William Marshall - Die Ehre der Kämpfer / War Machine

  • Inhalt (Klappentext): Plötzlich steht das Polizeirevier in der Yellowthread Street in Hongkong unter schwerem Beschuß. Auf offener Straße wurde auf den Fahrer eines Krankenwagens geschossen. Woher kamen die kriegstauglichen Waffen und die Munition? Die Bekenneranrufe einer "Mission zur Auslöschung aller uniformierten Kräfte kolonialer Unterdrückung" halfen nicht weiter. Alle Indizien wiesen auf die japanischen Besatzer des Zweiten Weltkriegs, Überlebende, die das Kriegsende verpaßt hatten. Aber das ist fünfzig Jahre her. Detective Chief Inspector Harry Feiffer und seine Truppe kämpfen nicht nur mit dem Bushido, dem Ehrenkodex der kaiserlich-japanischen Armee, sondern auch mit zeitgenössischen Empfindlichkeiten. Keiner der Beteiligten will sich erinnern. Mitläufer, Widerstandskämpfer, Kollaborateure und Besatzer versuchen, den Krieg zu vergessen. Außerdem verbieten es politische Raison und finanzielle Interessen, Japan, den größten Finanzier des internationalen Handelsplatzes Hongkong, ins kriminelle Gerede zu bringen. Inspector Pfeiffer muß also mit aller Delikatesse ermitteln.


    Der Autor (nach Verlagsinfo und englischer Wikipedia): William Leonard Marshall, geboren 1944 in Sydney, arbeitete als Journalist, Totengräber und Lehrer. Lebte lange Zeit in Hongkong und auf den Philippinen. Am besten bekannt ist er für seine "Yellowthread Street"-Romane, von denen einige als Vorlage für eine britische Fernsehserie dienten.

    Hongkong in den frühen 1980er-Jahren. Der Krimi "Die Ehre der Kämpfer" von William Marshall ist der achte Band der langlebigen Serie von Police Procedurals um ein Polizeirevier in der Yellowthread Street im (fiktiven) Viertel Hong Bay. Es ist der zweite Teil, den ich aus der Reihe gelesen habe. Nachdem mir „Das Skelett auf dem Floß“ nicht so sehr zugesagt hatte, bin ich nun sehr positiv überrascht. Langsam fallen mir die besonderen Qualitäten der Reihe ins Auge: Es gibt viele Ermittler, deren Vorgehen völlig gleichwertig und unabhängig von ihrem Rang geschildert wird - was zuerst vielleicht etwas unübersichtlich ist. (Wenn man den Klappentext liest, könnte man glauben, DCI Feiffer wäre die Hauptfigur. Weit gefehlt: Das Ensemble ist entscheidend!) Tatsächlich scheinen nicht in erster Linie die Kriminalisten das Wesentliche des Buches zu sein. Vielmehr scheint William Marshall das Revier in den Mittelpunkt zu stellen, über das er das Viertel beziehungsweise die Gegenwart und Vergangenheit der Stadt Hongkong lebendig erzählen möchte. Außerdem beherrscht Marshall es sehr gekonnt, Geschichts- und Ortsbewusstsein mit Spannung und oft fast slapstickhafter Komik zu kombinieren.


    In diesem Fall kommt es zu diversen Attentaten und Bombenangriffen, die auf das Konto eines terroristischen Heckenschützen und von einigen "wiederauferstandenen" japanischen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg, als Hongkong japanisch besetzt war, zu gehen scheinen. Sollten wirklich alte, ehemals feindliche Soldaten fast vierzig Jahre nach Kriegsende aus irgendwelchen Tunneln und geheimen Waffenlagern unter der dicht bebauten Metropole gekrochen sein, um Hongkong einen letzten Kampf zu liefern? Ein Kapitel der Geschichte, an das nicht nur höhere Polizeikreise möglichst nicht mehr rühren wollen ...


    Der Roman ist sehr spannend und ziemlich verzwickt, sehr schnell erzählt und gerade zum Ende hin ungeheuer aktionsreich; mit viel Feuerzauber und Gerenne dargeboten. Einerseits stets mit einem Augenzwinkern erzählt, in der Darstellung der Gewaltakte dabei sehr grotesk und überraschend blutig, andererseits überaus tragisch und ernsthaft angelegt: Auf adäquate Weise nähert sich Marshall mit den unterhaltsamen Mitteln der Thriller-Literatur einem dunklen Kriegskapitel der chinesisch-japanischen Vergangenheit. Sehr viele Figuren haben mit den Gespenstern von einst zu kämpfen. Das Nebeneinander von grotesker Gegenwartsgewalt und realistischer Vergangenheitsgewalt lädt außerdem dazu ein, an sich einmal über seine Einstellung zu Gewalt nachzudenken. Alles in allem: Ein überaus reizvoller und intelligent erzählter Gegenwartskrimi!

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Das ist eine englische Taschenbuchausgabe des 1982 unter dem Titel "War Machine" erschienenen Romans.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

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