ist das Spiel mit den Familiengeschichten: bereits im ersten Teil in der Gegenwart werden die beiden Geschichten der Familie Whitshank thematisiert, die immer wieder erzählt werden. Das ist etwas, dass wohl jeder aus der eigenen Familie kennt: Geschichten, die quasi bei jedem Anlass immer und immer wieder erzählt werden. Sehr schön fand ich dann, dass in Teil 2 und 3 genau diese Geschichten das Thema sind - und dass es nicht ganz genau die Geschichten sind, wie man sie sich eben später im Rückblick verklärt erzählt, sondern eben eher so, wie sie sich wirklich zugetragen haben. Ein geschickter Schachzug, der einen auch dazu bringt, über eigene Familiengeschichten nachzudenken. Leider kann ich das in meiner Familie nicht mehr hinterfragen - es gibt niemanden mehr, der mir dazu etwas sagen könnte. :-s


    @Marie Du hast offensichtlich schon einige Bücher von Anne Tyler gelesen und sie waren wohl sehr unterschiedlich. Welches würdest Du mir denn noch empfehlen? :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Welches würdest Du mir denn noch empfehlen?

    Alle. Eins nach dem anderen. :)


    Wenn Du zurzeit auf Familiengeschichten stehst, könnte Dir das hier gefallen. Ist eins meiner Lieblingsbücher von ihr.


    Darum gehts:
    Pearl Tull ist zierlich, zäh und mit ihren überhöhten Ansprüchen oft schwer zu ertragen. Ihr dandyhafter Mann Beck schlägt sich als Vertreter durch, während Pearl das perfekte Zuhause für sich und ihre Familie schaffen will so perfekt, dass Beck sich eines Tages auf und davon macht. Pearl jedoch gibt nicht auf sie will kein Mitleid. Vollkommen selbstständig erzieht sie die drei Kinder, begräbt all ihre Wünsche und Träume, um ihnen ein gutes Leben zu bieten. Doch vor allem bei ihren Familienessen im Restaurant Heimweh muss Pearl immer wieder einsehen, dass dies womöglich nicht die richtige Entscheidung gewesen ist. - Amazon

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Alle. Eins nach dem anderen. :)

    so detailliert wollt ich's gar nicht haben :totlach::friends:


    edit: jetzt wird's peinlich - nachdem ich im Rezensionsthread zu dem von Dir genannten Buch die Liste von Anne Tylers Büchern durchgesehen habe, musste ich feststellen: ich besitze sogar zwei andere Bücher von Anne Tyler und "Mr. Morgan und die Puppenspielerin" hab ich vor Jahrzehnten bereits gelesen. An den Inhalt kann ich mich nicht mehr so recht erinnern, aber ich weiß, dass es mir beim Lesen gefallen hat :pale:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • vor Jahrzehnten bereits gelesen

    :-, Ich habe in Deinem Regal nachgesehen. Merkwürdige Zeitrechnung habt Ihr da unten im südlichen Süden.


    Wobei: Mr Morgan und die Puppenspielerin gehört bei mir zu den weniger beliebten. Aber das andere, das mit großem Erfolg und oscarprämiert verfilmt wurde, besitzt Du sogar im Original. Das gefiel mir gut.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Merkwürdige Zeitrechnung habt Ihr da unten im südlichen Süden. :-,

    Wieso? ?( Meine Ausgabe ist von 1994 und ich weiß, dass ich das Buch noch vor meinem Umzug gelesen habe - ich lebe aber bereits 20 Jahre im Süden = 2 Jahrzehnte :wink:

    Aber das andere, das mit großem Erfolg und oscarprämiert verfilmt wurde, besitzt Du sogar im Original. Das gefiel mir gut.

    Dann rutscht das Buch mal ganz schnell nach oben im SUB :D Ich muss dringend mal meine Regale umsortieren, damit alle Bücher eines Autors beieinander stehen. Die Unterscheidung zwischen Englisch und Deutsch im Regal sorgt bei mir nur für Verwirrung O:-)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • vor meinem Umzug

    Sorry, ich bin nach der Bewertung gegangen, und die stammt von 2012. :uups: Du hast was gut bei mir. Ich könnte Dir z.B. ein Tyler-Buch leihen, wenns soweit ist.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Sorry, ich bin nach der Bewertung gegangen, und die stammt von 2012. :uups:

    Meinem BT-Eintrittsjahr :lol: ich habe damals versucht, aus der Erinnerung heraus meine Bücher zu bewerten, nachdem ich sie alle hier eingetragen hatte :)

    Ich könnte Dir z.B. ein Tyler-Buch leihen, wenns soweit ist.

    darauf komm ich dann gerne zurück, aber das hätte ich sowieso getan :friends:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Felicitas von Lovenberg (FAZ):
    Seit langem habe ich kein Buch so gern gelesen wie dieses.


    Nick Hornby:
    Ich wusste gar nicht, dass Romanschriftstellern gestattet ist, was Tyler macht - mit Geist, Witz und Herz über das Familienleben zu schreiben. Anne Tyler hat mein Leben verändert.


    Jonathan Franzen:
    Anne Tyler gehört zum Besten, was wir an Erzählern gegenwärtig haben.


    Eigentlich mag ich solche Lobhudeleien ja nicht. Aber können sich diese drei irren?


    Meine Ausgabe ist ein schönes Buch von der Büchergilde. In Leinen gebunden mit einem roten Lesebändchen. Die Idee des blauen Fadens spiegelt sich im Cover und auch direkt auf dem Buch sehr gut wieder.


    Anne Tyler erzählt die Geschichte der Familie Whitshanks. Da ist das Ehepaar Abby und Red, die beide nicht mehr die Jüngsten sind. Abbys Gehirn spielt ihr manchmal Streiche, hat kleine Aussetzer, sodass ihr ab und zu einige Minuten fehlen.
    Red hört schlecht, will aber überall noch mitreden, sodass da die kuriosesten Gespräche entstehen. Die Kinder Denny, Stem und Amanda sind erwachsen. Denny war das Problemkind, hat sich nie in die Familie eingefügt. Nein, sobald wie möglich hat er das Elternhaus sogar verlasssen und sie hörten monate- und später auch schon mal jahrelang nichts von ihm. Er wurde Vater, ohne dass sie davon wussten und führt ansonsten ein ganz unstetes Leben. Als aber Stem nach einem Herzinfarkt des Vaters mit seiner Familie bei den Eltern einzog, da tauchte Denny plötzlich auf und wollte ihm diesen Platz streitig machen.


    Die Geschichte springt in der Zeit auch hin und her, da Anne Tyler nicht nur vom Hier und Heute berichtet, nein, es gibt zwischendurch auch Erinnerungen an frühere Zeiten. Zum Beispiel an die jährlichen Ferien im Strandhaus. Oder die Geschichte von Stem, der nicht in diese Familie hineingeboren wurde.


    Und nicht zuletzt spielt das Haus eine große Rolle, in dem die Familie lebt und das schon von Reds Vater gebaut wurde.


    Um auf meine Frage von oben zurückzukommen: Nein diese drei haben sich nicht geirrt. Anne Tyler hat uns eine wunderbare Familiengeschichte geschrieben, die ich mit Begeisterung weiterempfehle.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • mit Begeisterung

    Willkommen im Club. Wer meine Lesevorlieben kennt, weiß, dass ich jetzt sofort anfange, Dir weitere Bücher der Autorin zu empfehlen. Weil ich das aber schon weiter oben gemacht habe, bremse ich mich heute. :)
    Ich hoffe aber, dass Du den gesamten Fred lesen hast. :-,

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Anne Tyler - Der leuchtend blaue Faden



    Familienbande


    In diesem nicht chronologisch aufgebauten Roman von Frau Anne Tyler geht es um die Familie Whitshank aus Baltimore in Maryland. Die Eltern Abby und Red Whitshank bilden hier das Zentrum in der Familie. Dazu kommen dann noch die Kinder Amanda, Jeannie, Dennis und Douglas (Stem) samt ihren Angetrauten und Kindern. Ebenfalls mit einbezogen werden Reds Eltern Jurvis Roy (Junior) und seine Frau Linnie Mae und Reds Schwester Merrick. Das wären soweit die Hauptcharaktere der Familie Whitshank in diesem Roman. Tja, um was geht es hier in diesem Buch. Um nichts Aufregendes oder Spektakuläres. Es geht um das alltägliche Leben der Menschen, ihre alltäglichen Sorgen und Nöte eben. Es geht ums Altwerden und was das mit den Menschen macht, es geht um die Liebe zwischen den Menschen, ganz besonders bei den verheirateten Exemplaren und die Veränderung dieser Empfindung über die Jahre und ebenso geht es auch um Probleme zwischen den Ehepartnern, es geht um Probleme zwischen Eltern und Kindern, es geht um die positiven und negativen Seiten der Empathie, es geht um Geschwisterrivalität und Geschwistermachtkämpfe, es geht auch um die Abgrenzung von Personen innerhalb der Familie, es geht um die Geltungssucht des Menschen und ihre Auswirkungen auf nahestehende Personen, es geht um die Durchsetzungskraft des Menschen, es geht um das Kinderaufziehen und um das Kindererziehen, es geht um die Demenz und deren Auswirkungen auf den Betroffenen und das Umfeld (absolut wunderbar und sehr einfühlsam beschrieben), es geht ums Sterben und das darauffolgende Alleinsein für den Überlebenden. Es geht um die ganzen interfamiliären Beziehungen, wie bereichernd, aber auch anstrengend Familie sein kann. Dabei versucht die Autorin die Charaktere immer aus verschiedenen Sichten heraus und auch zu verschiedenen Thematiken zu beleuchten und schafft so bei mir öfters mal einen Meinungswechsel ihren Charakteren gegenüber, genau dies hat sie bei diesem Roman ganz besonders schön und überaus interessant hinbekommen, wie ich meine.



    Und das von einer Autorin, die Menschen und ihre Beziehungen außergewöhnlich gut beobachten und erfassen, aber auch wiedergeben kann. Und das mit diesem ganz gewissen Sarkasmus, der dich schmunzeln lässt, der dir aber manchmal auch das Schmunzeln erstarren lässt. Und das Ganze geschieht über sehr komplexe Charakterzeichnungen, die auch überaus authentisch daherkommen. Ich liebe ihren Schreibstil! Ein schöner Stil mit genau dem richtigen Lesesog. Dies war das zweite Buch von ihr, welches ich gelesen habe, wird aber ganz gewiss nicht das Letzte gewesen sein.


  • mit Begeisterung

    Willkommen im Club. Wer meine Lesevorlieben kennt, weiß, dass ich jetzt sofort anfange, Dir weitere Bücher der Autorin zu empfehlen. Weil ich das aber schon weiter oben gemacht habe, bremse ich mich heute. :)
    Ich hoffe aber, dass Du den gesamten Fred lesen hast. :-,

    Hallo Marie , ich drucke mir gerade die Texte über meine gelesenen Texte aus und stöbere dabei hier im Forum.

    Ich habe mal in meine Bucherfassungsliste geschaut und gesehen, dass ich mittlerweile jede Menge Bücher von Anne Tyler habe. Allerdings habe ich erst drei Geschichten gelesen.


    Anne Tyler: Damals als wir erwachsen waren

    Anne Tyler: Der Blechbüchsenbaum

    Anne Tyler: Der leuchtend blaue Faden

    Anne Tyler: Die Launen der Zeit

    Anne Tyler: Die Reisen des Mr. Leary

    Anne Tyler: Die störrische Braut

    Anne Tyler: Engel gesucht

    Anne Tyler: Im Krieg und in der Liebe

    Anne Tyler: Mister Morgan und die Puppenspielerin

    Anne Tyler: Mrs. Emersons Hausmeisterin

    Anne Tyler: Segeln mit den Sternen

    Anne Tyler: Tag der Ankunft

    Anne Tyler: Verlorene Stunden

    Anne Tyler: Wenn je der Morgen kommt

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)

  • Das Haus von Abby und Red war immer der Mittelpunkt ihrer großen Familie. Hier haben sie ihre vier Kinder groß gezogen, haben kleinere und größere Krisen überstanden und sind gemeinsam alt geworden. Doch jetzt sind die Kinder aus dem Haus und Abby und Red sind alt geworden. Was soll aus dem viel zu großen Haus werden? Und was wird aus der Familie werden, wenn sie ihren Mittelpunkt verliert?


    Die Geschichte beginnt mit einem Knall. Denny ruft seine Eltern an und erklärt ihnen, dass er schwul ist. Bevor ein vernünftiges Gespräch zustande kommen kann, legt er auch schon wieder auf und lässt seine Eltern verwirrt zurück. Die beiden schieben sich zunächst gegenseitig die Schuld für Dennys Anderssein zu.


    Dieser Vorfall zeigt schon früh, dass die Familie nicht so heil ist, wie sie auf den ersten Blick scheint. Wenn die Eltern zurück blicken, sehen sie alles rosig. Doch je mehr sie sich erinnern, desto mehr wird klar, dass es auch in ihrer Familie Probleme gab. Waren es mehr oder schlimmere Probleme als in anderen Familien? Manchmal wirkt es so.


    Oft kommt es mir so vor, als ob alle Familienmitglieder immer nur das sehen und durchsetzen wollen, was sie für das Beste halten. Egal, ob das für den Betroffenen auch wirklich das Beste ist. Sie handeln nie miteinander, sondern jeder für sich. Dadurch sind Konflikte vorprogrammiert.


    Trotzdem hat es diese Familie geschafft, zu überleben. Nicht nur das: die einzelnen Mitglieder gehen liebevoll miteinander um und können einander verzeihen, auch wenn es manchmal etwas dauert. Man erinnert sich zwar auch an die weniger schönen Dinge, aber sie sind abgehakt.


    Für mich war Der leuchtend blaue Faden immer hauptsächlich Dennys Geschichte. Auch, wenn er nicht immer präsent war. Das lag vielleicht an dem Knall, mit dem er das Bucheröffnet hat. Vielleicht aber auch daran, dass die Reaktion seiner Eltern mir schon früh die Dynamik der Familie verraten hat. Die Geschichte war nie sentimental oder übertrieben, sondern genau so, wie das Leben in einer größeren Familie durchaus sein kann.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: