Ian McEwan - Kindeswohl / The Children Act

  • Kurzmeinung

    towonder
    In dem Einworttitel steckt so viel über das Buch drin. Und es schwingt noch nach!
  • Mich hat der Roman nicht kalt gelassen und emotional sehr aufgewühlt. Bei der Thematik ist es auch wenig überraschend. O:-)Zu dem Hauptthema des Romans wurde schon eine Menge gesagt, auch die ethische Fragen, die für diese Geschichte relevant sind, wurden mehrfach erwähnt. Also, da werde ich nichts mehr zufügen, denn es ist ausführlich besprochen worden. Mich haben die Hauptprotagonisten der Geschichte an meine Grenzen gebracht, nicht das Thema an sich. Ich muss gestehen, dass ich bei diesem Roman Schwierigkeiten hatte, den zu verarbeiten. Erst die familiäre Situation der Hauptprotagonisten, hat mir zu schaffen gemacht, aber das konnte ich noch irgendwie einordnen, mit der Begründung: Die Menschen sind unterschiedlich, handeln auch dem entsprechend.



    Für mich geht es in dieser Geschichte in erster Linie um ein Kind, nicht um die Richterin. Und wie gesagt, ich bin mehr als aufgewühlt durch den Roman, aber es ist wohl ein durchaus positives Zeichen. Denn der Autor hat es geschafft, meine Gefühle anzusprechen. Ist ein gutes Buch, das unbedingt lesenswert ist.:thumleft:

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Macdonald, Helen/Blaché, Sin - Prophet


  • tom leo :winken:

    Du erinnerst dich ganz richtig, und das ist auch das was mich so beunruhigt hat. Denn ich bin überzeugt davon, dass man beim guten Willen anders mit der Situation verfahren könnte. Es gibt Möglichkeiten und Wege...

    Der Autor hat es hervorragend geschafft, das Drama dem Leser zu präsentieren. Ich muss immer zu an das Geschehen denken, und es geht mir sehr nahe.

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Richterin Fiona Maye steht an einem Tiefpunkt ihres Lebens - sie hat gerade herausgefunden, dass ihr Mann Jack, mit dem sie jahrzehntelang eine glückliche und erfüllte Ehe geführt hat, plötzlich fremdgeht und weiß gar nicht, ob sie verärgert, gekränkt oder enttäuscht ist oder alles auf einmal.


    Dabei hatte es gar nichts mit ihrer Beziehung zu tun, dass sie in den letzten Wochen so in sich gekehrt und Zärtlichkeiten eher abgeneigt war, vielmehr war es ein besonders belastender und große Medienaufmerksamkeit erregender Fall, den sie am Familiengericht zu verhandeln hatte, der sie auch außerhalb der Arbeit nicht mehr losgelassen hat. Und nun landet die nächste harte Nuss auf ihrem Tisch: ein Siebzehnjähriger mit einer Krebserkrankung verweigert aus religiösen Gründen die Bluttransfusionen, die seine einzige Chance aufs Überleben darstellen, nachdem alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.


    Fiona ist hin- und hergerissen, wie der Fall zu beurteilen ist. Handelt es sich um Gehirnwäsche durch die Sekte, der Adams Familie angehört, oder ist er, der nur wenige Monate von der Volljährigkeit entfernt ist, sich der ganzen Tragweite seiner Entscheidung wirklich bewusst? Da Adam zu krank ist, um persönlich vor Gericht zu erscheinen, beschließt Fiona, ihn unüblicherweise im Krankenhaus zu besuchen, und setzt damit eine Kette von Ereignissen in Bewegung, die sie selbst nicht erwartet hätte.


    Nach dem in meinen Augen eher schwachen "Honig" läuft McEwan hier endlich wieder zu alter Form auf und bringt auf relativ wenigen Seiten (im Original nur gut 200) eine gleichermaßen mitreißende wie äußerst nachdenklich machende Geschichte über sehr lebensecht gezeichnete Charaktere in Ausnahmesituationen zu Papier, die sich so spannend liest wie ein Justizthriller, mit zwischenmenschlicher Dramatik berührt und überrascht und ohne zu werten moralisch-ethische Fragen aufwirft, über die man stundenlang diskutieren könnte. Da ist kein Wort zu viel und keines zu wenig und die Fäden sind am Ende sauber verknüpft, auch wenn lang nicht alle Fragen beantwortet werden.


    Hochinteressant fand ich neben der Haupthandlung auch die Einblicke in Fionas Arbeitsalltag in den altehrwürdigen Hallen des Londoner Gerichts, und ich mochte die große Rolle, die die Musik als Gegengewicht zur faktenbasierten Welt der Jusitz einnimmt. Gelungen dargestellt ist auch die intellektuelle und vielleicht sogar ein wenig elitäre Lebenswirklichkeit von Fiona und Jack, die oft einen starken Kontrast zu den Lebenumständen der Menschen bildet, deren Schicksale Fiona von ihrer Richterbank aus verhandelt.


    Dies ist eines der Bücher, die einen noch lange nach dem Lesen nicht loslassen und trotz geringen Umfangs sehr viel vermitteln können. Es darf sich getrost in die Reihe meiner Lieblinge von McEwan einreihen.

  • tom leo :winken:

    Du erinnerst dich ganz richtig, und das ist auch das was mich so beunruhigt hat. Denn ich bin überzeugt davon, dass man beim guten Willen anders mit der Situation verfahren könnte. Es gibt Möglichkeiten und Wege...


    Eben habe ich den Trailer der Verfilmung entdeckt: hier. Was ich gesehen habe, gefällt mir. Seit "Was vom Tage übrig bleibt" gehört Emma Thompson sowieso zu meinen Lieblingsschauspielerinnen.

    Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm, klingt aber klasse. Hat jemand den Film inzwischen gesehen?