Maylis de Kerangal – Die Brücke von Coca/Naissance d’un pont

  • Original : Französisch, 2010


    Deutsche Übersetzung : Andrea Spingler, 2012


    INHALT :
    In Coca, einer Stadt im fiktiven Kalifornien, soll am Anfang unseres Jahrtausends eine enorme Brücke entstehen, mit der die letzte Kluft zwischen der westlichen Zivilisation und dem Rest an unberührter Kultur überwunden werden soll. Menschen aus allen Teilen des Erdballs strömen an diese gigantische Baustelle. Auf diese Weise bildet sich ein menschlicher Schmelztigel unbekannten Ausmaßes. In diesem Zusammenprall der Kulturen werden Kräfte ungeahnten Ausmaßes freigesetzt : Die Brücke von Coca registriert anhand der Stationen der Fertigstellung dieses Menschheitsdenkmals detailliert die Tricks der großen und kleinen Politik, die Passionen und Leiden, Verbrechen und Amouren beim Zusammentreffen der Kulturen: eine andere kosmopolitische Generation entsteht unter schmerzhaften Kämpfen. (Quelle : Suhrkamp, gekürzt)


    BEMERKUNGEN :
    Es handelt sich tatsächlich um einen Roman einer globalisierten Welt. Einer über die Menschen, die bei der Entstehungsgeschichte und dem Bau (quasi vom Projekt bis zur Übergabe) dieser gigantischen Brücke zusammenkommen, und auch einer über das Objekt Brücke selbst mit manchmal technischen Beschreibungen, den Konsequenzen und Problemstellungen.


    Auf den Menschen bezogen bleibt der Roman, weil er um diese « Brückengeschichte » herum das Erzählen anhand der Portraits verschiedener Handelnder tut, sei es nun der ausführende Ingenieur, der besessene Bürgermeister mit seinem Projekt, die Betonverantwortliche, der reisende Fachkranführer oder eben auch eher einfache Arbeiter, wie den Exilchinesen oder indianischstämmige Hochkratzerakrobaten... Dabei geht der Blick manchmal zurück auf gewisse Elemente der Vergangenheit dieser Protagnisten, ihren Motivationen, ihrem Werdegang : Wie sind sie auf der Baustelle gelandet ? Welchen Bezug haben sie dazu ? Viele dieser Vorstellungen haben etwas sehr Treffendes, ja eventuell auch Repräsentatives für Arbeitnehmersituationen in der Welt von heute !


    Das Projekt selber hat etwas Utopisches, auch Hirnrissiges an sich, das pharaonisch besessen zu werden droht. Behaftet ist das Projekt und die Ausführung mit (personenverbundenen) Beschreibungen von den Problemen des Urbanismus’, der Ökologie, der Selbstüberschätzung des Menschen in der modernen Gesellschaft, dem Verlust der « Heimat » (Unseßhaftigkeit eines Teils der fachmänischen Kräfte), den unüberschaubaren Konsequenzen solchen Vorhabens, der Ausbeutung der Arbeitskräfte/Armen/Migranten, den Vertriebenen durch Zerstörung einer Zivilisation, den Machenschaften politisch, nahezu mafiöser Art, Streiks und Unfällen etc...


    Die « Technizität » spiegelt sich sehr oft in der detaillierten, technisierten und oft auch zugegebenermaßen distanzierten, gar kalten Sprache wiider. Kerangal hat sich sehr genau mit den technischen und äußeren Problemen eines solchen Projektes auseinandersetzen müssen. Die Sprache scheint mir nicht typisch für das Französische, kann ausufern in langen Sätzen, Reihungen. Vielleicht auch für mich nicht zunächst assoziiert mit der Schreibweise einer AutorIN, sondern nahezu maskulin, soweit eine solche Qualifikation heute noch durchgehen mag.


    Wer einen modernen, gut geschrieben Roman aus einer globalisierten Gesellschaft sucht, der viele Themenfelder anschneidet, mag hier richtig liegen. Die Autorin hat übrigens inzwischen weitere Bücher vorgelegt, die jeweils ein gutes Echo fanden und sie erschreibt sich nun einen guten Ruf :


    Am 3. November 2010 erhielt sie einmütig den Prix Médicis für ihren Roman « Naissance d'un pont ». Das Buch war im selben Jahr in der Auswahl für den Prix Femina, den Prix Goncourt, und den Prix de Flore. Im Dezember 2010 erhielt sie zusammen mit Kathrin Röggla den Franz-Hessel-Preis.Es sei ihr mit Naissance d'un pont gelungen, „in einer vielschichtigen dramatischen Erzählweise einen Roman zu komponieren, der aufrüttelnd und beeindruckend ist“. (Quelle des letzten Abschnitts : wikipedia.de)


    AUTORIN :
    Maylis de Kerangal (* 16. Juni 1967 in Toulon) ist eine französische Schriftstellerin. Die Tochter und Enkelin von Kapitänen auf großer Fahrt verbrachte ihre Kindheit in Le Havre. Von 1985 bis 1990 studierte sie Geschichte, Philosophie und Ethnologie. Zu arbeiten begann sie bei Gallimard-jeunesse ein erstes Mal von 1991 bis 1996, vor zwei Aufenthalten in den Vereinigten Staaten in Golden, Colorado 1997. Sie setzte ihre Ausbildung 1998 ein Jahr lang fort auf der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
    Ihren ersten Roman Je marche sous un ciel de traîne veröffentlichte sie im Jahr 2000, gefolgt 2003 von La Vie voyageuse und 2006 von Ni fleurs, ni couronnes und 2008 von Corniche Kennedy. Dieser Roman stand 2008 zur Wahl für mehrere Literaturpreise wie den Prix Médicis oder den Prix Femina.
    Zur gleichen Zeit schuf sie die für Jugendliche gedachten Éditions du Baron Perché, woran sie von 2004 bis 2008 arbeitete, bevor sie sich wieder der Schriftstellerei widmete. Sie nahm auch teil an der Revue Inculte. (Quelle : wikipedia.de)



    Gebundene Ausgabe: 287 Seiten
    Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 1 (16. April 2012)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3518422928
    ISBN-13: 978-3518422922

  • Hier ein Link zu einer französischen Ausgabe...:


    Poche: 336 pages
    Editeur : Folio (5 janvier 2012)
    Collection : Folio
    Langue : Français
    ISBN-10: 2070445321
    ISBN-13: 978-2070445325