Banana Yoshimoto - Moshi Moshi/ Moshimoshi Shimokitazawa

  • Klappentext:
    Die Zukunftspläne der Ich-Erzählerin Yoshie, genannt Yotchan, Anfang zwanzig, wurden über den Haufen geworfen, als ihr Vater, Leader der Rockband Sprout, plötzlich mit einer wildfremden Frau zusammen Selbstmord beging. Um wieder Boden unter die Füße zu bekommen, hatte sich Yotchan eine kleine, billige Wohnung im Stadtteil Shimokitazawa gesucht und im Bistro gegenüber einen Job angenommen. Eines Tages steht ihre Mutter vor der Tür und bittet sie, bei ihr einziehen zu dürfen. Die Decke falle ihr auf den Kopf und in der alten Wohnung spuke der Geist des Vaters. Anfangs ist Yotchan von dieser Wohngemeinschaft nicht gerade begeistert. Doch dann begreift sie, dass auch die Mutter ihre neue Freiheit genießt, sich treiben lässt und die Läden und Leute des Viertels erkundet. Und es ist nur der Beginn einer Reihe von Überraschungen, die die beiden wieder mit dem Leben versöhnen wird. (von der Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Banana Yoshimoto, geboren 1964, hieß ursprünglich Mahoko Yoshimoto. Ihr erstes Buch ›Kitchen‹ schrieb sie während ihres Studiums, jobbte nebenbei als Kellnerin in einem Café und verliebte sich dort in die Blüten der ›red banana flower‹, daher ihr Pseudonym. Ihr Vater Ryumei Yoshimoto war ein bekannter Essayist und Literaturkritiker. Sie schrieb zahlreiche Bücher, die auch außerhalb Japans ungewöhnlich hohe Auflagen erreichten. Ihr Debütroman verkaufte sich auf Anhieb millionenfach – ein Phänomen, für das dann die Bezeichnung ›Bananamania‹ gefunden wurde. (von der Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Moshi Moshi Shimokitazawa
    Aus dem Japanischen übersetzt von Matthias Pfeifer
    Ich-Erzählung
    293 Seiten


    Worterklärung: Moshi moshi (jap. もしもし) ist ein vorwiegend am Telefon verwendetes Grußwort in Japan. Es ist von mosu mosu (申す申す) abgeleitet, was frei übersetzt ungefähr „Ich werde dir etwas erzählen“ bedeutet.
    Zum ersten Mal wurde moshi moshi beim ersten erfolgreichen japanischen Telefonexperiment verwendet und fand danach in der Gesellschaft Verbreitung. Der Ausdruck gehört inzwischen zur japanischen Höflichkeitssprache und wird sowohl vom Angerufenen als auch vom Anrufer verwendet.
    Moshi moshi hat sich in nichtjapanischen Internet-Kreisen zu einem Kultbegriff entwickelt. (bei Wikipedia kopiert)


    Persönliche Meinung:
    Ein Ehemann und Vater bringt sich um. Das ist für Ehefrau und Tochter ohnehin kaum zu begreifen und zu verkraften, wenn vorher keine Anzeichen für Depression, Lebensüberdruss oder –müdigkeit zu entdecken waren. Wenn allerdings dieser Mann tot im Auto mit einer fremden Frau gefunden wird, von deren Existenz die Familie nichts ahnte, wiegen Trauer, Verzweiflung und Gram doppelt.
    Ich-Erzählerin Yoshie hält es in der elterlichen Wohnung nicht aus; sie mietet eine kleine, etwas verwahrloste Wohnung im Stadtteil Shimokita, einem Szeneviertel mit vielen kleinen Läden, Restaurants und Cafés und nimmt dort eine Arbeit als Mädchen für alles in einem angesagten aufstrebenden Bistro an.
    Doch ihre ersten Schritte in die Selbstständigkeit werden von der Mutter jäh unterbrochen, die es auch nicht mehr zuhause aushält und zu ihrer Tochter zieht. Mit bewundernswertem Zartgefühl – zunächst widerstrebend, dann herzlich – nimmt die Tochter sie auf.
    Gemeinsam, aber dennoch auf jeweils unterschiedliche Weise bewältigen die Frauen ihren persönlichen Weg, die Trauer auszuhalten und zu überwinden und dem Toten zu verzeihen.
    Hilfreich sind beiden ihre quirlige Umgebung Shimokita, die Freunde, die sie finden, und eine neue Freude am Ausgehen, Einkaufen und an gutem Essen.


    Yoshie lenkt sich mit Arbeit und Ausgehen ab, dennoch beschäftigen sich ihre Gedanken und Gefühle unablässig mit dem Vater. Mit der Erinnerung an seine Liebe und Zuneigung, die regelmäßig zu Tränenausbrüchen führt, und der schmerzlichen Endgültigkeit, dass er ihr keine Chance zum Abschiednehmen ließ.


    Das Buch begleitet den Trauerprozess und lässt den Leser Anteil nehmen. Sowohl an den zum Scheitern verurteilten Versuchen, sich abzulenken oder sich in eine neue Liebesbeziehung zu stürzen, als auch an den kleinen und allerkleinsten Schritten zu Heilung und Versöhnung.
    Nicht jedem Schritt kann man Verständnis entgegen bringen, aber möglicherweise ist eine – ich nenne es einfach - europäische Art des Trauerns und des Redens über die Trauer eine andere als die japanische.


    Eine über 200 Seiten lange, von Monologen und Dialogen und wenig Handlung bestimmte Offenbarung des Innersten und Intimsten, was ein Mensch fühlt.
    Wer sich einlassen kann, liest ein Buch, das bereichert.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • @Mara , während ich das Original immer noch gesucht habe, bist du schon fündig geworden. :thumleft: Wie machst du das nur so schnell? :-k

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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  • Hab nur den Titel in Google eingegeben


    Japanische oder lateinische Schrift?


    Ich habs auch mit Google versucht. Aber irgendwie kam ich nicht weiter. Vielleicht ist das österreichische Google effektiver als das deutsche? :-,:wink::-k

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  • "Moshi Moshi" beschreibt die Geschichte einer jungen Frau. Ihr Vater, ein bekannter Musiker, nahm sich mit einer Fremden das Leben und Yotchan bleibt mit der Mutter allein zurück. Während die beiden um den Verstorbenen trauern, fühlen sie sich zugleich verraten und hintergangen. Die Trauer um ihren Vater beschreibt Yotchan mit folgenden Worten:


    "Blumen, Licht, Wünsche oder ausgelassenes Vergnügen, all das war auf einmal in weite Ferne gerückt. Ich war gefangen in einer tiefen Finsternis in der nur noch die elementarsten Bedürfnisse herrschten, wo nur noch die aus meinem Bauch kommende Kraft zählte und alles Schöne und Leichte keinen Wert mehr besaß." (S. 7)


    Doch in diesem Buch geht es um viel mehr als das Gefühl der Trauer. Wir begleiten Yotchan ein kleines Stück auf dem Weg des Erwachsenwerdens und beobachten, wie sie aus dieser schlimmen Erfahrung auch an Stärke gewinnt. Yotchans Gedanken und Gefühle sind authentisch und nachvollziehbar beschrieben. Yoshimotos Schreibstil zeichnet sich durch seine ungeheure Leichtigkeit aus und dennoch gehen ihre Geschichten tiefer. In dem Restaurant in dem sie arbeitet, lernt Yotchan einen Mann kennen, in welchen sie sich zu verlieben glaubt. Aber ist die Liebe wirklich so einfach? Kann man sich aussuchen in wen man sich verliebt und was ist Liebe überhaupt?


    Die Erzählweise des Buches ist typisch japanisch. Nachdem Yotchan ihre Mutter fragte, was sie eigentlich den ganzen Tag tue, antwortet diese mit einer seitenlangen Beschreibung von ihrem Alltag. Dieser besteht aus vielen Nebensächlichkeiten und ist gerade deshalb etwas Besonderes. Denn wann findet schon der Alltag Beachtung? Die Art wie Yoshimoto diesen Alltag beschreibt ist nicht langweilig, denn in diesem Abschnitt hat der Leser das Gefühl selbst durch Shimokitazawa zu schlendern und die Stadt genauer kennenzulernen.


    Das Ende des Buches ist sehr gelungen, da es eigentlich kein richtiges Ende ist. Der Leser begleitet Yotchan über 304 Seiten hinweg und sie geht ihren Weg danach alleine weiter. Es gibt keinen Abschluss, der an ein konkretes Ereignis geknüpft ist.


    "Nichts hatte sich geändert, der Nebel hatte sich nicht gelichtet, und trotzdem war mein Herz zufrieden, als hätte es eine Antwort bekommen." (S. 293)


    Fazit: "Moshi Moshi" ist sehr melancholisch, an einigen Stellen wunderschön, sodass man das Buch nicht niedergeschlagen, sondern mit einem Lächeln zur Seite legt. Eine sehr japanische, melancholische und tiefgründige Geschichte über die Trauer und deren Bewältigung, das Erwachsenwerden und die Liebe.