Saša Stanišić - Vor dem Fest

  • Kurzmeinung

    towonder
    Der Sprach- und Schreibstil sind faszinierend, allerdings waren die Episoden z.T. nichts für mich.
  • Kurzmeinung

    Libby
    Ich hatte mir definitiv mehr erwartet, so richtig überzeugen konnte mich dieses Buch nicht.
  • KLAPPENTEXT


    Es ist die Nacht vor dem Fest im uckermärkischen Fürstenfelde. Das Dorf schläft. Bis auf den Fährmann - der ist tot. Und Frau Kranz, die nachtblinde Malerin, die ihr Dorf zum ersten Mal bei Nacht festhalten will. Ein Glöckner und sein Lehrling wollen die Glocken läuten, das Problem ist bloß: die Glocken sind weg. Eine Füchsin sucht nach Eiern für ihre Jungen, und Herr Schramm, ein ehemaliger Oberst der NVA, kann sich nicht entscheiden, ob er Zigaretten holen soll oder sich in den Kopf schießen. Alle haben sie eine Mission. Alle wollen sie etwas zu Ende bringen, bevor die Nacht vorüber ist. Keiner von ihnen will den Einbruch ins Haus der Heimat beobachtet haben. Das Dorfarchiv steht aber offen. Doch nicht das, was gestohlen wurde, sondern das, was entkommen ist, quält die Schlaflosen. Die Nacht gebiert Ungeheuer: Alte Geschichten und Erinnerungen, Mythen und Märchen, sind ausgebrochen und ziehen mit den Menschen um die Häuser.


    zum Autor (Quelle Wikipedia):


    Saša Stanišić (* 7. März 1978 in Višegrad) ist ein aus Bosnien und Herzegowina stammender deutschsprachiger Schriftsteller.


    1992, nach der Besetzung Višegrads, flüchtete er mit seinen Eltern zu einem Onkel nach Heidelberg. Nach seinem Abitur im Jahr 1997 studierte er an der Universität Heidelberg Deutsch als Fremdsprache und Slawistik.


    Zum Wintersemester 2004/2005 nahm er ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig auf.2006 legte Stanišić mit Wie der Soldat das Grammofon repariert seinen Debütroman vor. Stanišićs Romanerstling erlangte die Gunst der Kritiker und ist in 30 Sprachen übersetzt worden.


    2014 wurde Stanišić mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Sparte Belletristik für seinen zweiten Roman Vor dem Fest geehrt.Im gleichen Jahr wurde er für den Deutschen Buchpreis nominiert (Longlist).


    Meine Meinung:
    Ich gebe zu, dass ich beim Kauf des Buches ein bisschen Sorge hatte, dass es mich enttäuschen könnte. Eine Geschichte über ein ostdeutsches Dorf kann schließlich ganz schön in die Hose gehen. Aber bereits nach dem Lesen der ersten Seite konnte ich mich ganz entspannt zurücklehnen und in Stanišićs Kosmos eintauchen. “Wir” -so die Erzählstimme- begleiten die Bewohner des fiktiven Dorfes Fürstenfeldes durch die Nacht vor dem traditionellen Anna-Fest, wo sich Vergangenheit und Gegenwart in Form von Anekdoten, Mythen, Schriftstücken, Erzählungen, Gedenktafeln und Erinnerungen berühren und vermischen fast bis zum Fantastischen. Stanišićs wechselt dabei gekonnt den Erzählstil, immer wieder packt er neue Ideen aus, wie er seine Geschichten verpacken kann. Dabei wirkt es nur selten gewollt. Meist mit trockenem Humor, manchmal aber auch melancholisch, fast poetisch schrappt er an den Klischees vorbei und bricht sie dadurch auf. Was zunächst aussieht wie eine historische, vielleicht sogar ethnologische Betrachtung eines speziellen brandenburgischen Dorfes entpuppt sich als Blick auf menschliches Gefüge, wie es überall in Deutschland, in seiner Grundstruktur vielleicht sogar überall auf der Welt vorkommen könnte. Und dennoch gibt es viele Stellen, wo regionaltypisches freundlich auf die Schippe genommen wird :wink: .


    Fazit: Kein Buch für Freunde der klaren Linie und eines wohlgeformten Spannungsbogen. Wer aber Lust auf eine Wundertüte aus skurrilen brandenburgischen Typen, Mythologie und Spiel mit der Sprache hat, der liegt hier genau richtig :king: . :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Übrigens: Fürstenfelde gibt es in Deutschland nicht, dafür Orte wie Fürstenberg, Fürstenwalde oder Fürstenwerder. Stanišićs soll hier ausgiebig recherchiert haben.

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Innerhalb von zwei Tagen habe ich dieses Buch verschlungen, selten habe ich derart stark das Bedürfnis verspürt, unbedingt weiterlesen zu müssen. Einen Spannungsbogen im eigentlichen Sinne gibt es nicht, statt dessen fächert der Autor ein Kaleidoskop an Typen und Geschichten auf, die markant sind und beinah in das Fantastische abgleiten. Dabei spielt er virtuos mit der Sprache, verschmilzt verschiedene Stilmittel zu einem runden Ganzen. Der Reim findet hier ebenso Platz wie die sprachlich täuschend authentische Chronistensprache des 16. bis 19. Jahrhunderts, dazu gibt es ein handschriftliches Märchen, und alles ist durchsetzt mit lakonischem Humor und feiner Beobachtungsgabe. Es ist ein Buch, auf das man sich einlassen muss, denn zumindest mir ging es so, dass ich das erste Kapitel sprachlich als gewöhnungsbedürftig empfunden habe.Dann jedoch hat es mich gepackt und nicht mehr losgelassen.


    Der Roman umfasst nur 320 Seiten, die Schrift ist jedoch sehr klein, womit ich zuerst meine Mühe zu haben glaubte, doch die unglaubliche Sprachgewandheit hat mich nur so durch die Seiten fliegen lassen - obwohl ich langsam gelesen habe, um die Sprachmeldodie auszukosten.


    Der Stil ist ebenso lakonisch wie poetisch, und am schönsten fand ich die Perspektive der Fähe.


    Dass der Autor die "Wir"-Perspektive gewählt hat, habe ich als unglaublich passend empfunden.


    Dieses Buch ist mein neues Lieblingsbuch, reich an Sprachkreativität und Aussage - toll, aber da keine gradlinige Geschichte erzählt wird, sicher nicht jedermanns Sache.

  • Die allerersten Seiten mußte ich mich, wie Buchfresser , an die Sprache gewöhnen. Doch eigentlich geht mir das mit vielen neuen Lektüren so. Dann liest man sich ein, ja « kuschelt » sich ein in dieser Sprachgewandtheit. Nu, eventuell übertreibt der Autor es hier und da mal, doch ansonsten : was für eine Kreativität, welch sprühende Phantasie…


    Es wundert mich doch, dass es zu diesem Buch « nur » zwei Beiträge gibt. Hätte es nicht mehr verdient ? Oder ist es die wenige Greifbarkeit der Themen ? Vielleicht mag es keinen « normalen » Spannungsbogen geben ?


    Aber es gibt sehr wohl meines Erachtens ein Thema, dass die verschiedenen Stränge und Zeitebenen sehr auffällig verbindet. Eben die Frage von Geschichte, Zeit, Historizität und Eingebundenheit in die Zeiten- und Generationenfolge. Auf diesem Hintergrund könnte man weite Teile des Romans lesen. Ich persönlich sah hier vier verschiedene Ebenen :


    - der Tag vor dem Fest


    - die Zeitspanne, die die Hauptpersonen des Romans geschichtlich umfassen, und ihre Erlebnisse in ihnen (circa ab II.Weltkrieg)


    - die Rückschau ab 16.Jahrhundert auf Dorfereignisse in Form von Archivmaterial


    - die Fähen- oder Naturperspektive bindet uns ein in quasi teils ewige Gegebenheiten. Insbesondere bei der ersten Erwähnung der Füchsin wird dies deutlich. Im Übrigen könnte man auch den Eichengrund oder die Seen diesem Themenkreis zuzählen.


    Inssofern stellten sich Fragen wie : Was bleibt eigentlich wirklich ? Was wird immer wieder neu umgeworfen ? Etc.


    Ich fand das Buch doch ziemlich beeindruckend, wenn ich auch nicht höchste Punktzahl gebe. Es bleibt mir ein Rätsel, wie ein in Bosnien geborener Nicht -Deutschsprachiger so schreiben kann ! Hut ab !

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Saša Stanišić - Vor dem Fest“ zu „Saša Stanišić - Vor dem Fest / Pred svetkovinu“ geändert.
  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Saša Stanišić - Vor dem Fest / Pred svetkovinu“ zu „Saša Stanišić - Vor dem Fest“ geändert.