François Taillandier – L’écriture du monde

  • Original : Français, 2013
    Drei Teile mit Epilog, Anmerkungen und Chronologie

    INHALT :

    Ein historischer Roman in drei Teilen, der am Ende des Weströmischen Reiches im Jahre 476 einsetzt und bis ins 7. Jhdt hineinreicht. Geprägt war diese Zeit durch unstabile « barbarische » Reiche in Italien und Umgebung, während der Oströmische Hof nicht gänzlich auf diese Gebiete verzichten wollte. Taillandier baut seinen Roman um historische Gestalten herum auf, konzentriert sich auf wesentliche Linien ihres Lebens. Diese trugen zur Schaffung einer neuen Gesellschaft bei, einer teilweisen Einheit und Versöhnung und prägten und prägen noch teils bis heute Grundlagen eines europäischen Verständnisses, eines gemeinsamen Erbes.


    BEMERKUNGEN :
    Leitfaden, -gestalt im ersten Teil (14 Kapitel auf 127 S) ist Magnus Aurelius Cassiodorus ( http://de.wikipedia.org/wiki/Cassiodor ), römischer Questor, Senator und Berater des Ostgotenkönigs Theoderichs des Großen als Nachfolger des hingerichteten « geliebten Rivalens » Boethius (http://de.wikipedia.org/wiki/Boethius ). Er versucht eine Beruhigungspolitik in Zeiten dauernder Invasionen, Machtkämpfe, Intrigen, auch zwischen Oströmischem Reich und den « Barbarenreichen » Italiens.
    Nach einer Zeit am Hofe von Konstantinopel des oströmischen Kaisers Justinian hat er gegen Ende seines circa 90-jährigen Lebens nur noch ein Ziel : eine klösterliche Gemeinschaft zu gründen, die sich ganz der Kopien und der Sammlung der Schriften aller Weisheitslehren widmet. In dem Zusammenhang steht ein, wahrscheinlich fiktives, Treffen mit dem Ordensgründer Benedikt von Nursia.


    Der zweite Teil (6 Kapitel auf 37 S) spielt schon Jahre nach dem Tode des Cassiodorus : Leander (
    http://de.wikipedia.org/wiki/Leander_von_Sevilla ), Bischof von Hispalis, Freund Gregors des Großen und Bruder Isidors ( http://de.wikipedia.org/wiki/Isidor_von_Sevilla ), kommt zu jener Gemeinschaft (Vivarium genannt) und sinnt über deren Sinn und Unsinn nach, Berufung und Verpflichtung angesichts des Erbes des italienischen Staatsmannes. Er kennt einen Moment der Zweifel und der Dunkelheit. Das Vermächtnis von Cassiodor ist durch die heranziehenden Lombarden bedroht und soll nun eventuell nach Spanien verlegt werden.


    Theudelinde ( http://de.wikipedia.org/wiki/Theudelinde ) steht im dritten Teil (9 Kapitel auf 94 S) im Zentrum : Bayrische Prinzessin mit lombardischen Wurzeln folgt sie ihrem lombardischen Brautwerber und wird nach dessen raschen Tod Königin und entscheidet die Politik ihres Volkes entschlossen mit : ein Weg derBündnisse anstatt der Kriege, der Aussöhnungen inmitten des Streites zwischen den christlich geprägten Ausrichtungen (Arianismus) und dem römischen Papst, zu ihrer Zeit die beeindruckende Persönlichkeit und nahezu Vaterfigur eines Gregors des Großen.
    Siehe auch: http://fr.wikipedia.org/wiki/L%27%C3%89criture_du_monde


    Es handelt sich hier um den ersten Teil einer als (zumindest) Triologie angelegten Serie Taillandiers über die Geschichte, die Europa geprägt hat. Man erklärte mir, dass er damit auch einen Beitrag leisten wollte zu dieser ewigen Debatte um das « gemeinsame europäische Erbe und die Ursprünge der europäischen Kultur ». Dies gelingt ihm in diesem ersten Teil auf m.E. hervorragende, leicht zu lesende, sehr detailreiche und doch fließende Art. Sicherlich wird man es kaum schaffen, alle Daten und Persönlichkeiten zu erinnern, zumal falls man ganz unbedarft an die Lektüre hinangeht, doch das Buch erlaubt ein Kennenlernen mit wesentlichen Figuren dieser Zeit. Es gibt eher erzählerische Teile, doch auch viele dieser romanhaften Elemente sind informationsreich und voller historischer Ausarbeitungen.


    Man könnte mehrere Leitfäden finden, die diese so weit zurückliegende Periode mit unserem heutigen Leben in Verbindung bringt : Zersplitterung bisher wesentlicher Gebiete, Bedrohung von außen oder auch Spaltung durch innere Auseinandersetzungen (der langwierige Kampf zwischen Arianismus und römischem Katholizismus). Eine gewisse Form und Verbreitung der Kultur stand unter Verschleißgefahr. Hier finden wir Menschen wie Cassiodor, Isidor und Leander, die wesentliches dazu beitragen, um altes Wissen zu erhalten und Stätten des Studiums, der Bibliotheken zu errichten, die uns ansonsten wohl verlorengegangene Schätze der Antike bewahrten.


    Die « Invasionen der Barbaren » erfahren hier diskret vorgebrachte neue Interpretationen : Bedrohung, ja, aber auch Möglichkeit der Auseinandersetzung, der Aufhebung der Widersätze und Gegenteile. Hier ist sind oben erwähnte Gestalten daran beteiligt zu schlichten, Allianzen zu schmieden...


    In all dem sind jene Persönlichkeiten zutiefst geprägt von einem lebendigen christlichen Glauben. Taillandier erzählt gleichzeitig sehr geschickt und menschlich wahr von den inneren Widersprüchen: wie in uns quasi ein Teil « barbarisch » bleibt, und wir da in einer ständigen Suche bleiben. Gesellschaftlich-politisch gesehen kann man es auch so ausdrücken, dass Teilinteressen, Egoismen UND andererseits eine Schau von Einheit zwischen den Völkern miteinander ringen. Einheitsstiftend war wie sich Menschen langsam unter einen Glauben stellten. In aller Bruchstückhaftigkeit. Trotz allem. Wie einem Ziel folgen, das uns letztlich übersteigt und uns aus unserem egozentrischen Kreisen hinausbringt ins Weite ?


    Ein hervorragendes Buch, 2013 erst erschienen. Und somit besteht die Hoffnung, das es noch übersetzt werden wird.


    AUTOR :
    François Taillandier wurde 1955 in Clermont-Ferrand geboren und ist ein französischer Schriftsteller. Nach dem Studium unterrichtet er Französisch in Nantes, verlässt dann aber diesen Bereich, zieht nach Paris und arbeitet als Journalist, dann ganz als Schriftsteller.


    Broché: 288 pages
    Editeur : Stock (6 mars 2013)
    Collection : Hors collection littérature française
    Langue : Français
    ISBN-10: 2234064430
    ISBN-13: 978-2234064430