Michael Thode - Das stumme Kind

  • Kinderarzt Andreas Joost wird in seinem eigenen Haus in Döhle, einem kleinen Ort in der Lüneburger Heide, auf grausame Weise ermordet aufgefunden. Die Ziffern 0103 hat er vor seinem Tod noch mit dem eigenen Blut geschrieben. Was haben diese Zahlen für eine Bedeutung, sind sie ein Hinweis auf den Täter oder der Grund für seinen Tod? Seit dem Mord wird seine Tochter, die 13-jährige Anna vermisst. Sie ist Autistin und hat noch nie ein Wort gesprochen. Wurde sie Zeugin des Mordes oder ist auch sie ein Opfer geworden? Ein weiterer Mord in derselben Nacht an dem Rechtsanwalt Thomas Wilke weist Ähnlichkeiten in der Art und Weise wie bei Andreas Joost auf, außerdem kannten sich die beiden. War es Rache, ist es der gleiche Täter? Hauptkommissar Rolf Degenhardt hat mit den Ermittlungen alle Hände voll zu tun, um den Mörder zu finden. Allerdings ahnt er noch nicht, in welch perfide Abgründe er eintauchen wird.


    Michael Thode hat mit seinem Krimi „Das stumme Kind“ seinen Debütroman vorgelegt und ein sehr explosives Thema in seine Handlung eingebaut. Der Schreibstil ist herrlich flüssig und lässt den Leser ab der ersten Seite nicht mehr los, man wird regelrecht hineingesogen in diese unglaubliche Geschichte. Das Herz schlägt schneller und die Seiten gleiten einem nur so durch die Finger. E-Mals, SMS und eingefügte Briefe lockern den Romanfluss schön auf und bringen Abwechslung in die Handlung. Der Spannungsbogen ist von Beginn an schön angelegt und steigert sich von Seite zu Seite bis zum finalen Schluss. Die Geschichte teilt sich auf in zwei Handlungsstränge, die parallel laufen. In dem einen dreht sich alles um die Geschehnisse in Döhle, der zweite spielt in London mit der Dialysepatientin Alexa Jäger als Protagonistin. Der Autor legt sehr viel Wert auf Detailarbeit und hat sehr gut recherchiert. Michael Thode lässt seine Hintergrundinformationen in Bezug auf die Polizei- und Ermittlungsarbeiten sehr schön in seinen Roman einfließen. Dadurch wirkt die Geschichte sehr lebendig und authentisch und nicht wie die üblichen 08/15-Kriminalromane. Die Charaktere sind ebenfalls vielschichtig und gut skizziert. Hauptkommissar Rolf Degenhard ist ein sympathischer Ermittler, der privat einiges zu schultern hat und von Alpträumen geplagt wird. Praktikantin Jana Liebisch ist eher die Coole, dabei clever, manchmal überschätzt sie sich allerdings ein wenig, trotzdem ist sie ebenfalls eine Sympathieträgerin. Alexa ist eine kalte egoistische Person, die um jeden Preis ihr Leben retten will. Auch Sarah Joost ist ein zweifelhafter Charakter, unsympathisch und verdächtig. Besonders interessant ist die Charakterisierung von Anna, deren Verhalten der Autor sehr lebensecht schildert.


    Michael Thodes Debütroman ist ein rasanter Krimi mit einem sehr aktuellen Thema, das zwar wie Science Fiction anmutet, aber in der heutigen Zeit überall und jederzeit möglich ist, wenn es nicht schon praktiziert wird. Gerade deshalb ist die Gänsehaut beim Lesen garantiert. Für alle Krimifans ein Muss, denn besser geht einfach nicht! Absolute Leseempfehlung!


    Beängstigende :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • @dreamworx Deine Rezension hört sich so spannend an, dass selbst ich als untypischer Krimileser mir das Buch auf die Wunschliste gepackt habe - danke schön :)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Hallo dreamworx
    Vielen Dank für die tolle Rezension :flower: Auch bei mir ist das Buch gleich auf der WuLi gelandet, du hst mich gerade mehr als neugierig gemacht.



    Viele Grüße und ein schönes Wochenende


    Sylvia, Brownie, Pearly und Gimli
    :study::study::study:

    :study:Jack McDevitt: Hexenkessel




  • Klappentext
    In einem kleinen Dorf in der Lüneburger Heide kommen der Kinderarzt Andreas Joost und der Rechtsanwalt Thomas Wilke auf grauenhafte Weise ums Leben. Rasch ist klar, es gibt eine Verbindung zwischen den beiden Männern: Joosts Tochter Anna, ein autistisches Mädchen, das noch nie ein Wort gesprochen hat. Das Geheimnis, das die Beteiligten miteinander verbindet, führt tief in menschliche Abgründe. Und die Zeit zur Aufklärung des Falles drängt - denn der Täter hat bereits sein nächstes Opfer ins Visier genommen ...


    Zum Autor
    Michael Thode, 1974 in Heide/Holstein geboren, studierte Jura und Fachjournalismus in Bayreuth, Göttingen, Kiel und Berlin.
    Er veröffentliche zahlreiche Kurzkrimis, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. "Das stumme Kind" ist sein erster Roman.
    Michael Thode lebt mit Frau, Hund und zwei Pferden in der Lüneburger Heide.


    Meine Meinung
    Mein erster Gedanke zu diesem Thriller nach beenden? Wow!Ein absolut klasse Debütroman den Michael Thode hier seinen Lesern präsentiert.


    Alleine durch das Cover wird man schon neugierig gemacht. Ein Mädchen steht links , blickt einfach in ein weißes Feld. Ich denke hier soll der Autismus für Aussenstehende dargestellt werden, quasi das man einfach nicht wirklich weiß, was in den Betroffenen vorgeht.
    Der Titel des Covers springt durch das Rot direkt ins Auge.


    2 Personen, ein Ort -> beide auf grauenhafte Weise ermordet. Was steckt dahinter? Wie passen diese beiden Fälle zusammen und vor allem, welche Rolle spielt Anna in diesem Drama?
    Genau das versucht die Polizei herauszufinden, gestaltet sich aber recht schwierig und bringt sie auch selber in Gefahr.


    Der Autor hat hier Personen mit hohem Potenzial erschaffen. Sehr genau beschrieben findet man zügig einen guten Draht zu Ihnen und mag Ihnen bei dem aufklären des Falles helfen. Die Mischung der unterschiedlichen Personeneigenschaften ist hier sehr gut getroffen. Auf der einen Seite das junge unerfahrene während der Ausbildung, auf der anderen Seite jahrelanger Berufserfahrung. Die beiden ergänzen sich sehr gut miteinander. Das anlernen und erklären von Nachwuchskräften wird hier schön vermittelt.


    Dieser Thriller ist nicht gradlinig. Der Prolog beginnt mit einem Ereignis, was Jahre zuvor geschehen ist, um dann in die Gegenwart zu springen. Ebenso ist nicht eine Person der Erzähler in diesem Buch. Verschiedene Orte, Zeiten und Charaktere führen einen durch diesen fesselnden, spannenden Thriller, den man kaum aus der Hand legen kann. Die einzelnen Kapitel wurden jeweils mit Ort und Zeit beschriftet und die ersten Sätze lassen sehr gut erkennen, wer gerade die erzählende Person ist.


    Zwischendrin gibt es noch Emails, SMS und Co zwischen den einzelnen Personen. Manche davon zu Beginn nicht ganz zu verstehen, um nochmal den eigenen Gedankenfluss anzuregen.


    2 Handlungstränge die parallel laufen, führen sich nach und nach zusammen und ergeben ein bizarres Gesamtbild was einen stocken lässt. Doch es scheint gar nicht so abwegig was hier geschrieben wird und kann in unserer heutigen Zeit schon durchaus vorkommen und verursacht einem Gänsehaut.


    Die Krankheit Autismus, die hier eine zentrale Rolle spielt, wird einem Laien auch gut erklärt. Man kann das verhalten von Anna dadurch ein wenig besser nachvollziehen und tappt nicht völlig im dunklen, wenn man vorher von dieser Erkrankung noch nicht so viel wusste. Trotz allem ist es nicht zu viel Info über diese Behinderung.


    Wenn ihr euch schon mal einen Eindruck machen wollt -> hier findet ihr eine Leseprobe


    Fazit
    Ein absolute gelungener Debütroman der gut recherchiert wurde, einen zum nachdenken anregt und einen bis zur letzten Seite in den Bann zieht.


    Sterne
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Hallo Ignatia
    Vielen Dank für deine ausführliche Rezi. Ich bin ja schon sehr neugierig geworden, Buch steht auf WuLi, jetzt muß ich es nur noch ausleihen/kaufen.


    Die Krankheit Autismus, die hier eine zentrale Rolle spielt, wird einem Laien auch gut erklärt. Man kann das verhalten von Anna dadurch ein wenig besser nachvollziehen und tappt nicht völlig im dunklen, wenn man vorher von dieser Erkrankung noch nicht so viel wusste. Trotz allem ist es nicht zu viel Info über diese Behinderung.


    Ich persönlich sehe Autismus etwas anders: für mich ist das keine Krankheit oder Behinderung, sondern ein anderer Lebenszustand. Diese Menschen sind sehr sensibel und mit den zahlreichen Außenreizen einfach überfordert.
    Allerdings muß ich zugeben, daß ich soooviel auch nicht darüber weiß.


    Positiv finde ich, wenn auch ein Autist eine wichtige Rolle in einem Buch spielt, und man auf diese Art nähere Informationen bekommt.



    Viele Grüße

  • ich habe das Buch auch vor ein paar Tagen gelesen und bei mir bleiben ein paar Fragen/Ungereimtheiten zurück. Bitte nur weiterlesen wenn ihr das Buch schon kennt oder nicht vorhabt es zu lesen. -Spoiler-



    Während des Lesens fand ich das Buch super, es war spannend, man wollte wissen wie es weitergeht, aber jetzt am Ende bleiben für mich doch leider einige Fragen ungeklärt. Teilweise habe ich das Gefühl, dass der Autor unbedingt bestimmte Punkte abhandeln musste, damit alles irgendwie in dem Thriller Verwendung findet. Von mir bekommt dieses Erstlingswerk :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. (Albert Einstein)

  • Dieses Buch habe ich von meiner Wichtelmama Eimyrja zum Wichteln 2014 bekommen. :love:


    Ich muss sagen, es gefiel mir spitze. Es spielt in Deutschland / Niedersachsen und teilweise in meiner Heimatstadt. Ich habe eine ganz besondere Schwäche für Krimis & Thriller, die in Deutschland spielen. :uups:


    Die Handlung ist absolut nicht vorhersehbar. Meine Vermutung der Auflösung des Falles entwickelte sich erst 30 Seiten vor Schluss. [Sowas hat man selten.] Die Vermutung war natürlich richtig. :shock:
    Es ist echt spannend. Auch der Schreibstil ist super, absolut flüssig! Die Figuren sind auch recht sympathisch.


    Sollte Herr Thode noch einen weiteren Krimi/Thriller auf den Markt bringen, landet dieser auch in meinem Bücherregal.


    Ich zeihe nur einen 1/2 Stern ab, da es auch ein paar Kapitel in London spielt. Ich mag es irgendwie nicht so, wenn eine Geschichte in mehr als einem Land spielt. :-k



    FAZIT:
    Zu Empfehlen! Klasse Debüt.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Aber sie hatten einander damals völlig natürlich verstanden und angenommen. So vollständig, dass es beinahe ein Wunder war"


  • 🌟Ein unheimlich spannender Thriller, der mit einer leichten Prise eines Regionalkrimis gewürzt ist!🌟


    Um dein Leben rankt sich ein finsteres Geheimnis. 13 Jahre lang hast du geschwiegen. Doch jetzt ist es Zeit für die Wahrheit. Eine tödliche Wahrheit.


    In einem kleinen Dorf in der Lüneburger Heide werden zwei angesehene Männer auf grauenhafte Weise getötet. Einzige mögliche Zeugin: Anna, ein dreizehnjähriges autistisches Mädchen, das sich gern in einem Schrank versteckt und sein Leben lang noch kein Wort gesprochen hat ...



    Nachdem mir "SCHULD! SEID! IHR!" von Michael Thode so gut gefallen hat, habe ich mir vorgenommen, den Vorgängerband "Das stumme Kind" zu lesen. Dieser Thriller, der am 25. Juni 2021 im Lübbe-Verlag erschienen ist, hat mir ebenfalls super gefallen. Der Plot, der sich mit der Zeit entwickelt, ist nervenaufreibend und unheimlich spannend. Schnell war ich nach ein paar Seiten mitten im Geschehen, welches mich auf falsche Fährten geführt und zahlreiche Wendungen überrascht hat, die ich nicht vorhergesehen habe. Die detaillierten Beschreibungen der Tatorte haben sich in meinem Kopf festgesetzt, denn hier hätten Tatortreiniger mit Sicherheit ihre Freude gehabt. Verschiedenen Handlungsstränge, die nach und nach ein ganzes ergeben, sind gut durchdacht und logisch aufgebaut, sodass mich das Ende richtig geschockt hat. Was das autistische, stumme und dreizehnjährige Mädchen Anna, die hauptsächlich in einer Einrichtung speziell für Autisten lebt, mit den Morden eines Kinderarztes (ihrem Vater) und einem Rechtsanwalt zu tun hat, wurde am Ende geschickt aufgelöst. Auch die Rolle der Protagonistin Alexa Jäger, die in London lebt und am Anfang in Rätseln gesprochen hat, hat sich Zeit gelassen, Licht in die Handlung zu bringen. So hat sich der Spannungsbogen immer weiter erhöht.


    Einige infrage kommenden Täter wurden mir präsentiert, deshalb hatte ich einiges zum Miträtseln. Am meisten habe ich mich mit der Frage beschäftigt, warum Anna überhaupt nicht spricht, jedoch eine hervorragende Zeichnerin ist. Mir ist das Krankheitsbild des Autismus nicht unbekannt. Ihren stereotypen Alltag, an denen sie zu hundert Prozent festhält, konnte ich verstehen. Aber ich habe mich öfter gefragt, ob es bei ihr ein Gendefekt ist, oder ob andere Gründe für ihre Krankheit gibt. Dass sie nach dem Mord ihres Vaters ihre Aussage in einem Bild äußert, hat mir richtig Gänsehaut beschert. Das Cover, was mich sofort angesprochen hat, offenbart mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Denn die Pferde, die in einer Reihe aufgestellt sind, haben keine unwichtige Rolle in dem Thriller.


    Hauptkommissar Rolf Degenhardt hat mir auch in diesem Band wieder gut gefallen. Seine Vergangenheit und Auszüge aus seinem Privatleben haben ihn authentisch und sympathisch rübergebracht. Obwohl er in dieser Ermittlung nicht immer alles richtig gemacht hat, konnte ich deutlich spüren, dass ihm diese Morde mächtig an die Substanz gegangen sind. Seine Kollegin Jana Liebisch, die in England ihre Großmutter besucht, folgt dort Spuren, die zu einer Kinderwunschklinik führen. Dass sie damit zu weit gegangen ist, wird ihr erst klar, als es zu spät ist. Der Schreibstil des Autors ist wieder unheimlich flüssig, authentisch, bildlich und vor allem spannend. Ich warte jetzt auf einen dritten Band, den ich hoffentlich bald willkommen heißen kann.

    🌟🌟🌟🌟🌟

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Michael Thode - Das stumme Kínd“ zu „Michael Thode - Das stumme Kind“ geändert.