John Boyne - Haus der Geister / This House is Haunted (ab 31.10.2014)

  • "Bis das Blut gefriert" ... da klingelt irgendwas bei mir :scratch: Ist das so ein alter Schwarzweiß-Film?
    Und wegen des Namens blättere ich später noch mal zurück, wenn ich wieder zu Hause bin ...


    Edit: Grad mal Wikipedia gefragt, ich glaube, den Film hab ich irgendwann auch mal gesehen, so vor nem Vierteljahrhundert oder so :wink:

    :study: John Steinbeck - East of Eden

    :study: Frank Witzel - Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969

    :montag: Veronica Roth - Rat der Neun

    :musik: Claire North - Die vielen Leben des Harry August


    "There is freedom waiting for you, on the breezes of the sky, and you ask 'What if I fall?'
    Oh but my darling, what if you fly?"
    (Erin Hanson)

  • So, ich hab dann auch mal angefangen.


    Hm, ich bin mir nicht sicher, ob dem Autor es wirklich überzeugend gelungen ist, aus der Sicht einer 21-Jährigen zu schreiben. Die Erzählweise wirkt sehr distanziert und emotionslos, die Protagonistin analysiert ununterbrochen ihre Umgebung, ihren Vater - und dann soll ich glauben, dass sie Dickens' Vortrag unbehaglich (aber von ihm begeistert) zurückgelassen hat? Ich tue mir sehr schwer damit.
    Ich denke mir beim Lesen immer einen jungen Mann als Ich-Erzähler, es fehlt irgendwas...


    Ich vermisse auch ein wenig Handlungen, aktive Verben (ja, ich weiß ;-)). Es gibt Verben, aber sie treiben die Geschichte nicht voran. Tochter und Vater begeben sich zum Museum, zwischendurch wird gehustet, dann sind sie da. Lesung beginnt, eine Frau läuft schreiend raus, Kurzusammenfassung der Lesung (wieder sehr analytisch), Lesung fertig, sind wieder zu Hause.
    Nachts paar Alpträume, aufstehen, Vater stirbt, ist tot.


    Ich hab das Gefühl, dass mir diverse gemalte Szenen beschrieben werden oder ich ein Bilderbuch blättere und die Bilder beschrieben bekommen. Weiß nicht so recht...


    Aber ich bin gespannt, wie es weitergeht.

  • Ui, es geht los.
    Dann werde ich mir mal mein Buch schnappen und auch die ersten Kapitel lesen. Hach, ich freue mich jetzt auf einen gemütlichen Leseabend.

    "Neue Bücher rochen nach Druckerschwärze, nach Leim, nach Erwartungen. Alte Bücher dufteten nach Abenteuern, ihren eigenen und jenen, von denen sie erzählten. Und gute Bücher verströmten ein Aroma, in dem das alles steckte, und dazu noch ein Hauch von Magie."
    Kai Meyer


  • Die Erzählweise wirkt sehr distanziert und emotionslos, die Protagonistin analysiert ununterbrochen ihre Umgebung, ihren Vater
    ...
    Tochter und Vater begeben sich zum Museum, zwischendurch wird gehustet, dann sind sie da. Lesung beginnt, eine Frau läuft schreiend raus, Kurzusammenfassung der Lesung (wieder sehr analytisch), Lesung fertig, sind wieder zu Hause.
    Nachts paar Alpträume, aufstehen, Vater stirbt, ist tot.


    Witzig, dass du das so liest - ich habe ehrlich gesagt genau diese Schreibe erwartet, für mich passt sie aufs 19. Jahrhundert und zu der jungen Frau, die nicht so hysterisch ist, wie Dickens es ihren Geschlechtsgenossinnen unterstellt. Ich kanns nicht richtig erklären, aber für mich fühlt sich der Stil überhaupt nicht falsch an, sondern erinnert mich stellenweise fast ein wenig an den von Henry James, allerdings mit deutlich schlichteren Satzbauten.


    Für mich ist der erste Satz schon ein Highlight: "Ich mache Charles Dickens für den Tod meines Vaters verantwortlich." Einen Roman, der so beginnt, muss ich einfach weiterlesen :thumleft: Auch wenn wir - und wohl auch Eliza - wissen, dass es eher die unglückliche Kombination aus Krankheit und Regen war, die ihren Vater so schnell dahingerafft hat.


    Die Lesung finde ich interessant, tobender Applaus, tausend Zuschauer, Dickens wird richtiggehend gefeiert, ein echter Star :wink: Rufe nach Zugabe habe ich auch noch auf keiner Lesung erlebt. Und dann nimmt es die Leute ja auch wirklich mit, was Dickens da zum Besten gibt, ein Mann lässt vor Schreck seine Brille fallen. Da ist man heute in Zeiten von Special Effects und Splatterorgien in Buch und Film doch schon deutlich anderes gewohnt und viel unempfindlicher. Eliza hat zwar wenig Verständnis für die arg schreckhaften Zeitgenossen, ist aber doch auch deutlich mitgenommen.


    Was mich interessieren würde: Hat Dickens solche Lesungen abgehalten? Ich weiß das gar nicht ... Und gibt es die Spukerzählung, die er vorliest, wirklich?


    Mir gefällt es bisher.

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  • Hm, vielleicht lese ich die beiden Kapitel nochmal, so "energievoll" hab ich sie echt nicht wahrgenommen.
    Allerdings ist auch jeder Satz nur so mit Adjektiven gespickt, ich hab das Gefühl, die Verben werden davon "erdrückt" :-)
    Achso, ich lese das Buch auf Englisch, keine Ahnung, ob das einen Unterschied macht.


    Aber mein Interesse an Dickens ist jedenfalls gewachsen (und ja, den ersten Satz finde ich auch toll). Er scheint einigen Ghost Stories geschrieben zu haben. Lustig fand ich auch die Betrachtungsweise des Vaters zu Dickens, dem überall die Insekten auffielen :-D
    Ich sollte wirklich wieder mal Dickens lesen :-)

  • Ah, schon direkt am Anfang: "I find myself seated" statt "I am sitting" oder "There was a certain hunched aspect to my shoulders" statt "My shoulders were hunched" oder "[The wind]...was forcing me to wrap my shawl more closely around my shoulders" statt "I wrapped...."


    Ihr Vater wird etwas lebhafter beschrieben.

  • Uuund ich hab recherchiert: Dickens hat eine Zeitschrift "All the Year Round" herausgegeben (davon erzählt er ja auch im Buch) und drin gibt es die Story "The Haunted House" (siehe Wikipedia, ich kann vom iPad aus so schlecht Links setzen im Forum) :)


    Nachtrag: die Story, die er vorliest, dürfte wohl "The Signal-Man" sein.


    Und noch ein Nachtrag: laut Wikipedia erschien diese Story in der Weihnachtsausgabe 1866, aber im Buch sagt Dickens "...one which is scheduled to appear in the Christmas number of All the Year Round." - und Kapitel 1 des Buches ist überschrieben mit "London, 1867" #-o

  • Ah, schon direkt am Anfang: "I find myself seated" statt "I am sitting" oder "There was a certain hunched aspect to my shoulders" statt "My shoulders were hunched" oder "[The wind]...was forcing me to wrap my shawl more closely around my shoulders" statt "I wrapped...."


    Bei den von dir zitierten Stellen finde ich jeweils die erstgenannte Formulierung viel besser und stimmiger, als die von dir vermissten "aktiven" Formulierungen. Gerade "I find myself seated" ist passend, da sie ja zurückblickt und somit tatsächlich ein Bild schildert, nämlich ein erinnertes, im Deutschen ähnlich: "Wenn ich an den Moment zurückdenke, (...) sehe ich mich wieder im Wohnzimmer (...) sitzen".

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  • Ihr seid ja fleißig dabei... @sonham, ich werde das Gefühl nicht los, dass du vom Fach bist wie @daniii. Da wird es Mr. Boyne nicht leicht haben. :wink:


    Ich lese wie du die englische Ausgabe, und mir sind die Adjektive und die Passivform der Sätze nicht negativ aufgefallen. Die ungewöhnliche Satzstellung führe ich irgendwie auf die viktorianische Epoche zurück - ich denke, Boyne wollte es authetisch machen. Da Eliza sich mir als pragmatische Natur offenbart, nahmen mich die gefühlte "Emotionslosigkeit" und die Kürze der Geschehnisse nicht wunder. Vielleicht ist das Passiv für Eliza ja auch ein Stilmittel.


    Der Recherche-Fehler ist m. M. nicht wirklich tragisch. Die wenigsten werden nachlesen, wann Dickens diese Stories veröffentlicht hat. Leider habe ich mein Buch auf der Arbeit gelassen, aber weiterlesen werde ich ohnehin erst morgen.

  • Das erste Kapitel, welches sehr kurz und somit sehr schnell durchgelesen war, hatte trotzdem sehr viele interessante und wichtige Informationen für den Leser.
    Aber zuerst fiel mir der angenehme Schreibstil von Boyne auf. Bisher kenne ich leider nur ein Buch von ihm und dabei handelt es sich um den Jungen mit dem gestreiften Pyjama, welches mir sehr gut gefallen hatte, da es mit großen Emotionen vollgepackt war und mit Boynes tollen Erzählstil war es ausserdem schwer, diese Geschichte nicht zu mögen.
    In diesem ersten Kapitel erfährt man einiges über Eliza und ihr dazugehöriges Leben.
    Ihre Mutter ist seit 10 Jahren tot, der Vater anscheinend sterbenskrank und ich glaube, zwischen den Zeilen herauszulesen, daß Eliza durch den frühen Tod ihrer Mutter sehr schnell erwachsen werden musste.
    Nun lebt sie mit ihrem Vater in einem Reihenhaus, viel Geld scheinen sie auch nicht zu haben und sie und ihr Vater haben irgendwann in den letzten Jahren die Rollen getauscht. Eliza, eine junge erwachsene Frau, die sich um ihren Vater kümmert und merkt, daß sie mit ihm sprechen und auf seine Vernunft appelieren muß...wie bei einem Kind.
    Aber der Vater gefällt mir irgendwie, trotz seines Dickkopfes und den wenigen Seiten, in denen wir über ihn lesen durften.
    Eliza kommt mir noch verkrampft vor, in ihrer aktuellen Lage aber verständlich.
    Sie scheint ausserdem wenig Selbstbewusstsein zu haben.
    Ich freue mich, mehr von ihr zu erfahren und hoffe, auf eine Entwicklung ihrer Persönlichkeit.


    Und jetzt lese ich eure ersten Gedanken zu diesem Kapitel.

    "Neue Bücher rochen nach Druckerschwärze, nach Leim, nach Erwartungen. Alte Bücher dufteten nach Abenteuern, ihren eigenen und jenen, von denen sie erzählten. Und gute Bücher verströmten ein Aroma, in dem das alles steckte, und dazu noch ein Hauch von Magie."
    Kai Meyer


  • Nein, ich bin nicht wirklich vom Fach (auch wenn ich das zwischenzeitlich mal nebenbei gemacht habe), mein kritisches Lesen liegt vermutlich eher daran, dass ich als Deutschlehrerkind aufgewachsen bin und einen sehr guten Deutschlehrer später im LK hatte :-)


    Mich ärgern Recherchefehler - zumindest die, die mir auffallen ;-)


    Negativ finde ich die passiven Formulierungen nicht, aber ich bekomme so einfach keine Verbindung zu Eliza.

  • Zunächst einmal fand ich es bemerkenswert, dass Boyne als Autor seine Protagonistin aus der Ich-Perspektive erzählen lässt. Das ist nicht unbedingt üblich und hat mich neugierig gemacht. Wie sieht ein Mann aus den Augen einer Frau?

    Stimmt, da bin ich ebenfalls gespannt, wie er das alles umsetzen wird.


    Boynes Stil gefällt mir. Unaufdringlich und schnörkellos, aber anschaulich und bewegend. Das hat mich schon im "Tristan Sadler" beeindruckt.

    Ein Buch, welches ich auch unbedingt mal lesen sollte.


    Die Erzählweise wirkt sehr distanziert und emotionslos,

    Ich sehe das wie Yael und führe diese gefühlte Distanz, die beim Lesen vielleicht aufkommen mag, auf Elizas Charakter zurück. Jetzt mag sie vielleicht noch emotionslos und distanziert sein, doch vielleicht ändert sich das in den nächsten Kapitel, wenn sie erstmal aus diesem Haus herauskommt, der sie irgendwie bedrücken mag. Das Gefühl hatte ich nämlich beim Lesen. Eliza hat sich in ein Schneckenhaus zurückgezogen, fühlt sich unwohl in ihrer Haut. Ihre Lebenssituation macht(e) es ihr nicht leicht und durch die Verantwortung, die sie wahrscheinlich schon in frühen Jahren aufgebürdet bekam, hat sie es gelernt, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Das war mein persönlicher Eindruck. Mal sehen, wie sie sich im nächsten Kapitel gibt.


    Für mich ist der erste Satz schon ein Highlight: "Ich mache Charles Dickens für den Tod meines Vaters verantwortlich." Einen Roman, der so beginnt, muss ich einfach weiterlesen

    Ja, das macht neugierig und mir gefällt dieser Schreibstil, so, wie er ist. Gerade diese vielen Beschreibungen, also die zahlreichen Aufzählungen der Adjektive geben mir ein genaues Bild von der Lebenssituation, der Umgebung, der Menschen.

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    Kai Meyer


  • Negativ finde ich die passiven Formulierungen nicht, aber ich bekomme so einfach keine Verbindung zu Eliza.


    Abgesehen von deinen anderen, sehr nachvollziehbaren Punkten finde ich diesen am wichtigsten. Ich glaube, es könnte vielen Lesern so gehen, auch wenn sie vielleicht nicht so genau formulieren können, weshalb. Denn ein wenig blutleer wirkt Eliza bisher in der Tat.


    Und jetzt muss ich nach meinen Monstern sehen und ihnen Süßes geben. Bis Morgen!

  • Die ungewöhnliche Satzstellung führe ich irgendwie auf die viktorianische Epoche zurück - ich denke, Boyne wollte es authetisch machen.


    So habe ich mir das auch erklärt - wie gesagt, für mich ist es bisher stimmig. (Und dabei deutlich leichter zu lesen als der gute Henry James, bei dem ich übrigens auch sehr oft den Eindruck hatte, dass er "gemalte Szenen" beschreibt, wie du es oben für Boyne beschrieben hast, Sonja.)


    Eliza kommt mir noch verkrampft vor, in ihrer aktuellen Lage aber verständlich.


    Allerdings :thumleft: Ich finde auch, dass das allein schon deutlich wird an der Stelle, wo sie ihr eigenes Spiegelbild beschreibt und erfolglos versucht, zu einer lockereren Körperhaltung zu kommen.


    Mich ärgern Recherchefehler - zumindest die, die mir auffallen ;-)


    Mich auch - aber mir wäre der hier gar nicht aufgefallen :loool:

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    Oh but my darling, what if you fly?"
    (Erin Hanson)

  • Jetzt mag sie vielleicht noch emotionslos und distanziert sein, doch vielleicht ändert sich das in den nächsten Kapitel, wenn sie erstmal aus diesem Haus herauskommt, der sie irgendwie bedrücken mag. Das Gefühl hatte ich nämlich beim Lesen. Eliza hat sich in ein Schneckenhaus zurückgezogen, fühlt sich unwohl in ihrer Haut. Ihre Lebenssituation macht(e) es ihr nicht leicht und durch die Verantwortung, die sie wahrscheinlich schon in frühen Jahren aufgebürdet bekam, hat sie es gelernt, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.


    Das finde ich plausibel.


    Und jetzt muss ich nach meinen Monstern sehen und ihnen Süßes geben.


    Hier haben auch schon kleine Monster geklingelt - wurden aber vom Nachbarshund zwei Stockwerke weiter unten erschreckt, die armen Kleinen. Ich glaube, da waren viele Süßigkeiten als Wiedergutmachung nötig :vampire:

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    (Erin Hanson)

  • Und jetzt muss ich nach meinen Monstern sehen und ihnen Süßes geben. Bis Morgen!

    Bis Morgen, Yael und einen schönen Abend noch.


    Hier haben auch schon kleine Monster geklingelt - wurden aber vom Nachbarshund zwei Stockwerke weiter unten erschreckt, die armen Kleinen. Ich glaube, da waren viele Süßigkeiten als Wiedergutmachung nötig

    :loool:
    Hier ist noch alles ruhig, keine verkleidete Kinder, die nach Süßigkeiten schreien. Wir leben hier auf dem Lande und daher bekommen wir von Halloween und ihren Traditionen nicht viel mit.

    "Neue Bücher rochen nach Druckerschwärze, nach Leim, nach Erwartungen. Alte Bücher dufteten nach Abenteuern, ihren eigenen und jenen, von denen sie erzählten. Und gute Bücher verströmten ein Aroma, in dem das alles steckte, und dazu noch ein Hauch von Magie."
    Kai Meyer


  • Zuerst einmal @sonham herzlich willkommen hier bei uns im BT ! :)


    Der Einstieg fiel mir leicht und wenn ich London im Jahre 1867 lese, dann hat das Buch bei mir schon fast gewonnen :wink:
    Das ist übrigens nach "Das Haus zur besonderen Verwendung" und "Das Erbe der Montignacs" mein dritter Boyne.


    Wir lernen Eliza und ihren Vater kennen, Eliza hat die Mutter schon früh verlorem und findet sich selbst im Gegensatz zu ihrere verstorbenen Mutter welche eine Schönheit war, eher plump und hässlich. Auch in der Schule hatte sie nicht den Anschluss an die anderen Mädchen. Gut beschrieben das häusliche Umfeld, Der Vater arbeitet im Museum und ist begeisterter Insektenliebhaber und -forscher.Sie selbst arbeitet als Lehrerin.
    Als begeisterter Fan von Charles Dickens möchte er, obwohl krank, zu einer Lesung von ihm gehen. Eliza und er kommen auf den Weg dorthin in Sturm und regen. Die lesung selbst ist sehr gut besucht und Charles Dickens vermag die Zuhörerschaft mit seiner vorgetragenen Geistergeschichte zu begeistern. Eliza hat in der Nacht danach Albträume und der Vater hat sich aufgrund der Verkühlung nun gesundheitlich den Rest geholt. Er verstirbt am Ende des nächsten Tages. Damit endet das zweite Kapitel.
    Ich vermute, dass der vater die Schwindsucht hatte, denn in der Lesung ist sein Taschentuch blutbefleckt.


    Der Schreibstil ist sehr leicht und flüssig zu lesen.
    Ich finde Eliza nicht blutleer oder gar emotionslos. Ich finde sie verhält sich einfach ihrer Zeit gemäss, Im viktorianischen England hatten sich Frauen nach den gesellschaftlichen Regeln einfach anders zu benehmen als heute.


    Da würde ich Einiges dafür geben, Charles Dickens mal in einer Lesung zu erleben ! :D Ich mag seine Bücher seit meiner Kindheit sehr. Bitte inmal Zeitmaschine :wink:


    Ja, das macht neugierig und mir gefällt dieser Schreibstil, so, wie er ist. Gerade diese vielen Beschreibungen, also die zahlreichen Aufzählungen der Adjektive geben mir ein genaues Bild von der Lebenssituation, der Umgebung, der Menschen.


    Absolut. Ganz wunderbar beschrieben !


    Was hier und auch im nächsten Kapitel noch ganz deutlich wird und was ich erschreckend finde ist, dass eine Frau allein in dieser Gesellschaft ohne männlichen Gönner es echt schwer hatte. Das Ziel "geheiratet" zu werden ist bei vielen das Einzige oder halt als alte Jungfer zu leben und arbeiten gehen zu müssen. Als Gouvernante oder als Lehrerin. Ich denke, das ist ein ganz entscheidender Punkt bei dem Buch und trägt immens dazu bei wie Eliza handeln wird.

  • Das ist übrigens nach "Das Haus zur besonderen Verwendung" und "Das Erbe der Montignacs" mein dritter Boyne.

    Meine Wunschliste wächst und wächst.
    Schön, daß dir die Geschichte und der Schreibstil bisher auch so gut gefällt.
    Und ich finde es toll, wie man darüber spekulieren kann, warum Eliza nun so ist, wie sie ist oder wie sie sich gibt. Und auf ihre Entwicklung freue ich mich. Es gibt bestimmt noch einiges an ihr zu entdecken.

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    Kai Meyer


  • Kapitel 3
    Der Vater von Eliza wird beerdigt. Nach der Beisetzung geht sie über den Friedhof und verirrt sich fast im aufsteigendem Nebel. Dort begegnet sie auch einem kleinen Mädchen welches ihr erzählt, dass ihr Bruder ertrunken ist und danach wieder im Nebel verschwindet.
    Nebel ist in dem Buch ein fester Bestandteil :loool: Bietet sich ja auch an. London, Nebel, Grusel :wink: Ich weiss nicht aber irgendwie hatte ich die Vermutung dass das kleine Mädchen ein Geist gewesen sein könnte. :-k
    Wieder daheim liest sie abends eine Zeitungsannonce in dem ein gewisser H.Bennett aus Gaudlin Hall im Kreis Norfolk eine Gouvernante sucht. Eliza ist zuerst zögerlich da sie London bisher bis auf ein einziges Mal nach dem Tod ihrer Mutter noch nie verlassen hatte.
    Wir erfahren dabei einen Einblick in ihre Familiengeschichte, wie glücklich die Eltern waren und wie schlimm es war nach dem Tod der Mutter weiterzumachen. Die beiden Tanten fand ich Klasse, Schwestern des Vater welche das Heft in die Hand nahmen und den Vater und auch Eliza versuchen, heute würde man sagen "wieder auf die Reihe zu bringen". Wir erfahren ausserdem von ihrer Arbeit als Lehrerin welche ihr grosse Freude bereitet hat. Nun ist der Vater tot, die Tanten sind zwischenzeitlich auch verstorben, Geschwister gibt es keine. Sie fühlt isch einsam und sagt selbst "Womöglich übte diese Anzeige, in der eine Gouvernante für ein Herrenhaus in Norfolk gesucht wurde, deshalb so grossen Reiz auf mich auf."
    Und noch eine Hiobsbotschaft. Das Haus welches sie glaubte geerbt zu haben, gehört ihr nicht. Es war nur gemietet, kein Eigentum. Ein gewisser Mr. Low macht ihr unmissverständlich deutlich dass sie ihre Sachen packen und gehen kann wenn sie die Miete nicht zahlt. Sie bwirbt sich somit nun auf das Stellengesuch und bekommt auch schnell Antwort, dass sie dort als Gouvernante anfangen kann. Eine knappe Woche nach dem Tod des Vaters verlässt sie London.
    Kann ich alles sehr gut nachvollziehen. Und aufgrund der Ereignisse welche sie seelisch natürlich durchschüttelten fällt ihr wahrscheinlich auch nicht auf wie seltsam diese schnell Zusage doch eigentlich ist als unter normalen Umständen.


    Kapitel 4
    Eliza sitzt im Zug und studiert noch einmal das Antwortschreiben des H. Bennett indem sie gebeten wird am 25. Oktober mit dem Fünf-Uhr-Zug anzukommen wo sie ein gewisser Heckling, der Kutscher von Gaudlin Hall, abholen würde.
    Als sie angekommen ist und auf dem Bahnsteig steht, eilt eine Frau Richtung Zug und stösst mit Eliza zusammen. Dabei fällt ihr Koffer zu Boden und Eliza sieht ein eingraviertes Monogramm "HB" und die Frau kommt ihr bekannt vor.Auch die Frau zeigt Anzeichen des Erkennens, schüttelt aber den Kopf und steigt schnell ein.
    Ehrlich gesagt habe ich diese Szene nicht so ganz verstanden. Verbindet sie "HB" mit H. Bennett ? Woher vermeint sie diese Frau zu kennen ?
    Auf dem Bahnsteig ist wieder dichter Nebel. :wink: Eliza versucht den Ausgang zu finden und irrt auf dem Bahnsteig herum. Auf einmal verspürt sie Hände auf ihrem Rücken und einen Stoss. Fast wäre sie vor den gerade einfahrenden Zug gefallen, fühlt sich aber zurückgerissen.
    Mr. Toxley, ein Arzt, glaubt Ihr allerdings nicht, dass sie gestossen wurden ist und behauptet niemand gesehen zu haben. Waren das wieder Geister ?
    Seine Frau kommt dazu und es entspinnt sich ein nettes Gespräch welches durch die plötzliche Anwesenheit des Kutschers Heckling unterbrochen wird, Er gibt sich recht ungehobelt und unhöflich. Eliza verabschiedet sich von dem Arztehepaar welches wohl nicht gerade begeistert ist als sie hören, dass sie die neue Gouvernante auf Gaudlin Hall ist. Ob die beiden wissen was da los ist in dem Haus ? Ich vermute es, sonst hätten sie wohl nicht so reagiert. Und Eliza sagt ja selbst "Warum haben sie mich nicht gewarnt ?"


    Ja, sehr schöne Geschichte und nun gehts bald rein in das nette Häuschen. Ich bin sehr gespannt was uns da erwartet :)

  • Kapitel 3: ich finde Eliza immer noch distanziert ;-) Sie bekommt die Beerdigung ihres Vaters, den sie doch scheinbar sehr geliebt hat, nicht wirklich mit und macht danach noch einen Spaziergang über den Friedhof?
    Den anschließenden Rückblick auf ihre Vergangenheit finde ich interessant, aber ich bekomme auch darüber keinen wirklichen Zugang zu ihr. Mir erscheint sie immer noch etwas blass.
    Eine Anzeige eines H.Bennet? Kommt hier nun "Stolz und Vorurteil" ins Spiel? :-)


    Kapitel 4: nachdem ich gestern noch Dickens Story "Signal-Man" gelesen habe, erkenne ich hier deutliche Parallelen zur dieser Geschichte! Das gefällt mir :-)
    Und mir gefällt, dass wir uns jetzt in Norwich befinden, ich hab da mal ein Jahr lang gelebt :-)