Sun-Mi Hwang- Das Huhn, das vom Fliegen träumte / The Hen Who Dreamed She Could Fly

  • Man denkt zunächst, dieses Buch sei ein Buch für Kinder, weil es von Tieren handelt, die auf einem Bauernhof leben. Doch weit gefehlt. Ähnlich wie bei George Orwells „Farm der Tiere“ wird hier am Beispiel der Geschichte und des Handelns von Tieren mit der literarischen Gattung der Fabel etwas verdeutlicht, was alle Menschen angeht, und vor allen Dingen diejenigen ansprechen wird, die sich ein Gefühl bewahrt haben für Träume und dem Streben nach Freiheit.

    Denn darum geht es für die Legehenne Sprosse, die sich ihren Namen selbst gegeben hat, weil Sprossen für sie etwas Lebendiges sind. Sie ist schon älter und kann keine Eier mehr legen. Als der Bauer das letzte, total weiche Ei aus der Rinne nimmt, beschließt er sie zu töten und wirft sie zu anderen toten Tieren in eine Grube. Doch Sprosse überlebt und träumt weiter ihren Traum, einmal in ihrem Leben ein Ei auszubrüten und ein Küken groß zu ziehen.

    Sie lernt Streuner kennen, einen Entenerpel, der nicht mehr fliegen kann und auf dem Bauernhof auch ein eher aussätziges Leben lebt. Er hilft Sprosse, vor allem sich gegen das hungrige Weisel zu verteidigen. Als sie nach einiger Zeit unter einem Dornenstrauch ein einsames Ei findet, ahnt sie nicht, dass es von Streuners weißer Gefährtin stammt, das sie gelegt hat, kurz bevor das Wiesel sie tötete. Sprosse brütet das Ei aus und wundert sich schon, dass es viel länger dauert, als sie dachte. Streuner versorgt sie währenddessen mit Futter und gibt nachdem sein Kind, das Sprosse „Kleines“ nennt geschlüpft ist, sein Leben, als er Mutter und Kind vor dem Wiesel verteidigt.

    Und irgendwann muss auch Sprosse Abschied nehmen nicht nur von ihrem Kind, das mit dem Entenschwarm fortfliegt, sondern auch von ihrem Leben. Als sie ihren Körper, den das Wiesel getötet hat verlässt und ihn von oben sieht, ist auch ihr zweiter sehnlicher Wunsch in Erfüllung gegangen: sie fliegt.