Gudrun Lerchbaum - Die Venezianerin und der Baumeister

  • Italien 1526 bis 1547. Die 8-jährige Mariangela wird mit dem Tod ihrer Mutter zur Waisen. Doch sie hat Glück im Unglück, denn die Tischlerfamilie Marcantonio nimmt sie als neues Familienmitglied an. So wächst sie an der Seite ihrer Freundin Allegra und deren Bruder Fabio auf und lernt, Holzfiguren zu schnitzen. Heimlich verehrt und liebt Mariangela seit langem den ehrgeizigen Baumeistergesellen Andrea Palladio, doch dieser erwidert ihre Gefühle nicht, sondern wendet sich Allegra zu und heiratet diese. Mariangela ist zutiefst verletzt und begibt sich in eine Ehe, die ihr nur Verletzung und Unglück bringt, aus der sie von Andrea gerettet wird und ihrem Ehemann den Tod bringt. Mariangela zieht in das Haus von Allegra und Andrea ein, doch das Zusammenleben entpuppt sich als anstrengend und unbefriedigend für alle. Andrea wird von seinem Patenonkel gefördert, der ihm den Weg nach Rom ebnet, wo er seine berufliche Karriere vorantreiben kann und die beiden Frauen sich selbst überlässt.


    Gudrun Lerchbaum hat mit ihrem historischen Roman „Die Venezianerin und der Baumeister“ ihr Debüt vorgelegt. Der Schreibstil ist schön flüssig, dabei distanziert und nimmt den Leser mit in die Zeit der italienischen Renaissance, wo man einige Jahre des aufstrebenden Architekten Andrea Palladio mitverfolgen kann. Die Autorin hat gründlich recherchiert und den historischen belegten Hintergrund hervorragend in ihren Roman eingeflochten. Die damaligen Lebensumstände werden ebenfalls realistisch und lebensnah wiedergegeben. Die Protagonisten sind detailliert skizziert und sehr authentisch angelegt. Mariangela ist eine eher zurückhaltende Frau, die schon viel Schlimmes in ihrem Leben ertragen musste. Sie vertraut ihrer Freundin, ist geradezu abhängig von ihr und wird von dieser zutiefst enttäuscht, wodurch sie ihren Glauben an die Freundschaft verliert. Sie ist weder besonders mutig noch stark, wird eher unterdrückt und bricht auch nicht aus ihrem Schicksal aus, um ihre Lage zu ändern oder sich zu nehmen, von dem sie denkt, dass es ihr zusteht. Vielleicht liegt es auch an der ihr entgegen gebrachten Erziehung und der Tatsache, dass sie als Waise in einem fremden Haushalt aufgewachsen ist und nie wirklich dazu gehört hat. Mariangela hat sich in ihr Schicksal ergeben und ist dazu verdammt, unglücklich zu sein, doch eines Tages kriegt sie doch noch die Kurve und beginnt, ihr Glück zu suchen. Allegra ist dominant, selbstsicher, aber auch eifersüchtig, neidisch und missgünstig. Sie will alles für sich und unterdrückt dafür andere. Sie musste bis zu einem gewissen Zeitpunkt kein Leid erfahren und hält sich für etwas Besseres als andere. Andrea lebt hauptsächlich für seine Kunst, mit den Intrigen seiner Frau und dem Geplänkel der Frauen kann er nichts anfangen. Seine Arbeit steht an erster Stelle, nichts kann wichtiger sein. Oftmals wirkt er wie ein kalter Fisch.


    Das Zusammenspiel dieser drei Charaktere ist zum einen sehr interessant zu beobachten, jagt einem aber auch Schauer über den Rücken, mit welcher Berechnung, Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit sie miteinander umgehen. Dies mag der damaligen Zeit geschuldet sein, in der Frauen keine Rechte hatten, verheiratet wurden und nur für die Kinder und den Haushalt zuständig waren oder, um ihre Ehemänner mit Geld zu unterstützen.


    „Die Venezianerin und der Baumeister“ ist ein sehr authentischer Roman, der sehr gut recherchiert wurde. Alle Historienfans, die sich nicht nur für Liebesgeschichten interessieren, sondern hauptsächlich für geschichtliche Details und Hintergrundwissen um reale Personen, sind hier sehr gut aufgehoben. Ein sehr informativer Roman zur Renaissance und eine Leseempfehlung.


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


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