Rosa Ribas & Sabine Hofmann - Das Flüstern der Stadt / Don de lenguas

  • Barcelona in den 50er Jahren.
    Ganz Spanien steht unter der Franco-Diktatur mit seiner Geheimpolizei, die von den Menschen gefürchtet wird, können sie doch ihre eigene Meinung nicht äußern, ohne dadurch Sanktionen zu befürchten. Jeder kontrolliert jeden und jeder misstraut jedem. Die Verhältnisse sind sehr beschränkt und einengend.


    Die allseits bekannte Arztwitwe Mariona Sobrerroca wird tot aufgefunden. Zuerst sieht alles nach einem Einbruch aus, doch schon bald zeigen die ersten Ermittlungen, dass es sich hier um einen Mordfall handelt. Die junge Ana Marti ist bei der Zeitung „La Vanguardia“ als Journalistin noch in den Anfängen, da wird sie von ihrem Chef gebeten, über den Mord und die Ermittlungen zu berichten und diesbezüglich mit Kommissar Castro zusammen zu arbeiten, denn der Fall soll binnen vier Wochen gelöst sein, bevor der Eucharistische Kongress in Barcelona stattfindet. Castro macht Ana von Anfang an deutlich, dass sie nichts herausgeben darf, was er im Vorfeld nicht genehmigt hat. So begleitet Ana Castro zu Zeugenaussagen und kann es sich nicht verkneifen, selbst eigene Nachforschungen anzustrengen, als sie eine Kiste mit Liebesbriefen aus dem Besitz der Toten in die Hände bekommt. Gemeinsam mit ihrer Cousine Beatriz durchforstet sie den Inhalt der Briefe auf der Suche nach Informationen. Ist es vielleicht doch kein Raubmord, sondern ein Mord aus Leidenschaft? Welche Geheimnisse hatte Mariona Sobrerroca?


    Das Autorinnenduo Rosa Ribas und Sabine Hofmann haben mit ihrem Buch „Das Flüstern der Stadt“ einen besonderen Kriminalroman als Debüt vorgelegt. Der Schreibstil ist angenehm flüssig und leicht, sehr atmosphärisch und dabei ausgesprochen fesselnd. Das beklemmende Barcelona der 50er Jahre wird regelrecht zum Leben erweckt und der Leser findet sich während der spannenden Lektüre in einem alles und jeden kontrollierenden Polizeistaat wieder. Selbst das Atmen fällt schwer, so düster sind die Schilderungen der Kontrolle, das Verschwinden von Menschen, die Unterdrückung der Spanier. Sie sind regelrecht gefangen durch die staatlichen Auflagen. Zu Beginn des Buches ist das Tempo eher gemäßigt, was aber der Einleitung, dem geschichtlichen politischen Hintergrund und der Vorstellung der vielen verschiedenen Protagonisten geschuldet ist. Doch sobald diese Informationen an den Leser gebracht sind, steigert sich das Tempo und die Spannung nimmt von Seite zu Seite zu.


    Die Charaktere des Romans sind sehr vielschichtig, teilweise geheimnisvoll angelegt. Ana und Castro sind zwei sehr gegensätzliche Protagonisten, die sich aber hervorragend ergänzen und gut zusammen arbeiten. Ana ist wissbegierig, stur und neugierig genug, um sich regelrecht in den Fall zu verbeißen. Beatriz ist ebenfalls ein interessanter, etwas eigenwilliger Charakter, die keine unwichtige Rolle in der Handlung spielt.


    Ein wunderbarer Roman, der sein Hauptaugenmerk vor allem auf die einzelnen Personen, deren Handlungen und die politischen Umstände legt, da wird der Mord regelrecht zur Randnotiz. Eine etwas andere Geschichts- und Krimistunde, aber absolut empfehlenswert. Chapeau!


    Wunderbare verdiente :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


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    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Dem kann ich nur zustimmen: Ein sehr empfehlenswerter Roman, der sich vom Krimiallerlei deutlich abhebt.
    Der politische Hintergrund des Romanes machte mich neugierig und gefiel mir absolut...


    Zuerst Fand ich mich in einem Schwarz-Weiß-Film: Barcelona, 1952. Spanien wird von Franco regiert, Zeitungen und Zeitschriften unterliegen der Zensur. Bis dahin folgt das Buch jenen, die ähnliche Themen behandeln.


    Doch plötzlich erwacht meine Zeitreise zum Leben, es wird bunt um mich herum.
    Die junge Journalistin Ana Marti übernimmt die Berichterstattung über einen Mordfall an einer bekannten Witwe. Es ist ihr erster Kriminalfall.


    Schon bald ist Ana enttäuscht: Ihre Arbeit erstreckt sich nur auf das Ausformulieren der Tatsachen, die sie laut Polizei veröffentlichen darf. Zu allem Überfluss ist man im Kommissariat von einer fadenscheinigen Lösung überzeugt und legt diesen Fall zu den Akten.


    Als jedoch gewisse Briefe im Nachlass der Toten gefunden werden, beginnt Ana auf eigene Faust zu ermitteln. Sie glaubt an keine einfache Lösung. Hilfe sucht sie bei ihrer Cousine Beatriz, eine Sprachwissenschaftlerin. Nach der Analyse der gefundenen Briefe schweben die beiden Frauen in Lebensgefahr – sie sind einem Geheimnis gefährlich nahe gekommen.
    Jetzt kann sie nur noch eines retten: Die Macht der Sprache.