Katja Kettu - Wildauge / Kätilö

  • "Wildauge ist ein Buch, das man nicht liest, sondern durchlebt ..." (Zitat vom Buchrücken).


    Ein intensiver Liebesroman, aber nicht nur.
    Ein Liebesroman, während der Kriegswirren 1944 in Lappland.


    Inhalt:
    "Wildauge" ist der Name einer Hebamme, den ihr Johannes gegeben hat.
    Johannes ist ihre große Liebe. Sie hat sich auf den ersten Blick unsterblich in ihn verliebt und ist ihm hoffnungslos und bedingungslos verfallen.
    Johannes ist ein schnieker SS-Offizier.
    Wildauge ist eine ungelernte Hebamme - aber sie hat das Wissen und die Gabe Leben bei der Geburt zu schenken oder aber auch Abtreibungen durchzuführen.
    Wildauge ist eine Außenseiterin; nie richtig anerkannt; während ihres ganzen Lebens.


    Meine Meinung:
    Themen in dem Roman sind: Krieg, Verrat, Loyalität, Innenleben / innerer Dialog / Gefühlswelt, Leben und Überleben während der Kriegszeit, Vergewaltigung im Lazarett, Leidenschaft und Seelenpein.


    Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Wildauge geschrieben; als einen Brief an ihren Johannes.
    Jedoch werden auch Kapitel aus der Sicht von Johannes geschrieben, sein Gefühlsleben beleuchtet.


    Also ehrlich gesagt hatte ich beim Lesen des Romans so meine Probleme:
    Oft wusste ich beim Lesen von Wörtern nicht, ob dies irgendwelche Begriffe oder Namen sind.
    Oft fiel es mir auch schwer das Geschriebene in den zeitlichen Rahmen der Geschichte einordnen zu können, so dass ich lange Zeit das Gefühl hatte, dass die Geschichte Lücken hätte.
    Ich fand dies ein sehr seltsames Buch und wäre so manches Mal beim Lesen froh, wenn es "rum" gewesen wäre.


    Aber der Roman ist auch irgendwie spannend; dies um so mehr, je länger man an der Geschichte dran war; der Roman entwickelte eine gewisse Sogwirkung.


    Sehr positiv fand ich, dass man als Leser sehr gut in die Lebensumstände der damaligen Zeit und der Umstände des Krieges eintauchen kann.


    Ich war begeistert, denn stellenweise wies der Roman eine wunderbare sprachliche Eloquenz auf.


    Mit einem Nachwort der Übersetzerin, in dem sie ihre Bemühungen beschreibt um zu einer passenden Übersetzung der von der Autorin verwendeten Begriffe, teils verschiedene Dialekte und Wortneuschöpfungen, zu gelangen.


    Beim Lesen hatte ich mich so ein ums andere Mal gefragt, ob dieser Hype um diesen Roman wirklich so berechtig ist - aber im Nachhinein, mit einigen Tagen Abstand, würde ich sagen: Das ist ganz große Literatur!


    Aber ich möchte auch gleich eine Warnung aussprechen: Der Roman hat eine sehr "deftige" Wortwahl!
    Und es kommt viel Gewalt und Brutalität darin vor.


    Dies ist kein einfaches Buch; es ist verstörend und es ist nicht einfach zu lesen; man braucht Durchhaltevermögen beim Lesen.


    Mein persönliches Fazit:
    Dem Zitat vom Buchrücken (siehe Titel) würde ich voll und ganz zustimmen.


    Hint: Beim Lesen immer wieder hinten im Anhang nachsehen, denn dort wird einiges erklärt, auch wenn die entsprechenden Stellen im Roman nicht als zum Nachschlagen gekennzeichnet sind.



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  • Erzählt wird die unmögliche Liebe Wildauges zu dem SS-Offizier Johannes. Um sie herum tobt der zweite Weltkrieg,
    "Wildauge" oder auch "Scheelauge" ist ihr Spitzname, den richtigen Namen erfährt der Leser nicht. Sie stammt aus einem kleinen finnischen Dorf und arbeitet dort als Hebamme. Vom Wesen her zupackend, starker Ausstrahlung und zielgerichtet, folgt sie Johannes als Krankenschwester in das Kriegsgefangenenlager Titowka, nahe der russischen Grenze, wo schreckliche Dinge geschehen.
    Wildauge ist nicht nur Täterin, sondern auch Opfer - wie auch Johannes, der nur mithilfe von Drogen die Situation ertragen kann.
    Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Auch wirkt die Liebe oft eher wie Triebbefriedigung, die Beziehung zwischen Johannes und Wildauge mal zärtlich, mal roh.
    Neben dieser Liebe erzählt Katja Kettu ein Stück finnische Geschichte , seine Besetzung durch die Wehrmacht und SS.
    Für die Geschichte findet Kettu ganz eigene Worte; derb, heftig, direkt und schonungslos erzählt sie von Brutalität und der Verrohung der Menschen. Da wird man als Leser ganz schön gefordert und muss den ganzen Schmutz, die derbe Ausdrucksweise und die heftigen Szenen ertragen. Aber es erwartet ihn ein intensives Leseerlebnis und eigentlich passt dieses Rauhe, Derbe zum Thema und auch zu der rauhen Landschaft.
    Anfangs irritierten mich Sätze wie z.B. "Lispet kalbt jetzt". Im Nachwort der Übersetzerin heißt es, dass "Katja Kettu diese Formulierungen ganz bewusst wählt, um den Roman, der so weit von unseren Breiten entfernt im exotischen hohen Norden spielt, eine ausgeprägt urwüchsige, ja kreatürliche Atmosphäre zu geben." (Zitat S. 413)
    Eine Leseempfehlung!


    Hier ein Interview