Martina Baumbach, Kuddelmuddel in Omas Kopf

  • In Deutschland leben zurzeit rund 1,4 Millionen Menschen mit einer Demenz-Erkrankung. Jährlich werden fast 300.000 neue Fälle diagnostiziert. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht auch hierzulande von einer Verdreifachung der Demenz-Kranken aus. 2050 rechnet sie mit drei Millionen Betroffenen, von denen rund jeder Dritte älter als 90 Jahre sein wird.
    Dies entspräche einem Anstieg von 40.000 Fällen pro Jahr beziehungsweise mehr als 100 Fällen pro Tag. Befragt man Deutsche zu diesem Entwicklungstrend, antworten viele, dass es zu ihren größten Ängsten gehört, im Alter an Demenz zu erkranken und als Pflegefall zu enden.
    Als eine Ursache dafür, dass die Zahl der Demenz-Kranken kontinuierlich zunimmt, nennt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft die alternde Gesellschaft. Infolge des demografischen Wandels wird die Zahl der Neuerkrankungen demnach die Sterbefälle unter den bereits Erkrankten zunehmend übersteigen. (Quelle: Spiegel)


    Entsprechend sind und werden auch immer mehr kleine Kinder mit Großeltern oder Urgroßeltern konfrontiert, die unter einer demenziellen Erkrankung leiden und noch mehr den gewohnten Kontakt zu ihrem Enkel oder Urenkel aufrechterhalten können.


    Das vorliegende Bilderbuch erzählt auf eine sehr einfühlsame Weise von dem kleine Nils und seiner Oma, mit der er über eine lange Zeit die tollsten Sachen machen konnte. Eine Oma eben, wie sie sich jeder Junge wünscht. Als eine Tages Oma in das Haus von Nils Eltern zieht, denkt er sich nichts dabei und findet es gut, bis er – er sieht sie ja nun mehrmals täglich – feststellt, dass seine Oma immer öfter komische Dinge tut. Vor allen Dingen erinnert sie nicht mehr daran, was gestern war.


    Nils Eltern erklären ihm, dass seine Oma krank ist. Doch das ändert nichts an dem, was sie zusammen alles schon erlebt haben und dass er sie lieb hat.


    Das Bilderbuch betont, wie verständnisvoll und normal Kinder mit ihren dementen Großeltern umgehen können.

  • Verlagstext

    Etwas zu vergessen, ist nicht so schlimm, findet Nils. Er vergisst auch manchmal was: Schuhe ausziehen oder vor dem Essen Hände waschen. Doch bei Oma ist das anders. Manchmal weiß sie nicht einmal mehr, wer er ist, obwohl sie schon so viel zusammen erlebt haben. Ob diese Krankheit wieder vorbeigeht? Eins weiß Nils jedoch sicher: Egal, ob Omas Vergessen wieder verschwindet, er hat sie lieb und ist immer für sie da. Ein einfühlsames Bilderbuch über Demenz.


    Die Autorin

    Martina Baumbach wurde 1969 in München geboren. Dort lebt sie mit ihrer Familie auch heute. Für ihren ersten Kinderroman bekam sie das Literaturstipendium der Stadt München, für "Und Papa seh ich am Wochenende" wurde sie mit dem Ulmer Bilderbuchspatz ausgezeichnet.


    Die Illustratorin

    Michaela Heitmann wurde Weihnachten 1969 geboren und hat schon kurz nach der Geburt die Wände mit Babyöl bemalt. Damit war der Weg für ein Grafik-Design-Studium an der Kunstschule Alsterdamm vorgezeichnet. Und da sie gern malt und studiert, absolvierte sie noch ein Illustrations-Studium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg. Seitdem arbeitet sie für verschiedene Verlage im Atelier Echtgelb. Wenn sie nicht malt oder studiert, stellt sie mit ihren Kindern im Stadtpark Käfern nach und geht zum Balletttraining.


    Inhalt

    Nils Oma ist schon um die halbe Welt gereist und spricht mehrere Sprachen. Mit ihrem Enkel verbindet sie das Interesse am Weltraum und die Lust am Malen und Basteln. Welches Kind hätte nicht gern eine Oma, die jede verrückte Idee sofort umsetzen hilft und mit der man nachts im Gras liegen und in den Sternenhimmel schauen kann. Doch dass Oma vor kurzem zu Nils und seinen Eltern gezogen ist, lässt ahnen, dass ihr Leben nicht so problemlos verläuft, wie ihr agiles Auftreten auf den ersten Blick vermuten lässt. Als Oma ihr Geld unter der Matratze vor Außerirdischen verstecken will, findet Nils es sonderbar, dass ein Erwachsener an Außerirdische glaubt. Omas Kurzzeitgedächtnis hat sich so verschlechtert, dass sie sich in der Wohnung nicht mehr zurechtfindet. Schließlich erinnert sie sich nicht mehr, dass der kleine Junge in der Familie nicht ihr Sohn Wolfgang ist, sondern ihr Enkel Nils. Für Nils und seine Eltern muss es beängstigend sein, wenn Oma ihre Hose das „2-Bein-Dings“ nennt, weil ihr das Wort nicht mehr einfällt. Nils Eltern wissen, dass die Großmutter an Demenz erkrankt ist und erklären ihm, dass diese Krankheit nicht heilbar ist. Sehr realistisch deutet das Weglaufen der Oma die schweren Zeiten an, die nun auf Nils Familie zukommen. Auch Nils Freundin Ida ist ihm eine Hilfe; denn sie schlägt vor, um Nils Oma zu verstehen, müsse man so denken wie sie. Auch wenn auf die Familie nun erhebliche Probleme zukommen werden, Oma und Nils sehen noch immer gern gemeinsam den nächtlichen Sternenhimmel an.


    Fazit

    Nils Begegnung mit der Demenz seiner Oma findet auf mehreren Ebenen statt. Mit Nils gemeinsam lernen Betrachter der Geschichte im Kindergartenalter, dass Omas beängstigendes Verhalten eine unheilbare Krankheit ist. Erwachsene Leser sehen schon früh Ihre Ahnung bestätigt, dass Oma Linde an Demenz erkrankt ist. Martina Baumbachs Bilderbuch zum Thema Altersdemenz lässt sich nicht nur in der angesprochenen Altersgruppe der 4- bis 7-Jährigen einsetzen, es eignet sich mit seiner treffenden Vermittlung des kindlichen Erlebens ebenso für die Schulung von betroffenen Angehörigen.


    (8.4.2014)


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