Yali Sobol Die Hände des Pianisten / Etzbaot Shel Psantran

  • Buchbesprechung-Mein Leseeindruck


    Yali Sobol „Die Hände des Pianisten“


    Inhaltsangabe laut Klappentext:
    „Tel Aviv, nach dem nächsten Krieg. An der Spitze des israelischen Staates steht ein General, der die Zügel in die Hand genommen und den Sicherheitbehörden eine nie dagewesene Machtfülle beschert hat. Ein eher unpolitisches Ehepaar- Chagit ist Cutterin bei einem Fernsehsender, Joav Pianist- kehrt in die zerstörte Stadt zurück, in der ein Klima aus Verdacht und Verrat herrscht. Als Chagit von einem befreundeten Journalisten einen USB-Stick zugesteckt bekommt, finden sie und Joav sich plötzlich im Zentrum eines politischen Skandals, der bis in die höchsten Ebenen der Macht reicht...“


    Soweit der Text auf dem Buchrücken. Bisher habe ich Romane zu Israel nicht gelesen, und da es ein Willkommensgeschenk war, bin ich schon neugierig,ob das Buch meinen Lesegeschenk traf. Yali Sobol war mir bisher völlig unbekannt, der vorliegende Roman ist von der Thematik her hoch aktuell. Geschildert wird das Leben unter einer Militärdiktatur-von Ausreiseverbot, Kontrolle und Repressionen.


    Ein politischer Roman? Auch wenn der Autor versucht ein Leben eines Pärchens zu schildern, so spüren wir doch die Einflüsse, die so eine Notverstandsverordnung mit sich bringt. Der Grundgedanke der Handlung war zunächst, über einen Künstler zu schreiben, der vernichtet wird in diesem System. Doch im Entwicklungsprozess wurde die Geschichte politischer, weil es auch die Unpolitischen trifft.


    Das der Autor einen Künstler ausgesucht hat, geschah nicht zufällig. Yalo Sobol ist selbst Sänger und Gitarrist der israelischen Rockband Monica Sex. Wie man als Musiker in einem Land, das sich permanent bedroht sieht, seine künstlerische Autonomie bewahren kann,das ist sein ureigenes Thema. Sobols Pianist ist ein Antiheld. Vom Raketenbeschuss hat er an seinem Fluchtort außerhalb von Tel Aviv nicht viel mitbekommen. Was er jedoch sehr genau spürt, dass der Verlust, den er in diesem Krieg am meisten bedauerte, ein Baum war. Kühl observiert Sobol weltfremdes Künstlergebaren und fehlendes soziales Urteilsvermögen.


    Die Hauptcharaktere sind der klassische Solopianist Joav und seine Frau Chagit. Joav, der Pianist, hätte die Geschichte alleine sicher nicht spannend gemacht,weil er für mich der Ängstliche ist, der sich nicht wagt aufzubegehren. Er ist von den Menschen abhängig, zu einem von Chagit, die bis zum Verhör als starke Frau wirkt, und zum anderen von seinem Förderer. Joav scheint es allen recht machen zu wollen, nur nicht anecken. Darum werden mehrere Erzählebenen im Roman eingebunden. Zu einem die literarische Parabel auf die Macht und wie sie Menschen korrumpiert, das aber nur ein Teil des Romans ist mit Thrillerspannung, der aus den Perspektiven der einzelnen Protagonisten verschiedene Geschichten erzählt ; neben einer berührenden Liebesgeschichte, aber vor allem eine höchst musikalische kultivierte Salongespräche über Komponisten, über Klavierstücke und Interpretationen, über die Klänge einzelner Flügel und die unterschiedlichen Typen von Pianisten bilden die leuchtende Gegenwelt zu den finsteren Abgründen der Verhörkeller, wobei Sobol gerade die Diskrepanz dieser Parallelwelten nicht ohne subtilen Ironie betrachtet.


    Das ist ein Kritikpunkt für mich im Roman. Die Wohlhabenden die scheinbar unbehelligt von den Repressalien der Militärdiktatur leben. Dazu gehört auch der Mäzen von Joav, Usi Segal. Nichts scheint ihm anzuhaben, auch zum Schluss, als er Joav auf seinen Boot verstecken will. Anscheinend lässt man ihn gewähren, so als ob sein Geld ihm Türen öffnet, die andere nicht haben.


    Allerdings passt es wieder ins Schema des Buches hinein. Eindrucksvoll schildert der Roman, wie schnell die Menschen die Seiten wechseln. Die einen werden zu Verrätern, um die eigene Haut zu retten, die anderen wollen einen geliebten Menschen schützen. Vertrauen haben am Ende nur die Folterknechte in sich und ihrer `Kunst`. In dem Sinne ist es eine tiefschwarze Parabel über allzu menschliche Abgründe, Macht und Moral in einer aus den Fugen geratenen Zeit.


    Eine Geschichte, auf die es sich lohnt einzulassen, und sicherlich nicht mein letzter war.


    Der Autor:
    Yali Sobol wurde 1972 in Haifa, Israel geboren. Mit 21 gründete er die Rockband Monica Sex, die in Israel als Kultband gilt. Die „Hände des Pianisten“ ist sein dritter Roman. Yali Sobol lebt in Tel Aviv.


    Nanda